Supply Chain Collaboration. Integration eines Logistics-Service-Providers


Diplomarbeit, 2004

111 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Aufbau der Arbeit
1.2 Grundlagen
1.2.1 Logistik
1.2.2 Supply Chain Management (SCM)
1.2.3 Collaborative Supply Chain Management (CSCM)

2 Begriff und Merkmale von Kooperationen
2.1 Vertikale Kooperationen
2.2 Horizontale Kooperationen
2.3 Diagonale Kooperationen
2.4 Kooperationsformen
2.4.1 Unternehmensnetzwerke
2.4.2 Kartelle
2.4.3 Konsortien
2.4.4 Fusionen
2.4.5 Joint Ventures (JV)
2.4.6 Virtuelle Unternehmen (VU)
2.5 Ziele der Kollaborationspartner
2.6 Vorteile und Nachteile für die Kollaborationspartner

3 Arten der Kollaborationen
3.1 Forecast Collaboration
3.2 Capacity Collaboration
3.3 Inventory Collaboration
3.4 Order Collaboration
3.5 Transportation Collaboration
3.6 Multi-Tier Collaboration

4 Logistics-Service-Provider (LSP)
4.1. Aufgaben der Logistics-Service-Provider
4.1.1 Operative Aufgaben
4.1.2 Administrative Aufgaben
4.2 Klassifizierung der Logistics-Service-Provider
4.3 Third-Party-Logistics-Provider (3PL)
4.3.1 Service Provider
4.3.2 Solution Provider
4.4 Leistungen des 3PL
4.4.1 Financial Services
4.4.2 Information Technology
4.4.3 Forwarding and Customs Activities
4.4.4 Warehousing & Inventory Management
4.4.5 Transport Planning & Management
4.4.6 Consulting Services & Product related Services
4.5 Fourth-Party-Logistics-Provider (4PL)
4.5.1 Externe Weiterentwicklungsstrategie
4.5.2 Interne Weiterentwicklungsstrategie
4.5.3 Strategie der neuartigen Marktteilnehmer
4.6 Leistungen des 4PL
4.6.1 Logistik-Systemgestaltung (Design)
4.6.2 Prozessplanung und Collaboration
4.6.3 Monitoring
4.6.4 Fulfillment
4.6.5 Zusatzdienste
4.7 Beispiele für 4PL Unternehmen
4.7.1 Setlog GmbH
4.7.2 Volkswagen Transport GmbH & Co. OHG
4.7.3 eChain Logistics AG
4.8 Vorteile der Integration für die Unternehmen

5 Elektronische Standards als Kollaborationsbasis
5.1 Electronic Data Interchange (EDI)
5.2 Extensible Markup Language (XML)
5.3 XML/EDI
5.4 WebEDI
5.5 Web Collaboration
5.6 Business-to-Business Collaboration
5.7 Enterprise Application Integration (EAI)

6 Elektronische Märkte und Transaktionspartner
6.1 Business-to-Business (B2B)
6.2 Business-to-Customer (B2C)
6.3 Elektronische Marktplätze (EMP)
6.4 Arten elektronischer Märkte
6.4.1 Einkaufsorientierte Marktplätze
6.4.2 Neutrale Marktplätze
6.4.3 Verkaufsorientierte Marktplätze
6.4.4 Horizontale Marktplätze
6.4.5 Vertikale Marktplätze
6.4.6 Schwarzes Brett
6.4.7 Katalogbasierte Marktplätze
6.4.8 Auktionsbasierte Marktplätze
6.5 Beispiele für Logistikportale
6.5.1 Bundesvereinigung Logistik e.V
6.5.2 eLog-Center
6.5.3 Logistikinitiative Niedersachsen

7 Fazit und Ausblick

8 Quellenangabe

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zukünftiges Wirkungsszenario mit Einfluß auf die Logistik

