Adoption von Innovationen. Analyse der Generation 50plus


Master's Thesis, 2013

81 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Bedeutung der Generation 50plus für innovative Unternehmen

2 Grundlagen Innovation
2.1 Definition und Abgrenzung
2.2 Innovationsdimensionen
2.2.1 Objektive Dimension
2.2.2 Intensitätsdimension
2.2.3 Subjektive Dimension

3 Adoption von Innovationen
3.1 Stand der Forschung
3.2 Adoptionsprozess
3.3 Adoptionsfaktoren
3.3.1 Produktspezifische Einflussfaktoren
3.3.2 Adopterspezifische Einflussfaktoren

4 Verhaltensdifferenzen der Generation 50plus resultierend aus Alterseffekten
4.1 Physische Alterungsprozesse
4.2 Psychische Alterungsprozesse
4.3 Soziale Alterungsprozesse

5 Segmentierungsmöglichkeiten der Generation 50plus
5.1 Altersbezogene Segmentierung
5.2 Verhaltensbezogene Segmentierung
5.3 Zwischenfazit

6 Adoption von Innovationen durch die Generation 50plus
6.1 Produktpolitik
6.1.1 Innovationsgestaltung
6.1.2 Kundenservice
6.2 Kommunikationspolitik
6.2.1 Wahl der Kommunikationskanäle
6.2.2 Gestaltung der Werbebotschaften
6.3 Distributionspolitik
6.4 Preispolitik

7 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Adoptionsprozess

Abbildung 2: Anteile altersbezogener Kernbereiche

Abbildung 3: Anteile verhaltensbezogener Konsumententypen

Tabelle 1: Implikationen der vorliegenden Arbeit

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Bedeutung der Generation 50plus für innovative Unternehmen

Die Unternehmensumwelt ist durch eine wachsende Globalisierung (vgl. Litfin 2000, S. 1), eine zunehmende Dynamisierung der Märkte (vgl. Homburg et al. 2009, S. 752) sowie deren Sättigung (vgl. Loock 2010, S. 4) geprägt. Dieses intensive und schnelllebige Wettbewerbs­umfeld verlangt von Unternehmen eine rasante Angleichung und beständige Erneuerung ihres Portfolios, um dem Wettbewerbsdruck standzuhalten (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. V). Aus diesen Gründen ist die Entwicklung von Innovationen für Unternehmen von zentraler Bedeutung (vgl. Gassmann 2006, S. 4). Innovationen können neuartige Produkte sein, welche sich durch eine einzigartige Zweck-Mittel-Verknüpfung auszeichnen, die in dieser Art und Weise bislang für potentielle Kunden noch unbekannt war (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 4 f.). Infolgedessen sind die Vorteile von Innovationen, ohne eine zielgerichtete Kommunika­tion innovativer Unternehmen, für potentielle Kunden oftmals nicht direkt erkennbar. Des Weiteren verlangen sie in der Regel von potentiellen Kunden, in Abhängigkeit ihres jeweili­gen Neuartigkeitsgrades, eine entsprechende Abwandlung bisheriger Verhaltensweisen (vgl. Weiber et al. 2006, S. 156). Der Neuartigkeitsgrad beeinflusst auch die Risikohöhe, welche potentielle Kunden wahrnehmen, bevor sie ein innovatives Produkt annehmen bzw. ablehnen. Die Entscheidung zur Übernahme einer Innovation fällt hierbei nur, wenn das wahrgenom­mene Risiko auf ein subjektiv tolerierbares Level gesenkt wurde (vgl. Helm 2001, S. 118 f.). Aus diesem Grund besteht bei Innovationen die Gefahr, von potentiellen Kunden abgelehnt zu werden. Deshalb ist es für innovative Unternehmen erforderlich, entsprechende Marketing­maßnahmen durchzuführen, damit möglichst viele potentielle Kunden Innovationen überneh­men (vgl. Litfin 2000, S. 1). Der Begriff Adoption ist dabei der verwendete Fachausdruck in der Wissenschaft, welcher die Entscheidung eines Kunden zur Übernahme einer Innovation bekundet (vgl. Rogers 2003, S. 21). Dabei sind Innovationen für Unternehmen erst rentabel, wenn diese von einer ausreichenden Anzahl an potentiellen Kunden adoptiert werden (vgl. Litfin 2000, S. 3).

Als potentielle Kunden und werberelevante Zielgruppe gelten in Deutschland die 14-49 Jähri­gen. Somit ist ersichtlich, dass sich gegenwärtige Marketingstrategien von Unternehmen überwiegend auf jüngere Nachfrager konzentrieren. Aufgrund der stetigen demografischen Entwicklung, werden sich allerdings zukünftig potentielle Kunden mit einem Alter von über 50 Jahren – die sogenannte Generation 50plus – zur werberelevanten Zielgruppe innovativer Unternehmen entwickeln (vgl. Eitner 2010, S. 189). Während 2008 noch 39 Prozent der Ge­samtbevölkerung in Deutschland älter als 50 Jahre waren, wird Prognosen zu Folge knapp die Hälfte aller Deutschen 2060 50 Jahre alt oder älter sein (vgl. Statistisches Bundesamt 2009, S. 17). Die demographische Entwicklung findet dabei nicht nur in Deutschland statt. Vielmehr wird eine Alterung der Bevölkerung auch in vielen europäischen Ländern, in den USA oder auch in Japan analog verlaufen (vgl. BMFSFJ 2010, S. 7). Die Gründe dafür bilden zum einen rückgängige Geburtenraten und zum anderen der parallele Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung (vgl. Lehr 2006, S. 23). Allerdings ist der ansteigende Bevölkerungsanteil der Generation 50plus nicht der einzige Grund, weshalb sie zukünftig in den Fokus von Mar­ketingstrategien der Unternehmen rückt (vgl. BMFSFJ 2010, S. 6). Die Bevölkerungsgruppe der über 50-Jährigen trägt bereits über die Hälfte der gesamten Kaufkraft in Deutschland und gibt jährlich knapp 500 Milliarden Euro im Konsum aus. Aufgrund der demografischen Ent­wicklung wird diese Tendenz noch weiter ansteigen (vgl. Eitner 2010, S. 189). Folglich ent­wickelt sich die Generation 50plus zur zukünftigen Zielgruppe innovativer Unternehmen und rückt in den Fokus derer Marketingstrategien.

