Stahlproduktion in Witten. Vergleich zum übrigen Ruhrgebiet unter besonderer Berücksichtigung der Standortfaktoren sowie der sozioökonomischen Auswirkungen


Thèse Scolaire, 2016

26 Pages, Note: 15 Punkte


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Entwicklung im Ruhrgebiet

Auswirkungen im Ruhrgebiet

Entwicklung in Witten (Deutsche Edelstahlwerke)
Werksgelände
Verkehrsanbindung
Produktionsverfahren
Strom
Rohstoffe
Arbeitnehmer
Produktpalette

Auswirkungen in Witten

Zusammenfassender Vergleich

Ausblick

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Einleitung

„Thyssen-Krupp warnt vor Aus für Stahlstandort Duisburg“[1], „Stahl-Präsident rechnet mit Stilllegung von Hochöfen“[2], „Strukturkrise plagt Stahlbranche“[3] - in letzter Zeit kann man derartige Schlagzeilen wieder häufiger in den Medien finden. Das zeigt, dass die deutsche bzw. europäische Stahlbranche in der Krise steckt. Besonders für das Ruhrgebiet mit Europas größtem Stahlstandort Duisburg[4] machen diese Meldungen wenig Hoffnung. Als Grund für die prekäre Lage der Unternehmen werden zum einen Überkapazitäten auf dem Weltmarkt genannt. Zum anderen sind Umweltschutzrichtlinien der EU eine Gefährdung für die Stahlwerke, denn im Vergleich zu Konkurrenten aus Schwellenländern (vor allem China) entsteht eine zusätzliche Belastung, die die Stahlproduktion in Europa unwirtschaftlich machen könnte. Zudem wird die chinesische Industrie vom Staat gestützt. Es findet in der Gegenwart also kein ausgeglichener Wettbewerb statt.

In der folgenden Arbeit geht es um die Vergangenheit der Stahlbranche im Ruhrgebiet, der Fokus soll hierbei auf der Stadt Witten liegen. In Witten gibt es noch zwei Stahlwerke, die Friedr. Lohmann GmbH und die Deutsche Edelstahlwerke GmbH (ab hier: DEW). Aufgrund der Größenverhältnisse (Produktion der DEW[5] über 30 Mal größer als die von Lohmann[6] ) beschränkt sich die Arbeit nur auf die DEW. Die Entwicklung in Witten soll mit der Entwicklung im übrigen Ruhrgebiet verglichen werden, und Erklärungen für die ggf. unterschiedlichen Entwicklungen sollen gefunden werden. Auch die sozio-ökonomischen Auswirkungen auf die Räume Witten bzw. das gesamte Ruhrgebiet werden in der Analyse berücksichtigt.

Entwicklung im Ruhrgebiet

Aufgrund seiner Kohlevorkommen entwickelte sich das Ruhrgebiet in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum bedeutendsten deutschen Industriegebiet, dessen auf die Montanindustrie ausgerichtete Wirtschaft stark monostrukturiert war. In den beiden Weltkriegen spielte die Ruhrindustrie für die Aufrüstung eine große Rolle.

Daher wurde die deutsche Montanindustrie nach dem zweiten Weltkrieg 1951 von den alliierten Besatzungsmächten neu geordnet, es wurden auch Demontagen der Industrieanlagen in Erwägung gezogen.[7] Aufgrund des Kohle- und Stahlbedarfs für den Wiederaufbau Europas entschied man sich allerdings für die Erneuerung der alten Monostruktur. Im Ruhrgebiet und in Westdeutschland begann eine ca. 20 Jahre anhaltende Wachstumsphase („Wirtschaftswunderzeit“).[8]

In der Eisen- und Stahlindustrie hielt diese Wachstumsphase bis zum Jahr 1974 an, in dem die Stahlkonjunktur ihren Höhepunkt erreichte[9]. 1975 erfolgte ein starker Einbruch, der den Auftakt zu einer bis in die Gegenwart andauernden Krise bildete[10]. Gründe für den Konjunktureinbruch waren die Beendung des Wachstumszyklus des Wiederaufbaus, die verschärfte internationale Konkurrenz auf dem Stahlmarkt (kontinental und global), der Ersatz von Stahl durch andere Materialien (z.B. Kunststoffe) sowie ein sinkender spezifischer Stahlverbrauch[11]. Viele Stahlunternehmen erkannten die Langfristigkeit dieser Trends nicht, und erhöhten ihre Kapazitäten sogar bis 1979 weiter. Danach kam es europaweit zu einem starken Abbau von Überkapazitäten.[12]

