Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften
Gründung mit Motiv und Programm der Gesellschaft
Mitglieder und Mitgliedschaft
Aktivitäten der Gesellschaft
Fortführung und Einstellung
Dokumentation
Welche Dokumente sind recherchierbar?
Wo sind diese Dokumente zu finden?
Haben die Gesellschaften eigene Archivbestände und wenn ja, an welchem Standort
sind sie zu finden?
Wie ist die Bestandsüberlieferung?
Figuren
Angaben zur Familie
Lebenslauf, Leistungen, kritische Würdigung
Literaturverzeichnis
Die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften
Obwohl auch der Raum um Görlitz zur Zeit der Aufklärung neue Erkenntnisse hervorbrachte, galt dies als eher ungewöhnlich, da die Oberlausitz zu jener Zeit weder über eine Universität verfügte, noch als politisches oder kulturelles Zentrum anerkannt war.
Des weitere war sie eine an das sächsische Kurfürstentum angeschlossen Markgrafschaft, die kaum über Mitspracherechte verfügte und in ihrer politischen Abhängigkeit den „Erfolgen wie Niederlagen“1 ausgeliefert.
Dennoch fungierte hier ab 1738 eine literarische Gesellschaft und wenige Jahre später wurde eine Einrichtung, die ähnliche Ziele verfolgte in Lauban gegründet. „Der Gedankenaustausch in dieser Zeit überwand nicht nur immer mehr das soziale Umfeld, sondern auch die Grenzen des von vielen Zeitgenossen als rückständig empfundenen Markgrafentum“2
Gründung mit Motiv und Programm der Gesellschaft
Wie es für viele der im 18. Jahrhundert gegründeten Sozietäten der Wissenschaft üblich war, verfolgte auch die „Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften“ zunächst das Ziel der Gemeinnützigkeit.
Mit dieser Absicht wurde die Gesellschaft am 21.4.1779 unter dem Namen „Oberlausitzische Gesellschaft zur Beförderung der Natur und Geschichtskunde“ gegründet und noch im Herbst des selben Jahres zur „Gesellschaft der Wissenschaften in der Oberlausitz“ umbenannt. Auch wenn ihr Gründungsmotiv zunächst eine „Vereinigung aller dem Landeswohl dienenden Wissenschaften“3 anstrebte, fungierte sie nach 1848 jedoch hauptsächlich als geschichtsforschender Verband. So formulierte auch Mitglied Richard Jecht, seitdem liefen “fast alle Strahlen der oberlausitzischen Geschichtsforschung in Görlitz zusammen, so daß von da ab die Geschichte der Oberlausitzer Geschichtsforschung im Wesentlichen eine Geschichte der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften ist“4.
Mit einem Brief gelang es dem bürgerlichen Rechtshistoriker und Sprachkundler Karl Gottlob Anton, der zu dieser Zeit als Görlitzer Advocatis Provincialis tätig war, den adligen Ökonom und Landwirtschaftsreformer Adolf Traugott von Gersdorf, von seiner Idee zur Gründung einer gelehrten Vereinigung zu überzeugen. Die beiden Gründungsmitglieder hatten in Leipzig studiert und „vereinten in sich die vielfältigsten Interessen von Geistes- und Naturwissenschaften“5.
Geriet Karl Gottlob Anton bei seinen Forschungen zwar häufig an die Grenzen seiner Möglichkeiten, verfolgte er das Sekretärsamt der Gesellschaft von der Gründung bis 1811 mit größter Gewissheit. Außerdem stellte er sein Haus in der Langenstraße für Versammlungen zur Verfügung und trug die Verantwortung bezüglich den Finanzen und der Bibliothek.6 Ab 1817 übernahm er, in seinem letzten Lebensjahr, sogar die Stelle des Präsidenten.
Aufgrund der Sonderstellung der Oberlausitz, im Vergleich zum übrigen Sachsen, erwies sich die Suche nach einem geeigneten Präsidenten, zu Gründungszeiten jedoch als schwierig. Erst 1780 gelang es Karl Gottlob Anton, Georg Alexander Heinrich Hermann Reichsgraf von Callenberg für das Präsidentenamt zu gewinnen.
Mitglieder und Mitgliedschaft
In der Vereinigung sammelte sich zunächst ein Teil des Gelehrtentums der Oberlausitz, das im Laufe der Zeit, durch umfassende Korrespondenzen zu Größen jener Zeit, auch um Mitglieder aus dem übrigen, deutschsprachigen Raum wie bspw. Österreich erweitert werden konnte.
