Gemeinhin ist davon auszugehen, dass es für die konstruktive Auseinandersetzung mit einem Text – sei er nun literarischer oder jedweder anderen Natur – grundsätzlich von Vorteil ist, sich möglichst unvoreingenommen auf den Gegenstand und dessen Realisierung einzulassen, sich zunächst einmal wenig um (wissenschaftliche) Sekundärliteratur zu scheren und sich am geistigen Mehrwert zu erfreuen – soweit die hehren Vorsätze.
So erging es mir im Herbst des vergangenen Jahres, als ich mich entschloss, meine Examensarbeit im Fach Mediävistische Germanistik anzufertigen und in diesem Zusammenhang Bekanntschaft mit der Minneburg, einem mir bis dato völlig unbekannten Text des 14. Jahrhunderts, machte. Sowohl hinsichtlich der Gattung als auch des Gegenstandes erfüllte ich alle soeben beschriebenen Kriterien der ignorantiae und freute mich mehr oder weniger unbedarft auf das anstehende Abenteuer der Minneburg-Rezeption. Lediglich durch wenige Hinweise aus der Vorbesprechung des Themas beeinflusst beschäftigte ich mich zunächst mit der Übersetzung. Schon im Verlauf der Lektüre des ersten Kapitels, das weniger als ein Zehntel des insgesamt mehr als 5.500 Verse zählenden Werkes ausmacht, wuchs die Faszination und damit das wissenschaftliche Interesse an der Thematik in gleichem Maße wie die Begeisterung für die textuelle Umsetzung durch den uns unbekannten Autor. Dies wiederum führte zu einer fortan gesteigerten Empfängnisbereitschaft für jegliche Hinweise, die mir zur Wahl eines geeigneten Untersuchungsgegenstandes dienlich erschienen.
Um eine aussagekräftige und damit stichhaltige Untersuchung zu den einzelnen Textkomponenten der „Minneburg“ zu liefern, ist es meiner Ansicht nach erforderlich, zu Beginn der Darstellung klare Kriterien festzulegen, anhand derer die Typologisierung einer textuellen Konstituenten nachvollzogen werden kann. Dabei möchte ich vorab die grundsätzliche Unterscheidung zwischen linguistischen bzw. sprachwissenschaftlichen Kategorien auf der einen Seite und – im weitesten Sinne - literaturwissenschaftlichen auf der anderen betonen. Dies hat zur Folge, dass zunächst rein textlinguistische Parameter vorgeführt werden. Erst in einem zweiten Schritt werden Möglichkeiten der Typologisierung von Minnereden vorgestellt, wie sie in der bisherigen Forschung vorgenommen wurden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitende Bemerkungen
- A. Theoretische Vorüberlegungen
- A. 1 Gegenstand und Ziel der Darstellung
- A. 2 Zum Stand der Forschung
- B. Textarbeit
- B. 1 Textualitätskriterien
- B. 2 Textuelle Konstituenten und deren Markierung
- B. 3 Lexikalische und strukturelle Faktoren
- B. 4 Exkurs: Die unterschiedlichen Textfassungen
- C. Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Minneburg, einem mittelalterlichen Text, der im 14. Jahrhundert entstanden ist. Ziel ist es, die Minneburg aus textwissenschaftlicher Sicht zu analysieren und ihre Besonderheiten innerhalb der Gattung der Minnereden herauszuarbeiten.
- Gattungspolemik: Die Einordnung der Minneburg als "Minneallegorie", "Minnelehre" oder "romanhafte Großform erzählender Minnereden"
- Textualitätskriterien: Analyse der Minneburg anhand von Kriterien wie Intention, Adressaten, Funktion und Textstruktur
- Textuelle Konstituenten: Untersuchung der lexikalischen und strukturellen Besonderheiten der Minneburg
- Die verschiedenen Textfassungen: Die Überlieferungsgeschichte der Minneburg und die daraus resultierenden unterschiedlichen Versionen des Textes
- Die Minneburg als Forschungsgegenstand: Die Rezeption des Textes in der Literaturwissenschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einleitenden Bemerkungen, in denen die Rezeption der Minneburg durch die Autorin beschrieben wird. Im ersten Kapitel werden die theoretischen Grundlagen der Arbeit gelegt, indem der Gegenstand und das Ziel der Darstellung sowie der aktuelle Forschungsstand zum Thema vorgestellt werden. Das zweite Kapitel widmet sich der Textarbeit. Hier werden Textualitätskriterien, textuelle Konstituenten und deren Markierung sowie lexikalische und strukturelle Faktoren des Textes untersucht. Ein Exkurs beschäftigt sich mit den verschiedenen Textfassungen der Minneburg. Das dritte Kapitel beinhaltet die Ergebnisse der Analyse.
Schlüsselwörter
Minneburg, Minnerede, Minneallegorie, Textualitätskriterien, Textuelle Konstituenten, Lexikalische und strukturelle Faktoren, Überlieferungsgeschichte, Textfassungen.
- Quote paper
- Marc Andre Ziegler (Author), 2008, Untersuchungen zur Textkonstitution in der "Minneburg", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/347145