Die These der postnationalen Konstellation von J. Habermas im Vergleich zum aktuellen Status Europas


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: ohne


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Ziel der Hausarbeit

2. Historische Betrachtungen zur Entstehung einer Nation aus Sicht der Geisteswissenschaften des 19. Jahrhunderts

3. Die politische Entwicklung im 20. Jahrhundert
3.1 Der historische Charakter des 20. Jahrhunderts
3.2 Die postnationale Konstellation zum Ende des 20. Jahrhunderts

4. Die Europäische Union (EU)
4.1 Eigendefinition der EU
4.2 Eckpunkte der EU-Verfassung

5. Fazit

Anhang A – Der historische Einigungsprozess der EU

Anhang B – Europakarte

Quellenverzeichnis

Ergänzende Literaturhinweise und Websites

1. Einleitung und Ziel der Hausarbeit

Um die heutigen politischen Entwicklungen vor allem in Europa aus einem histori­schen Blickwinkel heraus besser verstehen zu können, bildet den Schwerpunkt dieser Hausarbeit das Buch „Die postnationale Konstellation – Politische Essays“[1] von Jürgen Habermas[2]. In diesem nimmt der Sozialtheoretiker und Philosoph u.a. zu den Fragen und Problemen einer globalen bzw. europäischen Politik Stellung.

In den Kapiteln zwei und drei der Hausarbeit werden einige von Habermas dar­gelegten Erklärungsansätze und Sichtweisen kurz vorgestellt. In Kapitel vier wird die Europäische Union anhand ihrer Eigendefinition und der Eckpunkte der neuen EU-Verfassung skizziert. Das Fazit in Kapitel fünf beinhaltet abschließend die Lage der Dinge aus Sicht der Bürger.

Ziel dieser Hausarbeit ist es, dem interessierten Leser zu ermöglichen, sein eigenes Bild eines zukünftigen Europas mit Hilfe von Habermas Thesen so­wie der historischen und aktuellen Situation in Europa zu hinterfragen.

Diese Hausarbeit kann aufgrund des vorgegebenen maximalen Umfangs nur ei­nen Einstieg in die komplexe Thematik bieten.

Für weiterführende Informationen siehe Angaben im Quellenverzeichnis und die ergänzenden Literatur- und Websitehinweise.

2. Historische Betrachtungen zur Entstehung einer Nation aus Sicht

der Geisteswissenschaften des 19. Jahrhunderts

Am Beispiel der Umstände, Inhalte und Intentionen der Frankfurter Germanisten-versammlung von 1846 zeichnet Jürgen Habermas im ersten Kapitel, Teil 1: „Was ist ein Volk? Zum politischen Selbstverständnis der Geisteswissenschaften im Vormärz“[3] einen Teil des Weges zur Bildung der deutschen Nation nach.

Damals trafen sich bedeutende Gelehrte der Zeit aus den Fachbereichen der deutschen Sprache, des deutschen Rechts und der deutschen Geschichte mit dem Ziel, ihre Arbeit zu institutionalisieren und die interne sowie fachübergrei­fende Kommunikation zu verbessern. Außerdem beabsichtigten die Wissen­schaftler durch diese interdisziplinäre Veranstaltung eine deutsche Einigkeit auch über die geisteswissenschaftlichen Ebenen hinaus zu verkörpern und nach außen zu tragen.

Die Ziele und Ansprüche wurden aber nur zu einem Teil erreicht, da sich in der Folgezeit eine Ausdifferenzierung der einzelnen Wissenschaftsgebiete vollzog und auch der eigene Anspruch an eine aktive Mitgestaltung der politischen Welt aus dieser Gemeinschaft der Intellektuellen nur wenig zum Tragen kam.

Jacob Grimm, ein Teilnehmer der Versammlung, führte in seinen Vorträgen aus, dass im Unterschied zu den weltweit gültigen Gesetzen und Entdeckungen der Naturwissenschaften, Sprache, Dichtung, Recht und Geschichte Bereiche und Wissenschaften mit hoher nationaler und somit emotionaler Bindung seien.

Eine Reihe weiterer Wissenschaftler war derselben Auffassung.

