Das Oeuvre Eberhard Fechners umfaßt neben den dokumentarischen Erzählfilmen, die zweifellos den Kern seines künstlerischen Schaffens ausmachen, auch zwei Fernsehspielfilme, die auf literarischen Vorlagen aufbauen: Tadellöser & Wolf (1975) und Ein Kapitel für sich (1979) nach den Romanen von Walter Kempowski. In seinen filmischen Umsetzungen machte es sich der bereits 1992 verstorbene Drehbuchautor und Regisseur zur Aufgabe, in einer ihm eigenen „Mischung aus Didaktik und Ästhetik“ (Fechner) Geschichte(n) zu erzählen und so die zentralen Themen deutscher Zeitgeschichte künstlerisch aufzuarbeiten. Hierin ist ein Berührungspunkt zu den von ihm und seiner Cutterin Brigitte Kirsche stilbildend geschaffenen dokumentarischen Erzähl- und Interviewfilmen zu sehen, die thematisch auch um das Spannungsfeld von Nationalsozialismus, Krieg, Schuld kreisten, und dabei der Frage nach den persönlichen Einzelschicksalen unter diesen extremen Gegebenheiten nachgingen. Die vorliegende Arbeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, den dreiteiligen Fernsehspielfilm Ein Kapitel für sich filmwissenschaftlich zu untersuchen und dabei die literarische Vorlage als Vergleichsgröße heranzuziehen. Dennoch versteht sich die Studie nicht als reiner Vergleich, sondern legt den Schwerpunkt klar auf die Analyse des Fernsehfilms. Gelegentlich sollen auch Berührungspunkte mit anderen Fechner-Filmen am Rande in die Darstellung einfließen. Da es unmöglich ist, einen sechsstündigen Film und darüber hinaus die Vorlagenromane Uns geht’s ja noch gold, Im Block und Ein Kapitel für sich im Rahmen einer Hausarbeit adäquat in allen inhaltlichen und formalen Facetten zu erschließen, war es dabei unerläßlich, die Felder der Analyse vergleichsweise eng abzustecken, um nicht in Oberflächlichkeit abzugleiten.
Zunächst soll in einem theoretisch angelegten Kapitel der mediale Transfer von der Buchvorlage zum Film problematisiert werden. Worin liegen die Schwierigkeiten des Transfers, und nach welchen Maßstäben müssen die so unterschiedlichen Produkte Buch und Film beurteilt werden? Kann der häufig (und häufig unreflektiert) verwendete Begriff „Literaturverfilmung“ auf die Fechnerschen Produktionen angewendet werden? Im Anschluß soll ein Abriß der narrativen und konzeptionellen Besonderheiten der literarischen Vorlage gegeben werden, bevor in Kapitel 2.3 einige Verbindungslinien von Romanautor Walter Kempowski zum Drehbuchautor und Regisseur Eberhard Fechner gezogen und untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung
- 1 Einleitung
- II Die literarische Vorlage
- 2.1 Literatur und Film - Zur Problematik eines Medientransfers
- 2.2 Ein Kapitel für sich als literarische Vorlage
- 2.3 Kempowski und Fechner
- III Die filmische Adaption
- 3.1 Produktionsbedingungen
- 3.2 Aufbau und Dramaturgie
- 3.3 Exemplarische Inhaltsanalyse und Vergleich zur literarischen Vorlage
- 3.3.1 Filmbeispiel 1: Verlegung auf die Doppelzelle
- 3.3.2 Filmbeispiel 2: Aufklärungsfilm "Auschwitz"
- 3.4 Zum Aspekt der Authentizität
- IV Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den dreiteiligen Fernsehspielfilm „Ein Kapitel für sich“ von Eberhard Fechner und untersucht dabei die literarische Vorlage von Walter Kempowski als Vergleichsgröße. Die Studie konzentriert sich jedoch auf die Analyse des Fernsehfilms und integriert nur gelegentlich Berührungspunkte mit anderen Fechner-Filmen. Der Schwerpunkt liegt auf der Erforschung des medialen Transfers vom Buch zum Film und den Besonderheiten der filmischen Adaption.
- Problematik des Medientransfers von Buch zu Film
- Analyse der narrativen und konzeptionellen Besonderheiten der literarischen Vorlage
- Untersuchung der filmischen Adaption und Vergleich zur Vorlage
- Analyse der erzähltechnischen Gestaltung und Vergleich zur narrativen Struktur des Romans
- Aspekt der Authentizität in Fechners Adaption
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Werk Eberhard Fechners vor und erläutert die Zielsetzung der Arbeit. Kapitel 2.1 problematisiert den medialen Transfer von Literatur zu Film und hinterfragt den Begriff „Literaturverfilmung“. Kapitel 2.2 bietet einen Abriß der narrativen und konzeptionellen Besonderheiten der literarischen Vorlage, „Ein Kapitel für sich“ von Walter Kempowski. Kapitel 2.3 untersucht die Verbindungslinien zwischen Kempowski und Fechner, ihre gemeinsamen Motive und Unterschiede in ihren künstlerischen Ansätzen. Kapitel 3 analysiert die filmische Adaption und vergleicht sie mit der Vorlage. Es beleuchtet den formalen Aufbau des Films, die stilistischen Mittel und die erzähltechnische Gestaltung. In Kapitel 3.3 werden zwei filmische Subsequenzen exemplarisch analysiert. Kapitel 3.4 behandelt den Aspekt der Authentizität in Fechners Adaption.
Schlüsselwörter
Medientransfer, Literaturverfilmung, Walter Kempowski, Eberhard Fechner, „Ein Kapitel für sich“, Fernsehspielfilm, Erzählfilm, Authentizität, Zeitgeschichte, Nationalsozialismus, Krieg, Schuld, Einzelschicksale, Analyse, Dramaturgie, Stilmittel.
- Quote paper
- Tobias Gottwald (Author), 2004, Zur filmischen Adaption des Kempowski-Romans 'Ein Kapitel für sich" (Filmanalyse / Eberhard Fechner), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34484