Psychology and Economics. Das entscheidungstheoretische Verhältnis von Psychologie und Ökonomie nach Matthew Rabin


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2016

20 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhalt

1. Einführung

2. Über die Notwendigkeit der Verhaltensökonomie
2.1 Eine Heranführung der Ökonomie an die Realität menschlichen Entscheidens
2.2 Das Individuum und die Nutzenmaximierung
2.3 Das Ziel der Verhaltensökonomie
2.4 Eine kritische Würdigung der Verhaltensökonomie

3. Das Abweichen menschlichen Entscheidens im Detail
3.1 Die Überbewertung von Verlusten
3.2 Das Festhalten an getroffenen Entscheidungen
3.3 Eine modellhafte Darstellung menschlichen Abweichens

4. Zusammenfassung

Literatur

1. Einführung

Die vorliegende Seminararbeit behandelt das entscheidungstheoretische Verhältnis von Ökonomie und Psychologie, welches in Form der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) seit geraumer Zeit als anerkennte Teildisziplin Einzug in die Wirtschaftswissenschaften erhalten hat. Das zentrale Anliegen der Seminararbeit ist die Veranschaulichung entscheidungstheoretischer Vorteile, welche mit der (erneuten) Zusammenführung von Ökonomie und Psychologie verbunden sind.

Argumentativ orientiert sich die Seminararbeit hierbei primär an den Ausführungen Matthew Rabins, mit welchen dieser in „Psychology and Economics“1 die Notwendigkeit psychologischer Erkenntnisse für eine Heranführung ökonomischer Modelle an die Realität menschlichen Entscheidens begründet. Obwohl der Beitrag Matthew Rabins auch im zeitgenössischen Diskurs noch immer zum grundlegenden Kanon der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) zählt, wird im Zuge dieser Seminararbeit zwecks Vertiefung an relevanten Stellen immer wieder auf entsprechende Sekundärliteratur zurückgegriffen. Auf diese Weise wird nicht nur eine umfassende, sondern auch eine kritische Analyse der Ausführungen Matthew Rabins ermöglicht.

Um in die Gedankenwelt Matthew Rabins einzuführen, wird in dem ersten Teil der Seminararbeit die definitorische Abgrenzung zwischen Ökonomie, Psychologie und Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) vorgenommen. Auf der thematischen Abgrenzung aufbauend wird unter Zuhilfenahme genereller Beispiele, welche aufgrund der arbeitstechnischen Restriktionen nicht im Detail abgehandelt werden können, die von Matthew Rabin als notwendig erachtete Zusammenführung von Ökonomie und Psychologie nachvollzogen. Abgeschlossen wird der erste Teil durch eine kurze kritische Würdigung der Verhaltensökonomie im Allgemeinen, sowie dem Beitrag Matthew Rabins im Speziellen.

Im zweiten Teil der Seminararbeit folgt die detaillierte Abhandlung ausgewählter Beispiele Matthew Rabins. Hierbei werden nicht nur die psychologischen Phänomene im menschlichen Entscheidungsprozess, welche auf Defizite in den ökonomischen Entscheidungsmodellen schließen lassen, ausführlich erläutert, sondern auch jene Experimente nachvollzogen, welche Matthew Rabin seiner Zeit als Beleg für seine Ausführungen heranzog. Vervollständigt die wird Analyse im zweiten Teil der Seminararbeit durch eine kurze Abhandlung einer möglichen modellbasierten Lösung für die zuvor aufgeworfenen Probleme.

Abschließend sind noch zwei Anmerkungen über das methodische Vorgehen in dieser Seminararbeit unerlässlich. Zum ersten stehen im Sinne Matthew Rabins2 bei den Ausführungen die wissenschaftlichen Erkenntnisse an sich, und nicht die Art der Erkenntnisgewinnung im Vordergrund. Dies bedeutet, obwohl im zweiten Teil der Seminararbeit diverse Experimente zwecks Erläuterung herangezogen werden, findet keine explizite Prüfung der entsprechenden Anordnungen statt. Zum zweiten wird im Zuge dieser Seminararbeit, ebenfalls im Sinne Matthew Rabins, der Grad formaler Darstellungen so gering wie möglich gehalten. Ziel ist hierbei eine Minimierung des Abstraktionsniveaus um den Zugang zu den konkreten Herausforderungen in der ökonomischen Entscheidungstheorie zu erhöhen.

