Die von der Politik vehement geforderte Einführung der Elektromobilität stellt die Automobilhersteller vor enorme Herausforderungen. Trotz der noch geringen Reichweite sieht sich die Automobilbranche gezwungen, elektrisch angetriebene Fahrzeuge zu entwickeln, die den Anforderungen der Kunden entsprechen. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich daher mit der Produktion von zwei unterschiedlichen Fahrzeugkonzepten. Gegenstand dieser Untersuchung werden der BMW i3 und der VW E-Golf sein.
Vor diesem Hintergrund erklärte die Bundesregierung die Elektromobilität zu einem wesentlichen Element einer zukunftsfähigen Mobilität. Als Zielsetzung wurde festgelegt, dass Deutschland bis 2020 einen Bestand von mindestens 1 Million Elektrofahrzeugen und bis 2030 von mindestens 6 Millionen erreichen soll.
Die neuen Komponenten der Hochvoltfahrzeuge führen dazu, dass zunehmend Rohstoffe nachgefragt werden, die innerhalb der Automobilbranche bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Hinsichtlich des Ziels, die Abhängigkeit von Erdöl zu reduzieren, da die Reserven in zunehmendem Maße sinken, stellt sich jedoch die Frage, wie es um die nachhaltige Verfügbarkeit alternativer Rohstoffe bestellt ist. Die vorliegende Arbeit untersucht daher wesentliche Ressourcen, die im Hinblick auf eine verstärkte Elektromobilität von besonderer Relevanz sind.
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einleitung
2 Theorie
2.1 Ressourcenökonomie
2.1.1 Indikatoren für Ressourcenknappheit
2.1.2 Grundmodell der Ökonomie erschöpflicher Ressourcen
2.2 Produktion
2.2.1 Mikroökonomische Produktionstheorie
2.2.2 Produktionstheorie in der Fertigung
3 Analyserahmen
4 Analyse
4.1 Analyse der Komponenten von Elektrofahrzeugen
4.1.1 Batterieeinheit
4.1.2 Elektromotor
4.2 Fahrzeugkonzept: BMW i
4.2.1 Leichtbau: Carbonfaserverstärkter Kunststoff (CFK)
4.2.2 Produktion und Fertigung
4.3 Fahrzeugkonzept: Volkswagen E-Golf
4.3.1 Leichtbau: Aluminium
4.3.2 Produktion und Fertigung
5 Ergebnisdiskussion
5.1 Bewertung der Rohstoffanalyse
5.2 Bewertung der Produktionsanalyse
5.3 Grenzen der Ökonomischen Betrachtung
6 Ausblick
7 Anhänge
Anhang 1: Super Light Car
Anhang 2: Materialzusammensetzung Pkw
Anhang 3: Skalenerträge
8 Verzeichnisse
8.1 Abkürzungsverzeichnis
8.2 Tabellenverzeichnis
8.3 Abbildungsverzeichnis
8.4 Literaturverzeichnis
1 EINLEITUNG
Steigende Energiepreise, insbesondere der Ölpreis, und wachsende Forderungen zur Minderung der Schadstoffemissionen stellen eine besondere Herausforderung für den Standort Deutschland dar.
Im integrierten Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung wurde daher das Thema der Elektromobilität verankert, mit dem Ziel sowohl die Abhängigkeit von Erdöl als Energie- träger als auch die lokalen Schadstoffemissionen zu reduzieren. Um die Mobilität langfristig sicherzustellen, werden deshalb Fahrzeuge benötigt, die mit alternativen Energien angetrie- ben werden können. Hierbei handelt es sich im Kontext der Elektromobilität insbesondere um Elektrofahrzeuge (BEV) und Plug-In-Hybridfahrzeuge (PHEV), mit und ohne Range Ex- tender (REEV) (BMUB, 2009, S. 6).