In diesem Zusammenhang werden u.a. die Namen des Leipziger Ökonomieprofessor Nathanael Gottfried Leske, auf den später genauer eingegangen werden soll, oder des Philosophen und Erziehungswissenschaftler Johann Gottlieb Fichte genannt.
Darüber hinaus versuchte Karl Gottlob Anton, im Rahmen seiner Sprachforschungen Mitglieder aus dem slawischen Sprachraum zu gewinnen. So gelang es ihm auch, 1803 den in Polen wirkenden Jerzy Samuel Brandtkie zum Beitritt zu überzeugen.
Weitere besondere Mitglieder waren zum Beispiel: Alexander von Humbold, der der Geografie zur Etablierung als Wissenschaft verhalf, sowie der Landeshistoriker der Oberlausitz, Hermann Knothe, der im Rahmen seiner Forschungen zahlreiche Aufschlüsse über die Regionalgeschichte publizierte.
Zwar gab es keine festgesetzten akademischen Hürden für die Aufnahme in die Gesellschaft, jedoch versuchten die beiden Gründer, prinzipiell das Ansehen renommierter Wissenschaftler für ihre Sozietät zu gewinnen. So fand das Wirken der Gesellschaft tatsächlich überwiegend bei Natur- und Geschichtswissenschaftlern sowie Sprachforschern Zuspruch.
Bei der Gründung der Vereinigung zählte man etwa 20 nebenberufliche Mitglieder. Obwohl die Beitrittsbedingungen 1790 verschärft wurden, stieg diese Zahl stetig an. Mit dem Beschluss, sich eine Bibliothek anzulegen, erhöhten sich auch die Aufnahmemodalität ein weiteres Mal. Um diese finanzieren, bzw. füllen zu könne, musste fortan jedes neue Mitglied ein Buch, im Wert von einem Dukaten, einen eigenen schriftlichen Beitrag, oder den Betrag in Bargeld beisteuern.
Des weiteren wurden die Mitglieder gebeten, auf der jährlichen Frühjahrsversammlung einen Jahresbeitrag zu entrichten.
Ende 1791 hatte die Gesellschaft bereits 57 Mitglieder, unter denen sich 18 auswärtige Beteiligte, überwiegend Sprachwissenschaftler aus Österreich, befanden. Es kam zu, wenn auch geringem, dennoch permanenten Mitgliederzuwachs, sodass man 1799 bereits 119 Mitglieder verzeichnen konnte.
Nachdem sich die Besitzverhältnisse im Jahr 1802 geändert hatten und die beiden Gründer zu Stiftern der Gesellschaft erklärt wurden, erschwerten sich auch die Aufnahmebedingungen ein weiteres Mal: Beitreten konnte man nur noch durch Empfehlung, Wahl und anschließende Berufung. Dafür erhielten neue Mitglieder von nun an ein Diplom, das zuvor nur auswärtigen Teilnehmern zuteil wurde.
Seit 1792 war das Zusammenwirken der Mitglieder hierarchisch gegliedert. So achtete man darauf, dass der Anteil adliger und bürgerlicher Wissenschaftler gleich hoch sei, dennoch war es bis 1945 üblich, dass nur ein Staatsbeamter dem Amt des Präsidenten würdig war. Jedoch bemühte man sich um ein demokratisches Zusammenkommen. So wählten die Mitglieder einen zunächst acht- später zehnköpfigen Vorstand aus ihren Kreisen, der einem, vom Präsidenten bestimmten Direktor untersteht.
Ebenso war die Gesellschaft in fachspezifische „Deputationen“ unterteilt, d.h. Forschungssektoren, die sich mit bestimmten Themenkomplexen auseinandersetzten, und einem eigenen Leiter unterstanden. Unter ihnen befanden sich bspw. die 1800 gegründete ökonomische Deputation, die topografische - und naturwissenschaftliche Deputation und die wohl erfolgreichste Urkundendeputation.
Aktivitäten der Gesellschaft
Ab dem Jahr 1782 erscheinen regelmäßig die „Provinzblätter“, deren Publikation jedoch, aufgrund schlechter Absatzmöglichkeiten, schon im Folgejahr eingestellt werden musste.
Nachdem Adolf Traugott von Gersdorf auf zahlreichen Reisen Kontakte geknüpft hatte und der Bekanntheitsgrad der Gesellschaft auf Grund von Publikationen in Zeitschriften angestiegen war, konnten ab 1790 die regulären Frühjahrs- und Herbstversammlungen aufgenommen werden.
