Die Trennung von Staat und Kirche bei Max Weber


Hausarbeit, 2007

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Die christliche Kirche
2.1. Die Rationalisierung religiösen Handelns
2.2 Die Institution der christlichen Kirche
2.3 Die Rationalisierung der Herrschaft der christliche Kirche

3. Die christliche Kirche und der deutsche Staat
3.1. Die historische Entwicklung der Situation der christlichen Kirche im deutschen Staat
3.2. Die Auflösung der Kirche in der protestantische Ethik
3.3 Die Bürokratisierung von Kirche und Staat

4 Der Neutralitätsanspruch des deutschen Staates
4.1. Die moderne westliche Berufskonzeption
4.2. Der Neutralitätsanspruch und die Interessen der Wirtschaft

5. Schlussbemerkung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Max Weber hat sich in seinem Werk hauptsächlich mit dem Rationalisierungsprozess von sozialem Handeln und allen davon ausgehenden sozialen Gebilden befasst. Besonders stellte er sich die Frage, warum „gerade auf dem Boden des Okzident, und nur hier, Kulturerscheinungen auftraten, welche doch - wie wenigstens wir uns gerne vorstellen - in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen[1]

Dazu gehört auch die spezielle Entwicklung des westlichen Staates und der christlichen Kirche, die wiederum erst die Grundlage boten für die Idee einer „Trennung von Staat und Kirche“

Ich werde versuchen die Entwicklung dieser Institutionen an Hand von Max Webers Herrschaftssoziologie nachzuzeichnen. Was jedoch auch nicht ohne eine Betrachtung seines Konzepts der Rationalisierung von staatlichem und vor allem religiösen Handelns als eine „bestimmte Art von Gemeinschaftshandeln“[2] auskommt.

Eine Betrachtung der Geschichte des Christentums liefert einen weiteren Zugang zu dem Verständnis, warum in Deutschland Staat und Kirche formal getrennt sein sollen. Dazu bietet Max Webers Analyse der „Protestantischen Ethik“ noch eine weitere Herangehensweise an die Frage, warum die Autorität der Kirche nachgelassen haben könnte.

Zuletzt möchte ich die Idee der „Trennung von Staat und Kirche“ an sich versuchen zu analysieren. Dabei werde ich mich weiterhin vorrangig mit der Situation in Deutschland befassen. Denn im deutschen Staat ist die „Trennung von Staat und Kirche“ seit der Weimarer Verfassung von 1919 ein fest im Grundgesetz verankertes Menschenrecht. Im Artikel 4 des Grundgesetzes wird jeder und jedem die Freiheit des Gewissens, des Glaubens und der Weltanschauung garantiert. Eigentlich soll es die Chance bieten, verschiedene Weltanschauungen und Religionen nebeneinander existieren zu lassen. Doch einerseits stellt sich die Frage, ob dies damit wirklich ermöglicht wird, ob die persönlichen Werte dadurch nicht eher ins Private zurückgedrängt werden. Andererseits kann dies auch mit der Zunahme wirtschaftlicher Freiheiten einhergehen.

2. Die christliche Kirche

Der Begriff der Kirche kommt aus dem griechischen und bedeutet: „die dem Herrn Gehörige“ und bezieht sich auf die Glaubensgemeinschaft der Christen. Dazu gehört unter anderem die römisch- katholische wie auch die protestantische Kirche im westlichen Christentum.[3]

Die christliche Kirche hat eine besondere Entwicklung in ihrer Institutionsstruktur erfahren, die Max Weber in einer ähnlichen Form nur noch im Islam und Lamaismus beobachtete.[4] Um diese besondere Entwicklung herauszuarbeiten, hat Max Weber einen Begriffsapparat entwickelt, mit dem sich die Geschichte der Herrschaftsstruktur der christlichen Kirche und deren Rationalisierung und Bürokratisierung beschreiben lässt. Und er hat einen allgemeinen Rationalisierungsprozess der Religion diagnostiziert, der sich an der Suche nach einer Lösung für das Theodizeeproblem orientiert. Diese Ansätze bieten die Möglichkeit, die Entwicklung der christlichen Kirche und ihrer religiösen Idee unter einer Perspektive zu betrachten, die eventuell über die Situation der Kirche und Religion in der heutigen Zeit Aufschluss geben könnte.