Abbildung 2: Entwicklungsstufen der Logistik

Abbildung 3: Die Supply Chain aus dem Unternehmensblickwinkel

Abbildung 4: Der Bullwhip-Effekt

Abbildung 5: Elemente des CSCM Konzeptes

Abbildung 6: Aufbau von Virtuellen Unternehmen

Abbildung 7: Kollaborative Prozesse in der Supply Chain

Abbildung 8: Zeitliche Einordnung der Prozesse

Abbildung 9: Ablauf der Forecast Collaboration

Abbildung 10: Ablauf der Capacity Collaboration

Abbildung 11: Ablauf der Inventory Collaboration

Abbildung 12: Ablauf der Order Collaboration

Abbildung 13: Ablauf der Transportation Collaboration

Abbildung 14: Einordnung der Multi-Tier Collaboration

Abbildung 15: Ablauf der Multi-Tier Collaboration

Abbildung 16: Entwicklung der Logistik-Dienstleistungen

Abbildung 17: Entwicklung der LSP

Abbildung 18: Klassifizierung der LSP

Abbildung 19: Stellung des 4PL in der Supply Chain

Abbildung 20: Leistungen der Setlog GmbH

Abbildung 21: Leistungen der Volkswagen Transport GmbH & Co. OHG

Abbildung 22: Gründe für den Einsatz eines 4PL

Abbildung 23: Ablauf des Datenaustausches via EDI

Abbildung 24: Datenaustausch über eine Mailbox

Abbildung 25: Die XML-Struktur

Abbildung 26: Automatische Auftragsabwicklung mittels XML/EDI

Abbildung 27: Datenaustausch mittels XML und EDI

Abbildung 28: Funktionsweise WebEDI

Abbildung 29: Ablauf einer WebCollaboration

Abbildung 30: Ablauf von Business-to-Business Collaborationsprozessen

Abbildung 31: EAI-Architektur

Abbildung 32: Verbinden von Applikationen und Prozessen mittels EAI

Abbildung 33: Anzahl der von den Unternehmen in Zukunft genutzten EMP

Abbildung 34: Outsourcen von Logistikleistungen

Abbildung 35: Prognosen für den Europamarkt von 4PL Unternehmen

Abbildung 36: Probleme bei der Fremdvergabe

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vorteile und Nachteile

Tabelle 2: Operative Aufgaben

Tabelle 3: Administrative Aufgaben

Tabelle 4: Elektronische Austauschbeziehungen der Transaktionspartner

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die derzeitige wirtschaftliche Situation ist recht instabil, und die Entwicklung auf dem wirtschaftlichen und sozialen Sektor wird zunehmend unvorhersehbarer. Es herrscht eine starke Dynamik auf den Märkten vor. Konjunkturelle Schwankungen treten in immer kürzeren Abständen auf und zwingen die Unternehmen zu immer schnelleren Reaktionen auf die eingetretenen Änderungen. Im Zuge der Globalisierung steigt die internationale Konkurrenz, aber auch die internationale Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen, um eine globale Präsenz zu erreichen oder eine bereits bestehende Marktposition zu verstärken. Märkte definieren sich nicht länger durch nationale Grenzen, sondern durch die Fähigkeit eines Unternehmens, seine Zielgruppe global anzusprechen und die Nachfrage zu befriedigen. Der Wandel vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt, besonders auf dem Konsumgüter- und Investitionsgütersektor, zwingt die Unternehmen zu einem hohen Maß an Flexibilität, einer optimalen eigenen Organisation und einer starken Reaktions- und Innovationsbereitschaft, wenn sie den Wünschen der Kunden nach neuen Produkten, steigenden Qualitätsansprüchen und sinkenden Preisen nachkommen wollen. Die Preissituation auf den Märkten verschärft sich und führt zu einem Kostendruck auf nahezu alle Unternehmensbereiche, dem die Unternehmen durch das Eingehen von Kollaboration entlang der Wertschöpfungskette entgegenwirken wollen.1 Der Trend geht immer mehr zu kundenindividuellen Produkten. Im Zeitalter des Internets versuchen die Unternehmen, die Kunden zielgenau mit ihren Produkten durch Werbung anzusprechen. Produkte und Dienstleistungen werden nicht mehr als Massengüter hergestellt, sondern werden auf die individuellen Kundenwünsche zugeschnitten. Wollen Unternehmen im globalen Wettbewerb bestehen, so sind sie gefordert, stets auf dem neusten Stand der Technik zu sein und neue Innovationen bzw. innovative Produkte zu entwickeln, da sowohl die Innovations- als auch die Produktlebenszyklen immer kürzer werden. Die Fähigkeit zur Innovation ist zum kritischen Erfolgsfaktor der Unternehmen geworden.2 Auch gewinnt der Faktor Zeit zunehmend an Bedeutung. Neben der Qualität und dem Preis ist für die Kunden eine schnelle Verfügbarkeit über die Produkte wichtig. Die Unternehmen sind gezwungen, die time-to-market3 und die time-to-customer4 so kurz wie möglich zu gestalten, um den Wünschen ihrer Kunden gerecht zu werden. Durch die abnehmende Wertschöpfungstiefe gewinnt die Integration von externen Partnern in die eigenen Abläufe und die Integration von eigenen Abläufen in die Prozesse anderer Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Durch diese Integration über die Wertschöpfungskette hinweg wird die Leistungsfähigkeit der Unternehmen gesteigert. Die Umsetzung der Eingliederung kann nur mit einer entsprechenden IT-Infrastruktur und den Einsatz von Standards realisiert werden. Operative und administrative Logistikleistungen werden immer häufiger fremdvergeben. Externe Logistics-Service- Provider (LSP) wie Fourth-Party-Logistics-Providers (4PL) oder SCM-IT Dienstleister verbuchen laut einer Studie immense Zuwachsraten bei der Übernahme von Aufgaben, die wie beispielsweise die elektronische Sendungsverfolgung oder die Implementierung von Informationssystemen im IT-Bereich anzusiedeln sind.5 Die LSP sind es, die die optimale Planung, Steuerung und Koordination der SC von der Rohstoffbeschaffung bis hin zur Entsorgung übernehmen und es den Unternehmen so ermöglichen, durch die Konzentration auf die Kernkompetenzen, Effizienzsteigerungs- und Rationalisierungspotentiale zu realisieren. Abbildung 1 zeigt die globalen Trends und deren Einfluss auf die Logistik.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zukünftiges Wirkungsszenario mit Einfluß auf die Logistik6

1.1 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Logistics-Service-Providern und deren Integration in Partnerschaften entlang der Wertschöpfungskette. Es wird ein Überblick gegeben, welche Arten von Kollaborationen es gibt, wie diese Kollaboration durch Standards realisiert werden und welche Aufgaben die LSP dabei übernehmen können. Kapitel 1 vermittelt zunächst die Grundlagen, schildert die derzeitige Marktsituation und erklärt Begriffe wie Logistik, Supply Chain Management (SCM) und Collaborative Supply Chain Management (CSCM).

Das Kapitel 2 beschreibt, was Kooperationen sind, welche Merkmale typisch sind und in welchen Formen es zu Zusammenarbeiten zwischen den Wertschöpfungspartnern kommen kann, bevor in Kapitel 3 die Arten der Kollaborationen und deren Nutzen genannt werden.

Kapitel 4 beschäftigt sich mit den LSP, klassifiziert diese, hebt die Konzepte des ThirdParty-Logistics-Providers (3PL) und des Fourth-Party-Logistics-Providers (4PL) hervor und nennt für sie typische Leistungenmerkmale.

Der technische Aspekt, der für die Realisierung der Kollaborationen und die Integration der LSP in diese Partnerschaften notwendig ist, wird in Kapitel 5 beschrieben. Elektronische Standards wie Electronic Data Interchange (EDI) und Extensible Markup Language (XML) werden genannt und ihre Funktionsweisen erklärt. Da das Internet zunehmend an Bedeutung in Bezug auf neue Logistik-Konzepte gewinnt und ein leicht zugängliches Portal für die Zusammenarbeiten in der Wertschöpfungskette darstellt, werden in Kapitel 6 unterschiedliche Arten von elektronischen Märkten aufgeführt und näher erörtert, bevor abschließend im Kapitel 7 ein Fazit gezogen und Prognosen zur möglichen Entwicklung der LSP, der Supply Chain Collaboration (SCC) und der Steuerung der SCC durch die Integration der LSP in die Zusammenarbeiten der Wertschöpfungspartnerschaften gemacht werden.

