Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definitionsansätze von Comic und Manga
2.1 Vergleich von typischen Merkmalen des Comic und Manga
3. Analyse der Narratologie auf Mikro- und Makroebene
3.1 Serielle Erzählung
3.2 Grafische Erzählstrategie – Verhältnis von Bild und Text
3.3 Zeitdarstellung
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Abbildungsverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Am 21.März 1951 berichtete die Zeitung "Der Spiegel" in einem Artikel namens "Comic – Opium in der Kinderstube"über diverse Kritiken, des zu dem Zeitpunkt noch recht neuen Medium und zitierte führende Ärzte, Psychologen und Buchkritiker, die den Comic zum Teil als „Opium der Kinderstube“ oder „Volk verdummend“ bezeichneten (Der Spiegel 1951, o.S.). Ein halbes Jahrhundert später ist das Medium in der Popkultur kaum weg zu denken und der wirtschaftliche Erfolg von deutschen, franko-belgischen, amerikanischen und auch japanischen Comic Marken sorgte dafür, dass der Comic an Legitimation gewonnen hat. Selbst im Feuilleton angesehener Tageszeitungen ist er vertreten und wird positiv gewürdigt. Comics sind in den letzten Dekaden gängige Genre in Bibliotheken und im Bücher Fachhandel geworden. Als Nischenprodukt werden Comics nicht mehr bezeichnet, was die steigende Popularität der Adaptionen in Kinofilmen, Serien, Videospielen und Merchandise bestätigt. Setzt man sich mit Comics näher auseinander, findet man schnell diverse Genres und Subgenres wie es auch bei Film und Literatur der Fall ist. Das wohl bekannteste Genre ist der Superhelden Comic. Helden wie Superman, Batman und Spiderman begeistern weltweit viele Kinder, Jugendliche und Erwachsende zugleich. Neben der starken Präsens der westlich stämmigen Comic Marken, etablierte sich in den 1990er Jahren auch der japanische Manga endgültig in Deutschland. Die Serie Dragonball war der erste Shōnen Manga, der in der typischen japanischen Leseform von rechts nach links gelesen wurde und gilt als Auslöser für den endgültigen Durchbruch der Mangas mit deutscherübersetzung. In dieser Arbeit möchte ich mich sowohl mit dem Superhelden Comic, als auch dem Shōnen Manga beschäftigen. Beide zeigen Ähnlichkeiten in Form, Darstellung und Narration. Themen wie Aktion und Spannung stehen im Vordergrund, stammen jedoch aus unterschiedlichen Kulturen. Sowohl Superhelden Comics als auch Shōnen Manga erfreuen sich international großer Beliebtheit. Demnach könnte man sich aufgrund der Parallelität von Shōnen Manga und amerikanischen Superhelden Comic die Frage stellen, inwiefern man von einer Äquivalenz der beiden Genre sprechen kann.
2. Definitionsansätze von Comic und Manga
Zunächst werden diverse Herangehensweisen gegenüber gestellt, die versuchen den Comic und Manga zu definieren. Anhand der Definitionen werden verschiedene Merkmale herausgearbeitet, mit denen im weiteren Verlauf exemplarisch gearbeitet wird.
Klaus Schikowski stellt sich in „Der Comic: Geschichte, Stile, Künstler“ die Frage nach der Herkunft des Begriffs „Comic“ und bezieht sich dabei zunächst auf seine ursprüngliche Bedeutung. Der Begriff stammt „von ‚comical‘, also vom Komischen, Absurden“ und hat mit der Zeit an semantischer Bedeutung zugenommen. Comic sei ein „Sammelbegriff“ ähnlich wie es bei Literatur und Film der Fall ist, deren Vielfältigkeit in den „Genres und Subgenres“ zu tragen kommt (Schikowski 2014, S.21). Es werden also auch Bildergeschichten mit dramatischer oder erotischer Thematik als Comic bezeichnet. Eine der meist zitierten Definitionen des Comics stammt von Scott McCloud aus seinem Buch „Understanding Comics: The Invisible Art“. Sein Ansatz ist insofern besonders, dass er das Medium detailreich in einem selbstgezeichneten Comic erklärt und somit formale und sprachliche Elemente des Comics anschaulich dem Leser näher bringen kann. In der deutschenübersetzung „Comics richtig lesen“, wird der Comic wie folgt definiert: „Zu räumlichen Sequenzen angeordnete, bildliche oder andere Zeichen, die Informationen vermitteln und/oder eine ästhetische Wirkung beim Betrachter erzeugen sollen (McCloud 2001, S. 17).