Um ein besseres Verständnis für die Begriffe zu erhalten, erfolgt eine kurze Abgrenzung der Begriffe gemäß dem nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität (BMUB, 2009, S. 8):
- Elektrofahrzeug: In der englischen Literatur Battery Electric Vehicle (BEV) genannt. Fahrzeug, das mit einem Elektromotor und einer am Stromnetz aufladbaren Batterie ausgestattet ist. Gehört aufgrund des enormen Potenzials zur CO2-Reduktion durch erneuerbare Energien zum Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität. Range Extender: Elektrofahrzeug, das neben dem Elektromotor über einen zusätzli- chen Verbrennungsmotor mit geringer Leistung verfügt.
- Plug-In-Hybridfahrzeug: Im Englischen Plug-In Hybrid Electric Vehicle (PHEV) ge- nannt. Kombination von Elektromotor und klassischem Verbrennungsmotor. Unter- scheidet sich vom herkömmlichen Hybridfahrzeug insofern, dass die verwendete Bat- terie über größere Speicherkapazitäten verfügt und extern über das Stromnetz gela- den werden kann.
Der Entwicklungsplan sieht in einer verstärkten Einführung der Elektromobilität folgende Potenziale (BMUB, 2009, S.8):
- Klimaschutz: Der Pkw-Verkehr verursacht rund 14 % der Emissionen in Deutsch- land. Durch eine Kombination aus elektrischen Antrieben und erneuerbaren Energien können erhebliche Klimavorteile erreicht werden.
- Sicherung der Energieversorgung: Eine breitere Diversifizierung der eingesetzten Energieträger führt zu einer reduzierten Abhängigkeit von Erdöl und fördert den Ein- satz erneuerbarer Energien.
- Ausbau des Technologie- und Industriestandorts: Wenn sich Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität entwickelt, könnte neben der Automobilbranche die ge- samte deutsche Wirtschaft von einem Innovationsschub profitieren. Verringerung lokaler Emissionen: Elektrofahrzeuge emittieren lokal keine Schad- stoffe und verursachen wesentlich weniger Lärm. Daraus kann sich in Zukunft eine verbesserte Lebensqualität in Städten ergeben.
- Integration der Fahrzeuge in das Stromnetz: Eine intelligente Nutzung der Akku- mulatoren von Elektrofahrzeugen als Stromspeicher verbessert die Effizienz der Stromversorgung. Durch den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien können Erzeugungsspitzen besser aufgenommen werden.
Vor diesem Hintergrund erklärte die Bundesregierung die Elektromobilität zu einem wesentlichen Element einer zukunftsfähigen Mobilität. Als Zielsetzung wurde festgelegt, dass Deutschland bis 2020 einen Bestand von mindestens 1 Million Elektrofahrzeugen und bis 2030 von mindestens 6 Millionen erreichen soll (BMUB, 2009, S. 18).
Die neuen Komponenten der Hochvoltfahrzeuge führen dazu, dass zunehmend Rohstoffe nachgefragt werden, die innerhalb der Automobilbranche bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Hinsichtlich des Ziels, die Abhängigkeit von Erdöl zu reduzieren, da die Reserven in zunehmendem Maße sinken, stellt sich jedoch die Frage, wie es um die nach- haltige Verfügbarkeit alternativer Rohstoffe bestellt ist. Die vorliegende Arbeit untersucht da- her wesentliche Ressourcen, die im Hinblick auf eine verstärkte Elektromobilität von beson- derer Relevanz sind.
Die von der Politik vehement geforderte Einführung der Elektromobilität stellt die Automobilhersteller vor enorme Herausforderungen. Trotz der noch geringen Reichweite sieht sich die Automobilbranche gezwungen, elektrisch angetriebene Fahrzeuge zu entwickeln, die den Anforderungen der Kunden entsprechen. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich daher mit der Produktion von zwei unterschiedlichen Fahrzeugkonzepten. Gegenstand dieser Untersuchung werden der BMW i3 und der VW E-Golf sein.
