Emotionen in der Werbung nach aktuellen werbe-psychologischen Erkenntnissen

Eine kritische Evaluation des Analysemodells von Erika Woll zu Erlebnissen und Stimmungen in der Anzeigenwerbung


Bachelorarbeit, 2014

121 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhangsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Rahmenbedingungen des Kommunikationswettbewerbs
2.1 Veränderung des Kommunikationsangebotes
2.2 Veränderung auf Seiten der Kommunikationsnachfrager

3 Auswirkungen auf den Kommunikationswettbewerb

4 Austauschbarkeit der Werbeauftritte

5 Emotionen in der Werbung
5.1 Zum Begriff des emotionalen Werbeinhalts
5.2 Funktion emotionaler Werbeinhalte
5.3 Bedeutung und Wirkung emotionaler Werbeinhalte
5.3.1 Einsatz emotionaler Werbeinhalte aus Sicht der Persuasionsforschung
5.3.2 Einsatz emotionaler Werbeinhalte aus marketingstrategischer Sicht

6 Emotionspsychologische Grundlagen
6.1 Emotion als Forschungsgegenstand
6.2 Emotionstheorien
6.3 Methoden der Emotionsmessung

7 Methode zur Erfassung emotionaler Kommunikations-inhalte

8 Verbale Kommunikation von Emotionen

9 Visuelle Kommunikation von Emotionen
9.1 Anzeigenformat
9.2 Typografie
9.3 Bilder
9.3.1 Der Bildüberlegenheitseffekt
9.3.2 Aktivierende Reize in der Printwerbung
9.3.3 Kategorien visueller Elemente
9.3.4 Die Rolle nonverbaler Kommunikation
9.3.5 Kamerastandpunkt und Kameraperspektive
9.4 Farben
9.4.1 Vorstellung der verschiedenen Farbwirkungen
9.4.2 Ausgewählte Farbportäts
9.4.3 Synästhesie

10 Emotionskategorien

11 Durchführung der Analyse
11.1 Automobilwerbung im Wandel der Zeit
11.2 Auswahl der zu analysierenden Printanzeige
11.3 Der Audi-Konzern
11.4 Vorgehensweise
11.5 Analyse des Branchenbildes
11.6 Ganzheitliches Vorgehen zur Analyse der Printanzeige
11.7 Analytisches Vorgehen zur Analyse der Printanzeige
11.7.1 Analyse der zentralen Bildelemente
11.7.2 Analyse der dominanten Farben
11.7.3 Analyse der Sprache und der Typografie
11.7.4 Analyse des Zusammenwirkens von Bildern und Text
11.7.5 Anzeigenformat

12 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis für Abbildungen

Quellenverzeichnis für Tabellen

Quellenverzeichnis für Anhänge

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Werbung verschiedener Branchen mit stereotypischen Bildmotiven ..

Abbildung 2 Werbung gleicher Banchen mit austauschbaren Bildmotien

Abbildung 3 Historischer Vergleich von Anzeigen

Abbildung 4 Veschiedene Funktionen emotionaler Reize

Abbildung 5 Emotionale Positionierung von Produkten

Abbildung 6 Grundprinzip der neu zu entwickelnden inhaltsanalytischen Methode

Abbildung 7 Ergänzung von Headline und zentralem Bilmotiv

Abbildung 8 Emotionale Headlines einer BMW-Werbekampagne

Abbildung 9 Anti-Falten-Kampagnen in der Werbung

Abbildung 10 Bildhafte Typografie zu Darstellung des Produktnutzens

Abbildung 11 Typisches Blickverhalten beim Betrachten einer Anzeige

Abbildung 12 Emotionale Reize in der Werbung

Abbildung 13 Physische Reize in der Werbung

Abbildung 14 Kognitive Reize in der Werbung

Abbildung 15 Archetypische Motive

Abbildung 16 Kameraperspektiven in der Werbung

Abbildung 17 Einsatz der Normalperspektive in der Webung

Abbildung 18 Gezielter Einsatz von Weißaum in der Werbung

Abbildung 19 Vermittelter Geruch über Sinneseindrücke der Farben

Abbildung 20 Erste Zeitungsanzeige von Carl Benz zur Bewerbung des Patent- Motorwagen

Abbildung 21 Automobilanzeigen aus den 1960er Jahren und heute

Abbildung 22 Werbeanzeigenaus der Zeitschrift “Auto Bild”

Abbildung 23 Zufällige Auswahl der zu analysierenden Werbeanzeige mit Hilfe eines Zufallsgenerators

Abbildung 24 Gleichung zur Bestimmung der Inter-Coder-Reliabilität

Abbildung 25 Zentales Bildmotiv der zu analysierenden Anzeige

Abbildung 26 Dominierende Farben der zu analysierenden Anzeige

Abbildung 27 Textteile der zu analysierenden Anzeige

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Verschiedene Schriftarten

Tabelle 2 Assoziationsbereiche von Schriften

Tabelle 3 Eigenschaften der drei Reizgruppen

Tabelle 4 Lieblingsfarben der Deutschen

Tabelle 5 Verschiedene Farbsymboliken

Tabelle 6 Synäthetische Wirkung von Farben

Tabelle 7 Rahmendaten der Produktgruppe „Automobil“

Tabelle 8 Doppel-Kodierung der Werbeanzeige mit Hilfe emotionaler Adjektive

Tabelle 9 Gesamteindruck der zu analysierenden Anzeige

Tabelle 10 Ermittelte emotionale Adjektive für den Audi TTS Couṕe

Tabelle 11 Ermittelte emotionale Adjektive für den Hintergrund

Anhangsverzeichnis

Anhang 1 Liste der 450 emotionalen Begriffe

Anhang 2 Ausgewählte Anzeige zur Analyse

Anhang 3 Auflistung aller genannten emotionalen Adjektive im Hinblick auf die Analyse des Adui TTS Couṕe

Anhang 4 Auflistung aller genannten emotionalen Adjektive im Hinblick auf die Analyse des Hintergrundbildes

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Werbung ist überall. Sie ist allgegenwärtig. Die heutige Werbedichte ist so gewaltig, dass jeder Konsument pro Tag mit etwa 3000 Werbebotschaften konfrontiert wird (Scheier, 2006) - egal ob im Fernsehen, Radio, Internet oder im Rahmen der Print- werbung. Die steigende Reizüberflutung durch immer mehr Medienangebote und Werbung macht es Unternehmen zunehmend schwerer, ihre Werbebotschaften zu platzieren: Denn die menschliche Aufmerksamkeit ist biologisch begrenzt (Kroeber- Riel & Esch, 2011).

Aufgrund von Phänomenen wie zunehmendes Wachstum des Informationsangebo- tes und daraus resultierender Informationsflut, verstärkte Sättigung des Marktes so- wie immer größere Austauschbarkeit von Produkten, besteht die Herausforderung der Unternehmen darin, sich von den konkurrierenden Unternehmen abzuheben. Ziel eines erfolgreichen Unternehmens muss es folglich sein, durch wirkungsvolle Wer- bemaßnahmen Wettbewerbsvorteile zu schaffen und so ein aus Sicht des Kunden wahrgenommenes alleiniges Leistungsmerkmal zu generieren. Der Einsatz von Emo- tionen in der Werbung wird in diesem Zusammenhang als eine Möglichkeit angese- hen, die Aufmerksamkeit des Konsumenten zu erreichen und sich letztendlich von der Konkurrenz abzuheben. So gehen auch O´Shaughnessy und O´Shaughnessy (2003) in ihrer Arbeit „The Marketing Power of Emotion“ davon aus, dass Emotionen die bestimmenden Kräfte für den Erfolg und Misserfolg von Marken, Produkten und Dienstleistungen darstellen und daher im Marketing strategisch eingesetzt werden sollten. Bereits in den 80er Jahren erhielt die Forschung bezüglich Emotionen im Marketing einen erheblichen Aufschwung und es konnten wichtige Erkenntnisse über die Wirkung von Emotionen in der Werbung gemacht werden (Holbrock & O´Shaughnessy, 1984; Erevelles, 1998; Poells & Dewitte, 2006). So beschäftigte sich auch Erika Woll 1997 in ihrer Arbeit „Erlebniswelten und Stimmungen in der An- zeigenwerbung“ mit dem Thema Emotionen in der Werbung. Dabei entwickelte sie aufbauend auf den damaligen Erkenntnissen der Werbeforschung und der Emoti- onspsychologie eine innovative computergestützte Methode zur standardisierten, routinemäßigen, effizienten, zuverlässigen und validen Analyse emotionaler Werbe- botschaften in der Printwerbung. Dabei liegt der Fokus auf der Untersuchung der dargestellten Emotionen - nicht der ausgelösten Emotionen. Damit schloss Woll eine damals bestehende Forschungslücke, da bisher vorhandene Ansätze zur Analyse emotionaler Werbeinhalte im Hinblick auf die Beobachtung des Wettbewerbs entwe- der zu grob und damit wenig aussagekräftig, zu aufwendig und somit kaum praktika- bel oder zu tiefgehend und somit mit großem Interpretationsspielraum behaftet wa- ren.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es nun, den bereits veralteten Ansatz der Autorin kri- tisch zu überprüfen, den heutigen Erkenntnissen und Rahmenbedingungen anzu- passen sowie einen aktualisierten Ansatz zur Analyse emotionaler Printwerbung her- auszuarbeiten. Im Gegensatz zu dem bereits bestehenden Ansatz sollen im Rahmen dieser Arbeit jedoch sowohl darstellende als auch auslösende Emotionen betrachtet werden.

