„Muss ein Ereignis überraschend und einzigartig sein, um als solches zu gelten? Was geschieht, wenn sich ähnliche Ereignisse – mögen sie, für sich genommen, noch so ereignishaft sein – aneinanderreihen? [...] Wodurch zeichnen sich Ereignisse aus?“ Im Kontext zu jener Reihe an zu untersuchenden Fragen soll die Sammlung "Der Stimmenimitator" von Thomas Bernhard als Gesamtwerk in den Fokus der Ermittlungen geraten. Dabei sollen nicht nur einzeltextübergreifende Strukturen berücksichtigt werden, sondern es kommt in erster Linie die Sammlung als komponiertes Gesamtwerk zum Tragen.
Die Unterstreichung von Beziehungs- und Spiegelverhältnissen in Einzeltexten sowie das Charakterisieren von Wiederkehr und Variation bestimmter Ereignisse innerhalb der Sammlung sollen die Untersuchung erleichtern. Schlussendlich wird sich zeigen, ob hochgradige Ereignishaftigkeit in Einzeltexten auch auf das Gesamtwerk übertragbar ist oder ob sich diese durch eine Überfüllung von Ereignishaftigkeitskriterien selbst entwertet.
Um eine deutliche Abgrenzung zwischen Sammlung und Erzählungen zu gewährleisten, soll im Folgenden von „der Sammlung“ vs. „der Einzeltext“ (im Sinne einer einzelnen Erzählung im Buch) gesprochen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Eigenschaften und Besonderheiten von narrativer Kürzestprosa
- Illusionsbrechung, Verfremdung, Pointierung – Kürzestprosa als Radikalisierung und Zuspitzung von Kurzgeschichten
- Fakt vs. Fiktion – Erzähltes Geschehen als Produkt des Erzählens
- Wodurch zeichnen sich Ereignisse aus? – Erfüllung von Ereignishaftigkeitskriterien am Beispiel von Einzeltexten in Thomas Bernhards Der Stimmenimitator
- Relevanz
- Imprädiktabilität
- Konsekutivität
- Irreversibilität
- Non-Iterativität
- Plötzlichkeit
- Kann ein Ereignis in Wiederholung noch als Ereignis gelten? – Ereignishaftigkeit als Funktion des Gesamtwerks Der Stimmenimitator
- Entwertung von Ereignissen durch überzeichnete Erfüllung von Ereignishaftigkeitskriterien
- Der Stimmenimitator als komponiertes Gesamtwerk – Kontextuelle Zusammenschau der Sammlung
- Grundlegende variable Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb des Stimmenimitators
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die narratologische Ereignishaftigkeit in Thomas Bernhards Kürzestprosa-Sammlung „Der Stimmenimitator“. Die Zielsetzung besteht darin, den Kontrast zwischen der Ereignishaftigkeit in Einzeltexten und der Gesamtsammlung zu analysieren. Dabei wird untersucht, ob die in Einzeltexten stark ausgeprägte Ereignishaftigkeit durch Wiederholungen und Variationen im Gesamtwerk abgeschwächt oder sogar entwertet wird.
- Ereignishaftigkeitskriterien in Bernhards Kürzestprosa
- Der Kontrast zwischen Ereignishaftigkeit in Einzeltexten und der Sammlung
- Die Rolle von Wiederholung und Variation in der Konstruktion von Ereignissen
- Der Einfluss der Erzählstrategie auf die Wahrnehmung von Ereignissen
- Die Funktion des Gesamtwerks als komponiertes Ganzes
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein, indem sie Thomas Bernhards „Der Stimmenimitator“ als Sammlung grotesker und morbider Kurzgeschichten vorstellt und die Forschungslücke in der Bernhard-Forschung zu diesem Werk aufzeigt. Sie benennt die zentrale Forschungsfrage: Wie verhält sich die Ereignishaftigkeit in den Einzeltexten zur Ereignishaftigkeit des Gesamtwerks? Die Arbeit fokussiert sich auf eine narratologische Untersuchung der Ereignishaftigkeit in Kürzestprosa und den Kontrast zwischen Einzeltexten und der Sammlung als Ganzes.
1. Eigenschaften und Besonderheiten von narrativer Kürzestprosa: Dieses Kapitel beschreibt die Merkmale narrativer Kürzestprosa, insbesondere die Radikalisierung und Zuspitzung von Kurzgeschichten durch Illusionsbrechung, Verfremdung und Pointierung. Es beleuchtet die Ambivalenz zwischen Fakt und Fiktion in Bernhards Erzählungen und die Verwendung von Zeitungssprache als Stilmittel.
2. Wodurch zeichnen sich Ereignisse aus? – Erfüllung von Ereignishaftigkeitskriterien am Beispiel von Einzeltexten in Thomas Bernhards Der Stimmenimitator: Dieses Kapitel analysiert die Erfüllung von sechs Ereignishaftigkeitskriterien (Relevanz, Imprädiktabilität, Konsekutivität, Irreversibilität, Non-Iterativität und Plötzlichkeit) in den Einzeltexten von „Der Stimmenimitator“. Anhand konkreter Beispiele aus den Texten wird gezeigt, wie diese Kriterien erfüllt, aber auch ironisch unterlaufen werden.
