Das Totentagsfest in Mexiko, von der UNESCO 2003 zum geistigen Weltkulturerbe ernannt, trägt in sich all die Spannungsfelder, mit denen die Mestizen-Nation Mexiko als Erbin einer Kolonialvergangenheit zu kämpfen hat.
An der Dynamik und Entwicklung des Festes über die Jahrhunderte und den über das Fest geführten Auseinandersetzungen lassen sich viele der Konflikte ablesen, mit denen die Mexikaner heutzutage zu kämpfen haben. Vor allem der Kampf darum, zu definieren, was mexikanisch-sein bedeutet und was die Nation eint, wird in der Auseinandersetzung um die Bedeutung dieses Festes geführt. Wie die meisten Nationen, die nach einer Kolonialvergangenheit im 19. und 20. Jahrhundert ihre Unabhängigkeit erlangten, arbeitet man immer noch daran, einen Umgang mit den Brüchen und Umwälzungen in der eigenen Geschichte zu finden. Es gilt, nach der Unabhängigkeit eine kulturelle Vergangenheit aus der Zeit vor der Kolonialisierung und eine Kolonialperiode, in der eine teilweise durch Gewalt induzierte Vermengung zweier Kulturen zu völlig neuen Kulturelementen führte, zu identitätsgenerierenden Narrativen zu vereinigen, welche der neu entstandenen Nation eine Abgrenzung von der Kolonialmacht ermöglichen, sie mit ihrer Vergangenheit versöhnen und den heterogenen Bevölkerungsgruppen Symbole liefern, anhand derer sie sich als ein Volk definieren können.
Das Projekt, eine Nation zu bilden, ist aber auch von europäischen Moderne geprägtes Projekt, welches vielen Gruppen immer noch suspekt bleibt, da es ihrem Denken nicht eigen ist. So gibt es in Mexiko zahlreiche Dorfgemeinden mit Autonomiebestrebungen; die meisten von ihnen setzen sich aus indigener Bevölkerung zusammen. Da in vielen ländlichen Gebieten die Völkerdurchmischung (mestizaje) ausblieb, weil die Spanier sich eher in den Städten gruppierten, fühlen sich viele dieser Gemeinden auch nicht in einem Nationalprojekt eingebunden, welches oft als ein mestizo Projekt gekennzeichnet wird.
Für diese Gemeinden spielen ihre Traditionen eine sehr große Rolle als für das Dorf identitätsstiftende Aktivitäten. Über die Teilhabe an religiösen Festen und Ritualen und einen narrativen Bezug zu „eigenen― Traditionen lässt sich Zugehörigkeit zu einer Dorfgemeinde definieren und Abgrenzung zu anderen Gemeinden herstellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Postmortalitätsvorstellungen bei den „Azteken“ und bei den spanischen Katholiken im 16. Jhd.
- Zum Begriff Postmortalitätsvorstellungen im kulturtheoretischen Rahmen
- Der Totenkult der Azteken
- Exkurs: Die Quellenproblematik
- Tod und Opfer als Garant für Leben im Mythos
- Postmortale Anthropologie
- Die Orte der Postmortalen Existenz – Sag mir wie du stirbst und ich sag dir wer du bist
- Bestattungsritual - Der Dienst der Lebenden an den Toten
- Totengedenkfeste
- Tod und Sterben bei den Katholiken in Zamora, Kastilien, im 16. Jhd.