2 THEORIE
2.1 RESSOURCENÖKONOMIE
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den wesentlichen Ressourcen, deren Nachfrage durch die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen an Bedeutung gewinnt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie lange die Bestände der alternativen Rohstoffe halten werden und welche Instrumente eine drohende Knappheit voraussehen können. Eine Einführung in die Theorie der Ressourcenökonomie ist daher sinnvoll, um die in der Rohstoffanalyse verwendeten Indikatoren nachvollziehen zu können.
2.1.1 Indikatoren für Ressourcenknappheit
Bereits seit geraumer Zeit verbreitet sich die Frage nach der zukünftigen Verfügbarkeit knapper Ressourcen immer mehr, schließlich stellen endliche Rohstoffe wie Erdöl oder -gas einen wichtigen Faktor der weltweiten sozialen Wohlfahrt dar (MACKELLAR & VINING, 1989, S. 517). Vor der Analyse von Knappheit aus ressourcenökonomischer Sicht sollte zunächst der Begriff „Ressourcen“ genauer betrachtet werden. Dieses Kapitel setzt sich intensiv mit er- schöpflichen, also nicht erneuerbaren Ressourcen auseinander, die sich durch ihren festen Gesamtbestand und die daraus resultierenden endlichen Abbaumöglichkeiten auszeichnen. Hierbei ist davon auszugehen, dass der Bestand von erschöpflichen Ressourcen beschreibt, dass im relevanten Zeithorizont der menschlichen Nutzung der Ressource nicht mit der all- mählichen Entstehung neuer Lagerstätten gerechnet werden darf (ZIESEMER, 2013, S. 90). Dies schließt allerdings nicht aus, dass nicht alle Lagerstätten entdeckt wurden. Im Gegen- satz dazu stehen erneuerbare Ressourcen, die sich im menschlich relevanten Zeitraum re- generieren oder vermehren können. Diese werden jedoch nicht intensiver erläutert, da sie wegen ihrer Erneuerbarkeit nicht im Fokus stehen und dementsprechend keine unmittelbare Verknappung befürchtet wird. Eine genauere Einordnung des Begriffs der Ressourcen er- folgt auf Grundlage des McKelvey Diagramms (Abb. 2.1), das die insgesamt vorhandenen Ressourcen als identifizierte, unentdeckte sowie aktuelle und potenzielle Reserven darstellt. Unentdeckte Ressourcen werden unabhängig von ihrer Abbaubarkeit den potenziellen Re- serven zugeordnet. Bei den identifizierten Reserven unterscheiden sich aktuelle von den potenziellen Reserven dadurch, dass sie unter den herrschenden technologischen und öko- nomischen Bedingungen abgebaut werden können (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 9). Die öko- nomischen Anforderungen beziehen sich in erster Linie auf den Preis, den die Nachfrager bereit sind zu zahlen (ZIESEMER, 2013, S. 91). Nach Ziesemer (2013, S. 91) können theoretische Reserven zu aktuellen Reserven werden, wenn (1) die technischen Voraussetzungen ihrer Ausbeutung vorliegen, (2) die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager steigt und/oder (3) die Abbaukosten je Einheit sinken. Die Unterteilung der erschöpflichen Ressourcen in verschiedene Kategorien veranschaulicht, dass sich die Grenze zwischen theoretischer Verfügbarkeit sowie technischer und ökonomischer Abbaubarkeit kontinuierlich verschiebt. Es wäre also falsch, den aktuellen Mengenbestand an Reserven als Obergrenze der verfügbaren Ressourcen zu interpretieren und basierend darauf die Dauer bis zur Erschöpfung zu unterschätzen. Ein ebenso falscher Ansatz ist es, die gesamte Menge potenzieller Reserven als ökonomisch abbaubar zu betrachten und demensprechend die Dauer bis zur völligen Erschöpfung zu überschätzen (TIETENBERG, 2012, S. 119ff).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Differenzierung nicht-erneuerbarer Ressourcen
(Basiert auf dem McKelvey Diagramm nach ZIESEMER, 2013, S. 47)
Bevor im Folgenden fünf Indikatoren für Knappheit erläutert werden, ist ein Analyserahmen festzulegen, der diese untereinander vergleichbar macht und die Beurteilungskriterien vor- gibt. Nach Ziesemer (2013, S. 91f) muss ein brauchbarer Knappheitsindikator drei Kriterien erfüllen:
1. Zukunftsorientierung: Der Indikator identifiziert Knappheit nicht erst dann, wenn sie eingetreten ist, sondern soll zukünftige Knappheit im Voraus erkennen.
