Anlass zur Themenwahl ist das von mir beobachtete geschichtliche und politische Desinteresse von SuS der Sekundarstufe II in jeglichen gesellschaftswissenschaftlichen Fächern, insbesondere im Fach Pädagogik. Im Unterricht habe ich Sequenzen zu Jugendkulturen, Alternativschulen und dem Erziehungssystem im Nationalsozialismus durchgeführt. Bei diesen Reihen ging es auch um ein historisches Verständnis für die herrschenden gesellschaftlichen Bedingungen, welche die Anregung von Konzepten, die Ausstattung von Identitäten oder Etablierung von politischen Systemen schufen. Oftmals fiel es schwer, die SuS kontinuierlich für diese Zusammenhänge zu sensibilisieren und bei Themen zu motivieren, die zu weiterführenden kritischen Gedanken führen können. Es gelang auch manchmal nur stark geleitet, den Transfer zu den heutigen gesellschaftlichen Rahmenbe-dingungen, bezogen auf Erziehung und Bildung, herzustellen.
Wie kann man dieses Manko beheben ? Denn bei den SuS politisches Interesse zu wecken, sollte ein vordringliches Ziel jedes kritischen Lehrers sein. Diese Defizite wurden auch offiziell bestätigt: Die Shell-Studie des Jahres 2002 kommt zu dem Ergebnis, dass von den Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 25 Jahren nur 22 Prozent „richtig politisiert“ und auch diese in der „Mehrzahl pragmatisch orientiert“ sind. Es gehe „nicht mehr um Ideologien, sondern um die rasche Durchsetzung der eigenen Vorstellungen“ (vgl. taz, 20.8.2002, S.8). Dies steht der Erziehung zur Mündigkeit geradezu kontraproduktiv entgegen, deswegen ist es wichtig, zu erkennen, das politische Bildung „Mut zur Erkenntnis machen“ sollte (Ahlheim 1997: 311).
Ich möchte der Frage nachgehen, inwieweit eine Methode, die eine lange Tradition in den Kulturen verschiedener Völker besitzt, das politische - und als Bedingung - auch das historische Bewusstsein steigern kann, d.h. ob die Vorstellung, dass durch Anwendung einer prozess- und produktionsorientierten Unterrichts-methode wie der Oral History-Methode politisches Interesse zu erzeugen oder zu stärken, haltbar ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1 EINLEITUNG
- 2. ORAL HISTORY IN PÄDAGOGISCH-EMANZIPATORISCHEN STRÖMUNGEN DER ZEITGESCHICHTE
- 2.1 Herkunft und Definition
- 3. ZUM EINSATZ DER ORAL HISTORY METHODE IN SCHULEN
- 3.1 Im Geschichtsunterricht
- 3.2 Verortung in der Bezugswissenschaft und der Stand der Fachdidaktik
- 4. BEGRÜNDUNG FÜR DEN EINSATZ DER ORAL HISTORY METHODE IM PÄDAGOGIKUNTERRICHT DER SEKUNDARSTUFE I
- 4.1 Die Basis: Handlungsorientierung im PU
- 4.2 Der Einsatz der Oral History Methode im handlungsorientierten Pädagogikunterricht
- 4.3 Die Methode der Oral History und der Lehrplan Erziehungswissenschaft
- 5. ORAL HISTORY- EINE METHODISCH-DIDAKTISCHE HERAUSFORDERUNG
- 5.1 Zeitzeugen
- 5.2 Interviewgestaltung
- 5.5 Auswertung
- 5.6 Probleme der Oral History-Methode
- 6. PRAKTISCHER EINSATZ DER ORAL HISTORY METHODE IM PU DER SEK II
- 6.1 Ableitung möglicher Zeitzeugenbefragungen aus der Obligatorik
- 6.2 Planung und organisatorische Form
- 6.3 Checkliste
- 7. FAZIT & AUSBLICK
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Frage, inwieweit die Oral History-Methode zur Steigerung des politischen und historischen Bewusstseins von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II beitragen kann. Der Fokus liegt dabei auf dem Pädagogikunterricht und der Integration der Oral History-Methode in dessen handlungsorientierte Gestaltung.
- Die didaktisch-methodische Begründung für den Einsatz der Oral History im Pädagogikunterricht
- Die Funktion der Oral History-Methode im handlungsorientierten Unterricht
- Methodisch-didaktische Grenzen und Möglichkeiten der Oral History-Methode im Pädagogikunterricht
- Konkrete Praxistipps für die Durchführung und Anwendung der Oral History-Methode im Unterricht
- Diskussion der Möglichkeiten und Grenzen der Oral History-Methode im Pädagogikunterricht der Sek II
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Problem des geschichtlichen und politischen Desinteresses bei Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II dar und führt die Oral History-Methode als mögliche Lösung vor. Kapitel 2 beleuchtet die Herkunft und Definition der Oral History-Methode im Kontext pädagogisch-emanzipatorischer Strömungen der Zeitgeschichte. In Kapitel 3 wird der Einsatz der Oral History-Methode im Geschichtsunterricht und ihre Verortung in der Bezugswissenschaft beleuchtet. Kapitel 4 befasst sich mit der Begründung des Einsatzes der Oral History-Methode im Pädagogikunterricht der Sek II und greift die Prinzipien der Handlungsorientierung auf. Kapitel 5 untersucht die methodisch-didaktischen Herausforderungen der Oral History-Methode, wie die Auswahl von Zeitzeugen, die Interviewgestaltung und die Auswertung. Kapitel 6 präsentiert konkrete Praxistipps für die Durchführung und Anwendung der Oral History-Methode im Pädagogikunterricht der Sek II. Das Kapitel beinhaltet auch eine Checkliste für die Planung und Organisation von Zeitzeugenbefragungen.
Schlüsselwörter
Oral History, Pädagogikunterricht, Sekundarstufe II, Handlungsorientierung, Zeitzeugen, Interviewgestaltung, Auswertung, Politisches Bewusstsein, Historisches Bewusstsein, Zeitgeschichte, Erziehungswissenschaft.
- Citation du texte
- M.A. Friederike Kaemper (Auteur), 2003, Möglichkeiten und Grenzen von "Oral History" im Pädagogikunterricht der Sekundarstufe II, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35107