1.2 Grundlagen

Die Begriffe Logistik und Supply Chain Management sind gegenwärtig in aller Munde. Sie nehmen einen immer höheren Stellenwert in der Wirtschaft ein und gewinnen für Unternehmen mehr und mehr an Bedeutung. Die Logistik findet ihren Platz zunehmend in der Unternehmensführung, und Logistiker werden zu Prozessmanagern, die in der Lage sind, die Wertschöpfungskette über die Unternehmensgrenzen hinweg organisatorisch und wirtschaftlich zu planen und zu steuern.7

Was sich aber genau hinter diesen Begriffen verbirgt, ist oftmals nicht bekannt, weshalb im folgenden einige Definitionen genannt und Grundlagen vermittelt werden. Im Mittelpunkt des Supply Chain Management steht stets das ganzheitliche, prozessorientierte und unternehmensübergreifende Denken, das sich über alle Stufen der Wertschöpfungskette erstreckt. Durch die Konzentration der Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen und die zunehmende Arbeitsteilung im Zuge der Globalisierung, wird die Optimierung der gesamten Prozesskette immer wichtiger. Aufgabe der Logistiker ist es, unternehmensinterne und unternehmensexterne Prozesse im Sinne der ganzheitlichen Optimierung zu einem effizienten und flexibel arbeitenden Unternehmensnetzwerk zu verknüpfen. Das tägliche Geschäft muss sich den wandelnden Kundenwünschen stellen und möglichst unverzüglich auf sie reagieren. Kollaborationen entlang der Wertschöpfungskette gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie sollen den beteiligten Unternehmen Wettbewerbsvorteile einbringen, da zukünftig die Produktions- und Handelsprozessketten und nicht nur einzelne Unternehmen wie bisher miteinander in Konkurrenz stehen.8 Mit steigender Bedeutung der Zusammenarbeit nimmt auch die Relevanz des Collaborative Supply Chain Managements zu. Das CSCM kann als Element des SCM betrachtet werden, welches sich auf die Optimierung der Schnittstellen zwischen den SC Partnern konzentriert und sämtliche Materialströme in ihrer Gesamtheit optimieren soll.9

1.2.1 Logistik

Zu den wichtigsten Anforderungen, die an ein Unternehmen gestellt werden, gehört eine reibungs- und lückenlose Gestaltung des Material-, Wert- und Informationsflusses. Die Logistik kann helfen, Instrumente zu schaffen und Maßnahmen zu treffen, die diesen Anforderungen gerecht werden und den Fluss möglichst optimal gestalten. In der Literatur ist eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionen zu finden, die je nach den zugewiesenen Aufgabenschwerpunkten variieren.10

Eine relativ kurze und prägnante Definition ist in dem Logistik Lexikon zu finden. Demnach kann die Logistik wie folgt beschrieben werden: „Planen, Ausführen und Kontrolle von Material-, Informations-, Werte-, Personen- und Energieflüssen. Es gilt eine gewisse Menge in einer Zeit an einen bestimmten Ort zu schaffen. Teildisziplinen sind z.B. Beschaffungs-, Lager-, Transport-, Produktions-, Distributions- und Entsorgungslogistik.“11

Ehrmann ergänzt diese Definition und liefert eine umfassendere Beschreibung des Begriffes. „Logistik stellt die aus den Unternehmenszielen abgeleiteten planerischen und ausführenden Maßnahmen und Instrumente zur Gewährleistung eines optimalen Material-, Wert- und Informationsflusses im Rahmen des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses dar, wobei sich dieser von der Beschaffung von Produktionsfaktoren und Informationen über deren Bearbeitung und Weiterleitung bis zur Distribution der erstellten Leistungen erstreckt.“12 Zusätzlich hebt er hervor, dass es sich nicht um eine Aneinanderreihung von Maßnahmen und Instrumenten handeln darf, sondern dass es der Entwicklung eines durchgehenden logistischen Konzeptes bedarf, und die Logistik als eine eigene wichtige betriebliche Funktion betrachtet werden muss. Kürzer als die beiden genannten Definitionen und dennoch sehr zielorientiert ausgerichtet ist die Seven-Rights Definition nach Plowman. Logistik bedeutet für ihn, „die Verfügbarkeit des richtigen Gutes, in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, für den richtigen Kunden, zu den richtigen Kosten zu sichern.“ Die Logistik stellt sowohl für Gesamt- als auch für Teilsysteme in Unternehmen, Konzernen, Netzwerken und sogar virtuellen Unternehmen prozess- und kundenorientierte Lösungen bereit. Je nach Zuordnung der Aufgaben für bestimmte Bereiche ergibt sich eine Vielzahl von Teilgebieten wie beispielsweise die Beschaffungs-, die Produktions-, die Distributions-, die Entsorgungs-, die Verkehrs- oder die Informationslogistik, die wiederum als Gesamtkonzept betrachtet werden müssen und zusammen die Logistik als Oberbegriff ergeben und in alle Prozessketten und -kreisläufe einfließen.13

Ein wesentliches Kennzeichen der Logistik ist ihr beständiger Wandel. Immer neue Trends beeinflussen das Erscheinungsbild der Logistik, was eine ständige Weiterentwicklung und das Ableiten von aktuellen erfolgversprechenden Strategien zur notwendigen Voraussetzung für die nachhaltige Sicherung von Wettbewerbsvorteilen gerade bei global agierenden Unternehmen macht.14

Innerhalb der letzten 30 Jahre hat sich die Logistik von einer überwiegend auf die physischen Abläufe fokussierten Unternehmensfunktion zu einem ganzheitlichen, prozess- und kundenorientierten Managementkonzept und Führungsinstrument entwickelt. Viele Unternehmen haben inzwischen ihre Bedeutung erkannt und betrachten die Logistik als wichtigen strategischen Erfolgsfaktor.15 Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Logistik von der Optimierung abgegrenzter TUL-Funktionen bis hin zur heutigen Optimierung ganzer globaler Netzwerke.

Fehler! Es ist nicht möglich, durch die Bearbeitung von Feldfunktionen Objekte zu erstellen. Abbildung 2: Entwicklungsstufen der Logistik16

1.2.2 Supply Chain Management (SCM)

Der Begriff Supply Chain (SC) bedeutet übersetzt soviel wie Lieferkette, logistische Kette oder auch Wertschöpfungskette und bezeichnet ein unternehmensübergreifendes Netzwerk von Firmen, die zusammenarbeiten, um in diesem als Gesamtheit betrachteten Leistungssystem ein Wirtschaftsgut für den Endkunden herzustellen. Die Kette kann dabei von der Rohstoffgewinnung bzw. Rohstoffbeschaffung bis hin zur Entsorgung der verschlissenen Altprodukte reichen.17

