Das Politikverständnis von Hannah Arendt


Hausarbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Hannah Arendt im Spiegel der Zeit I

2. Hannah Arendts Biographie

3. Hannah Arendts Politische Theorie
3.1. Politik als Pluralität
3.2. Politik als Freiheit
3.3. Die Republik

4. Der Totalitarismus und seine Folgen
4.1. Totalitäre Herrschaft versus Freiheit
4.1.1. Die Entstehung des Totalitarismus
4.1.2. Totalitäre Machtergreifung
4.1.3. Das neue Element am Totalitarismus
4.2. Die Vorurteile gegen Politik

5. Hannah Arendt im Spiegel der Zeit II

6. Literatur

1. Hannah Arendt im Spiegel der Zeit I

Hannah Arendt ist sicher eine bedeutende Philosophin des 20. Jahrhunderts, bei der persönliche Erfahrungen und philosophisches Denken eine unauflösliche Symbiose eingegangen sind.

Nicht nur ihre Erfahrungen des Exils, in welches sie als Jüdin während des III. Reiches gehen musste, sondern auch ihre ambivalente Beziehung zu ihrem Mentor, Lehrer und zeitweiligen ‚Lebensgefährten’ Martin Heidegger aus der Marburger Zeit, sowie ihre Lehrzeit bei Karl Jaspers in Heidelberg, bei dem sie über den Heiligen Augustinus promovierte, wirkten stark und bleibend in ihrer Philosophie und ihrer politischen Theorie nach.

Ihre bahnbrechende Studie „Elemente und Ursprung totalitärer Herrschaft“ von 1951 mit seinen Abhandlungen über Antisemitismus sind beispielhaft dafür, genauso wie ihr Prozessbericht „Eichmann in Jerusalem“ von 1965, der hier jedoch nicht behandelt soll, ebenso wie die Ausführungen zum Antisemitismus in der Totalitarismus-Studie.

Die rechtsphilosophischen und verfassungstheoretischen Dimensionen von Hannah Arendts Werk sollen in dieser Hausarbeit Gegenstand der Betrachtung sein und im Spiegel des 20. Jahrhunderts bzw. der westlichen Demokratien erörtert werden.

2. Hannah Arendts Biographie

Um die im Anschluss vorgestellten Theorien Hannah Arendts besser zu verstehen, könnte an dieser Stelle ein Streifzug durch ihre Biographie hilfreich sein.

Hannah Arendt wird am 14. Oktober 1906 in Hannover als Tochter wohlhabender jüdischer Eltern geboren und wächst in einem großbürgerlichen, idealistisch und romantisch geprägten Milieu auf.

1924 macht sie ihr Abitur und geht im selben Jahr nach Marburg, um dort bei Martin Heidegger Philosophie und bei Rudolf Bultmann Theologie zu studieren.

Mit dem 15 Jahre älteren Martin Heidegger verbindet sie bald eine unglückliche Liebesbeziehung, die unter strenger Verschwiegenheit und mit Unterbrechungen bis 1928 dauert, zumal Martin Heidegger verheiratet ist und zwei Kinder hat.

Hannah Arendt wird später neben Herbert Marcuse, einem der Mitbegründer der Frankfurter Schule, sowie Hans-Georg Gadamer, dem Schüler Heideggers und Begründer der philosophischen Hermeneutik, zu Martin Heideggers größten Bewunderern gehören, die in erster Linie auf Grundlage seines epochalen Werkes „Sein und Zeit“ von 1928 zu verstehen ist, welches starken Einfluss auch auf Leute wie Theodor W. Adorno und Max Horckheimer hatte.

Aus Martin Heideggers Begriff der ‚Wahrheit’ (aletheía), als dasjenige, was sich dem unverstellten Blick zeigt und dann offen zutage liegt, hat Hannah Arendt später den politischen Begriff der ‚Öffentlichkeit’ und der ‚öffentlichen Macht’ abgeleitet.[1]

1926 verlässt Hannah Arendt Marburg und wechselt nach Heidelberg, um ihr Studium bei Karl Jaspers mit einer Dissertation über den heiligen Augustinus zu beenden. Der Grund ihres Wechsels ist Martin Heidegger, dem sie 25 Jahre später in einem Brief gesteht: „I left Marburg exclusively because of you.“[2]

1926 heiratet sie den Publizisten Günter Stern (Pseudonym: Günter Anders), zu dessen Hauptwerk sicher „Die Antiquiertheit des Menschen“ zählt. Im Juli 1933 wird Hannah Arendt von der Gestapo verhaftet, jedoch nach einer Woche wieder freigelassen, bevor sie im August 1933 beschließt, ins Exil zu gehen, nicht zuletzt, weil sie mit ansehen muss, wie schnell ihr nahe stehende Menschen wie Martin Heidegger, aber auch ihr ehemaliger Studienkollege Benno von Wiese, den Nationalsozialismus verkennen und eine Zeitlang als Chance eines Neuanfangs fehlinterpretieren.

