Die erzählerische Konstruktion einer Lebensgeschichte in ihrem zeitlichen Ablauf gehört zu den bedeutendsten Gegenständen des neuzeitlichen Romans. Die für diese Romane gewählte Ich-Erzählsituation erzeugt durch die Identität des Erzählers mit der Romanfigur eine hohe Glaubwürdigkeit des Erzählten: es ergibt sich das Verifikationsschema des Ich-Romans.
Allerdings war die Ich-Erzählsituation gemäß dem historischen, naturwissenschaftlichen und soziologischen Erkenntnisanspruch des europäischen Realismus und Naturalismus untypisch. Diese verlangte eher eine heterodiegetische Erzählinstanz, die das Geschehen vom olympischen Standpunkt aus kritisch kommentierte. Der Erzähler trat in der Funktion des Wissenschaftlers als Autorität auf, so etwa bei Balzac, der mit der Comédie humaine eine Sittengeschichte verfassen wollte.
Dennoch wählte López, der entsprechend dem Untertitel („Costumbres bonaerenses“) beabsichtigte, eine argentinische Sittengeschichte zu verfassen, eine nicht den europäischen Vorbildern entsprechende Erzählsituation, obwohl er sich hinsichtlich des Realismus offensichtlich an ihnen orientierte. Damit werden die Erläuterung der Figur des Ich-Erzählers und die Bedeutung der Erzählinstanz zu zentralen Fragen der Untersuchung dieses Romans.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begrifflichkeit der Ich-Erzählsituation
- Die Figur des Ich-Erzählers in der Erzählsituation
- Die chronologische Einbettung der Figur des Ich-Erzählers
- Die Figurenkonstellation
- Die soziale und politische Positionierung der Ich-Erzählerfigur
- Die politische Positionierung von Julio
- Ausbildung und berufliche Entwicklung
- Die ökonomischen Verhältnisse
- Die Figur des Ich-Erzählers im Geschlechterverhältnis
- Die Ich-Erzählsituation und die Gesellschaftskritik
- Typologische Erfassung des Romans
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Seminararbeit analysiert die Ich-Erzählsituation und die Figur des Ich-Erzählers im realistischen und naturalistischen Roman, am Beispiel von Lucio Vicente López' „La gran aldea". Die Arbeit untersucht, wie die gewählte Ich-Erzählsituation die Glaubwürdigkeit des Erzählten beeinflusst und welche Bedeutung die Figur des Ich-Erzählers für die Gesellschaftskritik des Romans hat.
- Die Besonderheiten der Ich-Erzählsituation im realistischen und naturalistischen Roman
- Die Rolle des Ich-Erzählers als Medium der Perspektivisierung
- Die soziale und politische Positionierung der Ich-Erzählerfigur
- Die Beziehung zwischen dem Ich-Erzähler und der dargestellten Welt
- Die Gesellschaftskritik im Kontext der Ich-Erzählsituation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Ich-Erzählsituation im Roman ein und stellt den Zusammenhang zwischen der Ich-Erzählsituation und der Glaubwürdigkeit des Erzählten dar. Sie beleuchtet außerdem die Besonderheiten der Ich-Erzählsituation im Kontext des Realismus und Naturalismus.
Kapitel 2 befasst sich mit der Begrifflichkeit der Ich-Erzählsituation und den verschiedenen Formen des Ich-Romans. Es werden die Unterschiede zwischen dem auktorialen und dem Ich-Roman sowie die Möglichkeiten der Perspektivisierung durch die Ich-Erzählsituation erläutert.
Kapitel 3 analysiert die Figur des Ich-Erzählers in „La gran aldea". Es werden die chronologische Einbettung der Figur, die Figurenkonstellation und die soziale und politische Positionierung des Ich-Erzählers untersucht.
Schlüsselwörter
Ich-Erzählsituation, Ich-Erzähler, Realismus, Naturalismus, „La gran aldea", Lucio Vicente López, Perspektivisierung, Gesellschaftskritik, Argentinien, Soziales, Politik.
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- Magister Artium Klaus Tietgen (Author), 2007, "La Gran Aldea" von Lucio Vicente López. Ich-Erzählsituation und die Figur des Ich-Erzählers im realistischen und naturalistischen Roman, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/342482