Achtundsiebzig Prozent der deutschen Staatspapiere bescheren den Gläubigern derzeit keine Rendite. Sie „rentieren“ negativ. Denn real, also unter Berücksichtigung der Inflation, sind bspw. die Renditen der Bundesanleihen für neunjährige Papiere auf bis zu -0,6 Prozent gesunken. Nicht nur für Banken, Versicherungen und Unternehmen, die auf Zinserträge aus sind, ist diese Kette an Hiobsbotschaften ein Desaster, sondern auch für jeden einzelnen Bürger. Sparen ist also keine Tugend mehr.
Natürlich sind auch die Ziele der Niedrigzinsstrategie allseits bekannt: Der Anreiz des Sparens soll ausgehebelt gar eliminiert werden, die Konsumlaune anregen, die Konjunktur beleben.
Jedoch rücken mit dieser Geldpolitik zwei weitere Aspekte ins Zentrum der Betrachtung. Zum einen, die Kompatibilität zwischen der „Minuswelt“ und einer Schuldenabbaudynamik Deutschlands, wieder einmal zu Gunsten des Finanzystems und zu Lasten des Sparers. Und zum Zweiten, die vielseitig diskutierte Annäherung zur Abschaffung des Bargelds. Denn mit dieser „Entmündigungsstrategie“ lassen sich weiter negative Zinsen durchsetzen um den keynesianischen Kerngedanken: der Staat müsse in Zeiten deflationärerer Tendenzen unbegrenzt in die freien Marktkräfte eingreifen, weiter zu verfolgen.
Ziel der Arbeit ist es, dezidiert unter ethisch-normativen Gesichtspunkten zu beleuchtet, ob aus der aktuell anhaltenden Niedrigzinsphase -verstärkt durch eine mögliche Bargeldabschaffung- eine Ausdehnung der Staatsverschuldung zukünftig erleichtert werden kann. Es soll kritisch hinterfragt werden, inwieweit die Europäische Zentralbank in das fiskalpolitische Gelände eingreift, sodass Zinsentlastungen womöglich erkauft werden und hieraus Umverteilungseffekte wirken.
Denn bei einer Entwicklung, welche mit Restriktionen von Bargeldgeldtransaktionen einhergeht, greift mitunter die Absicht, Druck auf die Bürger auszulösen um - in Zeiten ohne Bargeld - eine latente „Konsumverweigerungssteuer“ zu begünstigen.
Es werden mitunter Spielräume geschaffen um den Konsumenten transparenter zu machen, ihn letztlich flexibler Besteuern zu können und wenn es der Staatskasse dienlich ist, ihn schleichend zu enteignen. Es werden ganz bewusst Mechanismen in ein System injiziert, die als Nebenwirkungen grundlegende ideologische Prämissen verändern, und wir werden uns den politischen sowie ökonomischen Herausforderungen stellen müssen, die ein anderes Denkmuster und Handeln in einer von uns selbst geschaffenen Welt erfordern.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 1.1 Problemstellung
- 1.2 Thema und Ziel der Arbeit
- 2. Ursachen von Staatsschuldenkrisen
- 2.1 Monetäre Staatsfinanzierung
- 2.2 Der irrationale Glaube an stetigem Wachstum
- 3. Auswirkungen der Finanzkrise 2007/2008 auf die deutsche Staatsverschuldung
- 3.1 Deutscher Schuldenstand nach der Finanzkrise
- 3.2 Ordnungspolitische Rückbesinnung nach Walter Eucken
- 4. Theoretische Grundlagen
- 4.1 Entstehung des Geldes
- 4.2 Bedeutung des Geldes
- 4.2.1 Funktionen des Geldes
- 4.2.2 Tauschmittelfunktion des Geldes nach Ludwig von Mises
- 4.2.2.1 Unterfunktion als Recheneinheit
- 4.2.2.2 Unterfunktion als Wertaufbewahrungsmittel
- 4.2.3 Erscheinungsformen des Geldes
- 4.3 Der Zins
- 4.3.1 Bedeutung des Zins
- 4.3.2 Begründung des Zins nach Böhm-Bawerk
- 4.3.3 Begründung des Zins nach Ludwig von Mises
- 4.3.4 Die keynesianische Zinstheorie
- 4.3.5 Die Liquiditätsfalle nach Keynes
- 5. Optionale Risiken einer Bargeldabschaffung
- 5.1 Motive einer Bargeldabschaffung
- 5.2 Autonomieverlust
- 5.3 Schuldenschnitt statt Bargeldabschaffung
- 6. Ursache und Wirkung der Niedrigzinsphase auf die deutsche Staatsverschuldung
