Inflationsdifferenzen in der Eurozone


Bachelorarbeit, 2004

59 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

Verzeichnis der Anhänge

1 Einleitung

2 Inflationsentwicklung in der Euro-Zone
2.1 Inflationsdifferenzen
2.2 Inflation in den einzelnen Mitgliedsländern
2.3 Inflationsrechnung

3 Erklärung der Inflationsdifferenzen in der Euro-Zone
3.1 Unterschiedliche Konsumgewohnheiten und institutionelle Gründe
3.2 Strukturelle Gründe
3.2.1 Externe Störungen
3.2.2 Preiskonvergenz bei handelbaren Gütern
3.2.3 Preiskonvergenz bei nicht handelbaren Gütern
3.2.4 Marktstarrheiten und strukturelle Reformen
3.3 Konjunkturelle Gründe
3.3.1 Zusammenhang zwischen Konjunkturzyklus und Inflation
3.3.2 Bedeutung von realem Zinssatz und realem Wechselkurs

4 Geldpolitische Implikationen der Inflationsdifferenzen

5 Zusammenfassung und Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Streuungsmaße für die Eurozone und die USA (1973-2003)

Abbildung 2: Differenz von nationaler Inflation und Eurozonendurchschnittsinflation (1990-2003)

Abbildung 3: Gegenüberstellung von HVPI Nahrungsmittel Durchschnittsinflation (1999-2003) mit HVPI Gesamt Durchschnittsinflation (1999-2003)

Abbildung 4: Gegenüberstellung von HVPI Verkehr Durchschnittsinflation (1999-2003) mit HVPI Gesamt Durchschnittsinflation (1999-2003

Abbildung 5: Gegenüberstellung von HVPI Wohnung Durchschnittsinflation (1999-2003) mit HVPI Gesamt Durchschnittsinflation (1999-2003)

Abbildung 6: Vergleich der Veränderung von BIP Deflator, Endnachfragedeflator und HVPI Gesamt (1996-2002)

Abbildung 7: Mehrwertsteuersätze und ermäßigte Sätze in der Eurozone (2003)

Abbildung 8: Komparatives Preisniveau der Eurozonenländer ggü. Deutschland (Mai 2004)

Abbildung 9: Nomineller und realer Wechselkurs und Ölpreisentwicklung (1997 bis 2003)

Abbildung 10: Erdölabhängigkeit der Eurozonenländer (2002)

Abbildung 11: Extra EWU Offenheit der Mitgliedsländer (2001)

Abbildung 12: Veränderung des nominellen effektiven Wechselkurses in den Eurozonenländern (1999-2003)

Abbildung 13: Scatter Diagramm zwischen Werten der externen Störungen und der Durchschnittinflation (1999-2003)

Abbildung 14: Durchschnittliches Produktivitätswachstum bei handelbaren und nicht handelbaren Gütern (1984-2001)

Abbildung 15: Scatter Diagramm zwischen dem Inflationsdurchshnitt und dem Outputlückendurchschnitt (1999-2003, ohne Luxemburg)

Abbildung 16: Standardabweichung der Outputlücke der Eurozonenländer (1975-2004)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Differenz von nationaler Inflation und Eurozonendurchschnittsinflation (1990-2003)

Tabelle 2: Die höchsten nationalen Inflationsraten in der Eurozone (1999-2003)

Tabelle 3: Ergebnisse der Inflationsrechung von 1999 bis 2002

Tabelle 4: Schätzungen des Inflationsbeitrages des Balassa-Samuelson Effektes

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verzeichnis der Anhänge

Anhang 1: Weiteres Streuungsmaß Spannbreite

Anhang 2: Preisänderungen bei den Bestandteilen des HVPI Gesamt:

Anhang 3: Zusammenhang zwischen Inflation und exogenen Störungen

Anhang 4: Zusammenhang zwischen Inflation und Outputlücke

1 Einleitung

Der 1950 mit den Pariser Verträgen beginnende europäische Integrations-prozesses fand in der 1990 beginnenden dreistufigen Einführung der Europäischen Währungsunion (EWU) seinen Höhepunkt. Die erste Stufe der EWU begann am 01.07.1990. Dabei wurden alle Kapitalverkehrs-beschränkungen aufgehoben, der einheitliche europäische Binnenmarkt verwirklicht und die Fixierung der Zusammensetzung der ECU festgelegt. Des Weiteren trat der Maastricht Vertrag in Kraft und die Wirtschafts- und Währungskonvergenz wurde begonnen (vgl. Borchert 2001, S.17). Die zweite Stufe der EWU, beginnend am 01.01.1994, verstärkte die Koordinierung der Geld- und Währungspolitik, trieb die wirtschaftliche Konvergenz voran, erreichte die Unabhängigkeit der nationalen Zentralbanken sowie die Schaffung des europäischen Währungsinstituts1 und die Einrichtung des Kohäsionsfonds. Um die Haushaltsdisziplin in der EWU zu sichern wurde 1997 der Stabilitäts- und Wachstumspakt verabschiedet. (vgl. ECB: Wirtschafts- und Währungsunion). Mit der dritten Stufe wurde am 01.01.1999 die EWU vollendet. Dabei wurde das Europäische System der Zentralbanken gegründet, die Wechselkurse fixiert und die einheitliche europäische Währung EURO eingeführt (vgl. Borchert 2001, S.18). Auf Rat des Europäischen Währungsinstituts und der nationalen Zentralbanken wurde die EWU mit 11 der 15 Mitglieder der Europäischen Union (EU) begonnen2. Dies waren: Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Finnland. Da Griechenland anfangs die Konvergenzkriterien nicht erfüllte, trat es erst am 01.01.2001 der EWU bei (vgl. ECB: Wirtschafts- und Währungsunion, S.4).

Mit der Übergabe der nationalen Geldpolitik an die Europäische Zentralbank (EZB) bestand in der Öffentlichkeit die Befürchtung, dass sich die EWU zu einer Inflationsgemeinschaft entwickeln würde (vgl. Michaelis / Pflüger 2002, S. 303). Durch die auf Preisstabilität ausgerichtete Politik der EZB, haben sich die Befürchtungen nicht bestätigt. Das Inflationsziel der EZB von 2% bezieht sich allerdings auf die durchschnittliche Inflation aller Mitgliedsländer. Dies bedeutet, das es innerhalb der EWU zu erheblichen Inflationsunterschieden kommen kann (vgl. Michaelis / Minich 2004, S.1). Das Maastricht Kriterium, dass die Inflationsrate nicht über 1,5% über der durchschnittlichen Inflationsrate der drei niedrigsten liegen darf, wird seit 1999 jedes Jahr verletzt. Typischen Beispiel ist Irland (vgl. Honohan / Lane 2003, S. 7).