Das Supply Chain Management, auch Versorgungskettenmanagement oder Lieferkettenmanagement genannt, zielt dementsprechend auf die Planung und Koordination der gesamten Wertschöpfungskette ab. Da es in dem Bereich SCM viele ungenaue Erklärungen und Definitionen gibt, die lediglich in dem Punkt übereinstimmen, dass die informationstechnische Integration und die partnerschaftliche Zusammenarbeit über die eigenen Unternehmensgrenzen hinweg zu den Kernelementen des SCM gehören, werden im folgenden zwei Definitionen genannt.18 Kuhn und Hellingrath sehen das Supply Chain Management als „[...] die integrierte prozessorientierte Planung und Steuerung der Waren-, Informations- und Geldflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Kunden bis zum Rohstofflieferanten mit den Zielen: Verbesserung der Kundenorientierung, Synchronisation der Versorgung mit dem Bedarf, Flexibilisierung und bedarfsgerechte Produktion, Abbau der Bestände entlang der Wertschöpfungskette.“19

Scholz-Reiter und Jakobza verstehen unter dem SCM „[...] die unternehmensübergreifende Koordination der Material- und Informationsflüsse über den gesamten Wertschöpfungsprozess von der Rohstoffgewinnung über die einzelnen Veredelungsstufen bis hin zum Endkunden mit dem Ziel, den Gesamtprozess sowohl zeit- als auch kostenoptimal zu gestalten.“20

Über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg laufen die Waren- und Informationsflüsse einander entgegengesetzt. Während die Waren vom Rohstofflieferanten über den Original Equipment Manufacturer (OEM)/Hersteller zum Kunden bewegt werden, fließen die Informationen der Ware entgegen. Der Kunde stellt in der SC so etwas wie den Auslöser der SCM Aktivitäten dar. Wird von Kundenseite Bedarf signalisiert, so fließen die Informationen zurück zu den vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette. Abbildung Unternehmensblickwinkel.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die Supply Chain aus dem Unternehmensblickwinkel21

SCM steht somit als Obergriff für die Optimierung der Wertschöpfungskette. Durch das Supply Chain Management werden spezifische unternehmensinterne und unternehmensübergreifende Ziele verfolgt, die mittels geeigneter SCM Konzepte erreicht werden sollen. Durch den Managementeinsatz wird die Realisierung von Kostenvorteilen, Zeitvorteilen und Qualitätsvorteilen angestrebt.22

Kostenvorteile sollen durch die Reduzierung der Bestandskosten über alle Stufen der SC hinweg erzielt werden. Eine möglichst optimale Transparenz über die Nachfrage der Kunden soll den sog. Bullwhip-Effekt abflachen lassen. Dieses auch als Peitschen- Effekt bezeichnete Phänomen beschreibt das Aufschaukeln einer ursprünglich konstanten Endkundennachfrage über alle Stufen der Wertschöpfungskette. Da die Abhängigkeiten von direkten, vorgelagerten und nachgelagerten Partnern in den letzten Jahren gestiegen sind, behalten die Unternehmen einen gewissen Sicherheitsbestand vor, um den Anforderungen der zu beliefernden Partner selbst bei Informationslücken, die durch zeitversetzte Informationsweitergabe entstehen, stets gerecht werden zu können.23 Erstellt nun jedes SC Mitglied seine Absatzprognosen nur auf Basis der vom vorgelagerten Kunden zur Verfügung gestellten Informationen, so steigt wegen der mangelnden Qualität der Daten der Prognosefehler mit jeder Prognose. Ineffizienzen wie hohe Bestände, lange Durchlaufzeiten und besonders geringe Flexibilität sind die Folge, und ein schnelles Bedienen geänderter Endkundennachfrage ist kaum möglich.

Das Aufschaukeln der Konsumentennachfrage wird in Abbildung 4 über drei vorgelagerte Stufen veranschaulicht.

Abbildung 4: Der Bullwhip-Effekt24

Zeitvorteile können fast in allen Bereichen durch das SCM erzielt werden. Kooperationen zwischen Lieferanten und Kunden können die Entwicklungszeiten von Neuprodukten reduzieren. Sowohl durch die verbesserte gemeinsame Planung in den Bereichen Produktion und Transport als auch durch ein effizienteres Bestandsmanagement können Durchlaufzeiten sinken. Zusätzlich kann flexibler und schneller auf Änderungen reagiert werden, und durch die steigende Lieferflexibilität verbessert sich ebenfalls der Servicegrad.

Gemeinschaftliche F&E Aktivitäten sollen die Realisierung von Qualitätsvorteilen gewährleisten. Gerade durch das Vertrauensverhältnis zwischen den Unternehmen wird eine intensivere Zusammenarbeit ermöglicht. Die Partner tauschen offen Informationen aus, was zusammen mit dem Teamwork im Bereich von F&E die Grundlage für ein durchgängiges und abgestimmtes Vorgehen im Bereich der Qualitätsplanung, -lenkung und -prüfung ist. Das Erzielen einer verbesserten Qualität der Produkte wird so ermöglicht, die Kundenzufriedenheit steigt und damit die Bindung an das Unternehmen.

1.2.3 Collaborative Supply Chain Management (CSCM)

Kollaborative Zusammenarbeit bedeutet, dass zwei oder mehrere Unternehmen ihr Handeln gemeinschaftlich abstimmen. Die Partner erhoffen sich so in der Lage zu sein, eine gemeinsame Informationsgrundlage zu bilden, aus der abgestimmte Pläne abgeleitet und schließlich existierende Erfolgspotentiale erschlossen werden können. In einer Marktstudie zum Thema des Collaborative Supply Chain Managements wird folgende Definition genannt: „CSCM ist eine aktive und auf die Erzielung von Win- Win-Situationen ausgerichtete Zusammenarbeit zwischen Supply Chain Partnern. Es umfasst kollaborative Abstimmungsprozesse durch den intelligenten Austausch von definierten Daten, bei dem beide Seiten mit definierten Rechten und Pflichten in den Prozess eingebunden sind. Die Abstimmungsprozesse können sowohl auf der Planungs- als auch auf der Ausführungsebene stattfinden.“25

