Darstellung der Mafia in Leonardo Sciascias "Il giorno della civetta" und Andrea Camilleris "La mossa del cavallo"


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2014

17 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Erzählperspektive

3 Personen
3.1 Hauptfiguren
3.1.1 Capitano Bellodi
3.1.2 Giovanni Bovara
3.2 Nebenfiguren

4 Darstellung der Mafia
4.1 Unwissenheit und Verleumdung
4.2 Mafiosi und Korrupte
4.3 Machenschaften
4.4 Verschwindenlassen und Auftun von Alibis, Zeugen und Beweisen

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis
6.1 Monographien
6.2 Quellen aus dem Internet

1 Einleitung

Mafia, ein Begriff der jedem Menschen in Europa, vor allem in Italien, geläufig ist. Viele Personen denken dabei an eine kriminelle Organisation, bei der es ausschließlich um Drogen, Erpressung und Mord geht. Ob es sich dabei um die Cosa Nostra, die ´Ndrangheta oder die Camorra handelt spielt keine Rolle. Des Weiteren werden oftmals korrupte Regierungssysteme mit der Vereinigung in Verbindung gebracht, allen voran Politiker wie Silvio Berlusconi. Diese Aspekte werden vor allem durch die Film- und Buchindustrie in den Köpfen der Menschen verankert und nicht zuletzt von der Presse forciert, indem fast tagtäglich die Machenschaften der Organisation aufgedeckt werden, oder gezeigt wird, wie ihre Mitglieder verhaftet werden. Jedoch bleiben auch viele kriminelle Handlungen der Mafia im Dunkeln verborgen, da sie über ein weites Netz von Mitgliedern und Unterstützern im In- und Ausland verfügt, die nicht nur das Unternehmen aus wirtschaftlicher und juristischer Hinsicht unterstützen können, sondern auch ihre eigenen Interessen durch das Unternehmen wahren und vorantreiben können.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Mafiaproblematik an Hand der Romane Il giorno della civetta von Leonardo Sciascia und La mossa del cavallo von Andrea Camilleri aufzuzeigen und darzustellen, inwieweit dies den realen Tatsachen entspricht. Somit erfolgt zu Beginn der Arbeit die Charakterisierung der Protagonisten beider Romane. Im weiteren Verlauf wird dargestellt, inwiefern die Existenz der Mafia in den Romanen in Frage gestellt wird und die damit in Zusammenhang stehenden Machenschaften verleumdet werden, nicht zuletzt von Personen, die den mafiosen Organisationen zum Opfer fallen. Infolgedessen wird aufgezeigt, welche angesehenen Berufsgruppen in die Machenschaften verwickelt sind, beziehungsweise sogar den Kopf der Mafia-Familie bilden. Bezüglich dessen werden zudem die Machenschaften, wie Schutzgelderpressung, Auftragsmord und ähnliches näher beleuchtet, um anschließend darauf eingehen zu können, welche kriminellen Handlungen von Nöten sind, beispielweise das Verschwindenlassen von Alibis, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Am Ende der vorliegenden Arbeit erfolgt schließlich die Auswertung der vorangegangenen Kapitel.

2 Erzählperspektive

Die Handlung der Romane Il giorno della civetta und La mossa del cavallo werden von einem auktorialen Erzähler in der dritten Person Singular erzählt, der allwissend ist und über die Gedanken, Gefühle und allen sonstigen Sachverhalten Bescheid weiß. Dieser Aspekt kommt in La mossa del cavallo besonders in den Briefen zum Vorschein, die die Protagonisten verfassen, denn niemand außer der Erzähler kennt die gesamte Korrespondenz. In Il giorno della civetta hingegen spiegelt sich der Erzähler vor allem darin wieder, dass er über die Gedanken der Protagonisten spricht.