Seit den 90er Jahre wurden sehr viele wissenschaftliche Publikationen zum Themenschwer­punkt Seniorenmarketing veröffentlicht (vgl. Hupp 2004, S. 1). Dabei sind die Autoren der einschlägigen Literatur zu der Erkenntnis gekommen, dass die Generation 50plus eine sehr heterogene Zielgruppe ist, die sich in verschiedene Segmente unterteilt (vgl. u. a. BMFSFJ 2010, S. 8; Grey Strategic Planning 2004, S. 3; Kölzer 1995, S. 42). Darüber hinaus herrscht in der Literatur Übereinstimmung darüber, dass sich über 50-jährige Kunden im Konsum vom Verhalten jüngerer Kunden unterscheiden (vgl. Helm et al. 2012, S. 428).

Bezüglich der Innovationsbereitschaft von über 50-Jährigen haben vergangene Untersuchun­gen allerdings abweichende Resultate hervorgebracht. Bisherige Studien ergaben, dass die Bereitschaft zur Adoption von Innovationen durch die Generation 50plus im Vergleich zu jüngeren Konsumenten

- höher, (vgl. Krieb/ Riedl 2001, S. 49; Steenkamp/ Burges 2002, S. 143 ff.)
- ebenso hoch (vgl. Szmigin/ Carrigan 2000, S. 517 f.)
- oder geringer (vgl. Gilly/ Zeithaml 1985, S.355 f.; Helm/ Landschulze 2011, S. 52; Kölzer 1995, S. 185; Wei 2005, S. 634 und 637 f.) ist.

Lambert-Pandraud und Laurent (2010) verweisen bei der Suche nach Gründen für die fehlen­den Übereinstimmungen der Studienergebnisse auf die verschiedenen Produkte bzw. Pro­duktgruppen, auf denen die Untersuchungen basieren (vgl. S. 106). Helm et al. (2012) kritisie­ren in ihrer Status quo Literaturbetrachtung auch die mangelnden Hinweise in den Studien, ob deren Ergebnisse auf Perioden-, Kohorten- oder Alterseffekten beruhen (vgl. S. 428). Alle drei Effekte verursachen altersbedingte Differenzen im Konsumentenverhalten und folglich auch in der Adoption von Innovationen (vgl. Kölzer 1995, S. 107 und 138). Periodeneffekte beeinflussen das Verhalten von Konsumenten aller Generationen innerhalb eines bestimmten Zeitabschnittes und resultieren beispielsweise aus sozialen oder technologischen Entwicklun­gen in deren Umfeld (vgl. Moschis et al. 2011, S. 477). Aus diesem Grund nehmen Perioden­effekte unabhängig vom Alter der Nachfrager Einfluss auf deren Verhalten (vgl. Helm et al. 2012, S. 430). Kohorteneffekte führen ebenso zu Verhaltensdifferenzen und gehen aus dem jeweiligen Geburtszeitpunkt und den darauf folgenden prägenden Jahren eines jeden Men­schen hervor (vgl. Moschis et al. 2011, S. 477). Allerdings üben Kohorteneffekte lediglich Einfluss auf das Verhalten von Konsumenten aus jeweiligen Geburtsjahrgängen aus und wer­den sich von den Effekten der darauffolgenden Generation unterscheiden (vgl. Schewe/ Meredith 2004, S. 51 f.). Somit haben Studien, deren Ergebnisse aus mindestens einer dieser beiden Effekte resultieren, lediglich Gültigkeit für den Zeitpunkt der jeweiligen Datenerhe­bung und besitzen eine eingeschränkte Aussagekraft. Implikationen für eine Vermarktung von Innovationen, welche über eine Gültigkeit unabhängig vom Zeitpunkt der Datenerhebung ver­fügen, ergeben sich nur aus Alterseffekten (vgl. Helm et al. 2012, S. 430). Alterseffekte resultieren aus physischen, psychischen und sozialen Alterungsprozessen, weshalb diese relativ stabil zu gegebener Zeit in ähnlicher Form bei allen Konsumenten auftreten (vgl. Helm et al. 2012, S. 430; Kölzer 1995, S. 97). Eine Betrachtung mit langfristig stabilen Erkenntnissen, inwieweit Unternehmen durch gezielte Marketingmaßnahmen die Adoption ihrer Innovation durch die Generation 50plus fördern können, hat es bisher noch nicht gege­ben.

Gegenstand dieser Arbeit soll es deshalb sein, Handlungsempfehlungen für innovative Unter­nehmen abzuleiten, die es ihnen ermöglichen, Marketingstrategien auf die Generation 50plus abzustimmen. Im Fokus der Analyse stehen dabei folgenden Fragen:

I. Welche Alterseffekte gibt es?
II. Wie beeinflussen die Alterseffekte das Verhalten der Generation 50plus?
III. Welche Auswirkungen haben die auf Alterseffekten basierenden Verhaltensdifferen­zen der Generation 50plus, auf die Adoption von Innovationen.
IV. Welche langfristig stabilen Implikationen für die Marketingpraxis lassen sich daraus für die verschiedenen Segmente der Generation 50plus ableiten?

Zur Beantwortung dieser Fragen ist die Arbeit in sieben Kapitel untergliedert. Zunächst wer­den im zweiten Kapitel der Innovationsbegriff abgegrenzt und die verschiedenen Innovati­onsdimensionen vorgestellt, die Gegenstand dieser Arbeit sind. Anschließend erfolgt im drit­ten Kapitel eine Erklärung des Adoptionsprozesses und der relevanten Adoptionsfaktoren, die diesen beeinflussen. Im vierten Kapitel werden die Alterseffekte vorgestellt, aus denen die Verhaltensdifferenzen der Generation 50plus im Vergleich zu jüngeren Konsumenten resultie­ren. Daraufhin folgt im fünften Kapitel eine Darstellung von zwei verschiedenen Möglich­keiten, nach denen die heterogene Zielgruppe der Generation 50plus eingeteilt werden kann. Das Kapitel schließt mit einer begründeten Wahl auf eine der beiden Segmentierungsmög­lichkeiten ab, die im weiteren Verlauf der Arbeit verwendet werden. Aufbauend auf den Grundlagen der vorhergehenden Kapitel erfolgt im sechsten Kapitel die Ableitung von Impli­kationen für den Marketingmix innovativer Unternehmen. Die Arbeit endet mit der Zusammen­fassung der relevanten Erkenntnisse im Kapitel sieben und einer Diskussion über Anknüpfungsmöglichkeiten künftiger Forschung.

