„Sprache setzt sich aus Grammatik und Pragmatik zusammen. Die Grammatik ist ein abstraktes, formales System, das zur Produktion und Interpretation von Aussagen dient. Die allgemeine Pragmatik ist eine Sammlung von Strategien und Grundsätzen zum Erreichen erfolgreicher Kommunikation mithilfe des Gebrauchs von Grammatik. Die Grammatik ist insofern angepasst, als dass sie Eigenschaften besitzt, welche die Benutzung pragmatischer Grundsätze erleichtern.“
Nicht alle Studien zum Grammatik-Pragmatik-Verhältnis gehen von einem solch engen Zusammenwirken von Grammatik und Pragmatik aus, wie Leech es in seinem Zitat deutlich werden lässt. Dennoch ist diese Problematik ein viel diskutiertes Thema der theoretischen Linguistik. In zahlreichen Ansätzen wird zu entdecken versucht, welche bzw. inwieweit Zusammenhänge zwischen diesen Teilgebieten der Sprache, der Grammatik und der Pragmatik, bestehen.
Noch vor wenigen Jahren fand sich in der linguistischen Forschung die Dichotomie zweier Ansichten über Sprache an sich. Der eine Ansatz sah Sprache als primär kognitives, grammatisch geprägtes Phänomen. Der funktionale, pragmatische Anteil wurde als nachrangig eingestuft. Sprache wird demnach hier als Teil der Kognition verstanden. Die andere Denkweise verhielt sich der erstgenannten genau gegensetzlich. Denn hier gilt Sprache als grundsätzlich sozial determiniert und pragmatisch geprägt. Sprache wird nach dieser zweiten Ansicht als Teil der Interaktion angesehen.
Nun wird nach einer Überbrückung dieser antagonistischen Sprachauffassungen gesucht. So ist die Hypothese entstanden, gemäß der Sprachkenntnis als kognitive Erscheinung begriffen wird, welche jedoch die Behauptung einer sozialen Determination nicht ausschließt. Der Ausgangspunkt dieser Hypothese ist die Annahme einer prinzipiellen Integrierbarkeit von grammatischen und pragmatischen Prägungen der Sprachkenntnis und –verwendung sowie die Frage, zu welchem Anteil beide Arten von Faktoren an sprachlichen Phänomenen beteiligt sind. Welches Verhältnis besteht nun also zwischen Grammatik und Pragmatik? Eine dominante Auffassung zu dieser Fragestellung besagt, dass Sprachkenntnis auf interagierenden Modulen begründet sei. Somit würde es sich bei Grammatik und Pragmatik um zwei eigenständige, aber miteinander interagierende Teilsysteme handeln.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Grammatik als mentales Phänomen – Pragmatik als soziales Phänomen
3. Pragmatik als Submodul der Grammatik?
4. Pragmatik und Kognition
5. Ein interdisziplinärer Forschungsansatz zur Modularität von Sprache
6. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1. Vorwort
„Sprache setzt sich aus Grammatik und Pragmatik zusammen. Die Grammatik ist ein abstraktes, formales System, das zur Produktion und Interpretation von Aussagen dient. Die allgemeine Pragmatik ist eine Sammlung von Strategien und Grundsätzen zum Erreichen erfolgreicher Kommunikation mithilfe des Gebrauchs von Grammatik. Die Grammatik ist insofern angepasst, als dass sie Eigenschaften besitzt, welche die Benutzung pragmatischer Grundsätze erleichtern.“[1]
Nicht alle Studien zum Grammatik-Pragmatik-Verhältnis gehen von einem solch engen Zusammenwirken von Grammatik und Pragmatik aus, wie Leech es in seinem Zitat deutlich werden lässt. Dennoch ist diese Problematik ein viel diskutiertes Thema der theoretischen Linguistik. In zahlreichen Ansätzen wird zu entdecken versucht, welche bzw. inwieweit Zusammenhänge zwischen diesen Teilgebieten der Sprache, der Grammatik und der Pragmatik, bestehen.
Noch vor wenigen Jahren fand sich in der linguistischen Forschung die Dichotomie zweier Ansichten über Sprache an sich. Der eine Ansatz sah Sprache als primär kognitives, grammatisch geprägtes Phänomen. Der funktionale, pragmatische Anteil wurde als nachrangig eingestuft. Sprache wird demnach hier als Teil der Kognition verstanden.