Inflationsunterschiede treten in jeder Währungsunion auf, so auch in der „Währungsunion“ USA. Diesen Unterschieden wurde aber keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Anders ist dies für den Fall der EWU (vgl. Honohan / Lane 2003, S.4ff): Erstens ist die Arbeitskräftewanderung geringer als in den USA und es existiert in der EWU kein Zentralhaushalt. Asymme-trische Schocks auf die EWU müssen daher zum großen Teil über Güterpreis-anpassungen stattfinden. Dies führt zu dauerhaften Inflationsunterschieden. Durch die Konvergenzkriterien des Maastrichter Vertrages steht die Fiskal-politik zur Verringerung der Auswirkungen von asymmetrischen Schocks nur sehr begrenzt zur Verfügung. Zweitens werden Mitgliedsländer mit einer geringen (hohen) Inflation die EZB zu einer expansiven (restriktiven) Politik drängen, da in den einzelnen Mitgliedsländern die nationale Inflation für wirtschaftspolitische Entscheidungen zu Grunde gelegt wird. Bei großen Inflationsunterschieden wird dem EZB Rat durch die unterschiedlichen Forderungen keine klare Kursausrichtung möglich sein. Drittens müsste das derzeitige Inflationsziel der EZB bei großen Inflationsunterschieden erhöht werden, wenn die Vermeidung von Deflation in einzelnen Mitgliedsländern verhindert werden soll. Viertens besteht die Gefahr, dass sich durch vorüber-gehende Schocks entstandene Inflationsunterschiede dauerhaft verfestigen. Im Gegensatz zu den USA haben die Mitgliedsländer der EWU jeweils eine eigene Sprache, eine eigene Fiskalpolitik, ein eigenes Steuer- und Transfer-system und eine eigene Lohnbildungsinstitution. Dies hebt die Bedeutung der nationalen Inflationsraten für die einzelnen Mitgliedsländer. Dauerhafte Inflationsunterschiede können z.B. durch eine Lohn-Preis-Spirale entstehen. Des Weiteren ergibt sich eine Divergenz der Konjunkturverläufe durch einen verringerten Realzins und dem Anreiz zur Schuldenaufnahme daraus. Daher sind die Klärung der Ursachen und Auswirkungen der Inflationsdifferenzen in der EWU von besonderer Bedeutung.

Im Folgenden wird in Punkt zwei die Inflationsentwicklung in der Eurozone dargestellt: Inflationsdifferenzen (2.1), Inflation in den einzelnen Mitglieds-staaten (2.2) und Inflationsrechnung (2.3). Punkt drei behandelt die Erklärung der Inflationsdifferentiale in der Eurozone: unterschiedliche Konsum-gewohnheiten und institutionelle Gründe (3.1), strukturelle Gründe (3.2), konjunkturelle Gründe (3.3). Folgende strukturelle Gründe werden untersucht: externe Störungen (3.2.1), Preiskonvergenz bei handelbaren Gütern (3.2.2), Preiskonvergenz bei nicht handelbaren Gütern (3.2.3) und Marktstarrheiten und strukturelle Reformen (3.2.4). Bei den konjunkturellen Gründen lassen sich der Zusammenhang zwischen Konjunkturzyklus und Inflation (3.3.1) und die Bedeutung von realem Zinssatz und Wechselkurs anführen (3.3.2). Des Weiteren werden die geldpolitischen Implikationen der Inflationsdifferentiale dargestellt (4). Als Abschluss folgen dann eine Zusammenfassung und ein Fazit (5).

2 Inflationsentwicklung in der Euro-Zone

2.1 Inflationsdifferenzen

Um das Ausmaß von Inflationsunterschieden3 in der Eurozone beurteilen zu können, wird ein Vergleichsmaßstab benötigt. Als erster Vergleichsmaßstab kann die Entwicklung der Inflationsdifferenzen der Eurozonenländer im Zeitablauf betrachtet werden. Da der Beginn der EWU mit der ersten Stufe 1990 nicht lange her ist und dies ein geschichtlich einmaliges Ereignis ist, weist dieser auf die Vergangenheit bezogene Vergleichsmaßstab deutliche Schwächen auf. Als besserer Vergleichsmaßstab wird zweitens die Entwick-lung in den USA4 5 herangezogen (vgl. ECB 2003, S. 11).

Um die Inflationsunterschiede zu messen, bieten sich verschiedene Streuungsmaße an. In Abbildung 1 sind als Streuungsmaße die Standard-abweichung und der Variationskoeffizient für die Eurozone und die USA dargestellt.6

Abbildung 1: Streuungsmaße für die Eurozone und die USA (1973-2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Datastream und Bureau of Labor Statistics

Die Standardabweichung war von 1973 bis zum Beginn der ersten Stufe der EWU 1990 mit durchschnittlich 5,80% relativ groß. Seit 1990 nahm die Standardabweichung bis 1999 auf 0.68% kontinuierlich ab. Mit der Euro-einführung 1999 stieg die Standardabweichung auf ca. 1% an und blieb auf diesem Niveau.

Der Variationskoeffizient ist eine weitere sinnvolle Streuungsmessgröße. Er ist definiert als der Quotient aus Standardabweichung und Mittelwert und zeich-net sich dadurch aus, dass sich in Zeiten hoher durchschnittlicher Inflation Inflationsunterschiede tendenziell ausweiten7 (vgl. Egert u.a. 2004, S. 53). Der Variationskoeffizient steigt trendmäßig von 1973 bis 1986 von 0,3 auf 1,3 an. Dieser Anstieg ist durch die starke Abnahme der Durchschnittsinflation von 1981 (12,32%) bis 1987 (4,06%) und nur mit einer leichten Zunahme der Standardabweichung zu erklären. Seit 1986 sinkt der Variationskoeffizient trendmäßig auf 0,4 im Jahre 2003. Durch den im Vergleich zur Standard-abweichung gleichmäßiger verlaufenden Variationskoeffizienten wird der positive Zusammenhang der Inflationsstreuung und der Durchschnittsinflation unterstützt (vgl. Egert u.a. 2004, S. 53).