2 Grundlagen Innovation

2.1 Definition und Abgrenzung

Für den Begriff Innovation existieren verschiedene Definitionen, welche aus den unterschiedlichen Perspektiven der Wissenschaft und der Wirtschaftspraxis abgeleitet wurden. Deshalb gibt es bisher keine Innovationsdefinition, die einheitlich, allgemein akzeptiert wird (vgl. Goswami/ Mathew 2005, S. 372). Allerdings charakterisieren die verschiedenen Definitionen übereinstimmend die „Neuartigkeit“ als wesentliches Kennzeichen einer Innovation (vgl. Garcia/ Calantone 2002, S. 112). Demnach gelten sowohl Produkte als auch Prozesse als Innovationen, wenn sie durch eine qualitative Neuartigkeit gekennzeichnet sind. Die Neuartigkeit ist der Ausdruck einer Zweck-Mittel-Verknüpfung, die von potentiellen Kunden und/oder Unternehmen wahrgenommen wird und ihnen in dieser Art und Weise bis dato nicht bekannt war (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 4 f.). Jene neuartigen Verknüpfungen resultieren aus drei möglichen Konstellationen. Zum einen können aus bereits bewährten Mitteln neue Zweckabsichten abgeleitet werden. Des Weiteren ist es möglich, dass für die Erfüllung existierender Zwecke neue Mittel gefunden werden. In einer dritten Konstellation können neue Zwecke durch den Einsatz neuer Mittel erreicht werden (vgl. Schewe 2007, S. 52).

Eine reine Erfindung, die zu einer neuartigen Zweck-Mittel-Verknüpfung führen kann, ist jedoch nicht hinreichend, um als Innovation zu gelten (vgl. Garcia/ Calantone 2002, S. 112). Bei einer neuartigen Erfindung handelt es sich um eine Invention, welche die Grundlage einer Innovation bildet (vgl. Loock 2010, S. 8). Eine Innovation ergibt sich aus der Verwertung einer Invention (vgl. Roberts 1988, S. 13). Aus betriebswirtschaftlicher Sichtweise entwickelt sich aus einer Invention erst eine Innovation, wenn sie sich am Markt bzw. im Unternehmen durchgesetzt hat (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 5). Aus diesem Grund kann sich auch aus einer alten Erfindung eine Innovation entwickeln, wenn diese beispielsweise erst zum gegenwärtigen Zeitpunkt Aussicht auf Erfolg hat (vgl. Disselkamp 2005, S. 18).

In den folgenden Unterkapiteln werden zusätzlich die objektive, intensitätsbezogene und subjektive Dimension der Innovation vorgestellt. Mit Hilfe dieser ausgewählten Innovationsdimensionen erfolgt ein eindeutiges Verständnis des Innovationsbegriffes, der in dieser Arbeit analysiert wird.

2.2 Innovationsdimensionen

2.2.1 Objektive Dimension

Die objektive Dimension der Innovation gibt Auskunft darüber, was an einer Innovation neuartig ist. (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 5). Zur Beantwortung dieser Frage kann zwischen einer Prozess- und einer Produktinnovation unterschieden werden (vgl. Utterback/ Abernathy 1975, S. 640).

Eine Prozessinnovation liegt vor, wenn der Ablauf der Leistungserstellung in einem Unternehmen neuartig ist (vgl. Disselkamp 2005, S. 23). Die Neuartigkeit der Leistungserstellung kann beispielsweise durch die Verwendung neuer Rohstoffe oder Anlagen vorliegen (vgl. Utterback/ Abernathy 1975, S. 641). Mit einer Prozessinnovation beabsichtigt ein Unternehmen einen Effizienzzuwachs in seiner Leistungserstellung (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 5). Dieser kann Ausdruck einer besseren Produktivität, sinkender Kosten oder höherer Qualität sein (vgl. Trommsdorff/ Steinhoff 2007, S. 27). Eine Produktinnovation ist hingegen ein neuartiges Gut, welches die Zwecke von potentiellen Kunden befriedigt (vgl. Utterback/ Abernathy 1975, S. 642). Auf der einen Seite kann die Produktinnovation potentiellen Kunden eine Leistung zur Erfüllung neuer Zwecke anbieten (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 5). Ein Beispiel hierfür ist der Walkman (vgl. Brockhoff 2007, S. 22), welcher als mobiler Kassettenspieler erstmals das ortsunabhängige Abspielen von Musikkassetten ermöglichte. Auf der anderen Seite kann eine Produktinnovation die existierenden Zwecke von potentiellen Kunden anhand vollkommen neuartiger Mittel lösen (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 5). Beispielsweise erfüllen Tintenstrahldrucker- und Farblaserdrucker den gleichen Zweck (vgl. Brockhoff 2007, S. 22). Während jedoch ein Tintenstrahldrucker das Druckbild über Farbtinte erzeugt, verwendet ein Farblaserdrucker für denselben Zweck einen Toner. Aufgrund der unterschiedlichen Mittel zur Erfüllung des gleichen Zweckes weisen beide Druckertypen unterschiedliche Vor- und Nachteile auf. Letztendlich beabsichtigt eine Produktinnovation vorranging die Befriedigung eines bestimmten Zweckes und ist daher auf Effektivität ausgerichtet. Hierbei ist ein Effizienzzuwachs nicht ausgeschlossen (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 5).

Eine Produktinnovation ist zwingend auf dem Markt durchzusetzen. Demgegenüber liegt der Fokus bei einer Prozessinnovation, trotz einer späteren Verwertung am Markt, auf der Durchsetzung im Unternehmen. Darüber hinaus entfällt bei einer Dienstleistungsinnovation eine Unterteilung in Produkt- und Prozessinnovation (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 5 und 8). Schließlich ist eine Dienstleistung ein Prozess, bei dem der Kunde in die Erbringung der Leistung integriert ist und in der Regel deren innovativen Charakter wahrnimmt (vgl. Strauss/ Bruhn 2004, S. 9).

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Adoption von Innovationen durch die Zielgruppe der Generation 50plus. Deshalb erfolgt im weiteren Verlauf eine Fokussierung auf Produktinnovationen, wobei innovative Dienstleistungen aufgrund der Abgrenzungsschwierigkeiten zu Prozessinnovationen unberücksichtigt bleiben.

2.2.2 Intensitätsdimension

Die Neuartigkeit ist das wesentliche Merkmal einer Innovation, das sich einerseits der Tatsache nach bestimmen lässt. Folglich ist ein Produkt neuartig und somit innovativ oder nicht neuartig und folglich nicht innovativ (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 11 f.). Des Weiteren kann die Neuartigkeit in verschiedene Grade eingestuft werden. Der Neuartigkeitsgrad gibt an, in welchem Ausmaß sich eine Innovation von bis dato bekannten Produkten qualitativ unterscheidet (vgl. Schlaak 1999, S. 37). Dabei ist es nicht zwingend notwendig, dass sich jede Innovation durch eine dramatische Neuartigkeit auszeichnet (vgl. Disselkamp 2005, S. 19).