Bereits vor dem Konjunktureinbruch gab es Rationalisierungsmaßnahmen. Im Jahr 1969 vereinbarten die Konzerne Mannesmann und Thyssen eine Arbeitsteilung. Mannesmann konzentrierte sich auf das Röhren-Geschäft, Thyssen auf Walzstahl. So sollte Konkurrenz verkleinert und durch Spezialisierung eine größere Wirtschaftlichkeit angestrebt werden. Auch die ersten Standortverlagerungen fanden statt. Im Jahr 1968 legte Krupp seine Hochöfen in Bochum still (Elektrostahlwerk blieb erhalten), und verlagerte die Stahlproduktion komplett zum Standort Duisburg-Rheinhausen.[13] Im Zuge dessen sagte Krupp-Chef Vogelsang: „Duisburg ist von Rotterdam 3,50 Mark je Tonne entfernt.“ Dies zeigt, dass die deutschen Stahlkonzerne die Vorteile von sog. nassen Standorten (an schiffbaren Gewässern) erkannt hatten, denn die Anlieferung von Erz und Kohle für die Hochöfen ist per Schiff am günstigsten. Das Zitat zeigt auch, dass Duisburg gegenüber anderen Standorten (wie Rotterdam) benachteiligt ist, im Vergleich zum übrigen Ruhrgebiet aber sehr gut dasteht. Immer noch vor der Krise, kam es 1972 in Hagen zur ersten deutschen Stahlwerksschließung der Nachkriegszeit. Nach Ausbruch der Krise schritten Stilllegungen und die Konzentration auf den nassen Standort Duisburg (Rhein), bis Ende der 1990er auch noch auf Dortmund, verstärkt voran.

1974 waren noch 20 selbstständige Hüttenwerke aktiv.[14] Thyssen legte 1979 seine Hochöfen in Oberhausen still, ein zur Kompensation 1980 errichtetes Elektrostahlwerk musste bereits 1997 wieder schließen, weil es auf Massenstahl ausgelegt war.[15] 1985 schlossen mit dem Bochumer Verein[16] und dem Meidericher Hüttenwerk[17] zwei große Standorte. Im Jahr 1987 schloss die Henrichshütte Hattingen ihren letzten Hochofen[18]. 1993 legten die Konzerne Krupp und Mannesmann ihre beiden Duisburger Standorte Huckingen und Rheinhausen unter dem Namen HKM in Huckingen zusammen, um eine volle Auslastung und das Überleben eines der Werke zu ermöglichen.[19] In Rheinhausen gab es massive (erfolglose) Proteste gegen die Schließung, die als „Arbeitskampf“ in die Geschichte eingingen. Ein weiterer Grund für die Schließung war die Krupp´sche Übernahme der Mehrheit an der Dortmunder Hoesch AG. Rheinhausen wäre langfristig rentabler gewesen (nasser Standort), doch die Dortmunder Hütten boten kurzfristige Einsparungseffekte, die aufgrund hoher Verluste des Konzerns den Ausschlag gaben[20]. Bereits seit den 1980ern geplant, wurde 1999 die Fusion von Thyssen und Krupp vollendet[21]. In diesem Rahmen wurden die Dortmunder Hüttenwerke bis 2001 geschlossen[22], nur noch Duisburg blieb als großer Stahlstandort erhalten. Nach dem Verkauf der Nirosta-Sparte von thyssenkrupp an den finnischen Konkurrenten Outokumpu wurde im Jahr 2013 die Stahlproduktion in Krefeld beendet[23], 2015 folgte die Schließung des Bochumer Elektrostahlwerks.[24]

Heutzutage gibt es nur noch ein selbstständiges Hüttenwerk im Ruhrgebiet (HKM in Duisburg). Neben Duisburg ist Witten der einzige bedeutende Stahlstandort im Ruhrgebiet. In Duisburg kochten 2015 neben HKM noch thyssenkrupp und Arcelor-Mittal Stahl (zusammengerechnet über 15 Mio. t). Auf die DEW-Werke Witten und Siegen verteilten sich 0,9 Mio. t Stahl. Da Siegen einen etwas größeren Stahlofen hat, kann man von einer Jahresproduktion von ca. 0,4 Mio. t in Witten ausgehen, die Kapazität liegt bei 0,5 Mio. t[25].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1

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Abbildung 2

Neben der Stilllegung von Standorten war auch die Steigerung der Produktivität ein Mittel zur Rationalisierung. Die steigende Produktivität erkennt man an der Loslösung der Produktionsmenge von der Anzahl der Beschäftigten. Immer weniger Arbeiter wurden für die Produktion einer gleich großen Einheit Stahl benötigt. Von 1980 bis 1999 verringerte sich die Anzahl der Beschäftigten um 71%, die Rohstahlerzeugung sank kaum (nur ca. 10%).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3

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Abbildung 4

[...]