Bei einem Vergleich der Streuungsmaße mit denen der USA fällt auf, dass sich die Standardabweichung über den gesamten Zeitraum und der Variationskoeffizient bis 2001 im Vergleich zur Eurozone auf einem niedrigeren Niveau befindet. Der trendmäßige Anstieg des Variations-koeffizienten in den USA ist durch das Sinken der Durchschnittsinflation und dem Verlauf der Standardabweichung um den 1% Punkt erklärbar. In der Eurozone hat seit 1990 eine Angleichung an die Inflationsstreuung der USA stattgefunden. Die Standardabweichung ist seit 1997 mit der der USA vergleichbar. Dies jedoch auf einem Niveau von ca. 1% leicht über dem der USA mit ca. 0,8% (vgl. ECB 2003, S.12f.).

2.2 Inflation in den einzelnen Mitgliedsländern

Um die vorherige Analyse der Streuungsmaße zu vertiefen, werden nun die Entwicklungen der einzelnen Mitgliedsstaaten im Vergleich zum Inflations-durchschnitt der Eurozone betrachtet (vgl. ECB 2003, S. 13f.). Durch das Anschauen des Verlaufes der Differenz von nationaler Inflation und dem Eurozonendurchschnitt in Abbildung 2 und Tabelle 1 wird deutlich, dass sich die nationale Inflation der Mitgliedsländer zueinander und damit auch dem Durchschnittswert von 1990 bis 1999 immer mehr angenährt haben. Insgesamt hat der Eurozoneninflationsdurchschnitt seit dem 1990 einsetzenden Konvergenzprozess erheblich abgenommen.8 Seit 1999 ist aber eine verstärkte Abweichung einiger Länder vom Eurozonendurchschnitt zu beobachten. Besonders Irland verzeichnet seit 1999 eine überdurchschnitt-liche Inflation. Des Weiteren ist aus Tabelle 1 ersichtlich, dass es zwei Gruppen von Ländern gibt. Die eine Gruppe, bestehend aus Deutschland, Belgien, Finnland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Österreich, verzeichnet von 1999 bis 2003 unterdurchschnittliche Inflationsraten und die andere Gruppe, zusammengesetzt aus Griechenland, Irland, Portugal Spanien und den Niederlanden, weist überdurchschnittliche Inflationsraten auf. Dies lässt vermuten, dass aufgebaute Inflationsraten von dauerhafter Natur sind und Inflationsunterschiede weiterhin auftreten (Michaelis / Minich 2004, S.4).

Abbildung 2: Differenz von nationaler Inflation und Eurozonendurchschnitts-inflation (1990-2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Datastream

Tabelle 1 : Differenz von nationaler Inflation und Eurozonendurchschnitts-inflation (1990-2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Berechnungen mit Daten von Datastream

Des Weiteren wird das Konvergenzkriterium, dass die Inflation nicht größer sein darf als die Durchschnittsinflation der drei Mitgliedsländer mit der geringsten Inflation, in jedem Jahr seit der Einführung des Euro am 01.01.1999 von mindestens zwei Ländern verletzt (siehe Tabelle 2). Auch dies spricht für weiter anhaltende Inflationsdifferenzen (vgl. European Commission 2002, IV/02, S.17).

Tabelle 2: Die höchsten nationalen Inflationsraten in der Eurozone (1999-2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Berechungen mit Daten von Datastream

Um einen weiteren Vergleich vorzunehmen, werden drei Hauptbestandteile des HVPI Gesamt betrachtet.9 Dies sind Nahrungsmittel (15,6%), Verkehr (15,28%) und Wohnungen (14,94%). In den Abbildungen 3 bis 5 sind jeweils die Durchschnittswerte dieser Preisindizes von 1999-2003 im Vergleich zu dem Durchschnittswert der nationalen Inflationsraten über den gleichen Zeitraum gegenübergestellt. Aus Abbildung 3 ist ersichtlich, dass die durchschnittliche Preisänderung seit der Einführung des Euros 1999 im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Inflation bei Nahrungsmitteln in Frankreich, Griechenland und Spanien überdurchschnittlich ist. In Deutschland, Irland, Niederlande und Portugal ist ein unterdurchschnittlicher Wert erkennbar. Der größte Unterschied des HVPI Nahrungsmittel Inflations-durchschnitts besteht mit 3,41% zwischen Griechenland und Deutschland.

Abbildung 3 : Gegenüberstellung von HVPI Nahrungsmittel Durchschnitts-inflation (1999-2003) mit HVPI Gesamt Durchschnittsinflation (1999-2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Eurostat

Bei dem HVPI Verkehr sind die durchschnittlichen Preisänderungen in Deutschland, Portugal und Belgien relativ höher als die durchschnittliche Gesamtinflation. Relativ niedriger waren diese in Griechenland und Irland. Der größte Unterschied ist zwischen Portugal und Frankreich mit 2,51% gegeben.

Abbildung 4: Gegenüberstellung von HVPI Verkehr Durchschnittsinflation (1999-2003) mit HVPI Gesamt Durchschnittsinflation (1999-2003

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Eurostat

Die größten relativen Durchschnittswerte der Veränderung des HVPI Wohnung hat in den Niederlanden, Irland, Finnland, Belgien und Deutschland zu einer Erhöhung des nationalen Inflationsdurchschnittes beigetragen. Zu einer Verringerung dagegen in Spanien Frankreich und Portugal. 3,79% beträgt der Unterschied der HVPI Wohnung Durchschnittsinflation zwischen Irland und Frankreich.

Abbildung 5: Gegenüberstellung von HVPI Wohnung Durchschnittsinflation (1999-2003) mit HVPI Gesamt Durchschnittsinflation (1999-2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Eurostat

Durch die Betrachtung der Durchschnittsinflationswerte der drei Haupt-bestandteile des HVPI Gesamt fällt auf, dass in den einzelnen Komponenten nicht zu vernachlässigende Unterschiede bestehen.

2.3 Inflationsrechnung

Mit der Inflationsrechnung können die relativen Beiträge der einzelnen Faktoren auf die Inflation untersucht werden. Diese Faktoren sind die Lohn-stückkosten, Gewinnspannen der Unternehmen und indirekte Steuern als interne Faktoren und die Importkosten als externer Faktor. Die Lohnstück-kosten10 werden weiter in die Faktoren Kompensation per Angestellter und Produktivitätsentwicklungen aufgeteilt (vgl. ECB 2003, S.18).

