Zentrales Anliegen der vorliegenden Arbeit ist es, zu untersuchen, wie die zwei Identitäten der Sayyida Salme und Emily Ruete in den zwischen 1868 und 1916 von ihr aufgenommenen Fotografien konstruiert und konstituiert werden, aber auch, wie ihre hybride Persönlichkeit in ihnen zum Ausdruck kommt. Um dies beantworten zu können, wird analysiert, wie Emilys Merkmale von Klasse, Geschlecht und Ethnie in den Fotografien repräsentiert werden. Dazu zählt auch, Überlegungen anzustellen, welche Adressat*innen der Autor oder die Autorin der Fotografien im Blick hatten, ob sie womöglich für einen privaten oder öffentlichen Zweck gedacht waren, und wie Betrachter*innen im ausgehenden 19. Jahrhundert die Aufnahmen gedeutet haben könnten. Weiter wird untersucht, wie Emilys Fotografien die durch ihre Hybridität entstandenen Handlungsmöglichkeiten unterstützt und sie in ihrer Position als authentische Stimme innerhalb des deutschen bürgerlichen Orientalismus-Diskurses gestärkt haben könnten. Wenn im Folgenden vom „Orient“ die Rede ist, bleibt dieser Begriff bewusst geographisch unbestimmt, da hiermit die europäische Sinneinheit des Orients gemeint ist, die sich nur schwer in geographischen Parametern festhalten lässt.Nach einer kurzen Vorstellung von Emily Ruetes Biografie folgen die Kapitel den fünf Schritten der Bildanalyse.
Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der Untersuchung der Rezeption und Nutzung der ausgewählten Fotografien. Dabei stehen insbesondere Emilys Memoiren in Verknüpfung mit einer
von 1868 stammenden Aufnahme im Vordergrund, die damals wie heute verwendet wird, um die Autorin der gesammelten Erinnerungen vorzustellen. Hier gilt es zu fragen, wie sich Bild und Text gegenseitig unterstützten und Emilys Position innerhalb des Orientalismus-Diskurses bestimmten, der im Deutschen Kaiserreich stellvertretend an ihrer Person über die Verhältnisse im Orient geführt wurde.
Hierbei wird besonderes Augenmerk darauf gelegt, wie sich in ihrer Kritik ihre hybride Persönlichkeit äußert. Aber auch, wie sie sich die zeitgenössischen Sehnsüchte nach Exotik und Fremde zu eigen machte, insbesondere durch ihre Fotografien, um ihr Wissen und ihre Kenntnisse über den Orient in den zeitgenössischen, bürgerlichen Orientalismus-Diskurs einfließen zu lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Biografischer Überblick
- Funktionsanalyse und vor-ikonographische Beschreibung
- Fotoreihe I.
- Fotoreihe II.
- Foto III – Porträt der Familie Ruete
- Fotoreihe IV. – Knie- und Bruststücke von Emily Ruete (1868-1916)
- Produktanalyse.
- Emilys Darstellung in omanischer und westlicher Kleidung (1868) - Fotoreihe I und II
- Familienporträt und Einzelaufnahmen Emilys zwischen 1868 und 1916
- Hybride Identitäten: Sayyida Salme und Emily Ruete
- Ikonisierungsprozess
- Interpikturalität
- Rezeptions- und Nutzenanalyse
- Der deutsche Orientalismus-Diskurs
- Emily Ruetes Repräsentation in deutschen Zeitschriften
- „Memoiren einer arabischen Prinzessin“ (1886)
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Porträtaufnahmen von Emily Ruete, einer arabischen Prinzessin, die 1866 nach Deutschland emigrierte, um einen deutschen Kaufmann zu heiraten. Ziel ist es, die Konstruktion ihrer hybriden Identität in den Fotografien zu untersuchen und die Rolle der Bilder im deutschen Orientalismus-Diskurs zu beleuchten.
- Konstruktion von hybrider Identität in Fotografien
- Rolle von Klasse, Geschlecht und Ethnie in der Repräsentation von Emily Ruete
- Analyse der Produktionsumstände und Adressaten der Fotografien
- Bedeutung der Fotografien im deutschen Orientalismus-Diskurs
- Verknüpfung von Ansätzen der Global History, Visual History und Postcolonial Studies
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit folgt einer fünfstufigen Bildanalyse, beginnend mit einer Funktionsanalyse, die die äußere Quellenkritik und eine vor-ikonographische Beschreibung der Fotografien umfasst. Im zweiten Kapitel wird eine Produktanalyse durchgeführt, die die inneren Quellenkritiken und die ikonographischen Mittel der Bilder beleuchtet. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Ikonisierungsprozess der Fotografien und untersucht die Interpikturalität der Bilder im Kontext der westlichen Vorstellung vom Orient. Abschließend wird die Rezeption und Nutzung der Fotografien im deutschen Orientalismus-Diskurs und in der deutschen Presse analysiert.
Schlüsselwörter
Hybride Identität, Orientalismus, Fotografie, Visual History, Postcolonial Studies, Emily Ruete, Sayyida Salme, Sansibar, Deutschland, 19. Jahrhundert, Haremsfrauen, Odalisken, Gender, Ethnie, Klasse.
- Citar trabajo
- Jessica Rauch (Autor), 2015, Hybride Identitäten. Die Ikonographie der “arabischen Prinzessin“ und “Hamburger Kaufmannsfrau“ Emily Ruete von 1868-1916, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343305