Das CSCM hat den Fokus auf den Schnittstellen zwischen den SC Partnern und versucht, die bisher durch fehlende Transparenz und mangelnde Abstimmung gekennzeichneten Planungs- und Steuerungsprozesse zu synchronisieren. Hauptziel ist wie beim SCM eine Reduzierung des Bullwhip-Effektes durch gemeinsame Abstimmungsprozesse. Es soll der Abbau von Beständen realisiert und eine Verbesserung der Transparenz über Bedarfe, Angebote, Bestände und Kapazitäten durch Prozess-, Applikations-, Daten- und Medienintegration erzielt werden.26 Durch den Einsatz von Standards wie XML, EDI und dem Internet sollen Transaktionskosten gesenkt und sowohl durch proaktives27 Engpassmanagement als auch zeitnahes Gegensteuern bei ungeplanten Ereignissen soll die Reaktionsfähigkeit erhöht werden. Dieses als Supply Chain Event Management bezeichnete Instrument stellt wiederum ein Element des CSCM dar, welches auf die Ausführungsebene ausgerichtet ist und somit in den Bereich der Supply Chain Execution fällt. Beim SCEM werden aktuelle Ereignisse entlang der SC fortlaufend mit zuvor erstellten Plänen verglichen und mögliche Abweichungen analysiert. Störungen können so frühzeitig erkannt und beseitigt werden. Neben kollaborativen Abstimmungsprozessen des SCEM und der SCE im Bereich der Ausführungsebene beinhaltet das CSCM mit dem Collaborative Planning und dem Supply Chain Planning zwei weitere Elemente auf der Planungsebene. Das CP dient hierbei der gemeinsamen Abstimmung von Planungsaufgaben, die im Bereich des SCP getätigt werden. Das SCP führt neben der Planung der Bedarfe, Ressourcen und Bestände ebenfalls Verfügbarkeits- und Machbarkeitsprüfungen durch. Unter den Begriffen Available-to-promise, Capable-to- promise oder Order Promising versteht man die Prüfung auf Erfüllbarkeit von Kundenanfragen oder Kundenaufträgen zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit.28 Die SCE soll für die störungsfreie Umsetzung der erstellten Pläne sorgen und eine möglichst optimale Auftragsabwicklung gewährleisten. Abbildung 5 zeigt das Konzept des CSCM mit seinen Elementen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Elemente des CSCM Konzeptes29

Durch den Einsatz des CSCM wird es den Entscheidungsträgern ermöglicht, ein gemeinsames und möglichst widerspruchsfreies Bild über den Zustand von Kapazitäts- und Materialangebot und -nachfrage aufzubauen. Jedes der Partnerunternehmen soll auf die gleiche Informationsbasis zugreifen und entsprechend agieren können, um unerwartete Ereignisse zu vermeiden. Beim CSCM kommt es jedoch nicht zur integrierten Planung durch eine zentrale und gesamtwirtschaftlich optimale Planungsinstanz, sondern jedes der Unternehmen behält seine Planungshoheit. Die Optimierung der eigenen Ressourcen erfolgt lediglich nach Abstimmung mit den SC Partnern. Systemgrenzen, die zuvor aufgrund der isolierten Betrachtungsweise der Unternehmen bestanden, fallen durch das CSCM zum größten Teil weg, da es den rapiden und synchronisierten Austausch von relevanten Daten über die gesamte Wertschöpfungskette ermöglicht.30

2 Begriff und Merkmale von Kooperationen

Unter dem Begriff Kooperation versteht man jede Art der Zusammenarbeit zwischen Institutionen oder Personen. Kooperationen sind eine Form der freiwilligen zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit von mindestens zwei Unternehmen unter Wahrung der wirtschaftlichen und rechtlichen Selbständigkeit.31 Sie basieren auf dem Grundsatz, dass die gemeinsame Leistungsfähigkeit größer als die Summe der Einzelleistungen ist. Die Parteien können ihre Kompetenzen und wirtschaftlichen Beziehungen komplementär ergänzen, um für alle beteiligten Kooperationspartner eine bessere Position im Wettbewerb zu erreichen. Nach dem Vorbild der Arbeitsteilung konzentriert sich jeder auf seine Kernkompetenzen und Stärken und leistet seinen Beitrag zum Gesamtergebnis durch das Bereitstellen von Ressourcen wie Produktionskapazitäten, Managementkapazitäten und Finanzmittel.32

Spricht man von Kooperationen, so kann hinsichtlich der beteiligten Wirtschaftsstufen eine Unterteilung in horizontale, vertikale und diagonale Kooperationen vorgenommen werden.33

2.1 Vertikale Kooperationen

Vertikale Kooperationen sind Unternehmenszusammenschlüsse, bei denen Firmen unterschiedlicher, aufeinanderfolgender Produktions- und/oder Handelsstufen zusammenarbeiten. Die Partner stehen hier in einem Kunden-Lieferanten-Verhältnis, so dass marktübliche Konkurrenzbeziehungen in der Regel ausgeschlossen sind. Bei dieser Form der Zusammenarbeit sollen Produktionsprozesse besser koordiniert und so eine rationellere Fertigung zur Sicherung des Absatzes und der Zulieferung erreicht werden. Durch die vor- und nachgelagerten Prozessstufen ist es möglich, qualifizierte Zusatzleistungen und integrierte Verbundleistungen anzubieten und den Kundenservice zu verbessern. Sind Investitionen geplant, so können technische Details wie standardisierte Kommunikationstechniken oder auch Kapazitäten von den Unternehmen aufeinander abgestimmt werden.

2.2 Horizontale Kooperationen

Horizontale Kooperationen, auch strategische Allianzen34 genannt, sind Partnerschaften, die von Unternehmen derselben Produktions- oder Marktstufe mit dem Ziel der Kostensenkung über Mengen- und Spezialisierungseffekte eingegangen werden. Die von den Kooperationspartnern hergestellten Produkte können dabei produktions- oder verfahrenstechnisch verwandt sein. Durch den gleichen oder weitgehend ähnlichen Tätigkeitsbereich sollen Synergien bei der gemeinschaftlichen Aufgabenerfüllung erzielt werden. Erfahrungs- und Meinungsaustausch, gemeinschaftliche Entwicklung, Einkaufsgemeinschaften, Nutzung von gemeinsamen Produktionsanlagen und Vertriebs- und Verkaufsgemeinschaften sind nur einige Aspekte, von denen die Unternehmen durch die Kooperation profitieren können. Wegen der Zugehörigkeit zu derselben Produktions- oder Marktstufe werden horizontale Kooperationen auch als „Kooperationen zwischen Konkurrenten“ bezeichnet.35

2.3 Diagonale Kooperationen

Als diagonale Kooperationen werden die Zusammenschlüsse von Unternehmen unterschiedlichster Branchen- und Marktstufen bezeichnet. Ziel dieser Partnerschaften ist es, einer bestehenden oder potentiellen Nachfrage ein entsprechendes Angebot gegenüberzustellen. Diagonale Kooperationen ermöglichen sowohl die Schaffung neuer Produkte und Dienstleistungen durch Wissens- und Leistungskombination als auch den Eintritt in neue Technik- und Marktfelder, die besonders durch die steigenden Möglichkeiten der I&K-Technik entstehen.36 Die Partnerschaften dieser Ausrichtung werden auch als laterale oder branchenfremde Kooperationen bezeichnet, bei denen sich die Unternehmen aus finanzierungspolitischen Gründen oder zum Zwecke der Risikoverteilung zusammenschließen.37

2.4 Kooperationsformen

Neben der Gliederung in horizontale, vertikale und diagonale Kooperationen, ist eine Unterteilung in unterschiedliche Formen der Zusammenschlüsse möglich.