- El buen Morir - Das Gute Sterben
- Testamente als Quellen
- El alma y el más allá – Die anthropologische Form und die Orte postmortaler Existenz im Jenseits
- Die Mittel zum Heil – der Dienst der Lebenden an den Toten
- Die Feiertage zum Totengedenken - Allerheiligen und Allerseelen
- Der Forschungsdiskurs zwischen „Survivals“, „Synkretismus“ und „Invented Tradition“
- Días de los Muertos - das mexikanische Allerheiligen und Allerseelen Fest: Ein kurzer Überblick über den Ablauf
- Paul Westheim - Der Blick eines Eingewanderten
- Anita-Britta Hellbom – Einblicke bei der IAHR 1975
- Ausstellungskatalog „Lebende Tote\" - Der Blick aus Übersee 1986
- Charmichael and Sayer – Das Skelett beim Festmahl
- Exkurs - Einige Überlegungen zu theoretischen Konzepten
- Juanita Garciagodoy - Der interne Blick von Außen
- Stanley Brandes und die Colonial Invention
- Die Bedeutung und der Ursprung der Ikonographie des Días de los Muertos
- Zucker, Tod und Kolonialismus
- Claudio Lomnitz - Wie der Tod zum Totem wurde
- Die Eroberung Amerikas und die Umwälzung der Werte
- Die verzögerte Einführung des Fegefeuers
- Die Adaption der Sterbepraktiken
- Die Einführung der Testamente
- Días de los Muertos in Ocotepec, Morelos – Ein Besuch vor Ort
- Ocotepec - historische und soziale Kontextualisierung
- Feldzugang
- Erster Besuch in Ocotepec
- Eindrücke in Cuernavaca Ende Oktober
- Der Tag der „kleinen Toten“
- Das gemeinsame Rosenkranzgebet
- Der Tag der „großen Toten“
- Der Abschied auf dem Friedhof
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die Hybridisierung religiöser Praktiken am Beispiel des mexikanischen „Día de los Muertos“. Die Arbeit analysiert die Entwicklung des Festes im Kontext der Kolonialgeschichte Mexikos und untersucht die Spannungsfelder zwischen indigener Tradition und katholischem Glauben. Ein besonderer Fokus liegt auf der Frage nach der nationalen Identität und der Bedeutung des Festes für verschiedene Bevölkerungsgruppen.
- Hybridisierung religiöser Praktiken im Kontext des Día de los Muertos
- Der Einfluss der Kolonialgeschichte auf die Entwicklung des Festes
- Nationale Identität und die Bedeutung des Festes für verschiedene Bevölkerungsgruppen
- Synkretismus und die Auseinandersetzung mit verschiedenen theoretischen Konzepten
- Vergleichende Analyse von Totenkulten in präkolumbianischen und kolonialen Kontexten
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Bedeutung des Día de los Muertos als Ausdruck der mexikanischen Identität und der Herausforderungen im Umgang mit der kolonialen Vergangenheit. Sie thematisiert den Konflikt zwischen nationalen Narrativen und lokalen Traditionen, insbesondere in ländlichen, indigenen Gemeinden. Das Fest wird als Beispiel für die Spannungsfelder zwischen Stadt und Land, sowie zwischen indigenen und mestizo-Kulturen dargestellt.
Postmortalitätsvorstellungen bei den „Azteken“ und bei den spanischen Katholiken im 16. Jhd.: Dieses Kapitel vergleicht die Vorstellungen vom Tod und Jenseits bei den Azteken und den spanischen Katholiken im 16. Jahrhundert. Es analysiert den Totenkult der Azteken, einschließlich ihrer Rituale, Mythen und Anthropologie, sowie den Einfluss des katholischen Glaubens auf das Verständnis von Tod und Sterben in der kolonialen Gesellschaft. Der Vergleich legt die Grundlage für die spätere Analyse des Synkretismus im Día de los Muertos.
Der Forschungsdiskurs zwischen „Survivals“, „Synkretismus“ und „Invented Tradition“: Dieses Kapitel beleuchtet den wissenschaftlichen Diskurs um das Día de los Muertos, analysiert verschiedene Perspektiven auf die Entwicklung des Festes und hinterfragt die Konzepte von "Survivals", "Synkretismus" und "Invented Tradition". Es werden verschiedene Forscher und ihre Ansätze vorgestellt, die unterschiedliche Interpretationen des Festes bieten. Der Kapitel beleuchtet die Komplexität des Phänomens und die Herausforderungen einer eindeutigen Interpretation.
Claudio Lomnitz - Wie der Tod zum Totem wurde: Die Zusammenfassung dieses Kapitels würde die Argumentation von Claudio Lomnitz zum Día de los Muertos darstellen, welche die Transformation der Totenkult-Praktiken durch die Kolonisierung untersucht. Der Fokus liegt auf der Adaption von Sterbepraktiken, der Einführung von Testamenten und die Verschiebung der Werte im Kontext der Eroberung Amerikas.
Días de los Muertos in Ocotepec, Morelos – Ein Besuch vor Ort: Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der Feldforschung in Ocotepec, Morelos. Es beschreibt den historischen und sozialen Kontext der Gemeinde, den Ablauf des Festes und die Bedeutung des Día de los Muertos für die Einwohner von Ocotepec. Es analysiert die lokalen Praktiken und wie sie sich von den städtischen Feierlichkeiten unterscheiden.
