Das sozialökologische Sinus-Milieu. Entstehung, Entwicklung und Eigenschaften


Dossier / Travail, 2011

21 Pages, Note: 1,0

Anna Zuber (Auteur)


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Konzept der Sinus-Milieus

3 Die Entwicklung der ökologisch affinen Milieus vor dem Hintergrund der Umweltbewegung
3.1 1970 bis 1983
3.2 1983 bis 1995
3.3 1997 in Ostdeutschland
3.4 1995 bis 2009

4 Das Sozialökologische Milieu im Sinus-Modell von 2010

5 Mögliche Gründe für die Entstehung des Sozialökologischen Milieus zwischen
2001 und 2010

6 Schluss

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Sie kaufen überdurchschnittlich oft Biolebensmittel, beziehen Ökostrom und leben naturverbunden. Durch einen nachhaltigen Lebensstil wollen sie die Umwelt, das Klima und ihre Gesundheit schützen. Für die dem „sozialökologischen Milieu“ zugeordneten Menschen spielt der Umweltgedanke im Alltag eine große Rolle.

Seit der Aktualisierung seines Modells im Jahr 2010 unterteilt Sinus Sociovision (das Sinus-Institut in Heidelberg) die deutsche Bevölkerung in zehn Milieus[1], darunter das Sozialökologische, welches 7,2%[2] der deutschen Bevölkerung ausmacht. Während einige Milieunamen wie „Hedonisten“ oder „Bürgerliche Mitte“ bereits im Vorgängermodell vorkamen, war die Bezeichnung „Sozialökologische“ noch nie Teil der Sinus-Typologie. Betrachtet man das Modell von 2009 (welches auf dem ersten gesamtdeutschen Modell von 2001 beruht, s. Abb. 3, S.13), so fällt auf, dass kein ökologisches Leitmilieu existierte, dessen Name auf eine umweltfreundliche Ausrichtung des Lebensinhalts schließen ließe. Dies lädt den Betrachter ein anzunehmen, ein gänzlich umweltbewusster Lebensstil sei ein neues Phänomen. Gab es vor 2010 nicht genug konsumkritische, naturnahe Bürger, deren Alltag vom Umweltbewusstsein geprägt war, um sie in einem Milieu zu gruppieren? Welche demographischen und soziokulturellen Eigenschaften sind typisch für das sozialökologische Milieu?

Die vorliegende Arbeit soll Antwort auf diese Fragen geben, indem sie die Entstehung und Entwicklung der Lebenswelten beschreibt, in denen Umweltbewusstsein und –verhalten eine zentrale Rolle spielten und spielen. Die Geschichte der Umweltbewegung und die Verbreitung des Ökologiegedankens sollen mit der Veränderung der Sinus-Milieumodelle in Verbindung gebracht werden. Hierbei werden Sekundärliteraturquellen herangezogen. Erste Hinweise gibt der Artikel „Die soziokulturelle Karriere des Themas Ökologie“ von Carsten Wippermann[3]. Die Arbeiten von Karl-Dieter Opp und Dieter Rucht beschreiben die Ökologiebewegung. Das Umweltbundesamt integrierte 2010 das Sinus-Milieumodell in seine Repräsentativerhebung zum Umweltbewusstsein, sodass einige Informationen über die Eigenschaften der Milieus zugänglich wurden, die sonst nur durch den Kauf des Infopakets von Sinus zu erhalten wären.

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts kritisierte die jugendliche Bürgerbewegung die Verstädterung, die Naturvernichtung und die Konsummentalität, wodurch zahlreiche Heimat- und Naturschutzorganisationen gegründet wurden (Morris-Keitel: 123). Der Fokus dieser Arbeit wird allerdings auf der Entwicklung ab 1970 liegen. Zum einen entstand die Umweltbewegung zu Anfang jenes Jahrzehnts, und zum anderen veröffentlichte das Sinus-Institut Ende der 70er Jahre das erste Milieumodell für Westdeutschland.