2.4.1 Unternehmensnetzwerke

Unternehmensnetzwerke sind Zusammenschlüsse mehrerer Unternehmen, die bei Bedarf Informationen und/oder Material austauschen können. Diese Kooperation ist für eine langfristige (stabile) Zusammenarbeit ausgelegt, weshalb sie auch als Kooperationsplattform bezeichnet wird. Aufgrund von Veränderungen des Kooperationszieles oder Unzulänglichkeiten der Partner kann die Zusammensetzung sich ändern. Die Entstehung solcher Plattformen erfordert langfristige Vorbereitungen und eine mehrjährige Aufbauphase, um vertrauensvolle Beziehungen und eine möglichst optimal funktionierende Organisation zu schaffen. Diese auf formlosen oder schriftlichen Vereinbarungen basierenden Zweckgemeinschaften sind meist zeitlich unbegrenzt. Aufgrund des fehlenden rechtlichen Rahmens für die Zusammenführung von Ressourcen wird die Zusammenarbeit über Funktionsabstimmungen koordiniert. Es gibt zwei Formen dieser Unternehmensnetzwerke. Als stabile Unternehmensnetzwerke werden diejenigen bezeichnet, bei denen mittel- und langfristige Kooperationen zwischen mehreren Unternehmen bestehen. Bei einem stabilen hierarchischen Netzwerk kann eine Dachorganisation existieren, die nach außen gegenüber dem Auftraggeber als Auftragnehmer auftritt. Die andere Form der Unternehmensnetzwerke, die dynamischen Unternehmensnetzwerke, sind dagegen in der Lage, sich kurzfristig zu konfigurieren, um temporäre Marktchancen wahrzunehmen. Sie sind als eine Kombination aus Strategie, Struktur und Management zu betrachten, deren Komponenten ständig neu zusammengestellt werden können. Netzwerkorganisationen in Form von losen Verbünden erfahren eine besondere Dynamik beispielsweise in Bezug auf die Fluktuation der Netzwerkmitglieder. Bei diesen eher kurzfristig angelegten Kooperationen existiert im Gegensatz zu den stabilen Netzwerken keine Dachorganisation, vielmehr tritt hier jeder Partner nach außen als Auftragnehmer auf.38 Beispiele für Unternehmensnetzwerke sind unter anderem Cargo-Lifter oder Smart Car.

2.4.2 Kartelle

Unter dem Begriff Kartell werden Unternehmen zusammengefasst, die sich mit dem Ziel zusammenschließen, so viel Marktmacht zu erreichen, dass die Bedingungen für Angebot oder Nachfrage eines Produktes oder einer Dienstleistung im Sinne der Kartellteilnehmer festgelegt werden können. Die Parteien versuchen, die Vorteile einer Monopolstellung zu erreichen, ohne aber ihre Eigenständigkeit aufzugeben.39 Vertragliche Bindungen, die sog. Kartellvereinbarungen, sollen eine Regelung oder Beschränkung des Wettbewerbs bewirken. Man unterscheidet zwischen Kartellen niederer Ordnung, bei denen Vereinbarungen getroffen werden, die die wirtschaftliche Freiheit der Unternehmen nur geringfügig beeinflussen und Kartellen höherer Ordnung, bei denen Vereinbarungen getroffen werden, die eine gewichtige Einflussnahme auf die Geschäftsführung der einzelnen Mitgliedsunternehmungen ausüben.40

Absprachen, die von den Unternehmen getroffen werden, zielen in der Regel auf die Preisgestaltung der Produkte ab, aber auch eine Aufteilung nach Kunden oder Marktanteilen kann im Mittelpunkt der Absprachen stehen. Kartelle entstehen typischerweise in Märkten für Massenprodukte, bei denen die Anbieter relativ wenig Möglichkeiten haben, sich über die Technologie zu differenzieren. Je weniger Anbieter es in einem Markt gibt oder je ähnlicher sich die Anbieter sind, desto leichter entsteht ein Kartell.41 Kartelle können je nach Ausrichtung verboten, anmeldepflichtig oder genehmigungspflichtig sein. Verboten sind beispielsweise Preis-, Gebiets- oder Vertriebskartelle (Syndikate). Rabattkartelle, bei denen jedes Mitglied den gleichen Rabatt gewährt oder Exportkartelle, bei denen die Mitglieder Absprachen treffen, die sich jedoch nur auf den Auslandsmarkt beziehen dürfen, sind anmeldepflichtig. Unter die Rubrik genehmigungspflichtig fallen z.B. Strukturkrisen- oder Rationalisierungskartelle.42

Das berühmteste Preis- und Mengenkartell stellt die OPEC dar; ein Kartell von Erdöl exportierenden Ländern, die Vereinbarung treffen, um den Weltmarktpreis von Rohöl auf einem möglichst hohen Niveau zu halten.43

2.4.3 Konsortien

Unter dieser Form von Unternehmenspartnerschaften versteht man einen Zusammenschluss von rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmungen zu einer Gemeinschaft auf vertraglicher Basis zur Führung eines gemeinsamen Geschäftes. In den Konsortialverträgen wird die Durchführung einzelner von vornherein klar definierter Aufgaben geregelt. Konsortien werden zu einem befristeten und sachlich begrenzten Zweck gegründet.44 Ein Beispiel für ein Konsortium ist das Gemeinschaftsunternehmen Toll Collect , bei dem die zusammengeschlossenen Unternehmen ihr Wissen in verschiedenen Wirtschaftsbereichen kombinieren, um im Auftrag der BRD die LKW-Maut auf deutschen Autobahnen zu erheben.45

