Die Inhalte von Castingshows stehen im breiten Interesse der Öffentlichkeit. Aufgrund der breiten Zielgruppe und des gleichzeitig breiten Angebots von Castingshows und den Möglichkeiten, die das Internet (insbesondere Social Media Plattformen) bietet, ist der Rahmen für eine große öffentliche Diskussion um problematische Fragen, vor die uns Castingshows stellen, eröffnet.
Mit Shows wie dem „Musikwettbewerb“ des ARD (ab 1952) und dem „Talentschuppen“ des Südwestfunk (1984) begann die langsame Etablierung des Genre „Castingshow“ als Unterformat zum Reality-TV, das damals noch nicht sehr verbreitet war. In den 90ern etablierte sich mit Talk-Shows der Durchschnittsbürgers als Fernsehdarsteller dann vollends. Als Unterhaltung dienen Konfliktsituationen und Probleme aus dem „echten“ Leben, scheinbar alltägliche Begebenheiten, die im Idealfall etwas außerhalb des Regelfalls liegen, damit sie für den normalen Fernsehzuschauer interessant sind. Die eigentliche Normalität des Alltags ist als Fernsehformat uninteressant und nicht geeignet, weil sie für den durchschnittlichen Zuschauer zu sehr alltäglich und zu wenig abwechslungsreich ist. Stattdessen findet beispielsweise bei Gesangs-Castingshows vor Ausstrahlung eine professionelle Auswahl der gezeigten Kandidaten statt. Es werden nur besonders gute oder außergewöhnlich schlechte Kandidaten gezeigt, weil das Zeigen des gewöhnlichen Durchschnittssängers für den Zuschauer nicht interessant ist. Nach Joachim Gottberg heißt es: „Interessant ist demnach nicht der Regelfall, sondern die Besonderheit“ .
Wie der Begriff „Castingshow“ schon sagt, findet hier kein klassischer Talentwettbewerb statt, sondern eine Show mit dem Ziel zu unterhalten. Es geht mehr um die auftretenden Personen an sich und weniger um ihr Talent. Wie präsentiert die Person sich? Was für Kleidung trägt sie? Wie geht die Person mit Kritik um?
Gleichzeitig spricht Krotz von „einer ironischen Lesart“ , die sich an eine Bildungsschicht richtet, in der man sich abgrenzt von der „Unterschicht“ und vom gezeigten Geschehen im Fernsehen distanzieren will. Reality-TV „trägt […] zu einer Spaltung der Gesellschaft bei“ . Die Zweitklassengesellschaft findet jetzt auch im medialen Kontext statt. Der thematisch interessierten Bevölkerungsgruppe fehlen zunehmend die Chancen auf einen tatsächlichen Auf-/Ausstieg aus ihrer Situation. Sie schauen Reality-TV aus praktischen Motiven: Wie entkomme ich meiner materiellen und immateriellen Armut?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Rezeption von Castingshows
- 3. Die Zielgruppe von Castingshows
- 3.1 Wie und warum Familien Castingshows rezipieren
- 3.2 Wie Kinder und Jugendliche Castingshows rezipieren
- 3.2.1 Stars als Orientierungsfiguren für Kinder und Jugendliche
- 3.3 Wie (junge) Erwachsene Castingshows rezipieren
- 4. Castingshows als kulturelles Angebot für öffentliche Verständigung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rezeption von Castingshows im deutschen Fernsehen. Das Ziel ist es, die Besonderheiten dieses Genres im Vergleich zu herkömmlichen Fernsehformaten zu analysieren und die verschiedenen Zielgruppen und ihre Rezeptionsweisen zu beleuchten. Die Arbeit betrachtet dabei auch die kulturelle Bedeutung und die gesellschaftlichen Auswirkungen von Castingshows.
- Die Entwicklung und Etablierung des Genres Castingshow
- Die Rezeptionsweisen verschiedener Zielgruppen (Familien, Kinder/Jugendliche, junge Erwachsene)
- Die ästhetischen Besonderheiten von Castingshows im Vergleich zu herkömmlichem Fernsehen
- Die Rolle von Werten und Selbstreflexion in der Rezeption
- Castingshows als Mechanismus zur Produktion von Gewinnern und Verlierern
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung skizziert die Entwicklung der Castingshow als Genre des Reality-TV, beginnend mit frühen Musikwettbewerben bis hin zu den heutigen Formaten. Sie hebt die Bedeutung von Konflikten und scheinbar alltäglichen, aber außergewöhnlichen Begebenheiten als Unterhaltungsmittel hervor. Die Auswahl der gezeigten Kandidaten wird als strategischer Prozess beschrieben, der darauf abzielt, das Interesse des Zuschauers durch die Präsentation von besonders guten oder schlechten Teilnehmern zu wecken. Der Bezug zum Leben des Zuschauers und die Präsentation der Person selbst, statt nur des Talents, werden als zentrale Aspekte der Castingshow-Ästhetik herausgestellt. Die Einleitung führt zudem den Begriff des „performativen Realitätsfernsehens“ ein und beschreibt den fließenden Übergang zu Scripted Reality und Soap-Elementen, oft durch Einspieler mit Homestorys der Teilnehmer.