Die Wahl des Themas lässt sich mit dem persönlichen Interesse am Konzept der sozialen Milieus begründen, welches neben anderen Modellen zur Darstellung der Sozialstruktur einer Bevölkerung im soziologischen Seminar „Schichten, Milieus, Lebensstile: Moderne Sozialstrukturen im Vergleich“ vorgestellt wurde. Wie das Schichtkonzept ergänzt wird, wenn neben soziodemographischen Merkmalen auch Werte und Lebensstile erfasst werden, um die Vielfalt einer Gesellschaft zu ordnen, wird zunächst in Abschnitt 2 erläutert. Das sozialökologische Milieu ist hierbei von besonderem persönlichem Interesse, da ich mich auf Anhieb selbst in den Bereich zwischen diesem und dem Liberal-Intellektuellen Milieu einordnen würde. Welche Merkmale typisch für dieses Milieu sind, wird in Abschnitt 4 erläutert. Schließlich trägt auch das eigene Engagement in einer Umweltschutzgruppe dazu bei, dass die Ökologiebewegung in Abschnitt 3 in Zusammenhang mit der Veränderung der Milieustruktur gebracht wird. Zuletzt wird in Abschnitt 5 gefragt, was dazu beigetragen haben könnten, dass es seit 2010 wieder ein ökologisches Leitmilieu gibt.

2 Das Konzept der Sinus-Milieus

Das Milieukonzept des Heidelberger Sinus-Instituts dient primär der Politik- und Marktforschung. Das Unternehmen Sinus Sociovision hilft seinen Kunden aus dem Bereich der strategischen Markt- und Kommunikationsplanung[4], indem es Zielgruppen identifiziert. Unter der Annahme, dass Menschen mit identischen soziodemographischen Merkmalen (wie Alter, Bildung, Geschlecht und Einkommen) nicht zwangsläufig derselben Zielgruppe angehören (wegen unterschiedlicher ästhetischer und stilistischer Präferenzen), werden die „Lebenswelten“ der Gesellschaft analysiert.

Ende der 70er Jahre wurden in qualitativen Interviews 1400 Westdeutsche zu ihren Werthaltungen[5] und ihren Alltagseinstellungen[6] zu Arbeit, Familie, Freizeit, Geld und Konsum (also ihrer Lebensauffassung) sowie zu ihrer Lebensweise befragt. 1982 wurden die Ergebnisse quantitativ überprüft. Das Sinus-Institut entwarf einen Milieu-Indikator mit 40 Statements, mit dessen Hilfe sich die „Werteprofile“ der Befragten ermitteln lassen. Seitdem kommt der Indikator in der jährlichen Repräsentativerhebung (ca. 100 000 Fälle pro Jahr, befragt wird die Wohnbevölkerung ab 14 Jahren) zusätzlich zu narrativen Interviews zum Einsatz. (Sinus 2009: 2, 3, 10, 12).

Durch diese Methodik kommen zusätzlich zu den Wertorientierungsmustern milieutypische sozialdemographische Profile zustande. (Zerger 2000: 90) Dies bedeutet, dass Milieus nicht unabhängig von der Schichtzugehörigkeit existieren. In der „Kartoffelgrafik“ von Sinus sind die Milieus entlang der Vertikalen nach sozialer Lage im Raum positioniert (wobei die untere Mittelschicht/Unterschicht sich unten am Ursprung befindet, und die obere Mittelschicht/Oberschicht an höchster Stelle, s. Abb. 1). Offenbar werden also Werthaltung und Lebenseinstellung von Einkommenshöhe, Bildungsgrad und Berufsprestige mitbestimmt (Hradil 2001: 426). Innerhalb einer Schicht können mehrere Milieus nebeneinander existieren. Des Weiteren unterscheiden sie sich durch ihre Grundorientierung. In der Grafik werden die Milieus entlang der Horizontalen von alten, traditionellen, zu neuen, modernen bzw. postmodernen Werten angeordnet.