2.1. Die Rationalisierung religiösen Handelns

Max Weber grenzt den soziologischen Untersuchungsbereich im Bezug auf die Religion ein, dass hier nur das soziale Handeln interessiere mit den „Bedingungen und Wirkungen“ dieser „bestimmten Art von Gemeinschaftshandeln“.[5] Es soll also untersucht werden, welches die Ursachen sind, die religiöses Handeln motivieren und wie dies sich auf andere gesellschaftliche Bereiche auswirkt.

Weber erfasst das religiöse Handeln als „wertrational“ bestimmtes soziales Handeln. Dies bedeutet für ihn, dass sich das Handeln dabei „durch bewussten Glauben an den - ethischen, ästhetischen, religiösen oder wie immer sonst zu deutenden - unbedingten Eigen wert eines bestimmten Sichverhalten rein als solchen und unabhängig vom Erfolg“ bestimmen lässt. Bei religiösem Handeln stehen also festgesetzte „Maxime“ im Vordergrund, an die der Handelnde glaubt. Der alternative rationale Handlungstyp bei Weber orientiert sich am „eigenen Zwecke “. Aus der Sicht dieses „zweckrationalen Handelns“ sei das wertrationale Handeln schlicht „irrational“.[6]

Doch ist die reine Form des zweckrationalen Handelns in der Praxis schwer vorstellbar. Dazu müsste der Handelnde absolut wertfrei sein und alle alternative Handlungsmöglichkeiten abwägen. Und weil die Menschen alle in irgendeiner Weise kulturell geprägt sind, können sie schlicht nicht rein wertfrei handeln. Das bedeutet, dass alles rational bestimmte Handeln immer auch von Wertrationalität bestimmt ist. Jedoch können feststehende Werte, wie religiöse Regeln, hinterfragt werden, ob sie in der spezifischen Situation dem Zwecke des Handelns dienen. Aber das letztlich als zweckrational empfundene Handeln ist in seiner Reinheit innerhalb der ideengeprägten Welt nicht eindeutig messbar.

Um diese Unklarheiten in der gesellschaftlichen Realität zumindest annähernd zu bestimmen, hat Weber diese „idealtypische“ Orientierungsmöglichkeiten definiert. Sie ermöglichen auf diese Weise auch erst die Klarheit über diese Bestimmungsschwierigkeiten.

Aber andererseits enthalten die Zwecke des Lebens eben auch Wertvorstellungen und ein Verständnis von einem Sinn des Lebens.

Der Zweck des Handelns muss schließlich auch an einem Verständnis für sinnvolles Handeln orientiert sind. Und was wichtiges, richtiges oder unwichtiges Handeln ist, wird auch von Werten bestimmt. Das reine Überleben und Handeln allein am Zwecke des Überlebens orientiert, ist genau dies, was den Menschen so sehr schwer fällt, und gerade aus diesem Grund haben sie sich religiöse und andere Ideen geschaffen und auch die ganzen Wissenschaften, die nicht nur das Leben erleichtern sollen und wollen, sondern es auch mit Sinn ausgestalten. Denn die Menschen haben sich immer gefragt und fragen sich immer noch, warum sie auf der Erde sind, und warum es ihnen besser oder schlechter geht als anderen, oder warum sie Glück gehabt haben.

Diese typisch menschliche Problematik ist nach Weber die treibende Kraft der religiösen Ideen. Auf der Suche nach Lösungen oder Erklärungen dieses Problems entstanden die verschiedenen religiösen und ethischen Vorstellungen, die immer wieder erneuert und verändert wurden. Mit diesem Grundbedürfnis des Menschen beschreibt Weber die Legitimation des Charisma und die Chance mittels Charisma Herrschaft ausüben zu können. Die Menschen sind geradewegs auf der Suche nach Charisma, „nach außeralltäglichen Erlebnissen und Befindlichkeiten[7] “.