Der Neuartigkeitsgrad einer Innovation war der Schwerpunkt zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten (vgl. Garcia/ Calantone 2002, S. 110), wobei er in unterschiedlich tiefen Dimensionen eingestuft wurde (vgl. z. B. Ali 1994, S. 48; Wheelwright/ Clark 1992, S. 74; Ziamou 1999, S. 369). Es existieren Abstufungen, die in einer dichotomen Dimension (Garcia/ Calantone 2002, S. 117) zwischen einem niedrigen und einem hohen Neuartigkeitsgrad unterscheiden (vgl. z. B. Ali 1994, S. 48; Maidique/ Zirger, S. 195; Lilien/ Yoon 1989, S. 6). Andere wissenschaftliche Arbeiten beinhalten eine triadische Dimension (Garcia/ Calantone 2002, S. 117) mit Abstufungen von niedrigem, mittlerem und hohem Neuartigkeitsgrad (vgl. z. B. Robertson 1967, S. 15; Tushman/ Nadler 1986, S. 76; Wheelwright/ Clark 1992, S. 74). Eine dritte Sichtweise stuft den Neuartigkeitsgrad tetra-kategorisch (Garcia/ Calantone 2002, S. 117) mittels vier Graden ab (vgl. z. B. Abernathy/ Clark 1985, S. 7; Chandy/ Tellis 1998, S. 476; Ziamou 1999, S. 369). Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird eine dichotome Dimension verwendet, weil sich in den bisherigen Studien kein einheitliches und exaktes Verfahren zur Operationalisierung des Neuartigkeitsgrades einer Innovation etabliert hat (vgl. u. a. Billing 2003, S. 180; Schlaak 1999, S. 171 f.). Aus diesem Grund ist eine tiefergehende Einstufung einer Innovation hinsichtlich ihres Neuartigkeitsgrades durch die bisherigen Verfahren nicht zufriedenstellend möglich.

Des Weiteren gibt es in wissenschaftlichen Arbeiten keine einheitlich verwendeten Begriffspaare, die niedrige bzw. hohe Neuartigkeitsgrade einer Innovation ausdrücken (vgl. Damanpour/ Gopalakrishnan 1999, S. 65). Verwendete Begriffspaare sind zum Beispiel inkremental – radikal (vgl. Song/ Thieme 2009, S. 43), kontinuierlich – diskontinuierlich (vgl. Anderson/ Tushman 1990; S. 606) oder evolutionär – revolutionär (vgl. Cohn/ Turyn 1984, S. 155). Das Begriffspaar inkremental – radikal ist in wissenschaftlichen Arbeiten relativ weit verbreitet (vgl. Damanpour/ Gopalakrishnan 1999, S. 65). Daran orientiert sich diese Arbeit und verwendet die Begriffe inkrementale und radikale Innovation bei der Analyse des jeweiligen Neuartigkeitsgrades einer Innovation. Wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit der Begriff Innovation ohne einen Hinweis auf den Neuartigkeitsgrad verwendet, dann sind sowohl inkrementale als auch radikale Innovation gemeint.

Eine inkrementale Innovation stellt für potentielle Kunden eine kontinuierliche, geringe Verbesserung eines bewährten Produktes dar. (vgl. Disselkamp 2005, S. 19; Horsch 2003, S. 4). Deshalb kann diese das Ergebnis einer Produktvariation bzw. eine Produktdifferenzierung sein (vgl. Brockhoff 2007, S. 22). Eine radikale Innovation hingegen ist ein neues Produkt, das sich durch revolutionäre, fundamentale Veränderungen für potentielle Kunden auszeichnet (vgl. Horsch 2003, S. 3). Für eine radikale Innovation gibt es kein Status quo Produkt, das als Vergleichsmaßstab herangezogen werden kann (vgl. Brockhoff 2007, S. 22). Die Basis einer radikalen Innovation ist oftmals die Verwendung einer neuartigen Technologie und führt zu dem Eintritt in ein neues Geschäftsfeld des innovativen Unternehmens oder der Entstehung einer neuen Produktfamilie (vgl. Horsch 2003, S. 3). Aus diesen Gründen zeichnen eine inkrementale Innovation ein geringer und eine radikale Innovationen ein hoher Neuartigkeitsgrad aus. (vgl. Brockhoff 2007, S. 22 f.) Je höher der Neuartigkeitsgrad ist, desto eher verlangt eine Innovation von potentiellen Kunden eine Verhaltensänderung und erzeugt bei ihnen einen neuen Nutzen (vgl. Billing 2003, S. 180). Folglich nehmen potentielle Kunden bei einer inkrementalen Innovation ein geringeres Risiko wahr als bei einer radikalen Innovation.

2.2.3 Subjektive Dimension

Die subjektiven Dimension einer Innovation beantwortet die Frage, von wem ein Produkt als innovativ bewertet wird (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 18). Ein Produkt kann sowohl von Unternehmen als auch von potentiellen Kunden als Innovation wahrgenommen werden (vgl. Weiber et al. 2006, S. 99). Aus der Sicht eines Unternehmens ist ein Produkt innovativ, wenn es von diesem noch niemals zuvor hergestellt oder verkauft worden ist. Ob dieses Produkt bereits von einem anderen Unternehmen hergestellt oder verkauft wurde, spielt bei der Einschätzung keine Rolle (vgl. Cooper 2011, S. 22). Im Fokus dieser Arbeit steht die Sichtweise von potentiellen Kunden – der Generation 50plus. Diese nehmen ein Produkt als eine Innovation wahr, wenn sie es als neuartig betrachten. Deshalb können potentielle Kunden ein Produkt auch dann als Innovation wahrnehmen, wenn es sich in Wirklichkeit bei diesem lediglich um eine Diversifikation handelt (vgl. Helm 2001, S. 49 f.).

Demzufolge kann ein Produkt nicht objektiv, sondern bestenfalls objektiviert als Innovation bewertet werden (vgl. Weiber et al. 2006, S. 100). Allerdings entscheidet letztendlich die subjektive Wahrnehmung eines jeden potentiellen Kunden, ob er ein Produkt als Innovation bewertet oder nicht (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 18). Entscheidend für die Bewertung eines neuartigen Produktes sind schließlich nicht bereits erhältliche Produkte, sondern die Wahrnehmung von deutlichen Unterschieden im Bewusstsein des jeweiligen potentiellen Kunden (vgl. Hauschildt/ Salomo 2011, S. 18).

Aus diesem Grund kann die subjektive Wahrnehmung verschiedener potentieller Kunden, inwieweit ein objektiv identisches Produkt innovativ ist oder nicht, unterschiedliche Bewertungen hervorbringen. Während ein Teil der potentiellen Nachfrager ein Produkt als Innovation wahrnimmt, bewertet der andere Teil das gleiche Produkt als nicht innovativ. Analog dazu kann beispielsweise ein Produkt von einer Gruppe potentieller Kunden als inkrementale und von der anderen Gruppe als radikale Innovation wahrgenommen werden. Diese individuellen Bewertungen verhindern in der Regel eine einheitliche Begriffsabgrenzung des Produktes. Eine gezielte Abgrenzung ist für ein innovatives Unternehmen jedoch notwendig, weil spezifische Marketingmaßnahmen erforderlich sind, damit potentielle Kunden eine Innovation übernehmen (vgl. Weiber et al. 2006, S. 100 f.). Aus diesem Grund müssen die Marketingstrategien innovativer Unternehmen diese Herausforderung zwingend berücksichtigen.