[1] Vgl. www.derwesten.de/politik/thyssen-krupp-warnt-vor-aus-fuer-stahlstandort-duisburg-id11347674.html

[2] Vgl. www.derwesten.de/wirtschaft/stahl-praesident-rechnet-mit-stilllegung-von-hochoefen-id10402940.html

[3] Vgl. www.dvz.de/rubriken/logistik-verlader/single-view/nachricht/strukturkrise-plagt-stahlbranche.html

[4] Vgl. www.stahl-online.de/index.php/duisburg-weiterhin-groesster-eu-stahlstandort/

[5] Vgl. 150 Jahre Stahl aus Witten, S.248

[6] Vgl. www.derwesten.de/staedte/witten/lohmann-erweitert-stahlwerk-id2002802.html

[7] Vgl. Gussstahlwerk Witten A.G. S.42.

[8] Vgl. Eine Region im Kampf mit dem Strukturwandel S.128f.

[9] Vgl. Das Ruhrgebiet im Umbruch S.17.

[10] Vgl. Eine Region im Kampf mit dem Strukturwandel S.164.

[11] Stahleinsatz pro Produktionseinheit.

[12] Vgl. Das Ruhrgebiet im Umbruch S.17.

[13] Vgl. Spiegel-Artikel „Nasse Hütten“

[14] Vgl. Das Ruhrgebiet im Umbruch S.166

[15] Vgl. www.industriedenkmal.de/huttenwerke/huttenwerke-im-ruhrgebiet/ (Oberhausen)

[16] Vgl. www.jahrhunderthalle-bochum.de/de/besucher/historie/infotafeln-westpark/der-bochumer-verein-fuer-bergbau-und-gussstahlfabrikationjahrhunderthalle

[17] Vgl. www.route-industriekultur.ruhr/ankerpunkte/landschaftspark-duisburg-nord.html

[18] Vgl. www.route-industriekultur.ruhr/ankerpunkte/henrichshuette/henrichshuette-seite-4.html

[19] Vgl. Der Mannesmann Konzern. Ein historischer Abriss, S.

[20] Vgl. www.zeit.de/1993/11/der-tiefe-schnitt

[21] Vgl. www1.wdr.de/stichtag/stichtag2698.html

[22] Vgl. www.industriedenkmal.de/huttenwerke/huttenwerke-im-ruhrgebiet/ (Hoesch, Hörde)

[23] Vgl. www.rp-online.de/nrw/staedte/krefeld/ein-historischer-tag-der-letzte-abstich-im-krefelder-stahlwerk-aid-1.3870916

[24] Vgl. www.outokumpu.com/de/medien/press-release/Seiten/Outokumpu-665931.aspx

[25] Vgl. www.route-industriekultur.ruhr/themenrouten/12-geschichte-und-gegenwart-der-ruhr/edelstahlwerk-witten.html

Fin de l'extrait de 26 pages

Résumé des informations

Titre
Stahlproduktion in Witten. Vergleich zum übrigen Ruhrgebiet unter besonderer Berücksichtigung der Standortfaktoren sowie der sozioökonomischen Auswirkungen
Note
15 Punkte
Auteur
Année
2016
Pages
26
N° de catalogue
V344613
ISBN (ebook)
9783668369054
ISBN (Livre)
9783668369061
Taille d'un fichier
1870 KB
Langue
allemand
Mots clés
stahlproduktion, witten, vergleich, ruhrgebiet, berücksichtigung, standortfaktoren, auswirkungen
Citation du texte
Fabian Schröter (Auteur), 2016, Stahlproduktion in Witten. Vergleich zum übrigen Ruhrgebiet unter besonderer Berücksichtigung der Standortfaktoren sowie der sozioökonomischen Auswirkungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/344613

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