1.2 Aufbau der Arbeit

Zur Annäherung an das Thema wird in der vorliegenden Arbeit damit begonnen, ak- tuelle Rahmenbedingungen des Kommunikationswettbewerbs, welche einen erhebli- chen Einfluss auf die Kommunikation von Unternehmen aufweisen, darzustellen. Im Anschluss werden im dritten und vierten Kapitel die daraus resultierenden Auswir- kungen auf den Kommunikationswettbewerb sowie die immer häufiger auftretende Austauschbarkeit der Werbeauftritte diskutiert. Im fünften Kapitel folgt eine theoreti- sche Einführung in das Thema Emotionen. Hierbei werden sowohl der Begriff des emotionalen Werbeinhalts und dessen Funktionen, als auch die Bedeutung und Wir- kung emotionaler Kommunikationsinhalte - sowohl aus Sicht der Persuasionsfor- schung als auch aus marketingstrategischer Sicht - untersucht. Das nachfolgende sechste Kapitel befasst sich dann mit den emotionspsychologischen Grundlagen, welche für eine effiziente und zuverlässige Analyse emotionaler Werbebotschaften zwingend berücksichtigt werden müssen. Hierbei erfolgt zunächst eine Definition von Emotionen als Forschungsgegenstand, gefolgt von einer Vorstellung relevanter Emo- tionstheorien. Des Weiteren werden im Rahmen dieses Kapitels verschiedene Me- thoden zur Messung von Emotionen aufgezeigt, welche für das nachfolgende Kapitel von großer Bedeutung sind. Im siebten Kapitel wird anschließend die von Woll entwi- ckelte und innerhalb der Arbeit adaptierte Methode zur Erfassung emotionaler Kom- munikationsinhalte vorgestellt. Das achte Kapitel untersucht in diesem Zusammen- hang die verbale Kommunikation von Emotionen in der Printwerbung, während sich das neunte Kapitel mit der visuellen Kommunikation von Emotionen beschäftigt. Im Rahmen dieses Kapitels werden verschiedene Reize vorgestellt, die in der Printwer- bung systematisch zur Darstellung und Auslösung von Emotionen eingesetzt werden. Dabei liegt der Fokus auf Anzeigengrößen und -formaten, Typografien, Farben, Bildern sowie Kamerastandpunkten und -perspektiven. Im Anschluss daran werden im zehnten Kapitel die für die Analyse erforderlichen Emotionskategorien ausge- wählt. Im elften Kapitel werden letztendlich Funktionsweisen und Anwendungsmög- lichkeiten des aktualisierten Ansatzes exemplarisch-explorativ am Beispiel einer An- zeigenwerbung der Automobilindustrie demonstriert. Den Abschluss bildet eine Zu- sammenfassung der zentralen Erkenntnisse der Arbeit im zwölften Kapitel.

2 Rahmenbedingungen des Kommunikationswettbewerbs

Werbetreibende Unternehmen werden heute mit zunehmend verschärften Rahmen- bedingungen konfrontiert, welche sich vor allem durch den steigenden Kommunikati- onswettbewerb, das zunehmende Informationsangebot sowie die nach wie vor rele- vante Informationsüberlastung kennzeichnen lassen. Bei einer Betrachtung der aktu- ellen Rahmenbedingungen sind - im Hinblick auf die von Erika Woll 1997 erfassten Erkenntnisse - entscheidende Veränderungen sowohl auf der Seite des Kommunika- tionsangebotes als auch auf der Seite der Kommunikationsnachfrager zu beobach- ten.

2.1 Veränderung des Kommunikationsangebotes

Bei einer Betrachtung der Situation seitens des Kommunikationsangebotes ist zu- nächst ein zunehmendes Medienangebot zu vermerken, welches unter anderem auf die Autonomisierung der Medien zurückzuführen ist. Dies wird beispielsweise an- hand der Entwicklung der Anzahl bundesweiter TV-Sender deutlich, welche sich von elf Sendern im Jahr 1984 bis auf 149 werbefinanzierte bundesweite Fernsehpro- gramme im Jahr 2008 erhöht hat (ZAW, 2009). Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf die Autonomisierung der Zielgruppen, da die Konsumenten immer neue An- forderungen an die Unternehmen stellen, individuelle Bedürfnisse artikulieren und somit eine zunehmende Differenzierung der Kommunikation fordern. Dadurch lassen sich die vormals homogenen Zielgruppen der Werbetreibenden immer mehr in feine- re Einheiten aufteilen, sodass diese Entwicklung eine Verschiebung vom reinen Massenmarketing zum Mikromarketing zur Folge hat (Mahrdt, 2009).

Die erwähnte Autonomisierung der Medien sowie der stetige Zuwachs neuer Infor- mationsanbieter und Informationskanäle führen zu einem kontinuierlichen Wachstum des Informationsangebotes. Amerikanische Studien belegen diesbezüglich, dass das „Wachstum des Informationsangebotes in den letzten zwei Jahrzehnten des letzten Jahrtausends im Durchschnitt jährlich um 260% über der Zunahme des In- formationskonsums“ (Kroeber-Riel & Esch, 2011, S. 20) liegt. Zur Verdeutlichung dieses Trends dienen die Entwicklung der Fernseh- und Printwerbung, sowie die Anzahl der verfügbaren Internetseiten und deren stetige Zuwächse:

- Im Zeitraum von 1997 bis 2007 konnte in Deutschland eine Vervierfachung der Fernseh- und eine Verdopplung der Printwerbung festgestellt werden (Mahrdt, 2009).
- Im Jahr 2000 registrierte Google noch eine Milliarde Webseiten, während es im Jahr 2007 bereits eine Billion Webseiten waren (Esch, 2012a).