Die Milieugrenzen sind allerdings fließend; die kartoffelförmigen Räume unterschiedlicher Größe überlappen sich. In ihrer Mitte stellen sie eine Konzentration von Menschen mit typischen objektiven Lagen und Einstellungen dar. Doch durch die Streuung darum herum gehören Personen in verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Lagen zu einem Milieutyp. (Zerger 2000: 93[7] ) Gleichzeitig kann eine Person auch zu zwei Milieus gehören. Die ungenaue Abgrenzung ergibt sich jedoch nicht durch methodische Mängel, sondern durch die Vielseitigkeit der Realität. Die Kommunikation zwischen den Personen eines Milieus kann höher sein, als zwischen weiter entfernten Milieus. Daraus ergibt sich jedoch nicht automatisch das Zugehörigkeitsgefühl einer abgegrenzten sozialen Gruppe. (Hradil: 431).

Im Laufe ihres Lebens können Menschen ihre Milieuzugehörigkeit wechseln, indem sie unbewusst ihre Einstellungen ändern. Dies ist jedoch wegen der Tiefe von Einstellungen, der Erfahrungen im Laufe des Lebens und der festen Sozialkontakte in der Umgebung nur langsam möglich. (Hradil: 432) Geht man davon aus, dass Werte tief in der Kultur und in der Psyche der Menschen verwurzelt sind, kann sich dementsprechend auch die Milieustruktur einer Bevölkerung theoretisch nur langsam ändern. (Zerger 2000: 90)

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass soziale Milieus Gruppen von Personen mit ähnlichen Werten und Lebensweisen sind. Das Milieukonzept ist eine Verfeinerung des Schichtenmodells, welches als Antwort auf wachsende soziale Differenzierung[8] in der deutschen Gesellschaft entstanden ist. (Endruweit 2000: 39)

3 Die Entwicklung der ökologisch affinen Milieus vor dem Hintergrund der Umweltbewegung

Nachdem das Milieukonzept erläutert wurde, wird nun beschrieben, wie sich in Deutschland die Milieus entwickelten, für die eine ökologische Lebensführung wichtig war.

3.1 1970 bis 1983

Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, die eine schnelle Technikentwicklung mit sich brachte, gingen Eingriffe auf die Natur einher, oft mit negativen Folgen. Als Antwort darauf entstand bereits Ende des 19. Jahrhunderts der organisierte Naturschutz, der in Deutschland eng mit dem Heimatschutz verbunden war. In eine bestimmte Ideologie war der Naturschutz nicht eingebettet, die Unterstützer stammten aus unterschiedlichen politischen Lagern. Wegen der Weltkriege und deren Folgen stagnierte der Naturschutz. Wichtiger war es in den 50er und 60er Jahren, das Land wieder aufzubauen. Mit dem Wirtschaftswachstum breitete sich die Industrie weiter aus, der Verkehr nahm zu und Städte dehnten sich aus. Damit einher ging ein wachsender Energie- und Rohstoffverbrauch. Der Trend zu Wegwerfprodukten verbreitete sich, sodass mehr Müll entstand. Langsam wurde den Menschen jedoch bewusst, dass die tiefen Eingriffe in die Natur langfristige Folgen haben würden. Die Naturzerstörung würde früher oder später die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Vor dem Hintergrund dieser Strukturbedingungen führt Dieter Rucht weitere Faktoren an, die dazu beigetragen haben, dass die Ökologiebewegung sich Anfang der 70er Jahre formierte. Erstens verbreitete sich das Verständnis für ökologische Zusammenhänge. Beispielsweise trugen Bücher wie „Silent Spring“ (1962) von Rachel Carson über die Verseuchung von Böden und Gewässern durch chemische Stoffe dazu bei, dass das Wissen in die breite Öffentlichkeit gelangte. Zweitens trugen auch Initiativen der Regierung dazu bei, dass das Umweltthema in die Öffentlichkeit drang. In der Bundesrepublik setzte die Umweltschutzgesetzgebung bereits ein, als die Ökologiebewegung sich noch formierte, nämlich mit dem Umweltsofortprogramm 1970 und dem Umweltprogramm 1971. Auf internationaler Ebene wurde 1970 das Europäische Naturschutzjahr ausgerufen. 1972 fand in Stockholm eine Umweltkonferenz der Vereinten Nationen statt. Drittens gaben Umweltkatastrophen in der Welt, wie Tankerunglücke, Ölkatastrophen, Lecks in Atomkraftwerken und chemischen Fabriken, Anreiz für die Bevölkerung, sich zu informieren. Viertens führten die hohe Bevölkerungsdichte, die vielen Städte und der hohe Industrialisierungsgrad zu kleinen und mittleren Umweltproblemen in Deutschland. (Rucht 1994: 235-240) Als Reaktion hierauf wurden zahlreiche regionale und lokale Bürgerinitiativen gegründet, die sich in sogenannten „Ein-Punkt-Aktionen“ beispielsweise gegen den Bau einer Straße durch ein Wohngebiet einsetzten. Sowohl die Bürgerinitiativbewegung, die bereits Ende der 60er Jahre entstand, als auch die Studentenbewegung, deren Beginn etwa 1965 anzusetzen ist, können als Vorläufer der Ökologiebewegung bezeichnet werden, denn viele ihrer Mitlieder waren auch in der Ökologiebewegung aktiv. Einige Bürgerinitiativen, die sich mit Umweltproblemen beschäftigten, schlossen sich 1972 zum Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) zusammen. (Opp 1996: 351-2)