3. Kann ein Ereignis in Wiederholung noch als Ereignis gelten? – Ereignishaftigkeit als Funktion des Gesamtwerks Der Stimmenimitator: Hier wird die Ereignishaftigkeit im Kontext des Gesamtwerks „Der Stimmenimitator“ untersucht. Es wird analysiert, wie die Wiederholung und Variation von Ereignissen und Motiven die Ereignishaftigkeit einzelner Texte im Gesamtkontext beeinflusst und ob die Überzeichnung der Kriterien zu einer Entwertung führt. Die Struktur der Sammlung und die Rolle des Erzählers werden in diesem Zusammenhang beleuchtet.
Schlüsselwörter
Thomas Bernhard, Der Stimmenimitator, Kürzestprosa, Ereignishaftigkeit, Narratologie, Einzeltext, Gesamtwerk, Wiederholung, Variation, Ironie, Zeitungssprache, Fakt und Fiktion, Imprädiktabilität, Relevanz, Konsekutivität, Irreversibilität, Non-Iterativität.
Häufig gestellte Fragen zu Thomas Bernhards "Der Stimmenimitator"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert die narratologische Ereignishaftigkeit in Thomas Bernhards Kürzestprosa-Sammlung "Der Stimmenimitator". Der Fokus liegt auf dem Vergleich der Ereignishaftigkeit in den einzelnen Texten mit der des Gesamtwerks. Es wird untersucht, ob die in Einzeltexten stark ausgeprägte Ereignishaftigkeit durch Wiederholungen und Variationen im Gesamtwerk abgeschwächt oder entwertet wird.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit Ereignishaftigkeitskriterien in Bernhards Kürzestprosa, dem Kontrast zwischen Ereignishaftigkeit in Einzeltexten und der Sammlung, der Rolle von Wiederholung und Variation in der Konstruktion von Ereignissen, dem Einfluss der Erzählstrategie auf die Wahrnehmung von Ereignissen und der Funktion des Gesamtwerks als komponiertes Ganzes.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über Eigenschaften und Besonderheiten narrativer Kürzestprosa, ein Kapitel zur Analyse der Ereignishaftigkeitskriterien in den Einzeltexten von "Der Stimmenimitator", ein Kapitel zur Ereignishaftigkeit im Gesamtwerk und eine Zusammenfassung mit Ausblick. Die Einleitung stellt das Werk vor und formuliert die zentrale Forschungsfrage. Kapitel 1 beschreibt Merkmale narrativer Kürzestprosa. Kapitel 2 analysiert die Erfüllung von sechs Ereignishaftigkeitskriterien (Relevanz, Imprädiktabilität, Konsekutivität, Irreversibilität, Non-Iterativität und Plötzlichkeit) anhand konkreter Beispiele. Kapitel 3 untersucht den Einfluss von Wiederholung und Variation auf die Ereignishaftigkeit im Gesamtkontext.
Wie werden Ereignisse in der Analyse definiert?
Die Analyse untersucht die Erfüllung von sechs Ereignishaftigkeitskriterien (Relevanz, Imprädiktabilität, Konsekutivität, Irreversibilität, Non-Iterativität und Plötzlichkeit) in den einzelnen Texten und im Gesamtkontext von "Der Stimmenimitator". Es wird analysiert, wie diese Kriterien erfüllt, aber auch ironisch unterlaufen werden und wie sich ihre Überzeichnung auf die Wahrnehmung der Ereignisse auswirkt.
Welche Rolle spielen Wiederholung und Variation?
Wiederholung und Variation von Ereignissen und Motiven sind zentrale Aspekte der Analyse. Es wird untersucht, wie diese die Ereignishaftigkeit einzelner Texte im Gesamtkontext beeinflussen und ob die Überzeichnung der Kriterien zu einer Entwertung führt. Die Struktur der Sammlung und die Rolle des Erzählers werden in diesem Zusammenhang beleuchtet.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit untersucht den Kontrast zwischen der stark ausgeprägten Ereignishaftigkeit in einzelnen Texten von "Der Stimmenimitator" und der Wirkung dieser Ereignisse im Kontext des Gesamtwerks. Es wird analysiert, ob und wie die Wiederholungen und Variationen die Ereignishaftigkeit beeinflussen und ob eine Entwertung der Ereignisse im Gesamtwerk stattfindet. Die Schlussfolgerungen werden in der Zusammenfassung und im Ausblick präsentiert.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Thomas Bernhard, Der Stimmenimitator, Kürzestprosa, Ereignishaftigkeit, Narratologie, Einzeltext, Gesamtwerk, Wiederholung, Variation, Ironie, Zeitungssprache, Fakt und Fiktion, Imprädiktabilität, Relevanz, Konsekutivität, Irreversibilität, Non-Iterativität.
- Citation du texte
- Lisa Lindner (Auteur), 2016, Narratologische Untersuchungen zur Ereignishaftigkeit in Kürzestprosa. Thomas Bernhards "Der Stimmenimitator", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/350039