Das steigende Informationsangebot ist vor allem auf die zunehmende Ausbreitung der Online-Medien, insbesondere des Internets, zurückzuführen. Im Rahmen der aktuellen Internet-Facts-Studie der AGOF (2014a) wurde festgestellt, dass 55,59 Mil- lionen deutschsprachige Personen ab 10 Jahren das Internet regelmäßig nutzen - das entspricht 75,8 Prozent der entsprechenden Grundgesamtheit. Im Vergleich hierzu gab es im Frühjahr 1995 in Deutschland insgesamt gerade einmal 250 000 Internetnutzer (Tagesspiegel, 1995, zitiert in DIW Berlin, 2003). Heute hingegen wird das Internet von allen Altersgruppen genutzt. So liegt der Anteil der Internetnutzer in den Altersgruppen zwischen 10 und 39 Jahren jeweils deutlich über der 90-Prozent- Marke, in der Gruppe der 14- bis 19-Jährigen nutzen nur 1,0 Prozent das Internet nicht - 99,0 Prozent sind online. Bei den 40- bis 49-Jährigen sind 90,5 Prozent onli- ne, von den 50- bis 59-Jährigen sind mit 78,7 Prozent über drei Viertel im Internet anzutreffen. In der Gruppe der über 60-Jährigen nutzt mit 39,6 Prozent schon deut- lich über ein Drittel das Netz (AGOF, 2014a). Auch die Entwicklung der Nettowerbe- einnahmen in Deutschland stellt diesen Trend dar: Während diese im Bereich „Online und Mobile“ im Jahr 2010 861,00 Millionen Euro betrugen, waren es 2013 bereits 1.151,97 Millionen Euro (ZAW, 2014). Mit diesen Studien unterstreichen die AGOF und der ZAW die Rolle des Online-Mediums und dokumentieren die regelmäßige Internetnutzung der Deutschen. Im Zuge dessen rücken auch Schlagworte wie „mo- biles Internet“ und „Mobile Marketing“ immer stärker in den Mittelpunkt. Die AGOF (2014b) berichtet in ihrer Mobile-Facts-Studie, dass heutzutage 45,2 Prozent der deutschsprachigen Wohnbevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland das mobile Inter- net nutzen - dies entspricht 31,77 Millionen Personen. Die Anzahl der Handynutzer in Deutschland beläuft sich auf 63,32 Millionen Personen, sodass inzwischen bereits die Hälfte der Handynutzer mit dem Smartphone auf das mobile Internet zugreift (AGOF, 2014b). Diese Zugriffsraten dokumentieren, dass sich der Bereich Mobile mittlerweile zu einem reichweitenstarken Werbemedium und Kommunikationskanal entwickelt hat. Somit können Konsumenten zu jeder Zeit mit Informationen konfron- tiert werden - unabhängig davon, wo diese sich gerade befinden. Ebenso ist im Zuge der aktuellen Rahmenbedingungen die Entwicklung der sozialen Medien zu nennen, welche sich als Sammelbegriff für internet-basierte mediale Angebote, die auf sozia- ler Interaktion und den technischen Möglichkeiten des Web 2.0 basieren, definieren lassen (Sjurts, o.J.). Dabei unterscheidet Zarella (2010) verschiedene Formen der sozialen Medien: Microblogs, soziale Netzwerke, Media-Sharing-Plattformen, Social Bookmarking, Voting-Seiten, virtuelle Welten und Blogs. Das rapide Wachstum der sozialen Medien hat großen Einfluss auf das Online-Marketing von Unternehmen, sodass die Hälfte der Unternehmen in Deutschland Social Media für die externe Un- ternehmenskommunikation wie Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Recruiting nutzen (Statista, 2014a). Besonders relevant ist hierbei Facebook, welches als größtes sozi- ales Netzwerk im Hinblick auf die monatlich aktiven Nutzer gilt (Statista, 2014b). Während im Januar 2010 gerade einmal 5,75 Millionen Menschen in Deutschland Facebook nutzten, waren es im Januar 2014 bereits 27,38 Millionen registrierte Be- nutzer (Statista, 2014c).So ist es kaum verwunderlich, dass immer mehr Unterneh- men ihre Werbebotschaften dort platzieren, was sich auch in der Entwicklung des Umsatzes von Facebook wiederspiegelt: Allein mit Werbung erwirtschaftete das so- ziale Netzwerk im Jahr 2013 einen Umsatz von rund sieben Milliarden US-Dollar, im Jahr 2010 hingegen nur etwa 1,8 Milliarden (Statista, 2014d).

Auch die von Woll genannte Sättigung der Märkte ist noch immer ein relevantes Thema. Aufgrund der nach wie vor gesättigten Märkte können Anbieter ihren Anteil an einem Produkt nur noch zu Lasten anderer Anbieter vergrößern, so dass folglich ein verstärkter Konkurrenz- und Verdrängungswettbewerb herrscht. Woll stellt im Rahmen ihrer Arbeit fest, dass die vielzähligen Angebote „qualitativ ausgereift, funktional miteinander vergleichbar und austauschbar“ (Woll, 1997, S. 16) sind, so- dass eine rein informative Positionierung von Produkten versagt (Kroeber-Riel & Esch, 2011). Angaben über ausgereifte Güter ohne innovative Eigenschaften und über meist triviale Qualitätsunterschiede sind daher für den Konsumenten nur noch von untergeordneter Bedeutung (Kroeber-Riel & Esch, 2011). Immer öfter finden wir deshalb auf gesättigten Märkten nicht nur austauschbare Produkte und Dienstleis- tungen, sondern auch eine austauschbare Werbung und somit eine zunehmende Unfähigkeit, sich von der Konkurrenz abzuheben (Kapitel 4). Aus diesem Grund bie- tet sich damals wie heute die Chance, Konsumenten durch emotionale Kommunika- tion anzusprechen und ein „unique selling feeling“ (USF) zu vermitteln, um schlussendlich eine „unique selling proposition“ (USP) zu schaffen (Holbrock & O´Shaughnessy, 1984).

2.2 Veränderung auf Seiten der Kommunikationsnachfrager

Auf Seiten der Kommunikationsnachfrager bleibt das quantitativ wachsende Informationsangebot nicht ohne Konsequenzen bei den Rezepienten. Denn trotz des steigenden Informationsangebotes kann der Konsument nicht mehr Informatio- nen aufnehmen, da den Informationsaufnahmekapazitäten der Konsumenten durch biologische Restriktionen enge Grenzen gesetzt sind (Kroeber-Riel & Esch, 2004). Hier gilt die Magical-Number „7 +/- 2“ von Miller, der bereits 1956 feststellte, dass wir innerhalb einer bestimmten Zeit nur sieben Informationen aufnehmen und verarbei- ten können (Miller, 1956). Nach Esch (2012, S. 28) führen „das wachsende Informa- tionsangebot auf der einen und die begrenzten Aufnahmekapazitäten bei den Kon- sumenten auf der anderen Seite [..] zu einer drastischen Informationsüberflutung im Sinne des Informationsüberschusses.“ Folglich kommt es zu einer Informations- überlastung, welche nach Bruhn (2009) nicht nur werbebedingt ist, sondern ihre Ur- sache im allgemeinen Überangebot an Informationen hat. In Folge dessen beträgt die Informationsüberlastung durch gedruckte Werbung mehr als 95 Prozent, sodass maximal 5 Prozent der Werbeinformationen ihre Empfänger erreichen - der Rest bleibt unbeachtet und somit unwirksam (Kroeber-Riel & Esch, 2011). Auch Woll the- matisiert in ihrer Arbeit die damals vorherrschende Informationsüberlastung - jedoch hat diese aufgrund des in Kapitel 2.1 erläuterten erhöhten Informationsangebotes in den vergangenen Jahren stark zugenommen.

Die Konsequenz dieser Entwicklung ist, dass bei den informationsüberlasteten Kon- sumenten die Bildkommunikation in den Vordergrund rückt (Bruhn, 2009), da diese eine schnelle und gedanklich bequeme Informationsaufnahme ermöglicht. Kroeber- Riel stellte in seinen früheren Arbeiten fest, dass lediglich 1,5 bis 2,5 Sekunden nötig sind, um ein Bild mittlerer Komplexität aufzunehmen. In dieser Zeitspanne können gerade einmal zehn Wörter aufgenommen werden, welche deutlich weniger Informa- tionen über einen Sachverhalt vermitteln als ein entsprechendes Bild (Kroeber-Riel, 1993). Im Zusammenhang mit der steigenden Bedeutung der Bildkommunikation spricht Esch bei jungen Personen sogar seit einiger Zeit von der sogenannten visuel- len Generation (Esch, 2012b; Esch, 2013). Der Trend zu immer weniger Text und mehr Bildern konnte bereits zu Beginn der 90er Jahre festgestellt werden (Kroeber- Riel, 1993), sodass auch Woll die Bedeutung von Bildern zur Vermittlung von Emoti- onen ausgiebig thematisierte: Bilder ermöglichen das schnelle Aufnehmen wesentli- cher Schlüsselinformationen, benötigen eine geringere gedankliche Anstrengung als die sprachliche Informationsverarbeitung und können auch wenig involvierte Konsu- menten überzeugen (Kroeber-Riel, 1993). Aus diesem Grund bewegt sich der Bild- anteil der Werbung für Konsumgüter in Publikumszeitschriften heute um 70 bis 80 Prozent - in den 60er Jahren waren es noch 50 Prozent (Kroeber-Riel & Esch, 2011).

3 Auswirkungen auf den Kommunikationswettbewerb

Aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen ergeben sich gravierende Auswirkungen auf den Kommunikationswettbewerb der Unternehmen.