Die andere Denkweise verhielt sich der erstgenannten genau gegensetzlich. Denn hier gilt Sprache als grundsätzlich sozial determiniert und pragmatisch geprägt. Sprache wird nach dieser zweiten Ansicht als Teil der Interaktion angesehen.[2]
Nun wird nach einer Überbrückung dieser antagonistischen Sprachauffassungen gesucht. So ist die Hypothese entstanden, gemäß der Sprachkenntnis als kognitive Erscheinung begriffen wird, welche jedoch die Behauptung einer sozialen Determination nicht ausschließt. Der Ausgangspunkt dieser Hypothese ist die Annahme einer prinzipiellen Integrierbarkeit von grammatischen und pragmatischen Prägungen der Sprachkenntnis und –verwendung sowie die Frage, zu welchem Anteil beide Arten von Faktoren an sprachlichen Phänomenen beteiligt sind.[3] Welches Verhältnis besteht nun also zwischen Grammatik und Pragmatik?
Eine dominante Auffassung zu dieser Fragestellung besagt, dass Sprachkenntnis auf interagierenden Modulen begründet sei. Somit würde es sich bei Grammatik und Pragmatik um zwei eigenständige, aber miteinander interagierende Teilsysteme handeln.[4]
Im Zusammenhang verschiedener Ansichten zum Grammatik-Pragmatik-Verhältnis soll die modularistische Hypothese im Folgenden von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden. Anschließend findet sich ein interdisziplinärer Forschungsansatz, der sich auf der Basis evolutionärer Erkenntnisse mit der Thematik von Modularität und Sprache auseinandersetzt.
2. Grammatik als mentales Phänomen – Pragmatik als soziales Phänomen
Was die generelle Auffassung von Sprache angeht, so finden sich bei Formalisten und Funktionalisten jene antagonistischen Ansichten, die Sprache entweder als Teil der Kognition oder als Teil der Interaktion verstehen. Diese Gegensätze sollen hier kurz skizziert werden.
Die Formalisten (so z.B. Chomsky) vertreten die grammatische Seite der Sprache und sehen sie als ein menschliches Phänomen, das einem gemeinsamen genetischen Erbe der menschlichen Spezies entspringt. Spracherwerb sei nach dieser Theorie nur durch eine dem Menschen innewohnende Fähigkeit zum Sprachenlernen möglich. Die Formalisten untersuchen Sprache als autonomes System und betrachten sie als rein mentales, kognitives Phänomen.[5]
Die Funktionalisten hingegen sprechen sich für Sprache als soziales Phänomen aus und sehen dementsprechend vordergründig den pragmatischen Aspekt. Nach dieser Sichtweise ist Spracherwerb durch die Entwicklung kommunikativer Bedürfnisse in der Gesellschaft bedingt. Sprache wird von den Funktionalisten in Relation zu ihrer sozialen Funktion, zur Interaktion untersucht.[6]
Es müsste sich jedoch ein Weg finden lassen Sprache zu verstehen, so dass eine gewisse Autonomie grammatischer Komponenten eine teilweise pragmatische Motiviertheit nicht kategorisch ausschließt. Diese Sicht vertritt Leech im eingangs erwähnten Zitat, wenn er von Pragmatik als einer Sammlung von Grundsätzen spricht, die nur im Zusammenspiel mit dem Gebrauch von Grammatik zu erfolgreicher Kommunikation führen kann. Umgekehrt ist auch die Grammatik ihrerseits an pragmatische Bedürfnisse angepasst. Einsichten über diese Verbindung können durch pragmalinguistische Untersuchungen erzielt werden, die sich mit dem Grammatik-Pragmatik-Verhältnis befassen und pragmatische Analysen bezüglich bestimmter Größen der Grammatik vornehmen.
[...]
[1] aus dem Englischen gemäß: Leech, G.N.: Principles of Pragmatics. London, New York: Longman 1983. S. 76. Nach: Meibauer, Jörg: Pragmatik. Eine Einführung. Tübingen: Stauffenburg Verlag 2001. S. 7.
[2] vgl. Kertesz, Andras (Hrsg.): Sprache als Kognition – Sprache als Interaktion. Studien zum Grammatik-Pragmatik-Verhältnis. Frankfurt am Main: Lang 1995. S. 8.
[3] vgl. Kertesz, Andras (Hrsg.): Sprache als Kognition – Sprache als Interaktion. S. 9.
[4] vgl. Kertesz, Andras (Hrsg.): Sprache als Kognition – Sprache als Interaktion. S. 11.
[5] vgl. Meibauer, Jörg: Pragmatik. S. 3.
[6] vgl. Meibauer, Jörg: Pragmatik. S. 3.
- Arbeit zitieren
- Julia Haase (Autor:in), 2003, Pragmatik und Kognition: Ansätze zum Grammatik-Pragmatik-Verhältnis und der Modularität von Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34444
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