3 Adoption von Innovationen

3.1 Stand der Forschung

Die Adoptionsforschung untersucht auf Individualebene die Faktoren, welche zur Übernahme bzw. Ablehnung einer Innovation durch potentielle Kunden führen (vgl. Rogers 2003, S. 168). Der Begriff Adoption bezeichnet die Übernahme einer Innovation durch einen Kunden. Handelt es sich bei einer Innovation um ein Gebrauchsgut, dann drückt die Adoption den Kauf der Innovation aus (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S.7). Hingegen ist bei einem Verbrauchsgut erst eine Adoption eingetreten, wenn die Innovation zum wiederholten Male gekauft wurde (vgl. Mahajan/Peterson 1979, S. 128). Darüber hinaus gilt ein Kunde als Adopter, sobald er eine Innovation übernimmt (vgl. Weiber et al. 2006, S. 157).

In der Adoptionsforschung lassen sich prozess- und ergebnisorientierte Ansätze unterscheiden. Die prozessorientierten Ansätze untersuchen den Verlauf der Adoptionsentscheidung von potentiellen Adoptern im Kaufverhalten (vgl. Helm 2001, S. 107). Jener Adoptionsprozess ist in einzelne Phasen unterteilt (vgl. Rogers 2003, S. 169). Auf diese Weise erfolgt eine differenzierte Betrachtung der Informationen, die potentielle Adopter in den jeweiligen Phasen aufnehmen und auswerten (vgl. Pohl 1996, S. 47). In der Adoptionsforschung haben sich zahlreiche Phasenmodelle entwickelt, die den Entscheidungsprozess darstellen. Die Phasenmodelle basieren weitestgehend auf dem anerkannten Innovations-Entscheidungs-Modell von Rogers (vgl. u. a. Gatignon/ Robertson 1985, S. 854; Kollmann 1998, S. 91 ff.; Rogers 2003, S. 169; Weiber 1992, S. 7 f.). Deshalb sind die Modelle durch einen annähernd ähnlichen Aufbau gekennzeichnet. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Adoptionsphasen überwiegend in deren Reihenfolge und Abgrenzung (vgl. Pohl 1996, S. 48). Allerdings ist der Adoptionsprozess von Rogers durch einen Pro-Innovations-Bias gekennzeichnet. Demnach berücksichtigt er die Annahme, dass sich letztendlich alle potentiellen Adopter in einem sozialen System für die Adoption einer Innovation entscheiden werden (vgl. Rogers 2003, S. 106). Aus diesem Grund wird in Kapitel 3.2 der Adoptionsprozess von Pohl ausführlich vorgestellt. Dieser betrachtet die Ablehnung einer Innovation aus differenzierten Blickwinkeln und lässt den realitätsfremden Pro-Innovations-Bias außen vor (vgl. Pohl 1996, S. 78 f. und 81 ff.).

Die ergebnisorientierten Ansätze bestimmen Faktoren, die Einfluss auf den Verlauf und die Dauer des Adoptionsprozesses von potentiellen Adoptern nehmen (vgl. Helm 2001, S. 109). Dabei wird in der Literatur überwiegend zwischen produkt-, adopter- und umweltspezifischen Faktoren unterschieden (vgl. Weiber 1992, S. 5). Die produktspezifischen Faktoren beeinflussen das Adoptionsverhalten von potentiellen Adoptern anhand der wahrgenommenen Eigenschaften der Innovation (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S. 12 f.). Bei den adopterspezifischen Faktoren kann zwischen konsumenten- und unternehmensorientierten Einflussfaktoren unterschieden werden (vgl. Weiber 1992, S. 6). In dieser Arbeit werden nur die adopterspezifischen Faktoren weiter betrachtet, die sich an den Konsumenten orientieren. Die Einflüsse der adopterspezifischen Faktoren ergeben sich aus den Eigenschaften potentieller Adopter (vgl. Gatignon/ Robertson 1985, S. 852). Produkt- und adopterspezifische Einflussfaktoren werden in Kapitel 3.3 detailliert betrachtet. Hingegen erfolgt für die umweltspezifischen Faktoren, die zum Beispiel aus der politisch-rechtlichen, makroökonomischen oder sozio-kulturellen Umwelt hervorgehen (vgl. Litfin 2000, S. 44), keine weitere Betrachtung, weil innovative Unternehmen auf diese keinen Einfluss ausüben können.

3.2 Adoptionsprozess

Der im Folgenden vorgestellte Adoptionsprozess ist eine von Pohl (1996) modifizierte Abwandlung des Innovations-Entscheidungs-Modells von Rogers (S. 48). Er ist gekennzeichnet durch eine große Dynamik, weil sich die Informationslage potentieller Adopter fortwährend verändert (vgl. Litfin 2000, S. 20). Eine Unterteilung in verschiedene Phasen ist eine weitere Charakteristik des Adoptionsprozesses, weil er auf der Annahme beruht, dass sich potentielle Adopter in jeder Phase analog verhalten (vgl. Helm 2001, S. 108). Die einzelnen Phasen sind in Abbildung 1 dargestellt und werden im weiteren Verlauf dieses Kapitels detailliert erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Adoptionsprozess

Quellen: Litfin 2000, S. 22; Weiber 1992, S. 8; Weiber/ Pohl 1996, S. 1210.

Der Adoptionsprozess beginnt mit der Bewusstseinsphase (vgl. Rogers 2003, S. 171). In dieser Phase erfahren potentielle Adopter über eine Kommunikationsquelle von der Existenz einer Innovation (vgl. Pohl 1996, S. 48). Die Wahrnehmung der Innovation kann entweder durch Zufall oder durch die bewusste Suche nach Lösungen zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes erfolgen (vgl. Rogers 2003, S. S. 171). Nachdem potentielle Adopter von der Existenz einer Innovation erfahren haben, beginnt ein kognitiver Prozess, in dem sie Informationen über die Innovation verarbeiten (vgl. Litfin 2000, S. 23).