2.4.4 Fusionen

Unter einer Fusion ist der Zusammenschluss von zwei oder mehreren bisher rechtlich selbständigen Unternehmen zu einer wirtschaftlich und rechtlich neuen Einheit zu verstehen.46 Nach dem Zusammenschluss übernehmen ein oder mehrere Unternehmen die Kontrolle über die Partner. Diese Art der Kooperation ist oft anzutreffen, wenn Großunternehmen einen Konkurrenten übernehmen wollen. Der Begriff Fusion wird in der Fachliteratur oft durch den englischen Begriff Merger47 ersetzt.48 Durch Fusionen versprechen sich die Unternehmen Kosteneinsparungen und Wettbewerbsvorteile. Ein

Beispiel aus der Automobilindustrie war Chrysler zu DaimlerChrysler.49

2.4.5 Joint Ventures (JV)

Ein Joint Venture stellt ein Gemeinschaftsunternehmen dar, das von zwei oder mehreren voneinander unabhängigen Partnerunternehmen gegründet wurde. Dieses Unternehmen erbringt alle Aufgaben, die hinsichtlich der gemeinsam festgelegten Ziele anfallen. Diese zeitlich meist nicht befristete Partnerschaft ist sowohl auf der horizontalen, der vertikalen als auch auf der diagonalen Kooperationsebene möglich50. Die Einbringung des benötigten Kapitals erfolgt normalerweise von den beteiligten Unternehmen zu gleichen Teilen, wodurch eine Gleichberechtigung gewährleistet wird.51 Joint Ventures werden oft gewählt, wenn neue Märkte erschlossen oder neue Technologien entwickelt werden sollen, die ansonsten nicht zu finanzieren wären. In Ländern wie China sind JV mit einheimischen Firmen fast die einzige Möglichkeit dort Fuß zu fassen, da es ausländischen Firmen untersagt ist, hier reine Tochtergesellschaften zu gründen. Durch diese oft international ausgerichtete Zusammenarbeit können die Unternehmen von den gemeinsam eingebrachten Kenntnissen und Ressourcen profitieren. Ein JV sind beispielsweise die Firmen Fujitsu und Siemens AG eingegangen, die ihre Computersparten zusammengelegt haben.52

2.4.6 Virtuelle Unternehmen (VU)

„Ein Virtuelles Unternehmen ist ein loser, dynamischer Zusammenschluß mehrerer rechtlich oder organisatorisch unabhängiger Unternehmen oder Organisationseinheiten, mit dem Ziel, die Kernkompetenzen der kooperierenden Partner in einem gemeinsamen Wertschöpfungsprozeß unter Zuhilfenahme einer multidimensionalen informationstechnischen Vernetzung synergetisch und komplementär zu nutzen.“53 Das Management ist durch flache Hierarchiestrukturen, Teamwork und die Übertragung von Verantwortung auf einzelne Partner gekennzeichnet; die Koordination erfolgt hauptsächlich über eine Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Die Konzentration auf die Kernkompetenzen steht im Vordergrund, und das Einbringen dieser Kompetenzen in das Projekt, in Abbildung 6 gezeigt, soll die Erzielung des maximalen Wertschöpfungsbeitrags ermöglichen und das Unternehmen so zu einer „Best-of-everything-Organization“ machen, die gegenüber Dritten wie ein einheitliches Unternehmen auftritt.54 Im Vergleich zu traditionellen Unternehmen sind VU nicht an einen geografischen Ort gebunden. Basis dieser Unternehmensform bildet ein hoher Grad an Vertrauen, und eine Realisierung ist nur aufgrund von moderner Kommunikationstechnik, wie Internet oder Videokonferenz, möglich. Mit jedem neuen Projekt bildet sich auch ein neues virtuelles Unternehmen. Für die Ausführung des Projektes oder des Auftrages wird keine Gesellschaft im unternehmensrechtlichen Sinne gegründet, und das VU löst sich nach Beendigung wieder auf.

Ein Beispiel für ein VU ist das Schweizer Unternehmen LemonNET, ein Kooperationsverbund im Bereich der IT-Dienstleistungen. Seinen Kunden gegenüber tritt LemonNET als eine Firma auf, verbindet jedoch die Kompetenzen von Firmen aus den Geschäftsfeldern Softwareentwicklung, Design und Beratung.55

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Aufbau von Virtuellen Unternehmen56

2.5 Ziele der Kollaborationspartner

Durch das Eingehen von Kollaborationen erhoffen sich die beteiligten Unternehmen wirtschaftliche Vorteile gegenüber anderen Marktteilnehmern zu erzielen und so die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Durch die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit mit den Partnern auf unterschiedlichen Unternehmensebenen soll das Ziel erreicht werden, Produkte kostengünstig zu entwickeln, herzustellen und zu vertreiben, was zu einer Steigerung der Kapitalrendite führen soll. Kostensenkung und Ertragsteigerung sind die zwei Schlagwörter, die die Unternehmen zum Eingehen einer solchen Win-Win-Partnerschaft motivieren.57

Eines der Hauptziele, das erreicht werden soll, ist die Verbesserung der Kundenzufriedenheit und der Servicequalität. Die Kunden sollen durch einen zuverlässigen und umfangreichen Service langfristig an die Unternehmen gebunden werden. Eine Verbesserung der Informationstransparenz entlang der SC durch abgestimmte und verbesserte Informationsweitergabe soll die Reaktionsfähigkeit beschleunigen und so ein schnelleres Reagieren auf veränderte Marktbedingungen gewährleisten. Traditionelle unternehmensinterne Planung und Ausführung soll durch kollaborative, unternehmensübergreifende und globalausgerichtete Planungsprozesse abgelöst werde. Der Zugriff auf spezifische Informationen über alle Stufen der Wertschöpfungskette soll helfen, unnötige Sicherheitsbestände bei gleichzeitiger Verbesserung der Verfügbarkeit abzuschaffen und die Kapitalbindung zu reduzieren. Die Ressourcenauslastung kann optimiert, und Lieferengpässe können frühzeitig erkannt und beseitigt werden.58

In Tabelle 1 auf der nächsten Seite sind Vorteile und Nachteile aufgeführt, die auf die Kollaborationspartner zukommen können. Den Kosten-, Potential-, Risiko- und Ergebnisvorteilen stehen Kosten- und Abhängigkeitsnachteile gegenüber, die es vor dem Eingehen einer Kollaboration gründlich abzuwägen gilt. Zwar gibt es unterschiedliche Formen der SCC, die je nach Branchenart variieren können, aber die Vor- und Nachteile sind im Wesentlichen die gleichen.