In Tabelle 3 sind für die Inflationsmessmethoden Endnachfragedeflator, BIP Deflator und für die Lohnstückkosten die Abweichungen der einzelnen Faktoren vom Eurozonendurchschnitt für die einzelnen Mitgliedstaaten angegeben.

Tabelle 3: Ergebnisse der Inflationsrechung von 1999 bis 2002

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: ECB 2003, S.19

Die Unterschiede relativ zum Eurozonendurchschnitt beim Endnach-fragedeflator stammen aus inländischen- und Import- Kostenentwicklungen. Im Durchschnitt waren von 1999 bis 2002 unterschiedliche heimische Kosten-entwicklungen in Deutschland, Griechenland, Spanien, Italien, die Nieder-lande, Österreich und Portugal der Hauptfaktor der Unterschiede beim Endnachfragedeflator. In Belgien, Frankreich, Irland, Luxemburg und Finnland waren der Hauptfaktor die Importkosten. Mit den Niederlanden als Ausnahme ist die Erklärung der Unterschiede der Endnachfrageinflation in Ländern mit relativ großer Offenheit oder Ölabhängigkeit durch die Importkosten gegeben (vgl. ECB 2003, S.18).

Die Lohnstückkosten, die Gewinnspanne der Unternehmen und die indirekten Steuern bestimmen den BIP Deflator. Als Haupeinflussfaktor für die Erklärung der Differenzen der BIP Deflator Inflation sind in Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und Portugal die Lohnstückkosten. Dabei ist auffällig, dass Länder mit überdurchschnittlich hohem BIP Deflator-veränderungen auch überdurchschnittliche Wachstumsraten bei den Lohn-stückkosten aufweisen. Die Gewinnspanne der Unternehmen ist der Hauptein-flussfaktor in Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Irland und Italien. Nur in Finnland sind die indirekten Steuern die Haupteinflussgröße. Indirekte Steuern haben nur in geringem Ausmaß zu dem positiven BIP Deflator in Irland, den Niederlanden, Luxemburg, Griechenland und Spanien beitragen (vgl. ECB 2003, S. 19).

Bei den Lohnstückkosten ist der Unterschied der durchschnittlichen Veränderung in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Irland, den Niederlanden, Österreich, Portugal und Finnland auf die unterschiedlich hohe Kompensation per Angestelltem zurückzuführen. In Griechenland, Italien und Luxemburg ist die Entwicklung der inversen Produktivität der Hauptfaktor (vgl. ECB 2003, S.19f).

Insgesamt kann festgestellt werden, dass in den fünf größten Ländern die Unterschiede in den Deflatoren auf Differenzen mit demselben Vorzeichen bei den einzelnen Faktoren zurückgeführt werden können. Das heißt: überdurch-schnittliche Inflation und überdurchschnittliche Änderungen in allen Faktoren treten gemeinsam auf und umgekehrt. Die einzige Ausnahme ist Italien. In den fünf größten Volkswirtschaften der Eurozone scheinen die Inflations-unterschiede daher nicht nur systematisch zu sein, sondern auch in den Kostenstrukturen zu liegen (vgl. ECB 2003, S. 20).

Der Vergleich zwischen dem BIP Deflator, dem Endnachfragedeflator und dem HVPI Gesamt fällt auf Grund keiner einheitlichen Erhebungsmethode und ohne analytischen Zusammenhanges zwischen diesen Messmethoden schwer. Bei einem Vergleich der jährlichen Veränderungen wird deutlich, dass ein enger Zusammenhang zwischen diesen drei Größen für die Eurozone besteht (siehe Abbildung 6). Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die meisten Länder mit relativ hohen (niedrigen) Wachstumsraten der heimischen Arbeitskosten und Gewinnspannen der Unternehmen auch positive (negative) HVPI Gesamt Inflationsraten aufweisen (vgl. ECB 2003, S. 21f.).

Abbildung 6: Vergleich der Veränderung von BIP Deflator, Endnachfragedeflator und HVPI Gesamt (1996-2002)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Eurostat.

3 Erklärung der Inflationsdifferenzen in der Euro-Zone

3.1 Unterschiedliche Konsumgewohnheiten und institutionelle Gründe

In diesem Abschnitt wird versucht, die Inflationsdifferenzen der Eurozone mit der Verwendung unterschiedlicher Warenkörbe bei der Ermittlung der nationalen HVPI Gesamt, der Wirkung von administrierten Preisen, Regulierungs- und Deregulierungsmaßnahmen, indirekten Steuern, sowie der Auswirkungen der Euroumstellung auf die Verbraucherpreise zu erklären.

Mit der Verwendung von unterschiedlichen Warenkörben bei der Bestimmung des HVPI Gesamt in den Mitgliedsländern können Inflationsunterschiede auch auftreten, wenn alle Preissteigerungsraten für Güter und Dienstleistungen gleich wären. In den Mitgliedsländern werden die Güter, die in die Bestimmung des HVPI Gesamt eingehen, unterschiedlich gewichtet. Die Gewichtungen richten sich nach der Struktur der Konsumausgaben der Bevölkerung. Wiederrum hängen mit den Präferenzen der Haushalte und dem Grad der wirtschaftlichen Entwicklung die Konsumausgaben der Haushalte eng zusammen. Veränderungen der relativen Preise wirken sich daher unter-schiedlich in den einzelnen Mitgliedstaaten aus (vgl. Remsberger 2003, S. 76). Des Weiteren ist zu beachten, dass nach dem Engel-Schwabeschen Gesetz mit steigendem Einkommen die Ausgaben für Nahrungsmittel zwar absolut steigen, aber ihr Anteil am Einkommen sinkt (vgl. Schumann u.a. 1999, S. 59). Daraus kann gefolgert werden, dass mit steigendem Einkommen die Ausgaben für Dienstleistungen steigen und für Nahrungsmittel und Gebrauchsgüter abnehmen. Dies wird von den Daten des Euroraumes unterstützt. Zwischen 1995 und 2002 stieg der Dienstleistungsanteil von 33 auf 40%, der Anteil der Güter sank von 33 auf 31% und der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel von 25 auf 21%. (vgl. Egert u.a. 2004, S. 69f.). Besonders Nahrungsmittelpreise waren in den letzten Jahren großen Schwankungen unterworfen. Dies hatte eine verstärkte Wirkung auf die Inflation in den Mittelmeerländer, da dort im Vergleich zum Eurozonen-durchschnitt der Anteil der Nahrungsmittel am Warenkorb relativ groß ist (vgl. Remsberger 2003, S. 76). Durch die unterschiedliche Zusammensetzung der Warenkörbe wird es dauerhaft zu Inflationsdifferenzen kommen. Diese werden aber mit der fortschreitenden Konvergenz der Einkommen und der damit einhergehenden Angleichung der Konsumsausgabenstruktur abnehmen (vgl. Egert u.a. 2004, S.69f.). Welcher Anteil an den heutigen Inflationsdifferenzen hierdurch erklärt werden kann, ist jedoch nicht bestimmbar.