2. Vergleichbarkeit: Der Indikator ermöglicht Vergleiche zwischen den Ressourcen, um diejenigen zu identifizieren, deren Knappheitsproblem besonders dringlich ist. Dazu muss der Indikator in der Lage sein, die Bedeutung der Ressource zu berücksichtigen, beispielsweise anhand der Verfügbarkeit von Substitutionen.
3. Berechenbarkeit: Die Berechnungsgrundlage dieses Indikators sollten zuverlässige und veröffentlichte Informationen sein.
Geologische Bestandaufnahme
Zur Bestimmung der technisch-ökonomischen Abbaubarkeit ist der Zusammenhang zwischen Konzentration und Vorrat einer Ressource zu untersuchen. Für gewöhnlich gestaltet sich der fortschreitende Abbau einer Ressource umso teurer und technisch anspruchsvoller, je geringer die verbliebene Konzentration in einer Lagerstätte ist (ZIESEMER, 2013, S. 91). Bei einer im Zeitablauf konstanten Verschiebung der technisch-ökonomischen Abbaubarkeit in Richtung geringerer Konzentrationen kann das Knappheitsproblem in unterschiedlichem Maße drängender werden, je nachdem, ob es sich um eine monoton fallende, uni- oder bimodale Beziehung handelt (ZIESEMER, 2013, S. 91). Dies verdeutlicht Abbildung 2.2. Folglich ist ein Szenario denkbar, in dem der durch technisch-ökonomische Abbaubarkeit erfolgte Zuwachs an Reserven die Fördermenge der betroffenen Periode nicht kompensieren kann, wodurch sich das Knappheitsproblem verschärfen könnte.
Die alleinige Berücksichtigung der physischen Verfügbarkeit von Rohstoffen ist natürlich nicht ausreichend, um das Ausmaß des Ressourcenproblems abschätzen zu können. In der Annahme einer unsicheren Zukunft müssten geologische Informationen mit technisch- ökonomischen Kategorien verknüpft werden, deren Beschaffung sich als schwierig darstellt (ZIESEMER, 2013, S.91f). Problematisch ist außerdem die aus Gründen der Vereinfachung, angenommene konstante Verschiebungsrate, welche der Analyse entscheidende Determinanten nimmt. Die geologische Bestandaufnahme gibt zwar grundlegende Zusammenhänge der Veränderung durch technisch-ökonomischen Abbaubarkeit an, ist jedoch auf Grund der oben genannten Problematiken nur bedingt als Indikator für Knappheit geeignet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Konzentration einer erschöpflichen Ressource
(in Anlehnung an ENDRES & QUERNER, 1993, S. 11 und ZIESEMER, S. 2013, S. 92)
Reichweite