Die Suche nach immer neuen außeralltäglichen Erfahrungen, die eine immer noch bessere Lösung oder Antwort auf die Situation des Menschen in der Welt geben können sollen, hat immer wieder neue Vorstellungen hervorgebracht. Nach Weber lässt sich dies als ein Rationalisierungsprozess begreifen, der seinen „Eigengesetzlichkeiten“[8] folgt. Aber die Rationalisierung beruht immer auf bereits existierenden Verständnissen vom Sinn des Handelns und Lebens, an denen sich die aktuellen rationalen Interessen orientieren. Der Begriff der „Rationalität“ lässt sich nicht allgemein bestimmen, er beschreibt nur die Orientierung an bestimmten Interessen, die ebenfalls nicht allgemein definierbar sind.

Die große Relevanz der Wirtschaft in den Industrienationen ist nur eine rationale Orientierung der Interessen an dem Glauben, dass der technische Fortschritt der Menschheit einen Sinn hat.

Zweck und Wert lassen sich in der Realität nicht wirklich trennen, das eine kann nicht ohne das andere existieren. Auch nach Weber ist religiöses oder magisches Handeln schon immer selbst „überwiegend ökonomisch[9] “ und damit zweckrational gewesen.

2.2 Die Institution der christlichen Kirche

Die christliche Kirche lässt sich auch aus der Perspektive betrachten, wie es ihr gelang, ihre Anhängerschaft an sich zu binden, sie auch über lange Zeit nicht zu verlieren und immer wieder neue Menschen für sich zu gewinnen. Es gab immer Einzelne, die die Machtstellung der Kirche verurteilt haben, aber es haben sich viel mehr Menschen von ihr beherrschen lassen und sind sogar mit missionarischem Eifer für die christlichen Ideen in den Krieg gegen Andersgläubige gezogen.

Das Christentum hat eine lange Entwicklung hinter sich, die mit einzelnen religiös „Qualifizierten“ beginnt, die göttliche Offenbarungen unter die Menschen bringen wollten. Diese heiligen Geschichten wurden dann systematisch verschriftlicht und von einer geweihten Vertretung des Göttlichen auf Erden in regelmäßigen Predigen unter den Menschen verbreitet. Schließlich gelang es ihr, als Staatsreligion anerkannt zu werden, Könige wollten mit ihrer Macht die eigene Herrschaft legitimieren, sie regierte als weltliche Herrscherin und sie wurde benutzt, um die Bevölkerung zu domestizieren. Bis dann ihre Legitimation als Herrscherin schwand und sie aus der Leitung und Legitimation der Staatsgewalt zurücktreten musste. Sie begann sich als eigenständige gesellschaftliche Institution neu zu definieren. Aber sie nimmt weiterhin an der Diskussion über die gesellschaftlichen Werte, an die sich staatliches Handeln zu halten hat, teil und besitzt immer noch genügend Macht in der Gesellschaft, um ihre Werte durchzusetzen, beispielsweise über den Ethikrat. Aber formal darf sich der deutsche Staat, genauer gesagt, seine RepräsentantInnen des Volkes, selbst entscheiden, an welchen Wertvorstellungen er sich orientieren möchte.

Max Webers hat seine meisten Schriften noch vor der Weimarer Verfassung geschrieben, doch auch schon zu jener Zeit war die Gestalt der Kirche schon sehr bürokratisch, besaß also eine sehr rational geregelte Herrschaftsstruktur.

2.3 Die Rationalisierung der Herrschaft der christliche Kirche

Die christliche Kirche ist weit mehr als nur eine Gemeinschaft gläubiger Menschen. Sie ist eine mächtige Institution, die bereits einige Völker beherrschte und immer noch nicht alle Macht verloren hat, eher die Strukturierung ihrer Macht hat sie verändert.