Die in Kapitel 2 beschriebene Reizüberflutung hat zu einer Abstumpfung der Wahr- nehmung von Werbebotschaften geführt. Damit eine Werbebotschaft überhaupt noch wahrgenommen wird, müssen die Unternehmen den Umfang, die Frequenz und die Auffälligkeit Ihrer Werbemaßnahmen ständig erhöhen. Diese steigende Werbeflut führt jedoch trotz allem zu einer zunehmenden Wirkungslosigkeit und zu einem ständigen Kampf, um den Untergang der eigenen Werbemaßnahmen im Wettbewerb zu verhindern Im Allgemeinen führt die Informationsüberlastung zu einem veränder- ten Nutzungsverhalten, wie beispielweise der Kurzzeitigkeit in der individuellen In- formationswahrnehmung und -verarbeitung, welche sich in einem Kurzzeitsehen, Kurzzeithören und Kurzzeitlesen äußert (Bruhn, 2009). Diese Kurzzeitigkeit in der Wahrnehmung führt nach Bruhn (2009) zudem zu einer „verstärkten Selektion der angebotenen Kommunikationsimpulse, die durch die Formen der Werbevermeidung bis hin zu Verweigerungshaltungen gekennzeichnet sind“ (Bruhn, 2009, S.3). Im Hin- blick auf die im Fokus stehende Printwerbung müssten Konsumenten beispielsweise etwa 35 bis 40 Sekunden aufwenden, um alle angebotenen Informationen einer Zeit- schriftenanzeige aufzunehmen. Die durchschnittliche Betrachtungszeit einer Anzeige liegt jedoch zwischen 1,7 bis 5,9 Sekunden (Keitz, von, 2009). Köcher-Schulz (2000) geht sogar davon aus, dass 80% der Anzeigenkontakte kürzer als 2 Sekunden sind.

Auch der sogenannte Wear-out-Effekt entsteht in Folge der aktuellen Informations- flut, welcher die eintretende Ermüdung des Konsumenten bei wiederholter Darbie- tung definiert (Mahrdt, 2009). Immer häufiger auftretendes Meidungsverhalten ent- steht insbesondere durch Werbung, welche die laufende Mediennutzung unterbricht. Diese ist bei den Konsumenten unbeliebt (Friedrichsen & Friedrichsen, 2004) und wird oftmals als Störung oder aufgezwungene Unterbrechung angesehen. Als Zei- chen für Meidungsverhalten gegenüber Werbebotschaften nennt Bruhn Phänomene wie „Zapping“ im Fernsehen und „Zipping“ in Printmedien, welche gleichzeitig mit negativen Einstellungen gegenüber der dargebotenen Werbung verbunden sind (Bruhn, 2009). Untersuchungen zum Fernsehverhalten zeigen, dass bestimmte Kon- sumentengruppen bis zu 80 Prozent der Werbespots, welchen sie ausgesetzt wer- den, vermeiden und 87 Prozent der DVR-Nutzer die ausgestrahlten Werbespots so- gar aktiv überspringen (Donaton, 2004; Grover & Fine, 2006; Tse & Lee, 2001).

4 Austauschbarkeit der Werbeauftritte

Bereits Woll erörterte im Rahmen ihrer Arbeit die Mängel in der strategischen Werbeplanung und das damit verbundene Problem der Austauschbarkeit werblicher Auftritte (Woll, 1997). Dabei zitiert sie Kroeber-Riel, welcher behauptet, dass eine Werbung, die der Konkurrenzwerbung gleicht, kaum zum Aufbau eines spezifischen inneren Markenbildes sowie einer wirksamen Positionierung der beworbenen Marke beitragen kann (Kroeber-Riel, 1989, zitiert in Woll, 1997). Nach Kroeber-Riel und Esch (2011) ist eine Werbung austauschbar, wenn sie in Form und/ oder Inhalt der konkurrierenden Werbung so gleicht, sodass die Empfänger der Werbung die verschiedenen Anbieter kaum auseinander halten können.

Zum einen ist hierbei der stereotype Auftritt in der Werbung zu nennen, bei welchem die verwendeten Wörter und Bilder weit verbreiteten Klischees der Werbebranche entsprechen. Zur Veranschaulichung sind in Abbildung 1 einige austauschbare stereotypische Anzeigen dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Werbung verschiedener Branchen mit stereotypischen Bildmotiven.

Diese stereotype Gestaltung verringert folglich die Auffälligkeit und Einprägsamkeit der Werbung, da die in der Werbung verwendeten Worte und Bilder einer bestimmten Marke oder einer bestimmten Firma nicht mehr eindeutig zugeordnet werden können (Kroeber-Riel & Esch, 2011).

Zum anderen ist im Zuge der Austauschbarkeit auch die Austauschbarkeit mit der Konkurrenz zu nennen. Nach Kroeber-Riel und Esch (2011) geht es hierbei um die Worte und Bilder, welche konkurrierende Anbieter verwenden. Abbildung 2 zeigt eine Reihe austauschbarer Anzeigen von konkurrierenden Unternehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Werbung gleicher Branchen mit austauschbaren Bildmotiven.

Anhand der Abbildung wird ersichtlich, dass bestimmte Branchen in ihrer Werbung oftmals dieselbe emotionale Stimmung kommunizieren. Woll nennt im Zusammen- hang mit der inhaltlichen Austauschbarkeit außerdem Werbeauftritte, bei denen die in der Werbung betonten Produktvorteile für verschiedene Marken nahezu identisch sind (Woll, 1997). Allerdings führen diese Faktoren zur Verwechslungsgefahr mit der Konkurrenz, sodass keine wirksame Positionierung erreicht werden kann und im schlimmsten Fall sogar für den konkurrierenden Anbieter geworben wird.

Dem Rückgang der rationalen Argumentation in der Werbung, welcher innerhalb der vergangenen Jahrzehnte hinweg beobachtet wurde, entspricht eine Abnahme von Text und einer Zunahme von Bild in der Werbung. Dies wird in Abbildung 3 drastisch veranschaulicht, indem Anzeigen aus den 1950er und 1960er Jahren den heutigen Anzeigen gegenübergestellt werden. So beträgt der Bildanteil in der Werbung für Konsumgüter in Publikumszeitschriften - wie bereits in Kapitel 2.2 erwähnt - heute 70 bis 80 Prozent (Kroeber-Riel & Esch, 2011).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Historischer Vergleich von Anzeigen. Der Gesamteindruck von Werbeanzeigen der 1950er und 1960er Jahre (links) im Vergleich zu heute (rechts) (Kroeber-Riel & Esch, 2011, S. 17).

Diese Dominanz der Bildkommunikation stellte auch Woll in ihrer Arbeit fest und empfiehlt daher den Einsatz stark aktivierender und emotionaler Bilder, um in der Bilderflut aufzufallen (Woll, 1997). Allerdings muss das Aktivierungspotenzial der ein- gesetzten Bilder so groß sein, dass sich diese in der Aktivierungskonkurrenz mit den Bildern anderer Werbemittel durchsetzen können. Aufgrund des steigenden Informa- tionsangebotes sind folglich immer stärkere Reize notwendig, um in der derzeitigen Werbeflut aufzufallen.

Um das Problem der Austauschbarkeit zu lösen, gilt die Kenntnis der Konkurrenz- werbung und das Wissen, mit welchen Inhalten und Emotionen in welchen Branchen geworben wird, als unerlässliche Voraussetzung für eine professionelle, strategische Werbeplanung. Nach Woll ist diese Analyse „dringend erforderlich, um die eigene Position im Wettbewerb zu bestimmen, ihre Eigenständigkeit zu beurteilen und bei der Entwicklung eines neuen kommunikativen Auftritts der Gefahr der Austauschbar- keit zu entgehen“ (Woll, 1997, S.30). Somit definiert sie die Konkurrenzbeobachtung als ein wichtiges Instrument der strategischen Werbeplanung (Woll, 1997). Auch Schierl (2001) betont die Notwendigkeit einer vorangehenden Konkurrenzbeobachtung, denn „nur wenn man weiß, wem gegenüber man sich unterscheiden muß, kann man festlegen, wie man sich unterscheiden kann“ (Schierl, 2001, S. 134).

5 Emotionen in der Werbung

Die Werbeforschung befasst sich bereits seit Beginn der 80er Jahre zunehmend mit den Arten, den Funktionen und den Wirkungen von Emotionen. Dabei konzentriert sich die Forschung insbesondere auf die Rolle von Emotionen im Marketing - beispielsweise auf die Werbung, das Kaufverhalten, das Erleben von Emotionen bei der Nutzung von Produkten sowie auf die emotionale Markenkommunikation (O’Shaughnessy & O’Shaughnessy, 2003; Heath & Hyder, 2005; Laros & Steenkamp, 2005; Bosch, Schiel & Winder, 2006; Stewart, Morris & Grover, 2007; O’Shaughnessy & O’Shaughnessy, 2008; Heath, 2009).

