Das europäische Kartellrecht ist primärrechtlich auf den Montanunionvertrag
von 1951 zurückzuführen. Bereits in diesem Vertragstext war ein
rudimentäres Kartellrecht vorhanden.
Ein bis heute inhaltlich unverändertes Kartellrecht, wurde im EWGVertrag
von 1957 installiert. Die Art. 85 und 86 EWGV enthielten dabei
kartellrechtliche Regelungen, die unabhängig von amerikanischen Einflüssen
waren.1
Die Kartellgesetzgebung, wie sie heute besteht, setzt sich aus drei Säulen
zusammen.2 Die erste Säule befasst sich mit dem Bereich der wettbewerbsbeschränkenden
Vereinbarungen. Die zweite Säule betrifft den Bereich
des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und die dritte
Säule regelt den Bereich der Fusionskontrolle. Die ersten beiden Säulen
sind in den Art. 81, 82 EGV kodifiziert. Die dritte Säule ist primärrechtlich
nicht geregelt.
Sekundärrechtlich war der Bereich der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen
bisher grundsätzlich in der Verordnung 17 von 1962 geregelt.
Diese VO 17/62 wurde nun durch die VO 1/2003 ersetzt.
Die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission begann
die internen Arbeit zur Reform der Verordnung 17/62 Anfang 1997. Im
April 1999 veröffentlichte die Kommission das Weißbuch über die Modernisierung
der Vorschriften zur Anwendung der Art. 81 und 82 EGV.3
Die Kommission veröffentlichte dann im September 2000 einen Verordnungsvorschlag
4 der im wesentlichen vom Rat angenommen wurde. Die
modernisierte Verordnung 17/62 wurde vom Rat am 16. Dezember 2002
als Durchführungsverordnung 1/2003 einstimmig verabschiedet und trat mit dem Beitritt der neuen EU-Mitgliedsstaaten am 01. Mai 2004 gemäß
Art. 45 VO 1/20035 in Kraft.
1 Heinemann, Jura 2003, 649, 649.
2 Heinemann, Jura 2003, 649, 650.
3 KOM (1999) 101 endg., Amtsblatt C 132, S. 1 ff. vom 02.05.1999; im weiteren
Weißbuch genannt.
4 KOM (2000) 582 endg., Amtsblatt C 365, S. 284 ff. vom 19.12.2000; im weiteren
VO-Vorschlag genannt.
5 Alle weiteren Artikel ohne nähere Bezeichnung sind solche der VO 1/2003.
Inhaltsverzeichnis
- A. Entwicklung und Grundlagen des europäischen Kartellrechts
- I. Entwicklung des europäischen Kartellrechts
- II. VO 17/62
- III. Gründe für die Reform
- 1. Schwächen der VO 17/62
- 2. Externe Faktoren
- 3. Änderung des Wettbewerbsverständnisses
- IV. Tatbestandsvoraussetzungen Art. 81 I EGV
- 1. Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen
- 2. Vereinbarungen, Beschlüsse und abgestimmte Verhaltensweisen
- 3. Zwischenstaatlichkeitsklausel
- B. VO 1/2003
- I. System der Legalausnahme Art. 1
- 1. Gruppenfreistellungsverordnungen unter der VO 1/2003
- 2. Ist die VO 1/2003 europarechtswidrig?
- a) Änderung des EGV?
- b) Ist Art. 81 III EGV unmittelbar anwendbar?
- 3. zu erwartende Folgen in der Praxis
- II. Beweislastverteilung Art. 2
- III. Verhältnis zum nationalen Wettbewerbsrecht Art. 3
- 1. Zuständigkeiten Art. 4 - 6
- 2. Zusammenarbeit der Kommission mit nationalen Wettbewerbsbehörden
- a) Das Netzwerk der Wettbewerbsbehörden Art. 11
- b) Informationsaustausch Art. 12
- c) Unterstützung bei Ermittlungen Art. 22
- 3. Zusammenarbeit zwischen Kommission und nationalen Gerichten Art. 15, 16
- 4. Folgen der dezentralen Rechtsanwendung
- IV. Dezentralisierung
- V. Entscheidungsbefugnisse
- 1. einstweilige Maßnahmen Art. 8
- 2. Verpflichtungszusage Art. 9
- 3. Feststellung der Nichtanwendbarkeit Art. 10
- VI. Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Dokument beleuchtet die Entwicklung und die Grundlagen des europäischen Kartellrechts, insbesondere die Reform des EG-Kartellrechts durch die Verordnung 1/2003. Es analysiert die Gründe für diese Reform, die Schwächen der vorherigen Verordnung 17/62 und die Auswirkungen der neuen Verordnung auf die Praxis.
- Entwicklung des europäischen Kartellrechts
- Gründe für die Reform des EG-Kartellrechts
- Die Auswirkungen der Verordnung 1/2003
- Die Dezentralisierung des EG-Kartellrechts
- Die Entscheidungs- und Ermittlungsbefugnisse der Europäischen Kommission
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel A behandelt die Entwicklung des europäischen Kartellrechts von den Anfängen bis zur VO 17/62. Es werden die Gründe für die Reform des Kartellrechts und die Schwächen der VO 17/62 erläutert. Zudem werden die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 81 I EGV beschrieben.
Kapitel B konzentriert sich auf die VO 1/2003. Es wird das System der Legalausnahme nach Art. 1 analysiert, wobei die Gruppenfreistellungsverordnungen und die Frage der Europarechtswidrigkeit der Verordnung im Mittelpunkt stehen. Zudem werden die Beweislastverteilung nach Art. 2 und das Verhältnis zum nationalen Wettbewerbsrecht nach Art. 3 behandelt.
Weiterhin werden in Kapitel B die Zuständigkeiten der Kommission und die Zusammenarbeit mit nationalen Wettbewerbsbehörden und Gerichten dargestellt. Das Kapitel beleuchtet die Folgen der dezentralen Rechtsanwendung und die Entscheidungsbefugnisse der Kommission, einschließlich einstweiliger Maßnahmen, Verpflichtungszusagen und der Feststellung der Nichtanwendbarkeit. Abschließend wird auf die Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse der Kommission eingegangen.
Schlüsselwörter
Das Dokument beschäftigt sich mit den zentralen Themen des europäischen Kartellrechts, insbesondere mit der Reform des EG-Kartellrechts durch die Verordnung 1/2003. Wichtige Schlüsselwörter sind: EG-Kartellrecht, Verordnung 1/2003, VO 17/62, Legalausnahme, Gruppenfreistellungsverordnungen, Beweislastverteilung, Dezentralisierung, Entscheidungsbefugnisse, Ermittlungsbefugnisse, Sanktionsbefugnisse, Wettbewerbsrecht, Unternehmenszusammenschlüsse, Kartellverträge.
- Arbeit zitieren
- Daniel Thiel (Autor:in), 2005, Das neue EG-Kartellrecht nach der VO 1/2003, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35182