Während die Naturschutzbewegung sich eher mit Lokalem befasste, beispielsweise dem Schutz einer Vogelart in einer Region, forderte die Ökologiebewegung einen umfassenden, globalen Schutz der Umwelt. Die Initiativen richteten sich unter anderem gegen Atomkraft, den Bau von Start- und Landebahnen und Straßen sowie Luft-, Boden- und Gewässerverschmutzung. Die Akteure waren durch ein Netzwerk von nicht-staatlichen Gruppierungen und Organisationen verbunden, welches sich bei den Erkenntnissen der Fachwissenschaft bediente und politisches Gehör in Protesten suchte. (Rucht 1994: 240-1) Die Atomprogramme der Regierung hatten das größte Konfliktpotenzial; gegen sie richtete sich zunächst bis ca. 1974/75 der Schwerpunkt des Engagements. (Opp 1996: 352) Fast überall, wo Atomkraftwerke standen oder geplant wurden, entstanden Anti-Atomkraftgruppen. Etwa ab 1977 entstanden Netzwerke, die sich mit enger gefassten Themen des Umweltschutzes befassten, wie mit alternativen Energien, der Verkehrspolitik oder der Gesundheit. (Rucht 1994: 245) Der Bund für Umwelt- und Naturschutz wurde 1975 gegründet, Greenpeace Deutschland 1980 und Robin Wood 1982. Die Anzahl der Umweltproteste und ihre Teilnehmerzahlen stiegen bis 1981 an. (Opp 1996: 352) 1979 zogen zum ersten Mal Politiker der Grünen in ein Landesparlament (in Bremen) ein, 1980 wurde die Bundespartei der Grünen gegründet.

Bis zu diesem Zeitpunkt bestand noch ein „scharfer Gegensatz“ (Rucht 1994: 245) zwischen den Protestgruppen und der etablierten Politik. Besonders die Anti-Atomkraftinitiativen fanden bei den Parteien anfangs keine Unterstützung. „Diese Frontstellung begünstigte die Ausbildung eines linken ökologischen Fundamentalismus in der Bundesrepublik“ (Rucht 1994: 248) Die Anhänger der Ökologiebewegung hatten, abgesehen von der Neigung zur politischen Linken, auch eine postmaterielle Wertorientierung. Zu den Anhängern gehörten überdurchschnittlich viele jüngere Personen mit einem hohen formalen Bildungsgrad. (Rucht 1994: 250-51). Doch auch Materialisten und Vertreter anderer politischer Ideologien gehörten zu den Befürwortern der Ökologiebewegung. Kann man die Anhänger einem sozialen Milieu zuordnen?