Inflationsunterschiede können auch durch von den nationalen Regierungen unterschiedlich vorgenommene Ausgestaltungen der administrativen Preise, Regulierungs- und Deregulierungsprozessen, sowie der indirekten Steuern, herrühren.

Durch die Festsetzung von Preisen11 und der Regulierung12 werden die Markt-kräfte erheblich eingeschränkt. Bei einer Deregulierung ist daher mit erheblichen Preissenkungen zu rechnen (vgl. EZB JB 1999, S. 27). Wenn die Veränderung der regulierten und gebunden Preise in den Mitgliedsländern in gleichem Maße erfolgt, wird der Einfluss auf die Inflationsunterschiede nur sehr gering sein (vgl. Egert u.a. 2004, S.70). Der Beginn der Liberalisierungs-prozesse der ehemals stark regulierten Bereiche weicht in den Mitglieds-ländern erheblich voneinander ab. In Ländern, die früh mit der Liberalisierung der Märkte begonnen haben, dürfte die Preisniveausenkung nur noch sehr gering ausfallen und nur eine geringe Wirkung auf die nationale Inflationsrate haben. In Ländern, die gerade erst beginnen, wird der Preisrückgang sehr viel stärker sein und daher die Wirkung auf die Inflation erheblicher13 ausfallen (vgl. EZB JB 1999, S. 28). Der Anteil der vom Staat beeinflussten Preise liegt bei ungefähr 20% des Warenkorbes. Auf Grund des großen Gewichts in den nationalen HVPI Gesamt besteht ein signifikanter Einfluss auf die Inflations-unterschiede. Wenn alle Eurozonenländer die Deregulierungsprozesse abgeschlossen haben, wird die Wirkung erheblich nachlassen. Da aber einige Branchen aus strategischen oder politischen Gründen14 in der öffentlichen Hand bleiben und die Preissetzung einiger Sektoren im Einflussbereich staatlicher Behörden verbleibt, ist weiterhin mit einer dauerhaften Beein-flussung der Inflationsentwicklungen zu rechnen (vgl. Egert u.a. 2004, S. 71f.).

Indirekte Steuern, z.B. die Mehrwertsteuer, haben einen erheblichen Einfluss auf die Preisniveauunterschiede in der Eurozone. Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Höhe des Mehrwertsteuersatzes und der Höhe des Preisniveaus (siehe Abbildung 7 und 8). Die beiden Länder mit den höchsten Preisniveaus, Finnland und Irland, haben auch die höchsten Mehrwertsteuersätze (22 und 21%). Spanien und Portugal haben das niedrigste Preisniveau und daher mit 16 und 19% auch relativ niedrige Mehrwertsteuersätze. Für die anderen Mitgliedsländer schwanken die Sätze von 15% für Luxemburg bis 21% in Belgien. Der gleiche Zusammenhang gilt auch tendenziell für die ermäßigten Mehrwertsteuersätze (vgl. Egert u.a. 2004, S. 73f.).

Abbildung 7 : Mehrwertsteuersätze und ermäßigte Sätze in der Eurozone (2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Egert u.a. 2004, S. 72

Abbildung 8 : Komparatives Preisniveau der Eurozonenländer ggü. Deutschland (Mai 2004)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von OECD

Bei der Betrachtung der Änderung der Mehrwertsteuersätze in den letzten Jahren, ist eine leichte Annäherung der Sätze zu beobachten. In Italien, Spanien, Portugal, Deutschland und den Niederlanden sind die Sätze leicht gestiegen, wobei sie in den anderen Ländern mit Ausnahme von Irland konstant geblieben sind. Da die Europäische Kommission in den nächsten Jahren eine Vereinheitlichung der Mehrwertsteuersätze vorsieht, werden in Zukunft keine Preisniveauunterschiede mehr durch eine uneinheitliche Mehrwertsteuer bestehen (vgl. European Commission 2003, S. 35f.).

Durch die Einführung des Euro Bargeldes zum 01.01.2002 sorgten sich die Verbrauchern um Preissteigerungen. Die Hauptmotive einer Preiserhöhung sind die Überwälzung von einmaligen Kosten der Umstellung, die Menükosten und die Rundung auf attraktive Europreise, bzw. die Erhöhung der Gewinn-margen (vgl. EZB JB 2001, S. 37). Durch den herrschenden Wettbewerb auf den meisten Märkten der Eurozone dürften aber keine allzu großen Spiel-räume für eine Preiserhöhung entstehen. In Märkten mit sehr intensiven Wettbewerb dürfte es, zur Gewinnung von Marktanteilen, eher zu einer Preis-reduzierung gekommen sein (vgl. EZB JB 2001, S. 37). Die Einflüsse der Euroumstellung auf die Preise lassen sich sehr schwer von anderen Inflations-ursachen trennen. Nach Schätzungen trugen die Preiserhöhungen durch die Euroeinführung nur 0,0 bis 0,2% zur Inflation im ersten Halbjahr 2002 bei. Die Wirkung in den einzelnen Mitgliedsländern dürfte aber durch verschiedene Wettbewerbs- und Nachfragesituationen sehr unterschiedlich sein. In Frank-reich wurde der Einfluss auf 0,2% und in den Niederlanden auf 0,6% der Inflation geschätzt (vgl. EZB JB 2002, S. 44). Die größten Preissteigerungen wurden im Dienstleistungsbereich und bei den relativ günstigen Gütern des täglichen Bedarfes vorgenommen, z.B. Zeitungen und Brötchen. Bei teuren Gütern waren keine oder nur sehr geringe Preissteigerungen zu beobachten. Je nach den Gewichtungen der einzelnen Güter bei den nationalen HVPI Gesamt sind hierdurch Inflationsunterschiede zwischen den Mitgliedsländern entstanden (vgl. EZB JB 2002, S. 45). Die durch die Euroeinführung ausgelösten Inflationsunterschiede dürften nur sehr gering und von vorüber-gehender Natur sein. Mögliche Zweitrundeneffekte durch z.B. Lohnin-dexierung oder erhöhte Inflationserwartungen dürften vernachlässigbar sein. Es wird sogar vermutet, dass die Euroeinführung langfristig zu einer Verrin-gerung der Inflationsdifferenzen führen wird, da durch den Euro die Preise transparenter werden und der Wettbewerb verschärft wird (vgl. EZB JB 2002, S. 45). Die Euroumstellung hat also in geringem Maße zur Erhöhung der Inflationsdifferenzen seit 1999 beigetragen. Die einmalige Wirkung auf die Inflationsunterschiede dürfte aber im Laufe des Jahres 2003 vorüber sein (vgl. ECB 2003, S. 25).