3 Personen

Die Personen in den Romanen Il giorno della civetta und La mossa del cavallo können in drei verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Zur ersten und gleichzeitig größten Sparte gehören die Mitglieder der Mafia sowie korrupte Personen, die mit ihnen in Kontakt stehen. Die zweite Gruppe wird durch die Ermittler vertreten, zu denen unter anderem auch die Hauptprotagonisten Giovanni Bovara (La mossa del cavallo) und Capitano Bellodi (Il giorno della civetta) der jeweiligen Romane gehören. Zur dritten Gruppe gehören vor allem die Nebenfiguren, die keiner speziellen Sparte angehören, jedoch immer wieder in das Geschehen eingreifen. Dies geschieht nicht zuletzt, weil einige von ihnen den kriminellen Machenschaften zum Opfer fallen.

3.1 Hauptfiguren

Bei den beiden Hauptprotagonisten aus den verschiedenen Romanen handelt es sich um Ermittler, die aus dem Norden Italiens stammen und durch ihre Vorgesetzen nach Sizilien versetzt werden. Dies hat insofern eine besondere Bedeutung, da sie um die Machenschaften und die Existenz der Mafia Bescheid wissen und gegen die Organisationen vorgehen wollen, was ihnen jedoch zum Verhängnis wird.

3.1.1 Capitano Bellodi

Capitano Bellodi ist ein junger und großer Mann, der aus der norditalienischen Stadt Parma stammt. Als Norditaliener galt er als stets freundlich und wohlerzogen, steckte jedoch voller Vorurteile, insbesondere was die Existenz der Mafia anging. Eigentlich wollte Bellodi von Beruf Anwalt werden, wurde jedoch zufällig Polizist und befehligte nun seit drei Monaten die Kompanie in C. auf Sizilien.

3.1.2 Giovanni Bovara

Giovanni Bovara ist um die vierzig Jahre alt, hat blaue Augen und eine äußerst gepflegte Erscheinung, die der eines Berufssoldaten in Zivilkleidung entspricht. Er wurde in dem sizilianischen Ort Vigatà geboren, zog jedoch im zarten Alter von drei Monaten mit seinen Eltern nach Genua, wo sein Vater Arbeit gefunden hatte. Auf Grund des frühen Ablebens seiner Eltern wuchs er bei seiner Tante auf. In Genua besuchte er die Schule, machte sein Diplom als Buchhalter und arbeitete für die Verwaltungen in Modena, Bologna und Reggio Emilia ehe er vom Generaldirektor Roms nach Montelusa, einem Ort auf Sizilien, geschickt wurde, um dort als neuer Hauptinspekteur der dortigen Mühlen seinen Dienst anzutreten.

3.2 Nebenfiguren

Wie bereits beschrieben, gibt es drei verschiedene Kategorien von Personen: die Mafioso, die Ermittler und diejenigen, die keiner bestimmten Sparte angehören. Zur ersten Gruppe gehört in Sciascias Werk vor allem Mariano Arena der einerseits als alter, leidender Mann gilt, der lediglich für sein Heim und die Pfarrei lebt und zudem eine untadelige Vergangenheit besitzt. Andererseits wird er von der öffentlichen Meinung als Mafia-Anführer bezeichnet und hinterzieht Steuern im großen Stil. Eine weitere Person die zu dieser Gruppe gezählt werden kann ist Calogero Dibella, auch Parrinieddu genannt, der einer Familie der dörflichen Mafia nahestand und dieser vielleicht auch einmal angehörte. Bis zu seiner Ermordung war er jedoch als Kontaktmann für die Polizei tätig. Auch Salvatore Colasberna und Paolo Nicolosi, die beide der letzten Kategorie angehören, wurden von einem Mafioso ermordet. Colasberna war von Beruf Maurer und besaß mit seinen Brüdern eine kleine Baugenossenschaft, mit der sie kleinere Projekte in Arbeitersiedlungen, sowie Kanalisations- und Straßenbauarbeiten verwirklichten. Da er sich jedoch scheinbar als einzige Person des Baugewerbes weigerte Schutzgeld zu zahlen, wurde er kaltblütig erschossen. Infolgedessen, dass Nicolosi Zeuge dieser Tat wurde, wurde vermutlich auch er hingerichtet.