Im ersten Sinus-Milieumodell (für Westdeutschland) (s. Abb. 1) liegt die „Postmaterielle Neuorientierung“ am äußeren rechten Rand der Werteskala. Dort ist „die Dynamik des soziokulturellen Wandels am stärksten“. (Wippermann 2005:1)

Abbildung 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Wippermann 2005: 1

Postmaterial

Postmaterialistische Werte waren also modern. In diesem Bereich ist nur eine Lebenswelt schwerpunktmäßig positioniert: das Alternative Milieu. Ihm gehörten 4% der Westdeutschen an. Die Gruppe der 16- bis 29-Jährigen war überdurchschnittlich stark vertreten. (Zerger 2000: 196) Zu diesem Milieu gehörten viele Schüler und Studenten, qualifizierte Angestellte, Beamte im höchsten Dienst und Freiberufler. Die höchsten Bildungsstufen (Abitur bzw. Hochschulabschluss) waren überdurchschnittlich repräsentiert. (Gapski et al. 2000: 30) Dementsprechend war es ein gesellschaftliches Leitmilieu aus der oberen Mittelschicht. Ihr Lebensstil war „ganz auf das Thema ‚Ökologie’ fokussiert“, denn sie hatten eine „neue Utopie vom ganzheitlichen Leben“. (Wippermann 2005:1) Wichtiger als materielle Bedürfnisse waren ihnen die Entfaltung der Persönlichkeit und die Selbstverwirklichung. Oberflächlichkeit lehnten sie ab. Ihr Lebensziel waren der Aufbau einer menschengerechnet Welt (privat und gesellschaftlich), intensive zwischenmenschliche Beziehungen und die Teilnahme am politischen und kulturellen Leben. (Gapski et al. 2000: 30). Die Mitglieder der damals gegründeten Grünen stammten aus diesem Milieu. (Wippermann 2005:1)

Das Alternative Milieu, ein ökologisches Leitmilieu, kann also als ein Vorgängermilieu des Sozialökologischen bezeichnet werden, mit dem Unterschied, dass die Sozialökologischen durchschnittlich älter sind als die Alternativen.

3.2 1983 bis 1995

Bis das Sinus-Institut das Milieumodell 1995 grundlegend erneuerte, veröffentlichte es quantitative Anpassungen, aus denen hervor ging, dass das Alternative Milieu kontinuierlich kleiner wurde. Machte es bis 1983 vier Prozent der Bevölkerung aus, so waren es 1987 drei, 1993 zwei und 1994 nur noch ein Prozent. (Hradil 2001: 434[9] ) Das Alternative Milieu verschmolz mit den angrenzenden Milieus (dem Technokratisch-Liberalen, dem Aufstiegsorientierten und dem Hedonistischen), die den Ökologiegedanken teilweise übernahmen, allerdings ohne ihn ins Zentrum ihres Lebens zu rücken. Hierzu hat auch die Transformation der Umweltbewegung beigetragen.