Um abzuschätzen, für wie viele Jahre der Rohstoff noch zur Verfügung steht, wird der aktuell noch vorhandene Bestand durch die Jahresverbrauchsmenge geteilt (ZIESEMER, 2013, S. 92). Eine geringe Reichweite deutet folglich ein dringendes Ressourcenproblem an. Auf den ers- ten Blick scheint der Indikator die drei Anforderungen von Ziesemer, also zukunftsorientiert, vergleichbar und leicht berechenbar, zu erfüllen. Bei näherer Untersuchung offenbart sich jedoch ein paradoxes Bild. Anhand von Beispielen aus dem Öl- und Erdgassektor (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 13f), in denen der Bestand auf die aktuellen Reserven bezogen wird, zeigt sich, dass die statisch berechnete Reichweite trotz des absolut gestiegenen Verbrauchs kaum abgenommen, bisweilen sogar zugenommen hat. Dies würde fälschlicherweise bedeu- ten, dass kein Knappheitsproblem besteht. Dieses paradoxe Bild ist auf die fehlende Berück- sichtigung verschiedener Faktoren zurückzuführen. Eine anhaltend hohe oder steigende Nachfrage nach dem jeweiligen Rohstoff führt zu einer Preissteigerung. Diese setzt Anreize, die Reserven durch Explorationsmaßnahmen zu erweitern oder in technologischen Fort- schritt zu investieren, um niedriger konzentrierte Vorräte abbauen zu können (TIETENBERG, 2012, S. 129). In Folge der Verschiebung der technisch-ökonomischen Konzentrationsgrenze wurden aus Ressourcen schneller Reserven als diese durch den Verbrauch abgebaut wer- den konnten. Hier zeigt sich die Problematik des Indikators, der jenseits der Explorationsak- tivitäten keine Erschöpfung der Vorräte angeben kann, und insofern keine Knappheit frühzei- tig voraussehen kann.
Alternativ können zur Berechnung der Reichweite anstelle der aktuellen Reserven die Res- sourcen verwendet werden. Hinsichtlich der Verknappungsproblematik kann hiermit eher eine Tendenz abgeleitet werden, da aus dem andauernden Abbau eines endlichen Rohstoff- bestands zwingend eine abnehmende Reichweite resultiert. Ausgehend davon, dass der sehr schwer zu schätzende vollständige Bestand einer Ressource bekannt ist, sind Aussagen wie zum Beispiel die, dass Blei eine Reichweite von 85 Millionen Jahren habe, kritisch zu betrachten. Hierbei wird ein wesentlicher Einfluss vernachlässigt, nämlich inwiefern sich steigende Abbaukosten aufgrund sinkender Rohstoffkonzentration auf den Preis auswirken (ZIESEMER, 2013, S. 92f). Darüber hinaus kann eine statistische Reichweite keine Prognose liefern, inwiefern die Ressource in Zukunft aus produktionstechnischer Sicht noch relevant ist. Abschließend lässt sich festhalten, dass die unterschiedlichen Arten für den Indikator „Reichweite“ nicht in der Lage sind, die geologischen und ökonomischen Einflussfaktoren miteinander zu verknüpfen, da die ökonomischen Rahmenbedingungen nur ungenügend oder gar nicht berücksichtigt werden (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 15f).