Die christliche Kirche vertritt nicht nur die christliche Religion, zusätzlich beansprucht sie auch die Macht über sie und ihre AnhängerInnen. Es gab und gibt viele christliche Gläubige, die sich dieser Macht widersetzten und eigenständige Gruppen gegründet haben.

Aber eine Großzahl von Menschen ließ sich oder lässt sich immer noch von der Kirche sagen, was ihre Religion ist und wie sie zu ihrem Seelenheil gelangen kann. Es geht nicht darum zu beweisen, inwiefern dies wirklich der Fall ist, sondern um die Analyse, wie gerade die Entstehung und Legitimation einer religiösen Macht überhaupt möglich ist. Dies soll hier nun über den Weg der Systematik der Herrschaftssoziologie von Max Weber geschehen.

„Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden.“[10] Weber unterscheidet hier klar zwischen Herrschaft und Macht. Zusätzlich zur bloßen Macht sei im Falle der Herrschaft eine befehlende Person, die Gehorsam findet, grundlegend. Die „Macht“ beschreibe dagegen nur die Chance den eigenen Willen durchzusetzen. Normalerweise wird die Herrschaft der befehlenden Person nach Weber noch durch einen „Verband“ oder einen „Verwaltungsstab“ gestützt.

Die Motive des Verwaltungsstabes, der Befehlsgewalt zu gehorchen, könnten „rein durch Sitte oder rein affektuell oder durch materielle Interessenlage oder ideelle Motive (wertrational )[11] “ begründet sein. Diese Kategorien seien als ideale Typen zu verstehen, die meistens nicht in reiner Form auftreten und zusätzlich noch von einem Glauben an ihre jeweilige Legitimität unterstützt werden müssen. Denn jede Herrschaft basiere auf einer Begründung, die auch noch so abwegig sein kann. Unter der „traditionalen Herrschaft“ beispielsweise glauben die Beherrschten nach Weber an „die Heiligkeit von jeher geltender Traditionen und die Legitimität der durch sie zur Autorität Berufenen“[12].

Im Bereich der Religion beruhe die Herrschaft zum Zeitpunkt ihrer Entstehung vor allem auf dem Charisma einer als heilig qualifizierten Person. Mit Webers Worten beruht die charismatische Herrschaft allgemein „auf der außeralltäglichen Hingabe an die Heiligkeit oder Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie offenbarten oder geschaffenen Ordnungen[13] “.

Jesus Christus verkörperte die Heiligkeit in Person, in dem er als Messias erschien und den Menschen vom Reich Gottes verkündete. Seine zwölf Jünger wurden von ihm „erwählt“ und dadurch verpflichtet, sich an seine Lehre zu halten. „Der Meister übt seine charismatische Herrschaft aus und versteht sie als Opfergabe und Dienst“. Denn Jesus betonte in seinen Worten, dass die Beherrschten die Herrschenden werden würden[14].

[...]


[1] Max Weber, 1988: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie 1. S. 1

[2] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. S. 379

[3] Franz N. Mehling (Hg.), 1985: Knaurs Lexikon. S.457

[4] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. S. 1258

[5] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. S. 379

[6] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. S. 32- 34

[7] Gottfried Küenzlen, 1980: Die Religionssoziologie Max Webers. S. 106

[8] Max Weber, 1988: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie 1. S. 259

[9] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. S. 380

[10] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. S. 62

[11] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. S. 215

[12] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. S. 218

[13] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. S. 218

[14] Georg J. Mantzaridis, 1981: Soziologie des Christentums. S. 19-22

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Trennung von Staat und Kirche bei Max Weber
Hochschule
Universität Konstanz  (Fachbereich Geschichte und Soziologie)
Veranstaltung
Interkultureller Vergleich Hauptseminar Kultursoziologie 2 Bachelor
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V343814
ISBN (eBook)
9783668339453
ISBN (Buch)
9783668339460
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Religionssoziologie, Max Weber
Arbeit zitieren
Carmen Weber (Autor:in), 2007, Die Trennung von Staat und Kirche bei Max Weber, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343814

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