Schlüsselwörter
Día de los Muertos, Mexiko, Kolonialgeschichte, religiöser Synkretismus, Hybridisierung, Totenkult, nationale Identität, indigene Traditionen, Katholizismus, Feldforschung, Ocotepec, Morelos, Postmortalitätsvorstellungen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Magisterarbeit: "Día de los Muertos: Eine Analyse der Hybridisierung religiöser Praktiken in Mexiko"
Was ist der Gegenstand der Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit untersucht die Hybridisierung religiöser Praktiken am Beispiel des mexikanischen „Día de los Muertos“. Sie analysiert die Entwicklung des Festes im Kontext der Kolonialgeschichte Mexikos und die Spannungsfelder zwischen indigener Tradition und katholischem Glauben. Ein besonderer Fokus liegt auf der nationalen Identität und der Bedeutung des Festes für verschiedene Bevölkerungsgruppen.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Hybridisierung religiöser Praktiken im Kontext des Día de los Muertos; den Einfluss der Kolonialgeschichte auf die Entwicklung des Festes; nationale Identität und die Bedeutung des Festes für verschiedene Bevölkerungsgruppen; Synkretismus und die Auseinandersetzung mit verschiedenen theoretischen Konzepten; vergleichende Analyse von Totenkulten in präkolumbianischen und kolonialen Kontexten; Postmortalitätsvorstellungen bei den Azteken und spanischen Katholiken des 16. Jahrhunderts; wissenschaftlicher Diskurs um das Día de los Muertos ("Survivals", "Synkretismus", "Invented Tradition"); und die Feldforschung in Ocotepec, Morelos.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf verschiedene Quellen, darunter historische Dokumente (z.B. Testamente), ethnographische Studien, wissenschaftliche Literatur und die eigenen Feldforschungsdaten aus Ocotepec, Morelos. Die Arbeit bezieht sich explizit auf die Werke von Forschern wie Paul Westheim, Anita-Britta Hellbom, und Claudio Lomnitz, um verschiedene Perspektiven auf das Día de los Muertos zu beleuchten.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in mehrere Kapitel gegliedert: Einleitung, Postmortalitätsvorstellungen bei den Azteken und spanischen Katholiken im 16. Jahrhundert, Der Forschungsdiskurs zwischen „Survivals“, „Synkretismus“ und „Invented Tradition“, Claudio Lomnitz - Wie der Tod zum Totem wurde, und Días de los Muertos in Ocotepec, Morelos – Ein Besuch vor Ort. Jedes Kapitel bietet eine Zusammenfassung der behandelten Themen und deren Ergebnisse.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit kombiniert verschiedene Methoden. Es wird eine vergleichende Analyse der Postmortalitätsvorstellungen der Azteken und der spanischen Katholiken durchgeführt. Der Forschungsdiskurs wird analysiert und verschiedene theoretische Konzepte werden diskutiert. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ist die eigene Feldforschung in Ocotepec, Morelos, die qualitative Daten liefert.
Welche Ergebnisse werden präsentiert?
Die Arbeit präsentiert Ergebnisse zur Hybridisierung des Día de los Muertos, zeigt den Einfluss der Kolonialgeschichte auf die Entwicklung des Festes und beleuchtet die Bedeutung des Festes für die nationale Identität Mexikos. Die Feldforschung in Ocotepec, Morelos, liefert Einblicke in die lokalen Praktiken und deren Unterschied zu den städtischen Feierlichkeiten. Die Arbeit hinterfragt etablierte Interpretationen des Día de los Muertos und bietet eine differenzierte Perspektive auf das Phänomen.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass das Día de los Muertos ein komplexes Phänomen ist, das sich aus der Vermischung indigener Traditionen und des katholischen Glaubens entwickelt hat. Das Fest ist ein wichtiger Bestandteil der mexikanischen Identität, jedoch mit regionalen und sozialen Unterschieden. Die Arbeit betont die Bedeutung einer differenzierten Analyse, die lokale Traditionen und den wissenschaftlichen Diskurs berücksichtigt.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Día de los Muertos, Mexiko, Kolonialgeschichte, religiöser Synkretismus, Hybridisierung, Totenkult, nationale Identität, indigene Traditionen, Katholizismus, Feldforschung, Ocotepec, Morelos, Postmortalitätsvorstellungen.
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- Mariana Pinzon (Autor), 2011, El día de los Muertos in Ocotepec. Ein Beispiel für die Hybridisierung religiöser Praxis, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343897