2. Die Rezeption von Castingshows: Dieses Kapitel vergleicht Castingshows mit herkömmlichen Fernsehprogrammen und hebt die Unterschiede in der ästhetischen Darstellung hervor. Es wird auf die Unterschiede in Ausdrucksweise und Sprechweise zwischen Laiendarstellern und professionellen Schauspielern eingegangen. Ein weiterer Unterschied liegt im ästhetischen Anspruch an Natürlichkeit bei den Teilnehmern. Das Kapitel betont die Rolle von Werten wie Schönheit, Begabung und Anpassungsfähigkeit, die in Castingshows im Mittelpunkt stehen und die Rezipienten während des Sendeverlaufs übernehmen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Selbstreflexion des Zuschauers, der sich in die Situation der Teilnehmer versetzt und deren Handeln bewertet. Schließlich wird der Kern der Castingshow als „Produktion von Gewinnern und Verlierern“ definiert, ein Prozess, der zur Unterhaltung des Publikums beiträgt.
Schlüsselwörter
Castingshows, Reality-TV, Rezeption, Zielgruppen, Ästhetik, Werte, Selbstreflexion, Gewinner, Verlierer, Unterhaltung, Voyeurismus, soziale Spaltung, performatives Realitätsfernsehen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Rezeption von Castingshows
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Rezeption von Castingshows im deutschen Fernsehen. Sie untersucht die Besonderheiten des Genres im Vergleich zu herkömmlichen Fernsehformaten und beleuchtet die verschiedenen Zielgruppen und ihre Rezeptionsweisen, sowie die kulturelle Bedeutung und gesellschaftlichen Auswirkungen von Castingshows.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung und Etablierung des Genres Castingshow, die Rezeptionsweisen verschiedener Zielgruppen (Familien, Kinder/Jugendliche, junge Erwachsene), die ästhetischen Besonderheiten von Castingshows im Vergleich zu herkömmlichem Fernsehen, die Rolle von Werten und Selbstreflexion in der Rezeption und Castingshows als Mechanismus zur Produktion von Gewinnern und Verlierern.
Welche Zielgruppen werden betrachtet?
Die Arbeit betrachtet verschiedene Zielgruppen, darunter Familien, Kinder und Jugendliche (mit einem besonderen Fokus auf Stars als Orientierungsfiguren) und junge Erwachsene. Die Rezeptionsweisen dieser Gruppen werden jeweils separat analysiert.
Wie werden Castingshows in dieser Arbeit charakterisiert?
Castingshows werden als ein Genre des performativen Realitätsfernsehens beschrieben, das Konflikte und scheinbar alltägliche, aber außergewöhnliche Begebenheiten als Unterhaltungsmittel nutzt. Die Auswahl der Kandidaten ist ein strategischer Prozess, der das Zuschauerinteresse durch die Präsentation besonders guter oder schlechter Teilnehmer weckt. Die Präsentation der Person selbst, neben dem Talent, und der Bezug zum Leben des Zuschauers werden als zentrale Aspekte der Ästhetik hervorgehoben. Die Arbeit weist auch auf den fließenden Übergang zu Scripted Reality und Soap-Elementen hin.
Welche Rolle spielen Werte und Selbstreflexion?
Die Arbeit betont die Rolle von Werten wie Schönheit, Begabung und Anpassungsfähigkeit, die in Castingshows im Mittelpunkt stehen und die Rezipienten während des Sendeverlaufs übernehmen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Selbstreflexion des Zuschauers, der sich in die Situation der Teilnehmer versetzt und deren Handeln bewertet.
Wie wird die Ästhetik von Castingshows beschrieben?
Die Arbeit vergleicht die ästhetische Darstellung von Castingshows mit herkömmlichen Fernsehprogrammen und hebt Unterschiede in Ausdrucksweise und Sprechweise zwischen Laiendarstellern und professionellen Schauspielern hervor. Ein weiterer Unterschied liegt im ästhetischen Anspruch an Natürlichkeit bei den Teilnehmern.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Castingshows, Reality-TV, Rezeption, Zielgruppen, Ästhetik, Werte, Selbstreflexion, Gewinner, Verlierer, Unterhaltung, Voyeurismus, soziale Spaltung, performatives Realitätsfernsehen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst Kapitel zu Einleitung, der Rezeption von Castingshows, der Zielgruppe von Castingshows (unterteilt nach Familien, Kindern/Jugendlichen und jungen Erwachsenen), und Castingshows als kulturelles Angebot für öffentliche Verständigung.
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- Marie Krist (Author), 2016, Vom Normalmenschen zum Superstar. Zur Rezeption von Casting-Shows, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/349784