Direkt im Anschluss an die Bewusstseinsphase beginnt die Interessenphase, wenn die Innovation eine verstärkte Aufmerksamkeit potentieller Adopter geweckt hat (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S.8). ). Die Interessenphase ist überwiegend durch affektive Prozesse bei potentiellen Adoptern gekennzeichnet. In dieser Phase nehmen potentielle Adopter die Nutzungsmöglichkeiten einer Innovation wahr (vgl. Pohl 1996, S. 48). Darüber hinaus suchen sie bewusst nach zusätzlichen Informationen über die Innovation, damit sie die Unsicherheiten ihrer späteren Adoptionsentscheidung reduzieren können (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S.8). Letztendlich informieren sich potentielle Adopter auch über die Meinungen in ihrem vertrauten, sozialen Umfeld, damit sie die restlichen Unsicherheiten über die Innovation minimieren und ihre Meinung festigen können. Die Informationen, die potentielle Adopter aus den Massenmedien erhalten, sind für diesen Zweck zu allgemein (vgl. Rogers 2003, S. 175).

Die nachfolgende Bewertungsphase basiert auf den zuvor gesammelten Informationen über die Innovation (vgl. Pohl 1996, S. 48). Sie erfolgt durch jeden potentiellen Adopter subjektiv auf emotionaler Basis, weshalb die Phase der Meinungsbildung primär durch einen affektiven Prozess gekennzeichnet ist (vgl. Rogers 2003, S. 175). Hierbei ist ein kognitiver Prozess nicht ausgeschlossen (vgl. Pohl 1996, S. 48). Bei der Bewertung von Vor- und Nachteilen sind besonders die wahrgenommenen Eigenschaften der Innovation von zentraler Bedeutung (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S.8) und werden in Kapitel 3.3.1 detailliert vorgestellt.

Im Anschluss an eine positive Bewertung folgt eventuell ein Versuch der Innovation (vgl. Pohl 1996, S. 48). In dieser Phase nehmen potentielle Adopter die Vor- und Nachteile der Innovation durch einen Versuch in begrenztem Rahmen persönlich wahr und können die bestehenden Unsicherheiten über ihre gebildete Meinung reduzieren (vgl. Litfin 2000, S. 23 f.). In dem ursprünglichen Modell von Rogers werden die drei Phasen Interesse, Bewertung und Versuch aufgrund ihrer sehr engen Verflechtung in einer Phase der Meinungsbildung zusammen geführt (vgl. Pohl 1996, S. 49; Rogers 2003, S. 174 ff.).

Nach der Bewertung und einem eventuellen Versuch der Innovation, treffen potentielle Adopter die Entscheidung zur Adoption oder Ablehnung einer Innovation (vgl. Pohl 1996, S. 48). Die Ablehnung einer Innovation kann zu drei unterschiedlichen Entscheidungskonstellationen führen (vgl. Weiber/ Pohl 1996, S. 1206). Ist die Ablehnung von Dauer, dann entspricht sie einer fortgesetzten Ablehnung (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S.8). Bei der fortgesetzten Ablehnung einer Innovation brechen potentielle Adopter den Adoptionsprozess bewusst ab und haben keine Absicht, diesen später fortzuführen. Die fortgesetzte Ablehnung ereignet sich in erster Linie dann, wenn potentielle Adopter innerhalb des Adoptionsprozesses bemerken, dass die Innovation ihr bestehendes Problem nicht lösen kann (vgl. Weiber/ Pohl 1996, S. 1206 f.). Darüber hinaus kann die Ablehnung einer Innovation vorläufig sein und zu einer Verschiebung der Adoptionsentscheidung auf einen späteren Zeitpunkt führen (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S. 8). Bei der Verschiebung der Adoptionsentscheidung kann zwischen zwei verschiedenen Anlässen potentieller Adopter unterschieden werden (vgl. Weiber/ Pohl 1996, S. 1206). Zum einen erhoffen sich potentielle Adopter, dass die gegenwärtig verfügbare Innovation bei einer späteren Adoption zu einem geringeren Preis erhältlich ist (vgl. Litfin 2000, S. 24). Zum anderen entspricht eine vorläufige Ablehnung dem Leapfrogging-Verhalten (vgl. Pohl 1996, S. 83). Potentielle Adopter weisen ein Leapfrogging-Verhalten auf, wenn sie ihre Adoptionsentscheidung aufgrund der nächsten, zukünftig erhältlichen Innovationsgeneration verschieben. Der Grund dafür ist eine erwartete Verbesserung der nächsten Innovationsgeneration im Vergleich zur gegenwärtig verfügbaren Innovation (vgl. Weiber/ Pohl 1996, S. 1208). Falls die Adoptionsentscheidung potentieller Adopter zeitlich verschoben wird, durchlaufen sie den Adoptionsprozess zu einem späteren Zeitpunkt von neuem. Der erneute Adoptionsprozess kann stets zu einer Adoption oder erneuten Ablehnung führen (vgl. Pohl 1996, S. 86 f.).

Entscheiden sich potentielle Adopter für die Übernahme einer Innovation, dann treten sie in die Adoptionsphase ein. In dieser folgt auf die Entscheidung zur Adoption einer Innovation deren Implementierung (vgl. Pohl 1996, S. 48). Der Grund dafür ist das weitere Bestehen von Unsicherheiten der Adopter über die Konsequenzen der Innovation und die getroffene Adoptionsentscheidung. Damit Adopter die restlichen Unsicherheiten weiter reduzieren können, suchen sie durch die Implementierung aktiv nach zusätzlichen Informationen. Während die bisherige Adoptionsentscheidung überwiegend auf theoretischem Hintergrund basierte, erhalten Adopter in der Implementierungsphase die Information durch die praktische Nutzung der Innovation. Dabei gewinnen sie beispielsweise Informationen über die richtige Anwendung der Innovation und mögliche Probleme, die diese verursachen kann. (vgl. Rogers 2003, S. 179).

Abgeschlossen wird die Adoptionsphase schließlich durch die Bestätigung (vgl. Pohl 1996, S. 48). Auf der Suche nach Bestätigung streben Adopter nach Zustimmung, mit der sie ihre getroffene Entscheidung zur Adoption einer Innovation rechtfertigen können. Dies geschieht durch Reduzierung der kognitiven Dissonanzen. Zu diesem Zweck suchen Adopter nach Informationen, die ihre Entscheidung bestärken und unterstützen. Die Bestätigung bewirkt eine dauerhafte Adoption der Innovation und kann zu einem wiederholten Kauf der Innovation führen. Sollte der Abbau von kognitiven Dissonanzen nicht gelingen, dann kann die Adoptionsentscheidung wieder revidiert werden. In diesem Fall lehnen Adopter eine Innovation nachträglich ab, die sie vorher adoptiert haben und kaufen die Innovation in Zukunft nicht mehr (vgl. Rogers 2003, S. 189 f.). Deshalb sind die Implementierung und die anschließende Bestätigung insbesondere für Innovationen von großer Relevanz, die ein Verbrauchsgut darstellen.