Abbaukosten
Ausgehend von der Annahme, dass bei fortschreitendem Bestandsabbau die Rohstoffkon- zentration der Lagerstätten abnimmt und dementsprechend die anfallenden Kosten des Ab- baus steigen, da beispielsweise auf ungünstiger gelegene Lager ausgewichen werden muss (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 16), scheint der Indikator ein geeignetes Maß zu sein, um Knappheit anzuzeigen (ZIESEMER, 2013, S. 92). In einer Studie von Barnett und Morse (1963) wurden die Abbaustückkosten bestimmter erschöpflicher Ressourcen zwischen 1870 und 1957 verfolgt. Hierbei kam es zu einem überraschenden Ergebnis, nämlich, dass weder die Kosten des Abbaus absolut noch im Vergleich zu den Produktionskosten gestiegen sind, folglich also keine zunehmende Verknappung angezeigt wird (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 16). Auch in der U.S. Holzindustrie kam es zu sinkenden Abbaustückkosten, trotz stark redu- zierter Waldbestände (MACKELLAR & VINING, 1989, S. 520). Mögliche Gründe dafür können
(1) der technologische Fortschritt, der die schwierigeren Abbaubedingungen teilweise kom- pensiert, als auch (2) Skalenerträge1, welchen ein kostensenkender Effekt zukommt, sein. Zusätzlich kommt es aufgrund (3) unvollständiger Informationen über die Beschaffenheit der Vorkommen nicht zum Abbau von Lagern in der Reihenfolge ihrer Qualität, sodass mögli- cherweise zunächst ungünstige Vorkommen abgebaut wurden und günstigere erst später in Betracht gezogen wurden (ZIESEMER, 2013, S. 93). Eine weitere Ursache können erfolgreiche Explorationen gewesen sein, die nicht mit Sicherheit prognostiziert werden können, ungüns- tige Lager im besten Fall obsolet machen und die angekündigten steigenden Abbaukosten abschwächen (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 16). Als problematisch stellt sich zudem die man- gelnde Zukunftsorientierung des Indikators heraus. Schließlich lässt sich auf Grundlage ei- nes historischen Trends nur schwerlich voraussagen, wie sich der technologische Fortschritt, die Skalenerträge oder der Explorationserfolg in Zukunft fortsetzen werden (ZIESEMER, 2013, S. 93; MACKELLAR & VINING, 1989, S. 520). Die Abbaukosten stellen somit keinen vollends geeigneten Indikator für zukünftige Knappheit dar.
Ressourcenpreis
Auf den ersten Blick scheint der reale Ressourcenpreis ein idealer Indikator zu sein, da eine steigende Nachfrage oder steigende Produktionskosten Hinweise auf eine zunehmende Knappheit geben, die sich in Form eines steigenden Preises manifestiert (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 17f). Eine erhebliche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Zukunftsorientierung des Preises zu, denn eine heute abgebaute Ressource kann morgen nicht noch einmal abgebaut werden (ZIESEMER, 2013, S. 94). Ein rationaler Anbieter einer pri- vaten Ressource muss folglich prüfen, ob der Gegenwartswert2 des zukünftig zu erzielenden Gewinns nicht größer ist als der heute aus dem Abbau und Verkauf zu erzielende Gewinn (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 18). Infolgedessen wird ein Anbieter zeitliche Opportunitätskos- ten der Nutzung (Nutzungskosten), die den Verzicht auf eine alternative Nutzung messen, bei der Preiskalkulation berücksichtigen. Dies schließt im Falle erschöpflicher Ressourcen auch eine zukünftige Nutzung ein (ZIESEMER, 2013, S. 94). Die Nutzungsgrenzkosten geben den entstehenden Verzicht auf den Gegenwartswert des zukünftigen Gewinns an, wenn der Anbieter eine zusätzliche Ressourceneinheit heute statt in Zukunft verkauft (ZIESEMER, 2013, S. 94). Der aktuelle Rohstoffpreis muss dementsprechend mindestens so hoch sein, dass die Summe aus Abbaugrenzkosten und Nutzungsgrenzkosten gedeckt wird, denn erst dann ist es nicht mehr nachteilig, die Ressourceneinheit heute statt in Zukunft zu verkaufen (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 18). Eine zukünftig zu erwartende Verknappung durch abnehmende La- gerbestände