Über Prag, Genua und Genf kommt sie nach Paris, wo sie neben Walter Benjamin auch ihren späteren zweiten Ehemann, den damaligen Kommunisten Heinrich Blücher, kennen lernt. Sie heiratet ihn 1937 im Jahr der Scheidung von Günter Stern und der Aberkennung ihrer deutschen Staatsbürgerschaft. 1941 wird sie als ‚feindliche Ausländerin’ in ein Konzentrationslager an der französisch-spanischen Grenze deportiert, das sie fünf Wochen später in den Wirren der Kapitulation Frankreichs und mit Hilfe ihres Mannes wieder verlassen kann. Hannah Arendt flieht daraufhin mit ihrem Mann und ihrer Mutter im Mai 1941 über Lissabon nach New York, wo sie die amerikanische Staatsbürgerschaft annimmt. Sie arbeitet dort als Lektorin und freie Schriftstellerin, sie unterrichtet als Privat-Dozentin Politische Theorie in Berkley, Princeton und Harvard, und seit 1963 als Professorin an der Universität in Chicago sowie ab 1967 an der New School for Social Research in New York. Am 04. Dezember 1975 verstirbt HANNAH Arendt in New York an einem Herzinfarkt. 1951 erscheint ihre bereits erwähnte Totalitarismus-Studie im direkten Umfeld des McCarthyismus mit seiner fast schon wahnhaften Kommunistenverfolgung. In den 1950er Jahren trifft Hannah Arendt mehrfach Martin Heidegger in Freiburg wieder und erhält den Kontakt zu ihm aufrecht. Aller Wut über Martin Heideggers politische Vergangenheit zum Trotz verhält sie sich ihm gegenüber loyal, und sie rechtfertigt sein Verhalten der beginnenden 1930er Jahre öffentlich als ‚Irrtum’, der sich ohne Probleme in eine Reihe vieler ‚Irrtümer’ großer Geister seit Platon einreihen und sich mit dem Begriff „déformation professionelle“ belegen ließe.[3] Weitere wichtige Daten sind ihre Laudatio auf Karl Jaspers zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in Frankfurt/ Main 1958, die Verleihung des Lessing-Preises der Stadt Hamburg 1959 sowie die Verleihung des Sigmund Freud-Preises der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung 1967.

3. Hannah Arendts Politische Theorie

In diesem Kapitel soll Hannah Arendts Verständnis von Politik dargestellt werden.

Grundlage dafür sind Fragmente aus ihrem Nachlass, die 1993 unter dem Titel „Was ist Politik?“ von Ursula Ludz herausgegeben wurden.

3.1. Politik als Pluralität

„Politik entsteht im Zwischen und etabliert sich als der Bezug.“[4]

Die Arendtsche Grundfrage, was Politik eigentlich sei, beruht – als Ausgangspunkt der Betrachtungen – auf der Pluralität der Menschen. Während Hannah Arendt konstatiert, dass die meisten Wissenschaften, allen voran die Philosophie und die Theologie, von dem Menschen reden, kommt Hannah Arendt zu dem Schluss, dass die Politik von dem Zusammen- und Miteinander-Sein der Verschiedenen herrührt und lebt.

„Politisch organisieren sich die Menschen nach bestimmten wesentlichen Gemeinsamkeiten in einem absoluten Chaos, oder aus einem absoluten Chaos der Differenzen.“[5]

Politik organisiert also von Beginn an die absolute Verschiedenheit der Menschen in Hinblick auf relative Gleichheit der Menschen.[6] Dabei entsteht und etabliert sich die Politik Zwischen-den-Menschen als ein Bezugssystem.[7] Das bedeutet, dass überall dort, wo Menschen als Verschiedene sich im öffentlichen Raum treffen, Politik überhaupt erst entsteht in Form von öffentlicher Debatte und Auseinandersetzung sowie öffentlichen Sprechens/ Miteinander-Sprechens. Diese öffentliche Debatte ist gleichbedeutend mit politischem Handeln, in welchem sich die politische Freiheit manifestiert. Politik ist folglich etwas, das außerhalb des Menschen stattfindet, nicht im Menschen selbst. Das Aristotelische Z oon Politikon ist insofern keine Essenz des Menschen oder seiner Natur, da der Mensch von Natur aus a-politisch ist. Aus dieser Sicht sind, Hannah Arendt folgend, alle Systeme, die auf dem System der Familie fußen, der Ruin der Politik, da die Familie ein die Unter-Schiedlichkeit der Menschen egalisierendes, ja aufzuheben bedachtes System ist. Dies ist als Perversion des Politischen zu verstehen, da das Bestreben der Egalisierung die Grundqualität der Pluralität aufhebt.[8]

[...]


[1] In: H. Brunckhorst, 1999; aus: H. Arendt „Einführung in die Politik“, Manuskript, 1967, S. 12 ff.

[2] In: H. Brunckhorst, 1999; aus: E. Ettinger „Hannah Arendt. Martin Heidegger“, 1995, S. 20.

[3] In: H. Arendt, 1989, S. 177 f.

[4] In: H. Arendt, 1993, S. 11.

[5] Ebd., S. 9 f.

[6] Ebd., S. 12.

[7] Vgl. H. Arendt, 1993, S. 11.

[8] Ebd., S. 10 ff.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das Politikverständnis von Hannah Arendt
Hochschule
Universität Lüneburg  (Institut für Politikwissenschaften)
Veranstaltung
Klassiker der Demokratietheorie
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V35095
ISBN (eBook)
9783638351263
ISBN (Buch)
9783638953603
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit dem politischen Verständnis von Hannah Arendt unter besonderer Berücksichtigung ihrer Totalitarismus-Studie.
Schlagworte
Politikverständnis, Hannah, Arendt, Klassiker, Demokratietheorie
Arbeit zitieren
Friedrich Bielfeldt (Autor:in), 2004, Das Politikverständnis von Hannah Arendt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35095

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