Ab 1981 verringerte sich die Anzahl der Proteste und ihrer Teilnehmer. 1983 zogen erstmals Abgeordnete der Grünen in den Bundestag ein. Ökologische Politik wurde nicht mehr nur von radikalen Protestgruppen gefordert, sondern sie gelangte in etablierte Organisationen. Die Institutionalisierung der Umweltpolitik hat zum langsamen Niedergang der Ökologiebewegung beigetragen. Je mehr Akzeptanz die Ziele bei Parteien, Politikern und anderen gesellschaftlichen Gruppen fanden, desto größer wurde der Stellvertretereffekt. Dies ist der Glaube, andere würden sich wirksam für die Ziele einsetzen. Das Bundesumweltministerium wurde 1986 gegründet. Weite Teile der Bevölkerung unterstützen die umweltpolitischen Maßnahmen, wie z.B. die Einführung des Katalysators oder die Aktion „grüner Punkt“. (Opp 1996: 364, 370) Als die Regierung auf den Ausbau der Atomenergie verzichtete und alle Parteien ökologische Anliegen in ihr Programm aufnahmen, „verlor die Ökologiebewegung ihren Außenseiterstatus“. (Rucht 1994: 249) Außerdem differenzierten sich die Umweltgruppen thematisch immer weiter. Alternative Verbände und autonome Gruppen verloren an Bedeutung. Dafür stieg die Mitgliederzahl der Natur- und Umweltschutzverbände, die sich um das gesamte Thema der Ökologie kümmerten. Kurzum: „Der Umweltschutz entwickelte sich mehr und mehr zu einem konventionellen Politikfeld und verlor seinen Hauch des Neuen und Unkonventionellen.“ (Rucht 1994: 245)

[...]


[1] Die Milieunamen und der ihnen zugeordnete Bevölkerungsanteil sind: Traditionelle (15%), Konservativ-Etablierte (10%), Prekäre (9%), Bürgerliche Mitte (14%), Sozialökologische (7%), Liberal-Intellektuelle (11%), Performer (7%), Adaptiv-Pragmatische (9%), Hedonisten (15%), Expeditive (6%)

[2] Dies entspricht 2011 einer Anzahl von ca. 5 Millionen Bürgern

[3] Er ist ehemaliger Mitarbeiter des Sinus-Instituts.

[4] Neben Unternehmen gehören zu den Kunden von Sinus Sociovision auch politische Parteien, Ministerien, Gewerkschaften, Kirchen und Verbände. (Sinus 2009: 2)

[5] Eine Definition von Werthaltungen liefert Stefan Hradil: „Werthaltungen sind psychologisch ‚tiefsitzende’, großenteils unbewusste, in vielen Lebensbereichen wirksame und allenfalls langsam veränderliche Grunddispositionen von Menschen. (Hradil 2001: 422)

[6] Nach Hradil sind Einstellungen „ebenfalls unbewusste und psychologisch grundlegende Dispositionen, sie richten sich aber auf bestimmte Bereiche (Einstellung zu Familie, Politi etc.)“ (ebd.)

[7] Zerger bezieht sich hier auf Michael Vester et al. (Hrsg.) (1995): Soziale Milieus in Ostdeutschland: Gesellschaftliche Strukturen zwischen Zerfall und Neubildung, Köln

[8] Hiermit sind die Prozesse der Individualisierung und Pluralisierung gemeint. Die Menschen richten ihr Leben heute weniger nach gesellschaftlichen Konventionen. Sie können ihre Lebensweise dank größerer ökonomischer Unabhängigkeit eigenständiger gestalten, und sich von anderen abgrenzen, wodurch sich wiederum die Identifikation mit der eigenen Gruppe erhöht.

[9] Quelle bei Hradil: Jacob, Elke (1998): Übers Milieu zur Zielgruppe, in: Media & Marketing 2

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Das sozialökologische Sinus-Milieu. Entstehung, Entwicklung und Eigenschaften
Université
Otto-von-Guericke-University Magdeburg  (Soziologie)
Cours
Schichten, Milieus, Lebensstile: Moderne Sozialstrukturen im Vergleich
Note
1,0
Auteur
Année
2011
Pages
21
N° de catalogue
V344437
ISBN (ebook)
9783668342507
ISBN (Livre)
9783668342514
Taille d'un fichier
832 KB
Langue
allemand
Mots clés
Milieuforschung, Sozialökologisch, Milieus, Lebensstile, Schichten, Umweltbewegung, Sinus-Institut, Lebenswelten, Sozialstruktur, Sinus.Milieumodell
Citation du texte
Anna Zuber (Auteur), 2011, Das sozialökologische Sinus-Milieu. Entstehung, Entwicklung und Eigenschaften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/344437

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