- 6.1 Primäres Ziel der Europäischen Zentralbank
- 6.2 Ursachen niedriger Leitzinsen
- 6.3 Niedrigzinspolitik drückt Zinslastquote
- 6.4 Sinkende Schuldenquote trotz steigender Staatsverschuldung
- 7. Einflussfaktoren, die eine Ausweitung der Staatsverschuldung durch die Niedrigzinsstrategie der EZB erleichtern - in Anlehnung einer zunehmenden Abkehr von Bargeld
- 7.1 Notwendige Reformen zur Sicherung staatlicher Einnahmen
- 7.2 Niedrigzinspolitik reduziert Reformdruck
- 7.3 Bargeldabschaffung aus volkswirtschaftlicher Sicht
- 8. Schlussbetrachtung
- 9. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Ursachen und Auswirkungen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die deutsche Staatsverschuldung. Sie untersucht die theoretischen Grundlagen der Geldtheorie und der Zinstheorie, um die Mechanismen der Geldpolitik und ihre Folgen auf den Finanzmarkt und die Staatsfinanzen zu verstehen.
- Die Entstehung und Entwicklung von Staatsschuldenkrisen
- Die Rolle der Geldpolitik in der Bewältigung der Finanzkrise 2007/2008
- Die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik auf die Zinslastquote und die Schuldenquote Deutschlands
- Die Folgen der Niedrigzinspolitik für die Staatsfinanzen und den Reformdruck
- Die potenziellen Risiken einer Bargeldabschaffung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Problemstellung und das Ziel der Arbeit. Anschließend werden die Ursachen von Staatsschuldenkrisen beleuchtet, wobei der Fokus auf monetäre Staatsfinanzierung und den irrationalen Glauben an stetiges Wachstum liegt.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den Auswirkungen der Finanzkrise 2007/2008 auf die deutsche Staatsverschuldung. Es untersucht den deutschen Schuldenstand nach der Krise und beleuchtet die ordnungspolitische Rückbesinnung nach Walter Eucken.
Im vierten Kapitel werden die theoretischen Grundlagen der Arbeit erörtert. Die Entstehung des Geldes wird erläutert, sowie die Bedeutung des Geldes, die Funktionen des Geldes und die Tauschmittelfunktion des Geldes nach Ludwig von Mises. Des Weiteren wird die Bedeutung des Zins sowie dessen Begründung nach Böhm-Bawerk und Ludwig von Mises untersucht. Die keynesianische Zinstheorie und die Liquiditätsfalle nach Keynes runden das Kapitel ab.
Das fünfte Kapitel behandelt die Risiken einer Bargeldabschaffung, insbesondere die Motive, den Autonomieverlust und die Alternative eines Schuldenschnitts.
Das sechste Kapitel analysiert die Ursachen und Wirkungen der Niedrigzinsphase auf die deutsche Staatsverschuldung. Es beleuchtet das primäre Ziel der EZB, die Ursachen niedriger Leitzinsen, den Effekt der Niedrigzinspolitik auf die Zinslastquote und die Sinkende Schuldenquote trotz steigender Staatsverschuldung.
Im siebten Kapitel werden Einflussfaktoren untersucht, die eine Ausweitung der Staatsverschuldung durch die Niedrigzinsstrategie der EZB erleichtern, insbesondere die Notwendigkeit von Reformen zur Sicherung staatlicher Einnahmen, die Reduzierung des Reformdrucks durch die Niedrigzinspolitik und die Bargeldabschaffung aus volkswirtschaftlicher Sicht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Staatsverschuldung, Niedrigzinspolitik, Geldpolitik, Finanzkrise, Zinstheorie, Geldtheorie, Bargeldabschaffung, Europäische Zentralbank, Eurozone, Schuldenquote, Zinslastquote, Ordnungspolitik, Walter Eucken, Ludwig von Mises, Keynesianismus, Liquiditätsfalle.
- Quote paper
- Sascha Braun (Author), 2016, Kann durch die anhaltende Niedrigzinsphase und eine mögliche Bargeldabschaffung eine Ausdehnung der Staatsverschuldung erleichtert werden?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/346927