Der Einsatz emotionaler Werbekampagnen wird dabei häufig als Möglichkeit gese- hen, um den in den Kapiteln 2 und 3 genannten Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen entgegen zu wirken. So gilt emotionale und erlebnisbetonte Werbung in westlichen Gesellschaften mit gesättigten Märkten und homogenen Produkten als ein mögliches und wichtiges Differenzierungsmerkmal, da eine Profilierung von An- geboten auf diesen Märkten durch sachorientierte Werbung kaum noch möglich ist. Zudem wird der spontane emotionale Eindruck von einem Produkt oder einer Dienst- leistung als zentral für viele Konsumentenentscheidungen angesehen, da dieser Ein- druck zu gefühlsmäßigen Vorentscheidungen führt, welche letztendlich die rationalen Auswahlentscheidungen bestimmen (Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2013). Nikolay (2012, S.12) sagt:

“Bei Emotionen handelt es sich [..] um psychische Prozesse, die sowohl be- wusst, als auch unbewusst ablaufen und die Interpretation des Menschen be- züglich eines Objektes beeinflussen oder ein bestimmtes Verhalten bewirken können. Somit wirken sich Emotionen auf das subjektive Gefühlsleben aus und können mit einer Veränderung der Verhaltensbereitschaft einhergehen.” (Nikolay, 2012, S.12)

Emotionen können einem Produkt also dazu verhelfen, sich von anderen gleichwertigen Produkten abzuheben.

5.1 Zum Begriff des emotionalen Werbeinhalts

Obwohl Werbeinhalt und Werbewirkung nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können, wird in Anlehnung an Woll für die vorliegende Arbeit eine Trennung zwischen emotionalen Reizen und emotionalen Reaktionen vorgenommen. Dabei werden unter emotionalen Reizen die in der Werbung vermittelten oder dargestellten Emotionen verstanden, während sich emotionale Reaktionen auf die von der Wer- bung hervorgerufenen oder ausgelösten Emotionen beziehen (Woll, 1997; Thyri, 2003, Bosch, Schiel & Winder, 2006). Diese beiden Ansatzpunkte dürfen jedoch nicht völlig getrennt voneinander betrachtet werden, da es laufende Interaktionen zwischen den beiden Konstrukten gibt (Bosch, Schiel & Winder, 2006). Folglich gel- ten abgeschwächte ausgelöste Emotionen beim Betrachter der Werbung als implizi- tes Resultat aus den dargestellten Emotionen (Bosch, Schiel & Winder, 2006).

Aus diesem Grund werden in der vorliegenden Arbeit sowohl auslösende aus auch darstellende Emotionen aufgenommen. Da der Fokus allerdings in Anlehnung an Woll nach wie vor auf den dargestellten Emotionen liegt, wird dieser Arbeit die von Woll gewählte Definition des emotionalen Werbeinhalts zugrunde gelegt:

„Als emotionaler Inhalt der Werbung soll im folgenden der Teil einer Werbebot- schaft verstanden werden, der Gefühle, Erlebnisse oder Stimmungen darstellt und darauf abzielt, im Betrachter affektive Reaktionen hervorzurufen.“ (Woll, 1997, S.19)

5.2 Funktion emotionaler Werbeinhalte

Woll (1997) klassifiziert emotionale Reize in der Werbung sowohl nach ihrer Intensi- tät als auch nach ihrer Funktion, welche sie aus Sicht der Werbetreibenden erfüllen sollen. Dabei unterscheidet sie zwei Wirkungen emotionaler Reize: Erlebniswirkun- gen und Klimawirkungen. Woll (1997) sowie weitere Autoren (Kroeber-Riel und Esch, 2004; Leiss, Kline, Jhally & Botteril, 2005; Salander, 2010, Kroeber-Riel und Esch, 2011) fassen in ihren Arbeiten zusammen, dass Erlebniswirkungen meist durch do- minante emotionale Bilder vermittelt werden, wie beispielweise Bilder von Frauen in erotischen Posen oder jungen Menschen, die sich amüsieren (Abbildung 4). Ziel die- ser Erlebniswirkungen ist das Anknüpfen des beworbenen Produktes an die darge- stellten emotionalen Reize (siehe Kapitel 5.3.2 zur emotionalen Konditionierung). Neben der Erlebnisvermittlung werden emotionale Reize außerdem eingesetzt, um den Betrachter in eine angenehme Stimmung zu versetzen. Die emotionalen Reize stehen in diesem Fall nicht im Mittelpunkt, sondern sollen vielmehr einen emotionalen Eindruck schaffen, um die Wahrnehmung der Werbeinformation und der Produkteigenschaften zu verbessern. Diese Klimawirkungen lassen sich mit relativ schwachen emotionalen Reizen erzeugen, wie etwa einer angedeuteten Landschaft oder einem farblich angenehmen Hintergrund (Abbildung 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Verschiedene Funktionen emotionaler Reize: Erlebniswirkungen (links) und Klimawirkungen (rechts).

5.3 Bedeutung und Wirkung emotionaler Werbeinhalte

5.3.1 Einsatz emotionaler Werbeinhalte aus Sicht der Persuasionsforschung

Als ein weitgehend akzeptiertes Modell zur Wirkung beeinflussender Kommunikation nennt Woll (1997) das Elaboration Likelihood Modell. Dieses Modell geht davon aus, dass der Ablauf und das Ergebnis eines Beeinflussungsprozesses davon abhängig ist, inwieweit sich die Empfänger der Kommunikation gedanklich mit dem Kommuni- kationsinhalt auseinander setzen. Im Mittelpunkt dieses Modells steht das sogenann- te Involvement, welches die Aufmerksamkeit, das Engagement oder die „Ich- Beteiligung“ erfasst, mit der sich der Konsument einem Sachverhalt zuwendet (Kroe- ber-Riel, 1992, S. 347, zitiert in Woll, 1997). Dabei werden geringes Involvement und hohes Involvement unterschieden:

- Bei geringem Involvement setzten sich die Empfänger kaum mit dem Inhalt einer Werbebotschaft auseinander - die Beeinflussung verläuft hier auf dem peripheren Weg.
- Bei hohem Involvement sind die Empfänger motiviert, sich mit dem Kommunikati- onsinhalt zu befassen - die Beeinflussung erfolgt hier auf dem zentralen Weg.

Emotionale Werbung kann folglich immer auf wenig oder stark involvierte Konsumenten treffen. Von vorrangigem Interesse ist in diesem Kapitel daher die Rolle emotionaler Kommunikationsinhalte auf den beiden Wegen der Beeinflussung.

Als besonders relevant beschreibt Woll (1997) in diesem Zusammenhang den Weg der peripheren Beeinflussung, da ein Großteil der Werbeanzeigen nur noch mit ge- ringem Involvement betrachtet wird (Woll, 1997; Hofbauer & Schmidt, 2007). Auf- grund dessen entwickelte Heath (2001) mit seinem Low Attention Processing-Modell einen Ansatz, bei welchem Werbung in erster Linie mit geringer Aufmerksamkeit oder implizit aufgenommen wird, da Informationen aufgrund der Austauschbarkeit von Produkten und Dienstleistungen nicht mehr als wichtig betrachtet werden.

Wenn emotionale Werbung auf hohes Involvement auf Seiten der Konsumenten trifft, kommt es zu einer doppelten Verarbeitung der wahrgenommenen Reize. Dabei sti- mulieren die emotionalen Vorgänge im Gehirn die kognitive Verarbeitung, wodurch die kognitive Beurteilung positiv beeinflusst wird. Kroeber-Riel und Esch (2011) beto- nen, dass die Werbung bei hoch-involvierten Betrachtern vor allem emotionale Wir- kungen auslöst, welche Einfluss auf kognitive Verarbeitungsprozesse nehmen. Var- gas (2007, zitiert in Kroeber-Riel & Esch, 2011) betont, dass durch die emotionale Werbewirkung in erster Linie eine selektive Produktbeurteilung erfolgt, anhand derer vor allem positive Eigenschaften zur Marke aktiviert und bewertet werden. Demzufol- ge nehmen emotionale und kognitive Prozesse gemeinsam Einfluss auf die Einstel- lung und die Kaufabsicht. Aufgrund der kognitiven Prozesse kann es hierbei jedoch zu Widersprüchen und Gegenargumenten kommen, insbesondere dann, wenn kein sinnvoller Zusammenhang zwischen den emotionalen Bildern und der Marke herge- stellt werden kann (Woll, 1997; Kroeber-Riel und Esch, 2011). Eine emotionale Wer- bung, die auf wenig involvierte Konsumenten trifft, wird aufgrund dessen mit geringe- rer Aufmerksamkeit betrachtet. Hier spielt das Gefallen und die Akzeptanz der Wer- bung eine entscheidende Rolle (Woll, 1997; Kroeber-Riel und Esch, 2011).