Die eben beschriebenen sechs Phasen bilden zusammen einen idealtypischen Adoptionsprozess (vgl. Litfin 2000, S. 25). Wie bereits dargestellt, ergibt sich aus einem einmal begonnenen Adoptionsprozess nicht zwangsläufig die Übernahme einer Innovation (vgl. Weiber et al. 2006, S. 158). Die Ablehnung einer Innovation ist in jeder Phase des Adoptionsprozesses möglich (vgl. Rogers 2003, S. 177 f.). Darüber hinaus durchlaufen nicht alle potentiellen Adopter notwendigerweise jede Phase des Adoptionsprozesses. Es besteht die Möglichkeit, dass eine der Phasen „Interesse“, „Bewertung“ und „Versuch“ von einem potentiellen Adopter ausgelassen wird (vgl. Litfin 2000, S. 23). Des Weiteren kann eine vorhergehende Phase wiederholt werden (vgl. Weiber et al. 2006, S. 158). Dies ist beispielsweise notwendig, um neu gewonnene Informationen in der Adoptionsentscheidung berücksichtigen zu können. Ferner kommen potentielle Adopter zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit einer Innovation in Berührung, wobei sie sich bezogen auf die subjektive Wahrnehmung und Innovationsbereitschaft unterscheiden. Aus diesen Gründen variieren die Adoptionsprozesse verschiedener potentieller Adopter hinsichtlich des Startzeitpunktes, der Länge und des Ausgangs (vgl. Litfin 2000, S. 25).

3.3 Adoptionsfaktoren

3.3.1 Produktspezifische Einflussfaktoren

Die produktspezifischen Einflussfaktoren umfassen Determinanten, die sich vorrangig aus der Innovation selbst ergeben und nur zweitrangig durch potentielle Adopter geprägt werden (vgl. Litfin 2000, S. 25). Allerdings sind nicht die objektiv bestimmbaren Eigenschaften der Innovation, sondern die subjektive Wahrnehmung dieser Eigenschaften durch jeden potentiellen Adopter ausschlaggebend für die Adoptionsentscheidung (vgl. Rogers 2003, S. 223). In der Literatur existieren zahlreiche produktspezifische Einflussfaktoren (vgl. Pohl 1996, S. 60). Die folgende Vorstellung konzentriert sich zunächst auf die fünf Einflussfaktoren nach Rogers: „Relativer Vorteil“, „Kompatibilität“, „Komplexität“, „Erprobbarkeit“ und „Kommunizierbarkeit“ (vgl. Rogers 2003, S. 222). Diese sind in der Adoptionsforschung bedeutend, weil sich aus ihnen andere Einflussfaktoren herleiten lassen (vgl. Litfin 2000, S. 26). Darüber hinaus folgt neben der Vorstellung der fünf Einflussfaktoren von Rogers eine zusätzliche Betrachtung des „Wahrgenommenen Risikos“, welches in einigen Studien als produktspezifische Einflussgröße auf den Adoptionsprozess ergänzend hinzugefügt wurde (vgl. z. B. Chatterjee/ Eliashberg 1990, S. 1059 f.; Gatignon/ Robertson 1985, S. 862; Schmalen/ Pechtl 1996, S. 820). Der Grund dafür ist das relativ offensichtliche Verhalten potentieller Adopter bei der Adoptionsentscheidung unter dem Gesichtspunkt des wahrgenommenen Risikos, welches mit der Innovation einhergeht (vgl. Pohl 1996, S. 59).

Der relative Vorteil ergibt sich aus dem wahrgenommenen Grad der Überlegenheit einer Innovation im Vergleich zu konkurrierenden Produktalternativen bezogen auf die individuelle Bedürfnisbefriedigung (vgl. Pohl 1996, S. 61; Rogers 2003, S. 229). Entscheidend für die Bewertung des relativen Vorteils einer Innovation ist nicht deren objektive Überlegenheit, sondern die subjektive Wahrnehmung des relativen Vorteils durch jeden potentiellen Adopter (vgl. Litfin 2000, S. 27). Der relative Vorteil kann aus vielen verschieden Eigenschaften der Innovation hervorgehen (vgl. Tornatzky/ Klein 1982, S. 34). Welche Eigenschaft als wichtiger relativer Vorteil wahrgenommen werden, ist abhängig von der Veranlagung der Innovation und den Bedürfnissen potentieller Adopter (vgl. Rogers 2003, S. 229). Beispielsweise ergibt sich der relative Vorteil bei Netzeffektgütern wie dem Telefon nicht nur aus dem originären Innovationsnutzen und somit eigentlichen Nutzen der Innovation selbst. Das Telefon erfüllt seinen eigentlichen Nutzen erst, wenn genügend andere Nutzer über ein Telefon verfügen und darüber erreichbar sind bzw. den entsprechenden Nutzer anrufen können. Deshalb kann sich der relative Vorteil einer Innovation auch aus dem derivativen Nutzen, d. h. durch die Nutzung der Innovation durch genügend andere Adopter, ergeben (vgl. Litfin 2000, S. 27 f.). Der Fachausdruck „kritische Masse“ bezeichnet in diesem Zusammenhang die notwendige Anzahl an Nutzern, die einen zufriedenstellenden Nutzen aus der Adoption einer Innovation gewährleistet.

Der Begriff der Kompatibilität drückt den wahrgenommenen Umfang aus, in dem eine Innovation mit den bestehenden Werten, bisherigen Erfahrungen und Bedürfnissen potentieller Adopter im Einklang steht (vgl. Rogers 2003, S. 240). Nehmen potentielle Adopter eine Innovation als inkompatibel wahr, dann führt dies zu psychischen Kosten. In diesem Fall müssen sich potentielle Adopter erst an eine Innovation anpassen, damit sie diese Hindernisse überwinden können (vgl. Schmalen/ Pechtl 1996, S. 820). Darüber hinaus ist bei einer technischen Innovation die Kompatibilität mit der technischen Infrastruktur potentieller Adopter von großer Bedeutung (vgl. Trommsdorff/ Steinhoff 2007, S. 416). Ist eine Innovation für potentielle Adopter technisch inkompatibel, dann können sie diese nicht im Zusammenspiel mit ihren bisherigen technischen Geräten verwenden. Technische Inkompatibilität einer Innovation führt somit zu weiteren Umstellungskosten, weil bisherige Geräte der Adopter durch neue ersetzt werden müssen, die technisch kompatibel mit der Innovation sind (vgl. Schmalen/ Pechtl 1996, S. 820).