Gerade die Geisteswissenschaften und die Künste würden einen natürlichen, zeitlichen sowie geographischen Rahmen einer Nation bzw. eines Volkes bilden, so Grimm. Diese historische Betrachtungsweise der Begriffe Volk und Nation zeige zum einen eine Form von produktivem Selbstbewusstsein der Nation zum anderen aber stehe sie doch in Konflikt mit der Bildung eines modernen, bürgerli­chen Nationalstaates in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Des weiteren würde eine gemäß der Sprache gezogene, politische Staatsgrenze in einer „großdeutschen Lösung“ immer deutsche Minderheiten im Ausland und die im Innern der Grenzen herrschenden regionalen Unterschiede in Deutschland (sprachlich, kulturell etc.) nicht ausreichend berücksichtigen.[4]

Im Anschluss beschreibt Habermas eine ähnliche Ausgangslage für die Rechts­wissenschaften bei der Entwicklung eines „Deutschen Rechts“.

Im Gegensatz zu deutschen Quellen aus Stammes-, Landschafts- und Stadt­rechten boten das römische Rechtssystem und die enthaltenen demokratischen Ansätze durchaus ein sehr klar definiertes und dekliniertes Rechtssystem.

Eine deutsche Verfassung, ähnlich der französischen oder amerikanischen, sollte somit u.a. sowohl die Sitten und Gebräuche des deutschen Volkes im Privatrecht als auch die bereits formulierten Grundrechte aus den Verfassungen anderer Länder (Pressefreiheit, Justizgrundrechte, etc.) im Öffentlichen Recht berücksich­tigen und beinhalten.

Somit war auch hier der Versuch der Definition eines Volkes allein durch seine historische Einheit aus Sprache, Dichtung, Recht und Geschichte gescheitert, da die Quellen des gültigen und für die deutsche Bevölkerung vernünftigen und nachvollziehbarem Rechts doch internationaler Herkunft waren und sind.

Auf Basis der Arbeit des Historikers G.G. Gervinus (1805-1871) beschreibt Jür­gen Habermas weiter, dass es damals im Zuge des politischen Liberalismus galt, die vielfältigen und vielschichtigen Einflüsse auf die deutschen Länder und die deutsche Kultur, Politik und Wissenschaften zu berücksichtigen und zu integrie­ren.

In Amerika hatten sich Menschen unterschiedlichster Herkunft und Konfessionen eine gemeinsame Verfassung nach ihrem Willen und ihren Wünschen erarbeitet. Wesentliche Merkmale wie Entscheidungen durch Mehrheiten, eine durch das Volk gewählte und somit legitimierte Regierung usw. sind dann von Amerika nach Europa getragen worden, um sich hier, in Frankreich beginnend, auszubreiten.

Am Beispiel Amerikas könne man deutlich erkennen, dass allein der gemein­same, freie Wille eines Volkes nach einer eigenen, politisch-unabhängigen Nation ausreiche, um diese entstehen zu lassen, so Habermas.

Nach diesen historischen Überlegungen bemerkt Habermas hinsichtlich der zu­künftigen Entwicklung Europas, dass die politischen Interessen und Lebensver­hältnisse der einzelnen Nationen so unterschiedlich seien, dass die politische Lö­sung allein nicht zum Erfolg führen könne. Eine Grundvoraussetzung für eine er­folgreiche Zukunft der Europäischen Union sei vor allem eine starke Solidarität der Länder und Völker untereinander.

3. Die politische Entwicklung im 20. Jahrhundert

3.1 Der historische Charakter des 20. Jahrhunderts

Im Kapitel II, 3. „Aus Katastrophen lernen? Ein zeitdiagnostischer Rückblick auf das kurze 20. Jahrhundert“[5] beschreibt Habermas die wesentlichen Ereignisse und Entwicklungen des 20. Jahrhunderts.

Im Gegensatz zu der christlichen Zeitrechnung, in der die Jahrhundert- und Jahr­tausendwechsel besondere Wendepunkte markieren, betrachten Historiker die Geschichte eher in Zeiträumen, die von bestimmten Ereignissen begonnen und abgeschlossen werden. Im Vergleich zu einem relativ langen 19. Jahrhundert (Französische Revolution von 1798 bis zum Beginn des ersten Weltkriegs 1914) ist das 20. Jahrhundert eher von kurzer Dauer (Beginn des ersten Weltkriegs 1914 bis zur Zusammenbruch der Sowjetunion 1989).