Als wichtiges integratives Modell gilt in diesem Zusammenhang auch das Affect Infu sion Model von Forgas (1995). Im Kern postuliert das Modell, dass emotionale Einflüsse auf das Entscheiden und Urteilen vor allem dann auftreten, wenn Akteure in komplexen, ausführlichen und atypischen Zusammenhängen denken und entscheiden. Demzufolge beschreibt das Affect Infusion Model den Einfluss von Emotionen auf Urteile in Abhängigkeit von der Art der Informationsverarbeitung.

„The model predicts the absence of affect infusion when direct access or moti- vated processing is used, and the presence of affect infusion during heuristic and substantive processing“ (Forgas, 2000, S. 258; Hervorh. Im Original).

Dabei werden vier Strategien unterschieden: direct access strategy, motivated pro cessing strategy, heuristic processing und substantive processing.

Da die ersten beiden Strategien kaum Spielraum für den Einfluss emotionaler Fakto- ren lassen, werden diese im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht näher behandelt. Als besonders relevant gelten hingegen die heuristische und die substanzielle Form der Verarbeitung: Die heuristische Verarbeitung tritt in der Regel auf, wenn Konsu- menten wenig involviert sind und ihnen bisher nur wenige Informationen zur Verfü- gung stehen, weshalb sie sich auf verschiedene kognitive Abkürzungen oder Heurist- iken verlassen. Während dieser Form der Verarbeitung können Affekte das Urteil des Konsumenten direkt beeinflussen, da dieser seine Gefühle nutzt, um von seinen An- nahmen auf Tatsachen zu schließen. Die substanzielle, ausführliche und ressour- cenorientierte Verarbeitung findet hingegen statt, wenn Konsumenten hoch involviert und viel Zeit und Aufwand in die Verarbeitung einer Werbebotschaft investieren. Auch bei dieser Form der Verarbeitung können Affekte von Bedeutung sein - in die- sem Fall beeinflusst der Affekt ein Urteil allerdings in erster Linie indirekt im Sinne des affect priming.

Wie bereits ersichtlich wurde, ist dieses Thema sowohl in der vergangenen als auch in der aktuellen Literatur ausgiebig diskutiert worden. Zusätzlich zu den bereits er- wähnten Erkenntnissen gehen zahlreiche Forscher davon aus, dass die Effektivität emotionaler Werbereize außerdem von dem beworbenen Produkttyp abhängig ist. Beim Produkttyp wird oft zwischen hedonistischen und utilitaristischen Produkten unterschieden, wobei hedonistische Waren tendenziell Vergnügen bereiten (z.B. Schokolade), utilitaristische hingegen funktional und nützlich sind (z.B. Spülmittel) (Jones, Reynolds & Arnolds, 2006; Overby & Lee, 2006; Bridges & Forsheim, 2008;). In diesem Zusammenhang zeigen einige Studien, dass emotionale Werbung für he- donistische und Low-Involvement-Produkte eine bessere Werbewirkung aufweist als für utilitaristische und High-Involvement-Produkte (Rossiter, Percy & Donovan, 1991; Adaval, 2001; Hofbauer & Schmidt, 2007). Um Aussagen über die Wirkung emotio- naler Werbeinhalte in unterschiedlichen Involvement-Situationen treffen zu können, müssen folglich auch die beworbenen Produkte betrachtet werden. Die Auswirkun- gen des Produkttyps auf die schlussgefolgerte Effektivität emotionaler Werbeinhalte wurden von Woll vernachlässigt, weshalb diese Diskussion in die vorliegende Arbeit aufgenommen wurde. So erzielt nach Pham (1998) emotionale Werbung für hedonis- tische Produkte beispielsweise eine bessere Wirkung als für utilitaristische Produkte. Daher wird empfohlen, emotionale Werbereize vor allem für hedonistische und Low- Invovement-Produkte anzuwenden, während von dessen Einsatz für utilitaristische und High-Involvement-Produkte abgeraten wird (Rossiter, Percy & Donovan, 1991). Aufgrund dieser Erkenntnisse stellt sich die Frage, ob die Wirkung einer emotionalen Anzeige für ein Produkt tatsächlich von den entsprechenden Low- oder High- Involvement-Situationen abhängig ist, oder aber von dem beworbenen Produkt selbst. Nach Biel und Bridgwater (1990) geben Konsumenten beispielsweise an, dass sie Werbespots für Lebensmittel und Getränke mehr mögen als Werbung für andere Produkte, und auch Lim & Ang (2008) konnten nachweisen, dass Konsumen- ten hedonistische Produkte im Vergleich zu utilitaristischen Produkten bevorzugen. Zusätzlich berichtet Keller (2008), dass Konsumenten ihre Assoziationen im Hinblick auf eine bestimmte Produktkategorie automatisch auf eine neue Marke innerhalb dieser Kategorie übertragen. Folglich kann die zuvor beschriebene höhere Wirkung von emotionalen Werbereizen für hedonistische und Low-Involvement-Produkte mög- licherweise durch die bestehenden Assoziationen zu der Produktkategorie erklärt werden. Die Tatsache, dass Konsumenten weniger positive Assoziationen zu utilita- ristischen Produkten aufweisen, könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb in der Literatur davon ausgegangen wird, emotionale Werbung wäre für diese Art der Pro- dukte nicht geeignet.

Dennoch lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die von Woll gemachten Er- kenntnisse nach wie vor als aktuell angesehen werden können. Es wird jedoch emp- fohlen sich aufgrund der in Kapitel 2 beschriebenen verschärften Rahmenbedingun- gen auf wenig involvierte Konsumenten einzustellen und die Werbung primär auf diese Zielgruppe auszurichten.

5.3.2 Einsatz emotionaler Werbeinhalte aus marketingstrategischer Sicht

Um sich auf gesättigten Märkten mit hartem Konkurrenzverhalten und ausgereiften Produkten von den Wettbewerbern abzuheben, empfiehlt Woll den Aufbau eines eigenständigen emotionalen Produktimages. Dabei besteht die vorrangige Funktion emotionaler Werbeinhalte in der Erlebnisvermittlung im Rahmen einer erlebnisbetonten Positionierung von Produkten (Woll, 1997). Auch in der aktuellen Literatur wird das Thema der emotionalen Positionierung immer wieder aufgegriffen und gilt daher nach wie vor als eines der wichtigsten Instrumente der Markenpolitik (Bausback, 2007; Hofbauer & Schmidt, 2007; Lorenz, 2008; Kroeber-Riel & Esch, 2011; Schlegl, 2011; Elsser, 2014; Fuchs & Unger, 2014).

Das Marketing auf gesättigten Märkten entwickelt sich demnach immer mehr zu ei- nem Erlebnismarketing, welches durch seine Maßnahmen darauf abzielt, die Produk- te zu Instrumenten von Konsumerlebnissen zu machen. So werden Zigaretten bei- spielsweise zum Medium für Freiheit und Bier zum Symbol gesellschaftlichen Lebens (Abbildung 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Emotionale Positionierung von Produkten.

Eindrucksvoll untermauert wurde die Bedeutung emotionaler Positionierung anhand einer Studie von MacInnis, Rao und Weiss (2002). Dabei untersuchten sie den Ein- fluss einer Verstärkung des Werbedrucks je nach Art der Werbeinhalte auf den Ver- kauf von bekannten, oft gekauften Marken in gesättigten Märkten. Im Ergebnis konn- te letztendlich festgestellt werden, dass ein erhöhter Werbedruck nur bei Werbespots mit emotionalen Inhalten zu einer signifikanten Erhöhung der Abverkäufe der entsprechenden Marken führte - in allen anderen Fällen blieb diese Wirkung aus.