Die Komplexität gibt den wahrgenommenen Schwierigkeitsgrad an, mit dem eine Innovation verstanden und verwendet werden kann (vgl. Rogers 2003, S. 257). Eine hohe Komplexität erfordert von potentiellen Adoptern einen hohen Lernaufwand, damit sie die Innovation verwenden können und ihren Vorteil erkennen (vgl. Schmalen/ Pechtl 1996, S. 820). Aus diesem Grund kann eine hohe Komplexität dazu führen, dass eine Innovation von potentiellen Adoptern abgelehnt wird.

Daneben gibt die Erprobbarkeit den Grad an, in dem eine Innovation im Vorfeld einer Adoptionsentscheidung von potentiellen Adoptern in einem begrenzten Rahmen getestet werden kann (vgl. Rogers 2003, S. 258). Durch eine Erprobung, können sich potentielle Adopter selbst ein persönliches Urteil über die Innovation bilden und müssen nicht den Bewertungen anderer vertrauen (vgl. Trommsdorff/ Steinhoff 2007, S. 416). Auf diesem Weg haben potentielle Adopter die Möglichkeit, die Unsicherheiten im Zuge ihrer Adoptionsentscheidung zu reduzieren (vgl. Rogers 2003, S. 258). Schließlich können die Vorteile nicht bei allen Innovationen lediglich über Argumente ausreichend offenbart werden, weil sie sich erst durch die tatsächliche Verwendung aufdecken (vgl. Litfin 2000, S. 33). Die Erprobung einer Innovation kann zum Beispiel aus einer Ausleihe bei einem Bekannten (vgl. Rogers 2003, S. 263) oder einem Probeabonnement hervorgehen (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S. 25). Des Weiteren empfiehlt sich die Erprobung unter Anwesenheit eines Fachmanns, wenn potentielle Adopter die Innovation nicht selbständig richtig nutzen können (vgl. Litfin 2000, S. 33). In diesem Fall führt eine Erprobung ohne Möglichkeit der Hilfestellung ansonsten mit großer Wahrscheinlichkeit zur Ablehnung der Innovation durch potentielle Adopter. Schließlich können sie aufgrund der nicht sachgerechten Anwendung ein falsches Urteil über die Innovation gefällt haben.

Die Kommunizierbarkeit drückt den Grad aus, mit dem die Eigenschaften einer Innovation potentiellen Adoptern vermittelbar sind (vgl. Rogers 2003, S. 258). Für Innovationen aus verschiedenen Produktkategorien sind deren Eigenschaften durch potentielle Adopter unterschiedlich stark wahrnehmbar (vgl. Trommsdorff/ Steinhoff 2007, S. 417). Beispielsweise sind die Eigenschaften von Software-Innovationen für potentielle Adopter weniger einsehbar und aus diesem Grund schwieriger kommunizierbar (vgl. Rogers 2003, S. 259). Hingegen können die Eigenschaften eines Flachbildfernsehers, welcher sich durch einen geringeren Platzbedarf und eine bessere Bildqualität von einem Röhrenfernseher unterscheidet, durch potentielle Adopter leichter wahrgenommen werden. Aus diesem Grund sind die Eigenschaften eines Flachbildfernsehers mühelos kommunizierbar.

Darüber hinaus drückt das wahrgenommene Risiko den empfundenen Grad der Unsicherheit potentieller Adopter aus, dass die gesteckten Kaufziele im Falle einer Adoption, nicht erreicht werden (vgl. Schmalen/ Pechtl 1996, S. 820). Dieser Unsicherheitsgrad kann aus drei verschiedenen Risikodimensionen resultieren (vgl. Lunsford/ Burnett 1992, S. 54). Zum einen gibt es ein technisches Risiko, welches aus der Unsicherheit resultiert, inwieweit eine Innnovation auf längerer Sicht die erhoffte technische Leistung nicht erzielt. Des Weiteren kann ein soziales Risiko auftreten, das aus der möglichen Missbilligung der Adoptionsentscheidung durch das soziale Umfeld hervorgeht. Zudem existiert ein finanzielles Risiko, das sich aus den monetären Konsequenzen einer Fehlinvestition in die Innovation ergibt, wenn diese die erwarteten Ziele nicht erfüllt (vgl. Schmalen/ Pechtl 1996, S. 820). Damit es zur Adoption einer Innovation kommt, muss jede zum Vorschein kommende Risikodimension unterhalb des individuell akzeptierten Risikograd des jeweiligen potentiellen Adopters liegen (vgl. Pohl 1996, S. 141).

Die sechs vorgestellten produktspezifischen Einflussfaktoren bieten eine große Orientierung, um das Adoptionsverhalten von potentiellen Adoptern vorherzusagen und zu begründen (vgl. Pohl 1996, S. 59). Allerdings sind die bestehenden Interdependenzen zwischen den einzelnen Einflussfaktoren sowie deren jeweiliger Effektivitätsgrad auf die Adoptionsentscheidung abhängig von der betrachteten Innovation und den potentiellen Adoptern (vgl. Harms 2002, S. 89). Eine Metaanalyse von Tornatzky/ Klein (1982) ergab jedoch, dass die produktspezifischen Einflussfaktoren relativer Vorteil, Kompatibilität und Komplexität die Adoption einer Innovation prinzipiell bedeutend beeinflussen. Während der relative Vorteil und die Kompatibilität einer Innovation in positiver Relation zur Adoption stehen, wird sie von der Komplexität negativ beeinflusst (S. 40). Darüber hinaus fördert eine zunehmende Erprobbarkeit und Kommunizierbarkeit einer Innovation deren Adoption, weil sie den relativen Vorteil einer Innovation verstärkt zum Vorschein bringen und die Unsicherheiten potentieller Adopter reduzieren. Hingegen weist das wahrgenommene Risiko eine negative Beziehung zur Adoption auf.

Damit ein innovatives Unternehmen seine Marketingstrategie entsprechend an die produktspezifischen Einflussfaktoren anpassen kann, müssen diese zuvor operationalisiert werden. Aufgrund der Vielfältigkeit der produktspezifischen Einflussfaktoren bedarf es für jede Innovation einer speziell zugeschnittenen Operationalisierungsmethode. Eine pauschale Operationalisierung für alle Innovationen ist nicht zweckmäßig möglich (vgl. Krafft/ Litfin 2002, S. 65).

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Excerpt out of 81 pages

Details

Title
Adoption von Innovationen. Analyse der Generation 50plus
College
Technical University of Ilmenau
Grade
1,3
Author
Year
2013
Pages
81
Catalog Number
V343272
ISBN (eBook)
9783668332508
ISBN (Book)
9783668332515
File size
808 KB
Language
German
Keywords
adoption, innovationen, analyse, generation, generation 50plus, best ager, marketing, goldene generation, vertrieb, demografischer wandel
Quote paper
Eric Hänsel (Author), 2013, Adoption von Innovationen. Analyse der Generation 50plus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343272

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