In diesem Zeitraum habe sich aber im Vergleich zu den vorigen Jahrhunderten das Tempo der Bevölkerungsentwicklung, der Strukturwandel von Arbeit und Wissenschaft sehr deutlich gesteigert. Habermas führt hier als signifikantes Bei­spiel u.a. die Wandlung Koreas innerhalb einer Generation von einem pre-industriellen zu einem post-industriellen Staat an.

Neben den o.g. rasanten Entwicklungen ist das 20. Jahrhundert von Weltkriegen und ideologischen Auseinandersetzungen mit neuen Dimensionen an Gewalt und Opfern geprägt. Aber vielleicht auch deshalb “… markiert das Jahr 1945 eine Wende zum Besseren, zur Zähmung jener barbarischen Kräfte, die in Deutschland aus dem Boden der Zivilisation selbst hervorgebrochen sind.“[6]

Ab dem Jahr 1945 begannen wesentliche Schritte zur Demokratisierung vieler Staaten wie der Bundesrepublik Deutschland, Italien, Japan, Portugal.

Auf dieser Basis vollzogen sich in den folgenden Jahrzehnten drei weitere Phasen:

1. Der kalte Krieg, der durch den Zusammenbruch des Sowjetischen Reichs endgültig beendet worden ist.
2. Die schrittweise Freigabe der Kolonialstaaten und die Eingliederung der nun freien Staaten in die Vereinten Nationen (UNO).
3. Der Aufbau eines europäischen Staates mit sozialer Sicherung.

Insbesondere Punkt 3 gilt es im Hinblick auf zukünftige Aufgaben der Nationen in Europa näher zu betrachten. Denn aufgrund der wirtschaftlichen Erfolge der westlichen Staaten konnten bereits soziale Systeme aufgebaut und finanziert werden.

Im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung und den daraus resultierenden Problemen für die einzelnen Länder komme es nun zu einem sozial-unverträglichem Kapitalismus sowie zu einer unsozialen Politik. Jürgen Habermas fasst es wie folgt zusammen: „Schon die alten Probleme der Friedenssicherung und der internationalen Sicherheit, der weltwirtschaftlichen Disparitäten zwischen Nord- und Süd sowie der Gefährdung ökologischer Gleichgewichte waren globaler Natur. […] Die wirtschaftliche Globalisierung bildet für die im Nachkriegs­europa entstandene politische und soziale Ordnung die zentrale Herausforderung.“[7]

Dem Kompromiss einer Politik zwischen Marktwirtschaft und Sozialstaat sei eine standort-erhaltende Politik gefolgt. Um den eigenen Wirtschaftsstandort bewahren oder sogar ausbauen zu können, müssen Einsparungen getätigt werden. Diese werden vor allem im Bereich der Sozialleistungen erfolgen, welche vormals im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs finanziell überhaupt erst entstehen und finanziert werden konnten. Durch eine Reihe von Maßnahmen (Kürzung von Sozialhilfe, Gesundheitsreform etc.) wird somit die Gesellschaft viel deutlicher in arm und reich gespalten.

[...]


[1] Habermas, Jürgen: „Die postnationale Konstellation – Politische Essays“, Starnberg 1998

[2] Mehr Information zur Kurzbiographie v. J. Habermas des Suhrkamp Verlags auf:
http://www.suhrkamp.de/autoren/index.htm, (02.05.04)

[3] Ebd. S. 13 - 46

[4] Ebd. S. 18 - 23

[5] Ebd. S. 65 - 90

[6] Ebd. S. 74

[7] Ebd. S. 79

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die These der postnationalen Konstellation von J. Habermas im Vergleich zum aktuellen Status Europas
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Interdisziplinärer Grundkurs
Note
ohne
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V35236
ISBN (eBook)
9783638352161
ISBN (Buch)
9783656239307
Dateigröße
560 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
These, Konstellation, Habermas, Vergleich, Status, Europas, Interdisziplinärer, Grundkurs
Arbeit zitieren
Michael Emmermann (Autor:in), 2004, Die These der postnationalen Konstellation von J. Habermas im Vergleich zum aktuellen Status Europas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35236

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