Festzuhalten ist in diesem Kapitel, dass die Vermittlung von Konsumerlebnissen durch emotionale Werbung, wie sie auch von Woll thematisiert wurde, nicht neu ist. Neuartig sind hingegen das Ausmaß und die Qualität der heutigen Erlebnisorientierung. Während vor einigen Jahren vor allem Güter des täglichen Bedarfs emotional beworben wurden, sind es heute auch langlebige Gebrauchsgüter wie elektrische Haushaltsgeräte und Autos (Kroeber-Riel & Esch, 2011).

Um Produkte emotional zu positionieren werden diese in der Wahrnehmung der Konsumenten mit einem spezifischen Erlebniswert ausgestattet, wodurch ihnen ein für die Zielgruppe attraktives emotionales Profil gegeben wird. Dabei wird ein Produkt mit Hilfe der emotionalen Konditionierung „emotional aufgeladen“.

Dieser Lernvorgang wird nach wie vor in zahlreichen Arbeiten thematisiert (Görgen, 2005; Föll, 2007; Lorenz, 2008; Schweiger und Schrattenecker, 2009; Kroeber-Riel und Esch, 2011; Kroeber-Riel & Göppel-Klein, 2013; Splawinski, 2014). Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, wird im Folgenden auf eine ausführliche Erklärung des Vorgangs verzichtet und lediglich ein kurzer Überblick über den Ablauf der emotionalen Konditionierung gegeben. Bei Interesse können den genannten Quellen weitere Informationen entnommen werden

Der bekannteste Ansatz zur Erklärung des Lernens ist die klassische Konditionierung nach Pavlow. Danach führt die wiederholte Darbietung eines neutralen Reizes ge- meinsam mit einem Reiz, der bereits eine Reaktion hervorruft, dazu, dass der ur- sprünglich neutrale Stimulus letztendlich die gleiche Reaktion auslöst. Das Prinzip der klassischen Konditionierung findet sich in der emotionalen Konditionierung wie- der: Wenn Bilder, Farben oder Wörter emotionale Reaktionen hervorrufen und wie- derholt zusammen mit einem Produkt oder einer Dienstleistung dargeboten werden, so ruft das Produkt bzw. die Dienstleistung nach einiger Zeit dieselbe Reaktion her- vor. So kann ein Markenname so konditioniert werden, dass er bestimmte emotionale Erlebnisse hervorruft und sich dadurch von Konkurrenzmarken unterscheidet.

6 Emotionspsychologische Grundlagen

6.1 Emotion als Forschungsgegenstand

Für die vorliegende Arbeit ist es ausreichend von einer Arbeitsdefinition des Begriffs Emotion auszugehen, welcher diejenigen Komponenten von Emotionen erfasst, welche derzeit von den meisten Forschern anerkannt werden. Diese orientiert sich an der zugrunde gelegten Definition von Woll, welche zusätzlich solche Aspekte betont, die für eine Analyse emotionaler Kommunikationsinhalte von Bedeutung sind (Woll, 1997). Als Ergebnis formuliert Kroeber-Riel die Arbeitsdefinition für den Begriff Emotion wie folgt (Kroeber-Riel, 1992, zitiert in Woll, 1997, S.104):

„Emotionen sind (1) innere Erregungen, die (2) angenehm oder unangenehm empfunden und (3) mehr oder weniger bewußt (4) erlebt werden.“

Obwohl im Rahmen dieser Arbeit nicht das eigentliche Erleben von Emotionen im Vordergrund steht, sondern vielmehr die Beschreibung von Emotionen und Erlebnissen, bietet diese Definition eine gute Grundlage für diese Arbeit.

6.2 Emotionstheorien

Als besonders relevant gelten in diesem Kapitel die kognitivistischen Emotions- theorien, welche sich mit dem Zusammenwirken von Kognition und Emotion be- schäftigen.

Sind Emotionen lediglich Reaktionen von kognitiven Prozessen oder können sie Auslöser für kognitive Prozesse sein? Sind sie prä- oder postkognitiv? Die Beziehungen zwischen kognitiven und emotionalen Prozessen sind Gegenstand einer andauernden Debatte (Lang, 1984; Oatley, 1987; Isen, 2004). So beschäftigt sich auch Woll (1997) mit dem Zusammenspiel von Emotion und Kognition und bezieht sich dabei auf die Arbeiten von Izard und Mandl/Huber (Izard, 1994; Mandl/Huber, 1983; zitiert in Woll, 1997). Zu der Frage, wie sich emotionale und kognitive Prozesse gegenseitig beeinflussen, nennt Woll drei Sichtweisen (Woll 1997):

- Emotionen gelten als Reaktion auf kognitive Prozesse und werden folglich als postkognitives Phänomen betrachtet. Diese resultieren dabei aus einer physiolo- gischen Erregung und einer kognitiven Bewertung der Situation, welche die Erre- gung hervorgerufen hat.
- Emotionen gehen kognitiven Prozessen voraus und gelten somit als präkognitiv.
- Emotionen und Kognitionen stehen hier in gegenseitiger Wechselbeziehung. Folglich können emotionale Prozesse kognitiven Prozessen vorausgehen und kognitive Prozesse können nachträglich emotional bewertet werden.

Folglich werden je nach Ansatz Kognition und Emotion in unterschiedlichen Relatio- nen dargestellt: Kognition wird als konstitutive oder antagonistische Bedingung, als Parallelzustand, als integrativer Bestandteil, als Interaktionsfunktion, oder als bloßer Folgezustand von Emotionen betrachtet (Schwarz-Friesel, 2007). Weitestgehend einig ist man sich jedoch darüber, dass Emotionen und Kognitionen keinesfalls iso- liert betrachtet werden dürfen. So zeigen beispielsweise neuere Ergebnisse der kog- nitiven Neurowissenschaft, dass Kognition und Emotion in einer engen, repräsentationalen Verflechtung im Gedächtnis und in einer prozessualen Wechsel- wirkung bei der mentalen Verarbeitung von Informationen stehen. (Damasio, 1997; Roth, 2003; Isen, 2004)

Die Tatsache, dass Emotionen geistige und körperliche Prozesse erheblich beein- flussen können, zeigen vor allem Erkenntnisse der Lernpsychologie und der psycho- somatischen Medizin (Schwarz-Friesel, 2007). So kann nach Dietrich (2002) bei- spielsweise die Furcht vor einer Prüfung physiologische Prozesse auslösen und die kognitive Denkleistung erheblich beeinflussen. Als konkretes Beispiel nennt er das bekannte „Black out“ - ein kognitives Versagen als Ergebnis einer Ausschüttung von Stresshormonen. Weitere Untersuchungen konnten außerdem zeigen, dass eine po- sitive emotionale Einstellung kognitive Lernprozesse wesentlich verbessert (Dahl, 2003; Isen, 2004; Heckhausen & Heckhausen, 2005). Emotionen spielen aber auch bei kognitiven Prozessen wie Beurteilungen und Schlussfolgerungen eine entschei- dende Rolle, da Gefühle bei der Organisation der Informationsverarbeitung eine we- sentliche Rolle einnehmen können. So konnten beispielsweise Gladwell (2005), Glöckner (2006) und Seifert (2006) im Rahmen ihrer Forschungen zeigen, dass Emo- tionen in besonderem Maße die Steuerung intuitiver Denk- und Kognitionsprozesse leiten. Schwarz-Friesel (2007) vertritt diesbezüglich einen interaktiven theoretischen Ansatz mit der Annahme, dass Emotionen und Kognitionen zwei verschiedene Sys- teme darstellen, die allerdings „nicht unabhängig voneinander arbeiten, sondern zahlreiche, wechselseitige Interaktionen aufweisen und bei ihren Aktivierungs-, Be- wusstseins- und Strategieprozessen auf denselben fundamentalen Prinzipien der Gedächtnisspeicherung und Aufmerksamkeitssteuerung beruhen.“ (Schwarz-Friesel, 2007, Seite 117). Allgemein sprechen alle hier genannten Ergebnisse gegen die tra- ditionelle Auffassung, dass Emotion und Kognition, Gefühl und Verstand sich konträr gegenüber stehen und ausschließen. Isen formuliert diese Erkenntnis wie folgt:

„In fact, it could be argued that not playing attention to feeling-related aspects of the decision alternatives (e.g. how one will feel about it later) is the less rational course of action.” (Isen, 2004, S.264)

Neben den kognitivistischen Theorien werden in aktuellen werbepsychologischen Arbeiten außerdem die evolutionspsychologischen Theorien sowie die behavioristischen Ansätze thematisiert (Bosch, Schiel & Winder, 2006).

