Humor und Spaß nehmen in der Bundesrepublik Deutschland einen besonderen Status ein. Ein Witz passt beinahe zu jedem Anlass, umfasst eine Vielzahl von Themen, übermittelt versteckte Informationen, spielt mit Sprache und regt zum Lachen an. Er ist in jeder sozialen Klasse zeitgemäß und in jeder Altersgruppe von Bedeutung. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass dem Witz in den letzten Jahrzehnten eine große Aufmerksamkeit zu Teil wurde. Ein Besuch im Buchladen eröffnet dem interessierten Leser eine unüberschaubare Auswahl an Witzbüchern. Auch ansonsten scheint die Bundesrepublik ein Ort zu sein, an dem gern und viel gelacht wird. Humor gibt es überall. Comedy-Shows sind aus dem Fernsehen nicht mehr wegzudenken.
Das System der BRD bietet dem politischen Witz keinen ersprießlichen „Nährboden“. Ganz anders verhält es sich mit der politischen Witzkultur in diktatorischen Staatsformen. Dort fungiert der politische Witz als Spiegelbild der Gesellschaft. Der Politwitz ist die Frucht jener Gesellschaften, die enorme Missstände aufweisen, in der die Menschen unzufrieden sind und versuchen, ihre Aggression durch Witze abzubauen. Vornehmlich im Dritten Reich und in der Deutschen Demokratischen Republik suchten die Menschen eine Möglichkeit, ihrer Missstimmung Ausdruck zu verleihen. Der politische Flüsterwitz gilt als Produkt dieser Diktaturen. Indem die Menschen ihre eigene Wirklichkeit in Witzen konstruierten, konnten sie der trostlosen Realität entkommen. Der Politwitz wurde im Gegensatz zur Witzkultur der heutigen Zeit hinter vorgehaltener Hand weitergegeben oder im engsten Familien- und Freundeskreis erzählt, da die Verbreitung von tendenziösen feindseligen Witzen mitunter harte Sanktionen zur Folge hatte. Obwohl der politische Witz nicht direkt das Potential hatte Revolutionen auszulösen oder zu progressiven Besserungen beizutragen, so musste doch jeder Witzerzähler „auf der Hut“ sein, wenn er sich kritisch über den Staat und dessen Organe äußerte.
Der politische Witz in der DDR wird nun im weiteren Verlauf dieser Arbeit vornehmlich linguistisch betrachtet, da es von größter Bedeutung ist, den Witz als Textsorte zu definieren und dessen kommunikative Funktion näher in den Augenschein zu nehmen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Zielsetzung und Aufbau
- 2 Zum Gegenstand des Witzes
- 2.1 Etymologie, Definition und Witzkategorien
- 2.2 Der Witz, das Komische und das Lachen
- 2.3 Sach- und Sprachwitze
- 2.4 Die formale Struktur des Witzes
- 2.4.1 Die Exposition
- 2.4.2 Die Dramatisierung
- 2.4.3 Die Pointe
- 3 Die Sprache in der DDR
- 3.1 Die politisch-bedingte Sprachlenkung durch die SED
- 3.2 Werte und Ritualität in der DDR
- 3.3 Öffentlichkeitssprache vs. Alltagssprache
- 4 Kognitive Modelle des Witzes
- 4.1 Das Konzept der Inkongruenz
- 4.2 Die Bisoziation
- 4.3 Die Frame-Theorie
- 4.4 Die Kombination von Bisoziation und Frame-Theorie
- 4.5 The General Theory of Humor (GTVH)
- 5 Zum Gegenstand des politischen Witzes
- 5.1 Der politische Witz in der DDR
- 5.1.1 Partei und Staat
- 5.1.2 Die Defizite der Planwirtschaft
- 5.1.3 Staatsfunktionäre und ihre Organe
- 5.1.4 Deutsch-Russische Beziehungen
- 5.1.5 Häschen-Witze
- 5.1.6 Anfragen an den Sender Jerewan
- 5.1 Der politische Witz in der DDR
- 6 Evaluation
- 6.1 Bewertung der General Theory of Verbal Humor (GTVH)
- 6.2 Die Funktionen des politischen Witzes in der DDR
- 7 Der Witzkorpus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem politischen Witz in der DDR und untersucht seine Entstehung, Struktur und Funktion in einem totalitären Staat. Sie analysiert die Mechanismen, die den politischen Witz in der DDR prägten und welche Rolle er in der Alltagskultur spielte.
- Der politische Witz als Spiegelbild der Gesellschaft und ihrer Missstände
- Die Funktion des Witzes als Ventil für Kritik und Widerstand
- Die Analyse der kognitiven Modelle des Witzes und ihre Anwendung auf den politischen Witz in der DDR
- Die Untersuchung der verschiedenen Arten von politischen Witzen in der DDR
- Die Bedeutung des politischen Witzes für die Bewältigung von Repression und Unterdrückung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Zielsetzung und den Aufbau der Arbeit vor. Kapitel 2 erläutert den Gegenstand des Witzes im Allgemeinen, inklusive seiner Definition, Etymologie, Witzkategorien und der Beziehung zu Komik und Lachen. Kapitel 3 beleuchtet die Besonderheiten der Sprache in der DDR, insbesondere die Sprachlenkung durch die SED, die Werte und Rituale sowie die Unterscheidung zwischen Öffentlichkeitssprache und Alltagssprache. Kapitel 4 behandelt kognitive Modelle des Witzes, wie die Inkongruenztheorie, die Bisoziation, die Frame-Theorie und die General Theory of Humor (GTVH). Kapitel 5 fokussiert auf den politischen Witz in der DDR und analysiert verschiedene Arten von Witzen, die sich auf Partei und Staat, die Planwirtschaft, Staatsfunktionäre, deutsch-russische Beziehungen, Häschen-Witze und Anfragen an den Sender Jerewan beziehen. Kapitel 6 evaluiert die Ergebnisse der Arbeit und bewertet die General Theory of Verbal Humor (GTVH) hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf den politischen Witz. Des Weiteren werden die Funktionen des politischen Witzes in der DDR diskutiert.
Schlüsselwörter
Politischer Witz, DDR, Totalitarismus, Humor, Sprachlenkung, Kognitive Modelle, Inkongruenz, Bisoziation, Frame-Theorie, General Theory of Humor (GTVH), Widerstand, Kritik, Alltagskultur.
- Arbeit zitieren
- Jeannette Nedoma (Autor:in), 2010, Der politische Witz in der DDR. Eine linguistische Betrachtung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/342858