3.2 Strukturelle Gründe

3.2.1 Externe Störungen

Externe Störungen haben unterschiedliche Wirkungen auf die Inflation in den Mitgliedsländern. Besonders der Ölpreis und Wechselkursänderungen haben einen starken Einfluss auf die heimischen Preisentwicklungen (vgl. ECB 2003, S. 26). Die Eurozonenländer wurden seit 1999 besonders stark von Ölpreis-schocks und starken Veränderungen des bilateralen Wechselkurses ggü. dem US Dollar getroffen (vgl. Hahn 2003, S. 8). In Abbildung 9 sind der Verlauf des realen und nominellen effektiven Wechselkurses15 und die Ölpreisentwicklung von 1997 bis 2003 dargestellt. Diese Größen sind seit 1997 erheblichen Schwankungen ausgesetzt. Der nominelle effektive Wechselkurs sank von 1997 bis 2001 um 14 und der reale sogar um 18%. Von 2001 stieg der nominelle effektive Wechselkurs wieder um 15 und der reale um 11%. Von 1997 bis 2000 stieg der Ölpreis in Euro um 81%, der in US Dollar notierte um 48%. Seit 2000 sank der Ölpreis in Euro bis 2003 um 19% und der in US Dollar notierte um 1%.16 Der Unterschied zwischen dem in Euro und US Dollar notierten Ölpreis stammt durch die Wechselkursentwicklungen in diesem Zeitraum. Von 1997 bis 2001 wertete der Euro ggü. dem US Dollar um 21% ab und dann bis 2003 um 23% auf.

Abbildung 9 : Nomineller und realer Wechselkurs und Ölpreisentwicklung (1997 bis 2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von IMF - Financial Statistics - August 04, ECB monthly bulletin August 2002 und September 2004, sowie ECB Jahresberichte 1998 bis 2003

Veränderungen Erdölpreise wirken sich in Erst- und Zweitrundeneffekten auf die Inflation aus17. Ölpreisänderungen können über drei verschiedene Kanäle Inflationsunterschiede verursachen. Erstens sind beim Vorliegen einer guten konjunkturellen Lage die Überwälzungen von Ölpreissteigerungen leichter möglich. In Ländern mit einer hohen positiven Outputlücke werden die Preise von den Unternehmen schneller angepasst. Dies erhöht die Inflations-differenzen (vgl. Egert u.a. 2004, S. 61). Zweitens ist die unterschiedliche Erdölabhängigkeit entscheidend. Je erdölabhängiger ein Land ist, desto größer ist der Effekt einer Ölpreisänderung auf die Inflation. Der Zusammen-hang wird, außer für Belgien, Irland und die Niederlande, in Abbildung 10 bestätigt (vgl. ECB 2003, S. 26).

Abbildung 10 : Erdölabhängigkeit der Eurozonenländer (2002)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Eurostat: Energy Yearly Statistics - Data 2001 und Data 2002 und Datatstream

Als dritter Kanal ist die Erdölintensität der Industrie zu nennen. Je erdöl-intensiver produziert wird, desto stärker wirken Ölpreiserhöhungen auf die Inflation. Durch die drei Übertragungskanäle und die Geschwindigkeit der Überwälzung, die z.B. auch von der Wettbewerbssituation abhängt, gehen unterschiedliche Wirkungen auf die Inflation in den einzelnen Mitgliedsländern aus. Inwieweit Ölpreisänderungen in Zukunft wirken, hängt von der Entkopp-lung des Erdölverbrauchs vom BIP Wachstum ab. Dies geschieht durch technischen Fortschritt, der Tertiärisierung der Wirtschaft, der Erschließung neuer Energiequellen und der Anwendung von Energiesparmaßnahmen (vgl. Egert u.a. 2004, S. 62).

Da der Wechselkurs zwischen den Eurozonenländern durch die einheitliche Währung fixiert ist, können Wechselkursänderungen ggü. Ländern außerhalb der Eurozone unterschiedliche Wirkung auf die Inflationsraten der Mitglieds-länder bewirken. Wechselkursänderungen bewirken sofort eine Änderung der Importpreise. Anschließend reagieren die Preise der heimisch handelbaren Güter. Danach überträgt sich der Effekt auf fast alle anderen Preisgruppen und damit auf die Gesamtinflation (vgl. Egert u.a. 2004, S. 59). Die drei Hauptfaktoren für unterschiedliche Übertragungen von Wechselkurs-änderungen sind der Offenheitsgrad der Eurozonenländer ggü. Handels-partnern außerhalb der Eurozone, die geographische Handelsstruktur und die Warenzusammensetzung der Importe18 aus Ländern außerhalb der Eurozone (vgl. ECB 2003, S. 27). Durch die Abwertung des Euro ggü. dem US Dollar von 1997 bis 2001 müsste dies einen Einfluss auf die Inflation von Ländern mit großer Offenheit ggü. Nicht-Eurozonenländern haben. Das gilt für Irland, die Niederlande, Luxemburg und Belgien (siehe Abbildung 11). Bei den meisten anderen Ländern ist kein Zusammenhang zwischen dem Offenheits-grad und der Inflation zu erkennen. Dort müssten andere Faktoren eine wichtigere Rolle gespielt haben (vgl. ECB 2003, S. 28).