Nach Bosch, Schiel und Winder (2006) gelten die von Darwin ausgehenden evoluti- onspsychologischen Theorien als wohl wichtigster Ansatz, wenn es um die Beleuch- tung der Zusammenhänge zwischen Emotionstheorien und Marketing geht. Dabei gelten in der gegenwärtigen Marketingforschung vor allem die von Plutchik weiter- entwickelten Ideen als die am häufigsten zitierten und angewendeten Arbeiten (Bosch, Schiel & Winder, 2006). Diese Theorien gehen davon aus, dass die grundle- genden primären Emotionen in den Erbanlagen der Menschen verankert sind. Nach Kroeber-Riel und Göppel-Klein (2013) bilden die evolutonspsychologischen Theorien eine Grundlage für die Erklärung, warum Menschen auf bestimmte Reize weitestge- hend automatisch reagieren und warum emotionale Konditionierungsprozesse in der Werbung gelingen. Aus diesem Grund bilden sie des Weiteren ein adäquates Theo- riegerüst für die Analyse der Werbewirkung (Schiel, Bosch & Winder, 2006). Daher beziehen sich einige Arbeiten zur Relevanz der Werbewirkung von Emotionen in der Werbung auf diese evolutionspsychologischen Theorien und vertreten die Meinung, dass sich die Werbewirkung auf die primären Emotionen reduzieren lässt. Die stark vertretene Anwendung dieser Ansätze zeigt deren nach wie vor vorhandene Aktuali- tät und Bedeutung für die Werbekonzeption.

Woll hingegen kritisiert die von Plutchik vorgeschlagenen Primäremotionen, da diese kaum Anhaltspunkte für eine Analyse von Werbung bieten. Des Weiteren behauptet sie, dass diese nicht die Vielfalt der in der Werbung dargestellten Emotionen abdecken können und zudem überwiegend negativ besetzt sind, während die Werbung in der Regel mit positiven Emotionen arbeitet. Auch Bagozzi, Gopinath und Nyer (1999) vertreten diese Ansicht, da für das Marketing relevante Emotionen wie beispielsweise Liebe, Schuld, Stolz oder Scham keine ausreichende Berücksichtigung finden. Aus diesem Grund ist hervorzuheben, dass die Erkenntnisse der evolutionspsychologischen Aspekte zwar von Bedeutung sind - deren Kritik jedoch beachtet werden muss. Diese kann letztendlich durch die Berücksichtigung von abgeleiteten Emotionen entkräftet werden (Bosch, Schiel & Winder, 2006).

Neben den bereits genannten Theorien bieten auch die behavioristischen Ansätze interessante Aspekte im Hinblick auf die Analyse von Emotionen und Stimmungen in der Anzeigenwerbung. Im Mittelpunkt der behavioristischen Theorien liegt nicht das Erleben von Emotionen, sondern das Beobachten von Verhalten und Reizen, welche diese Emotionen auslösen. Folglich fokussieren sich diese Theorien auf das mit den einzelnen Emotionen einhergehende Verhalten sowie auf die physiologischen Veränderungen im Körper - die Wahrnehmung des subjektiven Gefühls ist hierbei nur von untergeordneter Bedeutung (Bosch, Schiel & Winder, 2006). Diese Ansätze sind für die Werbewirkung insofern von Interesse, als sie den theoretischen Hintergrund für die Versuche der klassischen Konditionierung bieten.

6.3 Methoden der Emotionsmessung

„Die Methoden zur Messung von Emotionen werden in Abhängigkeit von der wissenschaftlichen Perspektive, unter der man Emotionen betrachtet, gewählt.“ (Kroeber-Riel & Göppel-Klein, 2013, S. 128)

Dabei unterscheidet Woll (1997) drei Ebenen, auf denen Emotionen erfasst werden können: Die Ebenen der psychobiologischen Reaktionen, des emotionalen Aus- drucksverhaltens und des subjektiven Emotionserlebens (Izard, 1994, S. 134-153, Ullrich, Mayring, 1992, S. 61-72; zitiert in Woll, 1997). Diese Ebenen werden auch in aktuellen Arbeiten immer wieder aufgegriffen, sodass nach wie vor auf deren Aktualität geschlossen werden kann (Bosch, Schiel & Winder, 2006).

Die psychobiologischen Verfahren gelten sowohl für die Arbeit von Woll, als auch für die vorliegende Arbeit als uninteressant und werden aufgrund dessen nachfolgend nicht näher beleuchtet.

Da es bei der Messung der emotionalen Bedeutung von Werbung darum geht, Emo- tionsqualitäten aus Bildern und Texten abzuleiten und diese möglichst differenziert in Worte zu fassen, sind die Methoden zur Erfassung des emotionalen Ausdrucks- verhaltens und der subjektiven Erlebnisebene von zentraler Bedeutung. Erstere „konzentrieren sich auf nonverbale Indikatoren der Gesichts- und Körpersprache“ (Woll, 1997, S. 57), welche sich in besonderem Maße dazu eignen, Emotionen aus- zudrücken. Da in Werbeanzeigen in erster Linie Bilder mit Personenabbildungen verwendet werden, wird vorausgesetzt, Emotionen an Mimik, Gestik, Körperhaltung und nonverbaler Kommunikation ablesen zu können. Das Thema der nonverbalen Kommunikation wird nachfolgend in Kapitel 9.3.4 wieder aufgegriffen.

Die Emotionsmessung auf der subjektiven Ebene erfolgt hingegen durch eine Erhe- bung sprachlicher Äußerungen über Gefühlszustände. Diese gelten nach Woll im Hinblick auf die Beschreibung der in der Werbung dargestellten Emotionen als be- sonders relevant, da Emotionsprofile und Listen, wie sie bei der Messung von Emoti- onen auf der subjektiven Erlebnisebene verwendet werden, ein sehr hilfreiches In- strumentarium darstellen. Die verschiedenen Messmethoden können aufgrund des Umfangs der Arbeit nachfolgend jedoch nur oberflächlich umrissen werden - Eine ausführliche Beschreibung der Messmethoden kann Bosch, Schierl und Winder (2006) oder Kroeber-Riel und Göppel-Klein (2013) entnommen werden.

Verbale Messungen „basieren auf der Auswertung der sprachlichen Äußerungen von Personen.“ (Bosch, Schierl & Winder, 2006, S. 172). Dabei verfügt die Sprache über zahlreiche Möglichkeiten, die Richtung und die Qualität einer Emotion auszudrücken. Diesbezüglich verfügt die Marktforschung über mehrere Verfahren um Emotionen zu erfragen, wobei vor allem standardisierte Ratingskalen zur mehrdimensionalen Mes- sung herangezogen werden. Dabei besteht die Möglichkeit, Emotionsqualitäten und Emotionsstärken gleichzeitig zu erheben. Die verschiedenen verbalen Messmetho- den werden nach Bosch, Schierl & Winder (2006) in zwei Bereiche eingeteilt: In Messmethoden auf Basis diskreter Emotionen und in Messmethoden auf dimensionaler Ebene.

Die nonverbalen Methoden zur Messung von Emotionen spielen nach Bosch, Schierl & Winder (2006) hingegen eine untergeordnete Rolle. Allerdings bestehen Befürch- tungen, dass anhand verbaler Skalen nicht alle Emotionen ausgedrückt werden kön- nen und es spätestens bei der Übersetzung dieser Skalen in andere Sprachen zu Problemen kommen kann (Bradley & Lang, 1985, zitiert in Bosch, Schierl & Winder, 2006). Aus diesem Grund ist es in manchen Fällen durchaus sinnvoll, Emotionen anhand von Bilderskalen zu erfassen (Bosch, Schierl & Winder, 2006).

[...]

Ende der Leseprobe aus 121 Seiten

Details

Titel
Emotionen in der Werbung nach aktuellen werbe-psychologischen Erkenntnissen
Untertitel
Eine kritische Evaluation des Analysemodells von Erika Woll zu Erlebnissen und Stimmungen in der Anzeigenwerbung
Note
1,3
Jahr
2014
Seiten
121
Katalognummer
V349766
ISBN (eBook)
9783668369764
ISBN (Buch)
9783668369771
Dateigröße
2558 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
emotionen, werbung, erkenntnissen, eine, evaluation, analysemodells, erika, woll, erlebnissen, stimmungen, anzeigenwerbung
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Emotionen in der Werbung nach aktuellen werbe-psychologischen Erkenntnissen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/349766

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