Regelmäßig erschienen darüber hinaus ab 1792 die „Lausitzische Monatsschrift“, die ab 1800 unter dem Namen „Neue Lausitzische Monatsschrift“ erschien. Diese regelmäßige Publikation wurde jedoch 1806, aufgrund politischer Umwälzungen, vorerst eingestellt.
Außerdem fanden zahlreiche Veröffentlichungen im Rahmen der Deputationen statt.
So beginnt die Gesellschaft 1793 an den Grundlagen für ihr Ruhmeswerk, dem Urkundenwerk: „Codex diplomaticus Lusatiae superioris“, zu arbeiten. Es umfasst sämtliche Urkunden der Geschichte der Oberlausitz Darüber hinaus wurden zahlreiche Artikel in Gelehrtenzeitschriften veröffentlicht.
Bereits im Jahr 1780 fand das erste Preisausschreiben statt, angeregt durch den Präsidenten Reichsgraf von Callenberg, beschäftigte sich die Aufgabe mit Erziehungswissenschaften bzw. Kindeserziehung.
So lautete die erste Fragestellung „ Worinnen bestehen die hauptsächlichen Mängel der Erziehung des Landvolkes in der Oberlausitz? Und wie können dieselben, wie kann die Erziehung ohne Anlegung neuer kostbarer Anstalten durch Beispiel und Mitwirken der Eltern, Beschäftigung der Jugend, Bemühungen der Schulmeister, Teilnehmung der Pfarrer und Einfluß der Obrigkeit reformiert werden?“7
Zwei Personen, August Sohr und Nathanael G. Leske, erhielten daraufhin einen Preis von 10 Dukaten und eine Publikation ihres Lösungsvorschlages. Jedoch gab es Schwierigkeiten beim Absatz der Provinzblätter, in denen Leskes Ausarbeitungen erschienen waren. Dies führte, gekoppelt mit anderen Umständen, zu einer sechsjährigen Ruhephase der Gesellschaft.
Dennoch nahm man, nach den Schwierigkeiten um diese erste Veranstaltung, die Preisausschreiben, als Medium zur Erkennung neuer Forschungsansätze, wieder auf und widmete sich von nun an vorzugsweise landwirtschaftlichen Themenkomplexen.
Fortführung und Einstellung
Obwohl die Oberlausitzer Gesellschaft der Wissenschaften neben zahlreichen Umbenennungen und Neugründungen vielen politischen Strukturwandeln ausgesetzt war, ist sie eine der wenigen wieder bestehenden und somit eine der ältesten Sozietäten auf deutschem Raum.
Die 1779 gegründete „Oberlausitzische Gesellschaft zur Beförderung von Natur und Geschichtskunde“ wurde noch im selben Jahr zur “Gesellschaft der Wissenschaften in der Oberlausitz“ umbenannt. Doch auch diese Namensgebung sollte im Jahr 1792 in den heute noch gängigen Titel der „Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften“ umformuliert werden. Die erste Krise folgte im Jahr 1806, da der Zerfall Preußens zahlreiche politische Unsicherheiten mit sich brachte.
Der Wiener Kongress, 1815 hatte eine territoriale Neuordnung Europas und damit auch eine Gebietsabtretung, der nördlichen Oberlausitz an Preußen zur Folge. Damit fiel auch Görlitz, als Zentrum der Gesellschaft, Preußen zu und war politisch von Kooperationsstädten wie Bautzen abgeschnitten.
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1 Bahlke, Joachim (Hg.): Geschichte der Oberlausitz. Herrschaft Gesellschaft und Kultur vom Mittelalter bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, Leipzig 2001, S. 165.
2 Ebenda, S. 25.
3 Lemper, Ernst Heinz: Gründungs und Frühgeschichte der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz 1779- 1818, in: Döring, Detlef u. Nowak, Kurt (Hg.) Gelehrte Gesellschaften im mitteldeutschen Raum (1650-1820), Leipzig 2000, S. 192.
4 Bahlke, Joachim (Hg.): Geschichte der Oberlausitz, S. 26.
5 Ebenda, S. 196.
6 Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften e.V.: Geschichte der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, letzte Aktualisierung unbekannt, URL: http://www.olgdw.de/index.php? id=geschichte&no_cache=1, letzter Zugriff am: 29.09.2010.
7 Lemper, Ernst Heinz: Gründungs und Frühgeschichte der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz, S. 198.