oder eine steigende Nachfrage lässt zwangsläufig die Nutzungsgrenzkosten und den Preis anwachsen, da der Anbieter in Zukunft mehr für seine Rohstoffe erlösen kann, ein heutiger Verkauf also unattraktiver wird. Demnach deutet ein bereits heute steigender Preis die steigenden Nutzungsgrenzkosten an und kann frühzeitig vor zunehmender Knapp- heit warnen (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 18). Beide Komponenten (Nutzungs- und Abbau- kosten) unterliegen jedoch Einflüssen, die den Preis verzerren (ZIESEMER, 2013, S. 94). Insbe- sondere die Änderung des Ölpreises im Verlauf der Ölkrisen ist mehr auf Kartell- oder Marktmacht zurückzuführen, denn auf eine sprunghafte Veränderung der Knappheitssituati- on (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 19). Weitere Beispiele sind politische Krisen oder Kriege in den Förderstaaten. Diese führen oftmals zu unvorhersehbaren Schwankungen der Ressour- cenpreise, die sich auf weniger nachhaltige Veränderungen der Nutzungskosten stützen und dadurch das an sich langfristige Merkmal untergraben (ZIESEMER, 2013, S. 95). Problematisch ist außerdem, dass Marktteilnehmer keine perfekten Vorhersagen tätigen können. Zwar ste- hen ihnen Instrumente wie ein zukunftsgerichteter Terminhandel zur Verfügung, jedoch ver- hindern Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Entwicklung wichtiger Faktoren wie Explo- rationen, Substitutionsmöglichkeiten oder Nachfrage eine perfekte Prognose (ZIESEMER, 2013, S. 95). Ein drittes Problem entsteht bei fehlender Verfügbarkeit von Eigentumsrechten, wodurch mehrere Mitglieder innerhalb einer Nutzgemeinschaft um die Ressourcen einer La- gerstätte konkurrieren. Keiner der Beteiligten hat den Anreiz mit dem Abbau zu warten, da befürchtet werden muss, dass der eigene Anteil vom Konkurrenten abgebaut wird. Im Ext- remfall können die Nutzungskosten bis auf Null sinken, was zur Folge hat, dass der stark sinkende Preis die akut werdende Knappheit nicht mehr indizieren kann (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 21). Eine Verzerrung des Ressourcenpreises kann zudem durch die Ver- nachlässigung externer Effekte entstehen (MACKELLAR & VINING, 1989, S. 520). Hierunter werden Entscheidungen von Akteuren auf andere Marktteilnehmer verstanden, ohne dass die Verursacher zur Verantwortung gezogen werden. In der Umweltökonomie entsteht ein negativer externer Effekt auf einen Produzenten, wenn durch die bei der Produktion entste- henden Emissionen andere Produzenten oder Konsumenten negativ beeinflusst werden. Wird der Verursacher nicht durch geeignete umweltpolitische Regulierungen bestraft, spie- gelt ein externe Kosten vernachlässigender Ressourcenpreis nicht das soziale Optimum3 wieder (ZIESEMER, 2013, S. 95).
Nutzungskosten
Aufgrund ihrer Zukunftsorientierung gelten die Nutzungskosten der Rohstoffanbieter als at- traktiver Knappheitsindikator, der sich jedoch nur schwer beobachten lässt. Abhilfe sollen hierbei die Explorationsgrenzkosten schaffen, die als Näherungsgröße herangezogen wer- den, da diese im Firmengleichgewicht den Nutzungsgrenzkosten entsprechen. Wie oben bereits erörtert, geben diese an, wie viel heute aufgewendet werden muss, um eine zusätzli- che Einheit für die zukünftige Nutzung bereitzustellen (ZIESEMER, 2013, S. 96). Die Exploration ist für den Förderer dementsprechend bis zu dem Zeitpunkt von Vorteil, solange die Explora- tionskosten unter den Nutzungskosten liegen. Würden die Explorationsgrenzkosten dagegen die Nutzungsgrenzkosten übersteigen, lägen die heutigen Kosten über dem Gegenwartswert zukünftiger Gewinne, sodass sich kein lohnendes Geschäft mehr ergäbe (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 22). Nicht berücksichtigt in diesem Modell sind Unsicherheiten der Explora- tionen, beispielsweise nicht erfolgreiche F&E-Vorhaben, sodass auch dieser Indikator keine perfekten Messungen und Prognosen für Ressourcenknappheit liefern kann (ZIESEMER, 2013, S. 96).