In Andrea Camilleris La mossa del cavallo gibt es eine Reihe von Mafioso, korrupten Polizisten und Juristen, die mit ihnen in Verbindung stehen. Zu ihnen zählen vor allem Nicola Afflitto, auch don Cocò genannt , dessen Namen sich noch nicht einmal jemand auszusprechen wagt und Advokat Gregorio Fasùlo, der sich stets als frommer und großzügiger Mann gegenüber der Bevölkerung inszeniert. Ebenfalls in diese Kategorie gehören der stellvertretende Polizeiamtsleiter Ciccio La Mantìa, der Finanzpräsident Felice La Pergola und Sciaverio Pipitone, welcher als Handlanger von Cocò Afflitto und Gregorio Fasùlo auftritt. Zur Kategorie der Ermittler können neben dem Hauptprotagonisten Giovanni Bovara auch Staatsanwalt Ottavio Rebaudengo und der Ermittlungsrichter Giosuè Pintacuda gezählt werden. Zur letzten und somit nicht definierbaren Sparte gehören unter anderem Trisìna Cìcero, Padre Artemio Carnazza und dessen Cousin Emanuele Moro, Memè genannt.

4 Darstellung der Mafia

4.1 Unwissenheit und Verleumdung

Der Begriff Mafia ist heutzutage fast jedem Menschen geläufig und wird meist mit Mord, Erpressung und dem Drogenhandel assoziiert. Jedoch wird ihre Existenz von vielen Personen verleumdet. Zum einen weil sie einer mafiosen Organisation angehören zum anderen weil sie von ihr bedroht und unter Druck gesetzt werden. Daraus resultiert, dass viele Betroffene, die Zeuge einer Straftat geworden sind, nicht nur beteuern, dass die Mafia nicht existiere, sondern auch alles was mit ihr in Zusammenhang steht verleumden (vgl. Heidenfelder 2014, [Online]). Diesen Aspekt greift auch Sciascia in seinem Werk Il giorno della civetta auf, indem er zu Beginn auf die Unwissenheit, bezüglich eines Mordes, der Protagonisten Bezug nimmt. Dies äußert sich darin, dass keiner der Zeugen den Namen des Mordopfers zu kennen scheint „»Chi è?« domandò il bigliettaio indicando il morto. Nessuno rispose.” (Il giorno della civetta[1] 5). Des Weiteren lässt er alle Protagonisten, die Zeugen eines Mordes wurden, die Flucht antreten, sobald die Polizei auftaucht. „Vennero i carabinieri, il maresciallo nero di barba e di sonno. L’apparire dei carabinieri squillò come allarme nel letargo dei viaggiatori: e dietro al bigliettaio, dall’altro sportello che l’autista aveva lasciato aperto, cominciarono a scendere.” (GC 6). Da lediglich der Busfahrer und der Schaffner am Tatort verbleiben, werden diese nach den Namen der anderen Zeugen befragt und geben sich der Polizei gegenüber völlig ahnungslos, wie die folgenden Textausschnitte zeigen.

“Non so” disse l’autista, tutto spremuto nello sforzo di ricordare “non so: qualcuno, dico, così per dire; certo non erano cinque o sei, erano di più, forse l’autobus era pieno… Io non guardo mai la gente che c’è: mi infilo al mio posto e via… Solo la strada guardo, mi pagano per guardare la strada” (GC 6).

„Non mi ricordo“ disse il bigliettaio „sull’anima di mia madre, non mi ricordo; in questo momento di niente mi ricordo, mi pare che sto sognando“ (GC 7).