2.6 Vorteile und Nachteile für die Kollaborationspartner

Tabelle 1: Vorteile und Nachteile59

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 Arten der Kollaborationen

Kollaborative Prozesse können zwischen den an der SC beteiligten Partnern hinsichtlich verschiedener Objekte stattfinden. Bei der Capacity Collaboration wird beispielsweise die Kapazität und bei der Inventory Collaboration die Bestandsmenge als Objekt der jeweiligen SCC betrachtet. Je nach Art der Kollaboration findet eine gemeinschaftliche Zusammenarbeit an verschiedenen Schnittstellen zwischen den Partnern in der Wertschöpfungskette statt. In Abbildung 7 werden die Prozesse und die an ihnen beteiligten Parteien veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Kollaborative Prozesse in der Supply Chain60

Bevor nun näher auf die in Abbildung 7 genannten Prozesse eingegangen wird, soll eine weitere Unterteilung in Prozesse im Planungsbereich und in Prozesse im Ausführungsbereich vorgenommen werden.

Prozesse, die der Abstimmung von Plänen zwischen zwei selbstständigen Planungseinheiten dienen und so zur Zielerreichung beitragen sollen, besitzen einen eher planerischen Charakter. Prozesse, die im Ausführungsbereich angesiedelt sind, haben die Aufgabe, die Planung und die darauf basierende Dimensionierung des zeitlichen und mengenmäßigen Bedarfs möglichst optimal umzusetzen und auf Abweichungen zu reagieren.61

Die unterschiedlichen Prozesse lassen sich zusätzlich hinsichtlich des zeitlichen Horizonts unterscheiden. Die Abbildung 8 zeigt, dass Kollaborationen, die einen Kapazitätsabgleich zum Ziel oder ihren Fokus auf dem Transport haben, sich über einen eher langfristigen Horizont erstrecken, wo hingegen Order- oder Inventory Collaborations auf kurz- oder mittelfristige Planungshorizonte ausgelegt sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Zeitliche Einordnung der Prozesse62

3.1 Forecast Collaboration

Ziel der Forecast Collaboration ist es, Daten über Kundenbedarfe und Angebote der Zulieferer zur gemeinsamen Planung auszutauschen, um so Abweichungen frühzeitig zu erkennen und zu beheben. So soll verhindert werden, dass sich der Anteil der Wertschöpfung zunehmend in Richtung des Ausgangspunktes des SC und somit auf die Zulieferseite verschiebt.63

Zu Beginn dieser Kollaborationsform werden zunächst Informationen über besonders versorgungskritische Teile zwischen Kunden und Zulieferern ausgetauscht. Hat sich die Zusammenarbeit etabliert, wird der Austausch der Informationen nach und nach auf weitere Teile ausgedehnt. Der Prozess der Forecast Collaboration findet an allen Schnittstellen zwischen den SC-Partnern, sowohl zwischen OEM und Handel als auch zwischen 2nd-Tier und 3rd-Tier Zulieferer in vorgelagerten Stufen der SC statt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Ablauf der Forecast Collaboration64

Ausgangspunkt ist der Kunde, der während seiner kontinuierlichen Bedarfsplanung zu bestimmten Zeitpunkten einen Forecast auf der Produktebene erzeugt und selbigen seinem Zulieferer übermittelt.

[...]


1 Vgl. [EHR99], S.22f.

2 Vgl. [GIA03]

3 Zeit von der Idee über die Realisierung bis zur Markteinführung eines Produktes. (eigene Übersetzung)

4 Zeit von Kundenbestellung zur Auslieferung; Lieferzeit oder Auftragsabwicklung. (eigene Übersetzung)

5 Vgl. [BDW00], S.15.

6 Vgl. [BDW00], S.13.

7 Vgl. [FHM04]

8 Vgl. [BAU99]

9 Vgl. [BOC03], S.36.

10 Vgl. [EHR99], S.24f.

11 Vgl. [LOG04]

12 Vgl. [EHR99], S.25.

13 Vgl. [BVL04]

14 Vgl. [BDW00]

15 Vgl. [TUB04]

16 Vgl. [SST03]

17 Vgl. [NET04]

18 Vgl. [WDW00], S.264-296.

19 Vgl. [KUH02], S.10.

20 Vgl. [SRJ99], S.8.

21 Vgl. [CON04]

22 Vgl. [DAN02], S.10f.

23 Vgl. [BOC03], S.38f.

24 Vgl. [BUR01], S.259.

25 Vgl. [DAN02], S.42.

26 Vgl. [CON04]

27 präventiv, frühzeitig (eigene Übersetzung)

28 Vgl. [SLO04], S.87.

29 Vgl. [DAN02], S.42ff.

30 Vgl. [DAN02], S.46.

31 Vgl. [PIC98]

32 Vgl. [IFA00]

33 Vgl. [LUT93], S.50ff.

34 Vgl. [HAM94], S.38ff.

35 Vgl. [WOH02], S.14.

36 Vgl. [ECM04]

37 Vgl. [ZIN03]

38 Vgl. [IFA00]

39 Vgl. [WIK04]

40 Vgl. [GAH04]

41 Vgl. [BAD04]

42 Vgl. [WIK04]

43 Vgl. [LEI03]

44 Vgl. [GAH04]

45 Vgl. [WIK04]

46 Vgl. [DIA04]

47 Vgl. [PON04] to merge = verschmelzen, ineinander übergehen

48 Vgl. [BAD04]

49 Vgl. [DIA04]

50 Vgl. [IFA00]

51 Vgl. [WIS04]

52 Vgl. [BAD04]

53 Vgl. [SMB03]

54 Vgl. [SYM01]

55 Vgl. [LEM04]

56 Vgl. [WIK04]

57 Vgl. [SCN02]

58 Vgl. [SAP02]

59 Vgl. [ECM04]

60 Vgl. [BOC03], S.71.

61 Vgl. [BOC03], S.72f.

62 Vgl. [BOC03], S.72.

63 Vgl. [REY02] In der Automobilindustrie beträgt der Anteil der Wertschöpfung der Zulieferer bereits 60% der gesamten Wertschöpfung.

64 Vgl. [BOC03], S.74.

Ende der Leseprobe aus 111 Seiten

Details

Titel
Supply Chain Collaboration. Integration eines Logistics-Service-Providers
Hochschule
Hochschule Bremerhaven
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
111
Katalognummer
V35160
ISBN (eBook)
9783638351652
Dateigröße
1487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Integration, Logistics-Service-Providers, Supply, Chain, Collaboration
Arbeit zitieren
Peer Grube (Autor:in), 2004, Supply Chain Collaboration. Integration eines Logistics-Service-Providers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35160

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