Alle Indikatoren können relevante Aufschlüsse zur Knappheit von Ressourcen geben, jedoch lässt sich festhalten, dass keiner dem anderen jederzeit überlegen ist, solange die Integrati- on ökonomischer und geologischer Aspekte nicht hinreichend entwickelt ist (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 23). Vielmehr zeichnen die unterschiedlichen Indikatoren teils widersprüch- liche Bilder, was möglicherweise auf die Komplexität der Probleme zurückzuführen ist, denen ein einzelner Indikator nicht gewachsen ist (ENDRES & QUERNER, 1993, S. 23). Insbesondere Marktunvollkommenheiten, Unsicherheiten und imperfekte Prognosen verzerren bzw. min- dern die Aussagekraft der zukunftsorientierten Indikatoren Preis und Nutzungskosten, was letztendlich in einer Über- oder Unterschätzung der tatsächlichen Knappheit resultiert (ZIE- SEMER, 2013, S. 96). Ob die Suche nach dem idealen Indikator aufgegeben werden sollte, bleibt fraglich. Nach Endres & Querner (1993, S. 23) sollte insbesondere die Erforschung der Nutzungsgrenzkosten vorangetrieben werden, da diese unmittelbar am Problem der inter- temporalen Knappheit anknüpfen. Um ein besseres Verständnis für das Knappheitsproblem endlicher Ressourcen zu entwickeln, folgt im nächsten Kapitel eine Vorstellung des Grund- modells der Ökonomie erschöpflicher Ressourcen, das Hotelling-Modell.
2.1.2 Grundmodell der Ökonomie erschöpflicher Ressourcen
Nachdem bereits im Rahmen der Nutzungskosten festgestellt wurde, dass sowohl Anbieter als auch Nachfrager mit einem intertemporalen Allokationsproblem konfrontiert werden, ist es das Ziel volkswirtschaftlicher Untersuchungen den sozial optimalen Abbaupfad der jewei- ligen erschöpflichen Ressource zu identifizieren. Hierbei ist zu beachten, dass sich dieses Optimum nicht nur an den Bedürfnissen der aktuellen Generation orientiert, sondern den zukünftigen Bedarf miteinbezieht (ZIESEMER, 2013, S. 96). Zur Bestimmung des sozialen Opti- mums werden in einer normativen Variante der Gleichgewichtsanalyse Verhaltensannahmen getroffen, die aus gesellschaftlicher Sicht zur Erreichung des Optimums erstrebenswert wä- ren. Im Anschluss daran geht die positive Analyse der Frage nach, ob sich die Anbieter an die vorgegebenen Regeln halten, oder ob die individuellen Anreize zur Maximierung ihres Nutzens davon abweichen. Bei Verstößen könnten korrigierende Regulierungsmaßnahmen Abhilfe schaffen (ZIESEMER, 2013, S. 96).
[...]
1 Eine überproportionale Ausweitung des Outputs durch eine proportionale Erhöhung des Einsatzes aller Produktionsfaktoren. Beispielsweise kann eine Verdopplung des Outputs mit weniger als der doppelten Menge der Produktionsfaktoren erreicht werden (ZIESEMER, 2013, S. 93).
2 Entspricht dem in der Investitionstheorie gebräuchlichen „Barwert“. Um Werte aus verschiedenen Perioden vergleichbar zu machen, werden die zukünftigen Werte diskontiert bzw. abgezinst. (ZIESE- MER, 2013, S. 94).
3 Gleichgewicht, in dem alle gesellschaftlich relevanten Kosten und Nutzen berücksichtigt werden. Bei Nichtberücksichtigung negativer externer Effekte kann das private Optimum eines Ressourcenanbieters vom sozialen Optimum abweichen (ZIESEMER, 2013, S. 95).
- Arbeit zitieren
- Andreas Rosskothen (Autor:in), 2014, Eine ökonomische Analyse der Elektromobilität in Deutschland im Hinblick auf wesentliche Ressourcen und die Fahrzeugproduktion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/344851
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