2. Über die Notwendigkeit der Verhaltensökonomie

In diesem Teil der Seminararbeit stehen die definitorische Abgrenzung der Begriffe Ökonomie, Psychologie und Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) sowie die daraus abgeleitete Notwendigkeit psychologischer Erkenntnisse für die ökonomische Entscheidungstheorie im Vordergrund. Den Ausgangspunkt der gemachten Überlegungen liefert in diesem Zusammenhang die Entscheidungstheorie der neoklassischen3 Ökonomie, welche es anhand konkreter Beispiele zu analysieren gilt.

2.1 Eine Heranführung der Ökonomie an die Realität menschlichen Entscheidens

Die Ökonomie ist „the science of how resources are allocated by individuals and collective institutions like firms and markets (…).”4 Dementsprechend spielt die Frage nach dem menschlichen Entscheiden und Handeln schon per Definition eine herausragende Rolle in der Ökonomie. Wird die Bedeutung einer Wissenschaft zudem an der Qualität ihrer Vorhersagen gemessen, so wird die Rolle der Entscheidungstheorie in der Ökonomie eine noch gewichtigere. Denn es ist fraglich, inwiefern die Ökonomie als Wissenschaft eine zukünftige Ressourcenallokation durch individuelle und kollektive Institutionen ohne eingehende Kenntnisse des menschlichen Entscheidens überhaupt verlässlich antizipieren kann.

Die Fragestellung nach den Besonderheiten des menschlichen Entscheidungsprozesses befindet sich wiederrum im akademischen Zentrum der Psychologie. Diese erforscht anhand wissenschaftlicher Methoden systematisch die menschliche Entscheidungsfindung, das menschliche Verhalten sowie das menschliche Wohlbefinden.5 Obwohl die Entscheidungstheorie somit eine entscheidende Rolle in Ökonomie wie auch Psychologie spielt, unterscheiden sich die spezifischen Herangehensweisen beider Disziplinen entscheidend. So verfolgt die Psychologie deskriptiven Forschungsansatz in der Entscheidungstheorie, während die Ökonomie eine normative Perspektive vertritt. Erforscht die Psychologie also den menschlichen Entscheidungsprozess an sich, so beschreibt die Ökonomie dementgegen ein entscheidungstheoretisches Idealverhalten. Zweitens sind entscheidungstheoretische Erkenntnisse in der Ökonomie lediglich Mittel zum Zweck, während diese in der Psychologie den Schwerpunkt akademischer Fragestellungen repräsentieren.

Nichtsdestotrotz scheint die Zusammenführung ökonomischer und psychologischer Erkenntnisse in Bezug auf das menschliche Entscheiden und Handeln, zumindest aus ökonomischer Perspektive, nicht nur geraten, sondern geboten. Die Verhaltensökonomie (Behavioral Economics)6 als ökonomische Teildisziplin bietet hierbei die akademische Bildfläche, auf welcher die Zusammenführung ermöglicht wird. Diesem Ansatz folgend, bemerken Nathan Berg und Gerd Gigerenzer zuteffend, dass „[d]oing economics with more realistic assumptions is perhaps the guiding theme of behavioral economics (…).”7

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei der Zusammenführung ökonomischer und psychologischer Erkenntnisse in eine Disziplin um keine Entwicklung des 20. Jahrhunderts handelt. Vielmehr lässt sich diese bis auf die Pioniere der klassischen ökonomischen Theorie zurückführen. Die ökonomische Teildisziplin der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) repräsentiert somit eine erneute Zusammenführung von Ökonomie und Psychologie, nachdem sich beide Disziplinen in

Folge einer vermeintlichen Verwissenschaftlichung8 ihres akademischen Instrumentariums voneinander trennten.9

2.2 Das Individuum und die Nutzenmaximierung

Fraglich ist nun, welche vermeintlichen Defizite der ökonomischen Entscheidungstheorie die Implementierung psychologischer Erkenntnisse konkret als notwendig erscheinen lassen. Matthew Rabin begründet die Notwendigkeit in der Tatsache, dass die Ökonomie in ihrer gegenwärtigen Konzeption nicht in der Lage sei, das menschliche Verhalten in angemessener Weise zu antizipieren.10 Mit einem konsequenten Rückgriff auf die zuvor gemachten Definitionen bedeutet dies, dass die Ökonomie, ohne entscheidungstheoretische Schützenhilfe der Psychologie, ihrem eigenen wissenschaftlichen Selbstverständnis schlichtweg nicht gerecht werden kann. Die Quelle dieses wissenschaftlichen Dilemmas sieht Matthew Rabin hierbei in dem entscheidungstheoretischen Menschenbild des homo oeconomicus, welches die neoklassische Ökonomie ihren Modellen zugrunde legt.11 So ist die Realitätsferne ökonomischer Entscheidungstheorie nach Matthew Rabin schlussendlich auf vier Grundannahmen über den homo oeconomicus zurückzuführen12:

1. Die Annahme, dass Individuen Ihre Entscheidungen aufgrund bewusster, stabiler und kohärenter Präferenzen13 treffen.
2. Die Annahme, dass die selbstbezogene Nutzenmaximierung (Egoismus im engeren Sinn) die alleinige Motivation menschlichen Entscheidens ist.
3. Die Annahme, dass der individuelle Nutzen einer bestimmten Entscheidungsalternative anhand eines erwarteten Gesamtnutzens (Erwartungsnutzentheorie oder expected utility theory) und nicht anhand einer relativen Veränderung des Nutzens in Bezug auf einen individuellen Referenzpunkt bestimmt wird.
4. Die Annahme, dass der individuelle Entscheidungsprozess bezüglich divergierender Alternativen ausschließlich auf Basis objektiver Tatsachen sowie durch rationales Abwägen abläuft.14

[...]


1 Vgl. Rabin, M. (1998), o. S.

2 Vgl. Rabin, M. (1998), S. 12

3 Die Begriffe der neoklassischen Ökonomie, klassischen Ökonomie bzw. der ökonomischen Standardtheorie werden im Zuge dieser Seminararbeit weites gehend synonym genutzt. Ziel ist hierbei eine methodische Zusammenfassung jener Schulen der Ökonomie, welche ihre Entscheidungsmodelle auf den Paradigmen der Rationalität und individuellen Nutzenmaximierung aufbauen.

4 Camerer, C. (1999), S. 10575

5 Vgl. Rabin, M. (1998), S. 11

6 Matthew Rabin selbst verwendet den Begriff der psychologischen Ökonomie. Auf diesen wird im Folgenden aufgrund der Verwechselungsgefahr mit der österreichischen Schule der Ökonomie verzichtet.

7 Berg, N. und Gigerenzer, G. (2010), S. 134

8 Im Streben nach erhöhter Anerkennung als eigenständige Wissenschaft folgte die Ökonomie der mathematischen Tradition der Naturwissenschaften, während die Psychologie sich auf empirische Methoden fokussierte.

9 Vgl. Camerer, C. (1999), S. 10575

10 Vgl. Rabin, M. (1998), S. 12; wieder aufgegriffen vgl. Rabin, M. (2002), S. 6

11 Vertiefend zum Verhältnis von homo oeconomicus und Behavioral Economics vgl. Bofinger, P. (2011),

S. 80f; eine kompakte Übersicht zu der vermeintlichen Realitätsferne des Rationalitätsparadigmas bietet vgl. Mankiw, N.G. und Tayler, M.P. (2011), S. 477ff.

12 Vgl. Rabin, M. (1998), S. 12f

13 Zur generellen Bedeutung von Präferenzen für Ökonomie und Psychologie vgl. Berg, N. und Gigerenzer,

G. (2010), S. 149

14 Beispielhaft hierfür sind die Annahmen über eine subjektive Diskontierung zukünftigen Nutzens, Entscheidungen unter Unsicherheit anhand von Wahrscheinlichkeiten und die Indifferenz zwischen negativen und positiven quantitativen Veränderungen.

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Psychology and Economics. Das entscheidungstheoretische Verhältnis von Psychologie und Ökonomie nach Matthew Rabin
Université
University of Erfurt  (Staatswissenschaftliche Fakultät)
Cours
Mikroökonomie: Behavioral Economics
Note
1,0
Auteur
Année
2016
Pages
20
N° de catalogue
V350469
ISBN (ebook)
9783668370418
ISBN (Livre)
9783668370425
Taille d'un fichier
459 KB
Langue
allemand
Mots clés
Verhaltensökonomie, Psychologie, Ökonomie, Rationalität, Homo Oeconomicus, Anchoring, Loss Aversion, Verlustaversion, Nutzenmaximierung
Citation du texte
Philipp Söchting (Auteur), 2016, Psychology and Economics. Das entscheidungstheoretische Verhältnis von Psychologie und Ökonomie nach Matthew Rabin, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/350469

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