Abbildung 11: Extra EWU Offenheit der Mitgliedsländer (2001)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Datastream und UN - International Trade statistic Yearbook 2001

Um die geographische Handelsstruktur zu beachten, ist die Veränderung des effektiven nominellen Wechselkurses in den Mitgliedsländern von Bedeutung. Eine positive Veränderung des effektiven nominellen Wechselkurses bedeutet ein Preissteigerungsdruck. Dieser war zwischen 2000 und 2003 in Irland und den Niederlanden besonders stark (siehe Abbildung 12). In den anderen Ländern sollte dieser Preisdruck von geringer Bedeutung sein. Dabei ist zu beachten, dass in Österreich eine besonders niedrige Veränderung vorlag (vgl. Egert u.a. 2004, S. 59f).

Abbildung 12 : Veränderung des nominellen effektiven Wechselkurses in den Eurozonenländern (1999-2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von OECD

Um die Relevanz der vorherigen Einflüsse auf die Inflation zu bestimmen, werden diese in Gleichung 1 zusammengefasst (vgl. ECB 2004, S. 29).

(1) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die zusammengefasste externe Störung, die auf das Mitglieds-land i wirkt. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist der Nichtölanteil der Importe relativ zum BIP von Land i, b ist ein konstanter Faktor in Höhe von 0,8 für die Wirkung der Warenzusammen-setzung der Importe und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist die Ölabhängigkeit von Land i. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist die Veränderung des nominellen effektiven Wechselkurses in Land i, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist der Durchschnitt der Wechselkursänderung des Euro ggü. dem US Dollar von 1999-2002 und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist die durchschnittliche Veränderung des Ölpreises (in US Dollar/Barrel) für denselben Zeitraum. In Abbildung 13 ist ein Scatter Diagramm mit der durchschnittlichen Inflation von 1999 bis 2003 an der Ordinate und den exogenen Störungen auf der Abszisse abgetragen. Zwischen der externen Störung und der Inflation ist ein deutlicher positiver Zusammenhang erkennbar. Die Korrelation zwischen den beiden Größen beträgt 0,702189 und der Steigungsparameter ist zum 95% Signifikanzniveau von 0 verschieden19. Dies bestätigt den positiven linearen Zusammenhang zwischen den beiden Größen vgl. (ECB 2003, S. 29).

Abbildung 13 : Scatter Diagramm zwischen Werten der externen Störungen und der Durchschnittinflation (1999-2003)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten von Eurostat, IMF, EZB Jahresberichte (1998-2003) und Datastream

Ein erheblicher Anteil der Inflationsunterschiede wird in der Eurozone durch die externen Störungen verursacht. Die Wirkungen der exogenen Störungen können allerdings durch eine weitere Erhöhung des Handels zwischen den Eurozonenländern und einem weiteren Zusammenwachsen der Märkte erheblich gesenkt werden (vgl. Egert u.a. 2004, S. 60).

3.2.2 Preiskonvergenz bei handelbaren Gütern

Bei international handelbaren Gütern sollte nach der Kaufkraftparität ein vergleichbares Preisniveau bestehen. Bei den meisten handelbaren Gütern, sogar bei standardisierten Konsumgütern, ist dies nicht der Fall (vgl. ECB MB, October 1999, S. 38). Durch die Konvergenz in den Mitgliedsländern seit 1990, von der Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes bis zur Einführung des Euros, müssten die Unterschiede der Preisniveaus abnehmen. In Ländern mit niedrigem Preisniveau findet durch relativ höhere Inflationsraten eine Angleichung an das Preisniveau der Länder mit hohem Preisniveau statt20. Dies hat nicht unerhebliche Inflationsunterschiede zur Folge (vgl. Rogers 2001, S 3). Um festzustellen, ob eine Preisniveauangleichung stattgefunden hat, müssen Preise der handelbaren Güter in den einzelnen Mitgliedsländern verglichen werden. Dazu eignet sich die Konstruktion21 eines Preisindexes aus aktuellen Preisen (vgl. Rogers 2001, S. 5f.).Das Ergebnis der Untersuchung ist, dass die Preise der handelbaren Güter sich angenährt haben. Die größte Annäherung fand in der ersten Hälfte der 90er durch die Schaffung des einheitlichen Binnenmarktes und der Deregulierungsmaßnahmen statt. Danach fand eine weitere Reduzierung der Differenzen statt, jedoch nur in sehr geringerem Maße22. Durch die Einführung des Euros gingen entweder keine beschleunigenden Effekte auf die Preisniveaukonvergenz aus, oder treten noch mit Verzögerungen auf und sind in den jetzigen Daten nicht enthalten (vgl. Rogers 2001, S. 10ff.). Es besteht also ein negativer Zusammenhang zwischen dem anfänglichem Preisniveau der Mitgliedsländer 1990 und der seitdem auftretenden Inflationsraten der Eurozonenländer (vgl. Rogers 2001, S. 12f.). Die Gründe in der Annäherung der Preisniveaus in der Eurozone sind: beginnende Harmonisierung der Steuersätze, die Liberali-sierung der Waren und Rohstoffmärkte, die Konvergenz der Einkommen und Arbeitskosten (vgl. Rogers 2002, S. 12ff.). Des weitern wird es weiterhin zu Preisunterschieden kommen, da Unternehmen je nach der Wettbewerbs- und Nachfragesituation in den Mitgliedsländern unterschiedliche Preise setzen werden, um ihren Gewinn zu erhöhen (vgl. Andres / Ortega / Valles 2003, S. 18f.). Dies ist allerdings durch Arbitrage nur in gewissen Grenzen möglich (vgl. Bergin 2001, S. 6ff.). Durch die weitere Angleichung der Bedingungen werden Preisunterschiede weiterhin bestehen. Diese werden aber in Zukunft nicht mehr in diesem Maße zu Inflationsunterschieden führen.

[...]


1 Die Hauptaufgaben des Europäischen Währungsinstitutes waren: die Zusammenarbeit und Koordinierung der Geldpolitiken der Zentralbanken zu verstärken und die Vorarbeiten zur Schaffung des Europäischen Systems der Zentralbanken, einer einheitlichen Geldpolitik und einer einheitlichen Währung zu leisten (vgl. ECB: Wirtschafts- und Währungsunion, S. 3).