Sciascia lässt diesen Aspekt noch insoweit kulminieren, dass der Ölkuchenverkäufer sogar behauptet, er hätte nicht einmal einen Schuss gehört und die Fahrgäste wüssten nicht einmal etwas von einem Toten, da diese durch die beschlagenen Fensterscheiben des Busses nichts hätten sehen können (vgl. GC 8). Ein anderer Aspekt den Sciascia in seinem Werk aufgreift ist die Verleumdung der Mafia, eine Mitgliedschaft einer cosca[2] und deren Machenschaften. Vor allem wird die Existenz der Mafia aber von deren Mitgliedern selbst verleumdet, nicht zuletzt, um deren Saubermann-Image zu schützen (vgl. Raith 1990: 88, 97). Dies wird bei dem Gespräch von zwei Politikern an folgender Stelle deutlich:

- Mendolìa… Ha detto cose da far rizzare i capelli: che la mafia esiste, che è una potente organizzazione, che controlla tutto: pecore, ortaggi, lavori, pubblici e vasi greci… Questa dei vasi greci è impagabile: roba da cartolina del pubblico… Ma dico: perdio, un po’ di serietà… Voi ci credete alla mafia?
- Ecco….
- E voi?
- Non ci credo. (GC 21).

Ebenso ahnungslos tritt der Abgeordnete Livigni bei einer Rede in der Öffentlichkeit auf: „mi si accusa di tenere rapport coi mafiosi, e quindi con la mafia: ma io vi dico che non sono finora riuscito a capira che cosa è la mafia, e se esiste; e posso in perfetta coscienza di cattolico e di cittadino giurarvi che in vita mia non ho mai conosciuto un mafioso” (GC 31). Letztendlich spielt Sciascia mittels seiner Protagonisten immer wieder auf das gleiche Problem an, die Verleumdung der Existenz der Mafia. Durch angesehene Personen, insbesondere Sizilianer und Politiker, wirft er diverse Male die Frage auf, was die Mafia sei und erteilt gleich darauf die Antwort, dass die Mafia nicht existiere und lediglich aus der Luft gegriffenes Gerede sei (vgl. GC 40). Dieser Aspekt wird in dem gleichen Gespräch noch einmal mit folgenden Worten untermauert:

… c’è stato mai un processo da cui sia risulta l’esistenza di un’associazione criminale chiamata mafia cui attribuire con certezza il mandato e l’esecuzione di un delitto? È mai stato trovato un documento, una testimonianza, una prova qualsiasi che constituisca sicura relazione tra un fatto criminale e la cosiddetta mafia? (GC 41)

Des Weiteren werden neben der angeblichen Unwissenheit, von Straftaten, seitens der Zeugen und der Verleumdung der Existenz der Mafia auch mit ihr in Zusammenhang stehende Machenschaften, wie der Protektion, verleumdet. So geben sich die Colasberna Brüder völlig ahnungslos, was die Schutzgeldzahlungen ihrer Firma im Baugewerbe angeht, beziehungsweise hätten sie nicht gewusst, dass andere Firmen pizzu[3] zahlen würden. Auch wenn sie etwas davon wüssten, würden sie es gegenüber den Polizisten nicht zugeben und sich stattdessen lieber von der Mafia umbringen lassen (vgl. GC 11 f.).

[...]


[1] Il giorno della civetta wird im weiteren Verlauf der Arbeit mit GC abgekürzt.

[2] Die cosca ist ein Zusammenschluss aus Blutsverwandten, Freunden oder Verwandten, oftmals auch als Familie bezeichnet (vgl. Arlacchi 1989: 56 f.).

[3] Der pizzu bezeichnet einen an die Mafia zu zahlenden Betrag, um von dieser beschützt zu werden (vgl. Arlacchi 1989: 46).

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Darstellung der Mafia in Leonardo Sciascias "Il giorno della civetta" und Andrea Camilleris "La mossa del cavallo"
Université
University of Potsdam  (Institut für Romanistik)
Note
2,0
Auteur
Année
2014
Pages
17
N° de catalogue
V346469
ISBN (ebook)
9783668358683
ISBN (Livre)
9783668358690
Taille d'un fichier
545 KB
Langue
allemand
Mots clés
Mafia, Korruption, Verleumdung, Machenschaften, Bestechung, Steuerhinterziehung, Auftragsmord, Alibi, Verschwindenlassen
Citation du texte
B. A. Franziska Janke (Auteur), 2014, Darstellung der Mafia in Leonardo Sciascias "Il giorno della civetta" und Andrea Camilleris "La mossa del cavallo", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/346469

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