„Das Lied enthüllt einmal mehr die Grobheit unserer Gliederungsversuche, aber auch die gemeinsame Zielrichtung Walthers in seinen so unterschiedlich adressierten Minneliedern“, meint Gerhard Hahn zum Abschluss seiner kurzen Besprechung von Lied L. 50,19. An diesem Bekenntnis wird deutlich, als was die vorliegende Arbeit nicht verstanden werden soll: Sie möchte unter keinen Umständen eine Interpretation zweier Lieder Walthers liefern, die einen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit erheben – vor allem angesichts des in der Forschung ausgiebig behandelten Liedes L. 69,22 (s. 4.2.).
Vielmehr versucht die Arbeit, verschiedene Wege vorzustellen, auf denen man sich den Texten nähern kann, um die Walthersche Konzeption von Minne begreifbar zu machen. Hierbei sollen u.a. folgende Fragen eine Rolle spielen: Welche neuen Motive greift Walther auf bzw. an welche Traditionen knüpft er an und welche findet er überhaupt vor? Welche Umstrukturierungen nimmt er in Bezug auf den inszenierten, in der Regel höfischen Minnediskurs vor? Welche Forderungen, welche Schwerpunkte postuliert der Dichter innerhalb seines Werkes? Und vor allem: Wie beurteilt und bewältigt er das Dilemma seiner eigenen Rolle als selbstbewusster Künstler vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zu seinen Gönnern?
Inhaltsverzeichnis
- Gegenstand und Ziel der Darstellung
- Walthers Leben, das Œvre und dessen Überlieferung
- Zum Leben
- Zum Œvre
- Zur Überlieferung
- Bin ich dir unmære (L. 50,19)
- Überlieferung und Form
- Bisherige Interpretationslinien
- Ein eigener Ansatz
- Kann mîn vrouwe süeze siuren? (L. 69,22)
- Überlieferung und Form
- Bisherige Interpretationslinien
- Ein eigener Ansatz
- Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit zielt darauf ab, die Konzeption von Minne bei Walther von der Vogelweide anhand der Lieder L. 50,19 und L. 69,22 zu beleuchten. Sie will verschiedene Interpretationsansätze vorstellen und die Frage nach Walthers Rolle als Künstler vor dem Hintergrund seiner Abhängigkeit von Gönnern beleuchten. Dabei werden folgende Themenschwerpunkte behandelt:
- Walthers innovative Motive und Traditionen
- Walthers Umstrukturierung des Minnediskurses
- Walthers Forderungen und Schwerpunkte in seinem Werk
- Walthers Bewältigung des Dilemmas seiner eigenen Rolle
- Walthers konstruktive Auseinandersetzung mit dem klassischen hohen Sang
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel präsentiert zunächst die Überlieferungssituation und bestehende Forschungstendenzen zu den ausgewählten Liedern. Es werden Interpretationsansätze vorgestellt, die im Rahmen eines eigenen Interpretationsansatzes kritisch geprüft werden. Anschließend wird Walthers Leben, sein Œvre und dessen Überlieferungslage referiert.
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Lied „Bin ich dir unmære“ (L. 50,19). Es werden die Überlieferung und Form des Liedes analysiert sowie bisherige Interpretationslinien dargestellt. Anschließend wird ein eigener Interpretationsansatz vorgestellt, der auf die Besonderheiten des Liedes eingeht.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Lied „Kann mîn vrouwe süeze siuren?“ (L. 69,22). Auch hier werden Überlieferung, Form und bisherige Interpretationslinien betrachtet. Im Anschluss wird ein eigener Interpretationsansatz entwickelt, der das Lied im Kontext des Waltherschen Werkes untersucht.
Schlüsselwörter
Minnesang, Walther von der Vogelweide, Liedinterpretation, Überlieferung, Tradition, Konzeption von Minne, Rolle des Künstlers, Abhängigkeit, Gönner, hoher Sang, innovative Motive, Minnediskurs, Selbstbewusstsein, literarische Leistung, Interpretationsansätze.
- Citation du texte
- M. A. Marc Andre Ziegler (Auteur), 2007, Walthers Minnekonzeption zwischen emanzipatorischem Sang und seiner durch Konventionen sanktionierten Rolle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/347161