2 Großbritannien, Dänemark, Schweden und Griechenland erfüllten die Konvergenzkriterien des Maastrichter Vertrages nicht oder die Bevölkerung stimmte gegen einen Beitritt ihres Landes (vgl. ECB: Wirtschafts- und Währungsunion, S. 4).

3 Wenn bei der Inflation im Folgenden nichts anderes angegeben, ist für die Eurozone unter der Inflation immer die Veränderung des HVPI Gesamt gemeint.

4 Das Bureau of Labor Statistics unterteilt die USA in 27 Regionen und erhebt für jede Region Preisindizes (siehe http://www.bls.gov, [Stand: 03.09.2004]).

5 Man könnte als weiteren Vergleichsmaßstab auch einzelne Mitgliedsländer der Eurozone nehmen. Auf Grund ihrer Homogenität, die die Eurozone nie erreichen wird, sind sie aber kein guter Referenzmaßstab für die Eurozone. Die im Vergleich zu einzelnen Mitgliedsländern heterogenere Struktur der USA dürfte die USA als ein Referenzmaßstab geeignet erscheinen lassen (vlg. Michaelis / Minich 2004, S. 5).

6 Als weitere Streuungsmaße bieten sich die Spannbreite an. Eine Darstellung befindet sich in Anhang 1.

7 Erdölpreisschocks wirken tendenziell stärker auf die Inflation von Ländern mit Überhitzungserscheinungen. Die Standardabweichung könnte die Inflationsdifferenzen daher überschätzen. Dieser Skalierungseffekt wird durch den Variationskoeffizienten vermieden (vgl. Egert u.a. 2004, S. 53)

8 Von 6,28% im Jahr 1990 auf 2,28% im Jahr 2003.

9 In Anhang 2 werden die anderen Faktoren des HVPI Gesamt dargestellt und miteinander verglichen.

10 Ein üblicher Ansatz nimmt an, dass die Preise durch einen Aufschlagsatz auf die Kosten der Unternehmen gebildet werden. Lohnstückkosten verursachen einen signifikanten Anteil an den Kosten von Unternahmen. Daher können diese benutzt werden die Inflation zu erklären und vorauszusagen (vgl. ECB MB, September 2004, S. 51).

11 Gewöhnlich fallen unter die Preisbindung: Wohnungsmieten und bestimmte Lebensmittel (vgl. Egert u.a. 2004, S. 70).

12 Bei den Sektoren Energieversorgung, Telekommunikation, Postwesen, Bahnverkehr und kommunale Versorgungsunternehmen ist in den letzen Jahren die Regulierung verringert worden und es hat eine zunehmende Marktöffnung stattgefunden (vgl. Fritsch u.a. 2003, S. 251ff.).

13 Bei der Telekommunikation hat die Liberalisierung in Finnland früh stattgefunden. In Finnland sind daher seit 2000 die Preise in diesem Sektor im Vergleich zum EWU Durchschnitt gestiegen. Frankreich hat erst sehr spät begonnen, so dass noch erhebliche Preissenkungen zu erwarten sind (vgl. Remsberger 2003, S. 77).

14 Die Liberalisierung der Gas- und Stromsektoren ist in einigen Mitgliedsländern überhaupt nicht vorgesehen, da keine gesetzliche Verpflichtung besteht den privaten Haushalten die freie Wahl über den Anbieter einzuräumen (vgl. EZB JB 2000, S. 38).

15 Der reale effektive Wechselkurs wird in zwei Schritten bestimmt. In einem ersten Schritt werden nominelle Wechselkurse gewichtet und zu einem Korb zusammengestellt. Dann wird der Korb aus verschiedenen Wechselkursen mit heimischen und ausländischen Deflatoren korrigiert (vgl. European Commission 2002, III/02, S. 16).

16 Der Preis für einen Barrel Rohöl ist in den letzen Monaten auf seinen bisherigen Höchststand am 28. September 2004 von 49,90 US $/Barrel gestiegen. Dies entspricht einer Preissteigerung von 71,3% im Vergleich zum Vorjahr (vgl. The Economist vom 30.9.2004).

17 Bei den Erstrundeneffekten wirkt die Ölpreisänderung auf die Energiekomponenten der Verbraucherpreisänderung und die Transportkosten. Mit einer Verzögerung passen sich die Erzeugerpreise (nach c.a. 9 Monaten) und die Industriegüter ohne Energie (über zwei Jahre) an. Bei den Zweitrundeneffekten sind die Verbraucherpreise und Lohnentwicklungen betroffen (vgl. Egert u.a. 2004, S. 61).

18 Dieser Effekt hat auf mittlere Sicht nur einen sehr geringen Einfluss und daher auf mittlere Sicht keinen Einfluss auf Inflationsunterschiede (vgl. ECB 2003, S. 29).

19 Siehe Anhang 3 für die e-views Ausgabetableaus.

20 Es bietet sich an, die Eurozonenländer für das Jahr 2002 in drei Gruppen zu unterteilen, in eine mit niedrigem Preisniveau (IT, ES, GR, PT), mit einem mittleren Preisniveau (OE, FR, BD, NL) und mit einem hohen Preisniveau (LX, IR, FN). Dabei wird die erste Gruppe in Folge der Preiskonvergenz sich durch höhere Inflationsraten an die dritte anpassen (vgl. Egert u.a. 2004, S. 63f.).

21 Für die Konstruktion dieses Indexes siehe Rogers 2001, S. 27-30. Dieser besteht aus Preisen von 168 Gütern und Dienstleistungen in 26 verschiedenen Städten. Diese werden von der Economist Intelligence Unit in regelmäßigen Abständen erhoben.

22 Bei standardisierten Konsumgütern gibt es im Jahr 1998 noch erhebliche Preisunterschiede, z.B. Preisunterschiede von 58% beim Economist, 41% beim Bic Mac, 74% bei der Swatchuhr Classic und 73% bei der Kamera Canon Prima Super 135 (siehe für diese und weitere Beispiele Lutz 2003, S. 19).

Ende der Leseprobe aus 59 Seiten

Details

Titel
Inflationsdifferenzen in der Eurozone
Hochschule
Universität Münster
Note
1.0
Autor
Jahr
2004
Seiten
59
Katalognummer
V34492
ISBN (eBook)
9783638346955
ISBN (Buch)
9783638704502
Dateigröße
710 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Inflationsdifferenzen, Eurozone
Arbeit zitieren
Heiko Peters (Autor:in), 2004, Inflationsdifferenzen in der Eurozone, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34492

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