Das japanische Wort „Manga“ steht seit 2004 im Rechtschreibduden und wird als ein „aus Japan stammender handlungsreicher Comic, der durch besondere grafische Effekte gekennzeichnet ist“ (Duden 2015, o.S.) beschrieben. Ursprünglich setzt sich das Wort „in der kanji-Schreibweise aus zwei Schriftzeichen zusammen“. „Das erste, ‚man‘ gelesene steht für ‚spontan, impulsiv, ziellos‘ und damit auch für die Rhetorik derübertreibung, für humoristische Traditionen und eine Abkehr von bestehender Ordnung. Das zweite, ‚ga‘ gelesene heißt ‚Bild‘ […]“ (Brunner 2010, S. 13).
Die Begriffsexplikationen machen deutlich, dass sowohl Comic als auch Manga aus erzählerischer Perspektive den Anspruch haben Bild und Text zu verknüpfen. Als neutraler Begriff wird Bilderzählung oder auch sequenzielle Kunst genutzt. Der Comic wird als Medium verstanden, während der Manga sich als Genre mit bestimmter Herkunft dem Medium Comic untergliedert. In Japan findet der Manga in jeder alltäglichen Situation statt, ob in der Werbung, Schulbüchern, Tageszeitungen, Bedienungsanleitungen oder sogar Steuererklärungen. Die Antwort auf die Frage, was Manga bedeutet, hängt also auch immer damit zusammen aus welcher Kultur der Antwortende stammt.
2.1 Vergleich von typischen Merkmalen des Comic und Manga
Wie zu Beginn erwähnt, ist die Leserichtung für den Leser das wohl erste Merkmal, das den Comic vom Manga unterscheidet. Das Lesen des Mangas von hinten nach vorne und von rechts nach links ist der japanischen Schrift geschuldet. Während der Textanteil im westlichen Comic einen größeren Stellenwert hat, weist der Manga einen geringeren Textanteil auf und ein größeren Schwerpunkt auf den gestalterischen Anteil. Ein weiteres prägnantes Merkmal des Mangas ist der Zeichenstil, der schnell oder fast schon hektisch erscheint. Durch wenige einfache Striche werden Emotionen sehr pragmatisch dargestellt. Der westliche Comic dagegen wirkt eher sauber und langsam gezeichnet. Oft sind Comics anspruchsvoll koloriert und aufwändig gezeichnet. Mangas erhalten selten eine Kolorierung und erscheinen meist schwarz-weiß. Dies liegt unter anderem an der Auflagenzahl des Manga und deren Produktion. Man kann die Produktion der Manga in Japan mit einer Tageszeitung vergleichen, da die Druckkosten im Vergleich zu einem aufwändig kolorierten Comics wesentlich geringer sind. Dementsprechend wird der Manga in Japan von vielen auch als „Wegwerfware“ behandelt (Gravett 2006, S. 96ff.). Das „spontane“ und „impulsive“ in der Wortbedeutung, spiegelt sich nicht nur durch die Dynamik der Bilder und den wenigen Textpassagen wieder, sondern auch durch die Nutzung der Leser.
3. Analyse der Narratologie auf Mikro- und Makroebene
Superman wurde von Jerry Siegel und Joe Shuster Anfang der 1930er Jahre geschaffen und ist in der ersten Ausgabe des „Action Comics“ veröffentlicht worden (Knigge 2014, S. 1). Im August 2011 startete DC Comics eine Initiative mit dem Namen „The New 52“, welche einen Neustart der meisten Comic-Serien des Verlages einleitete, darunter war auch das Superman Franchise (DC Comics Online 2011, o.S.). Durch den Neustart wurden neue Handlungs- und Zeitstränge entwickelt. Die 38. Ausgabe des neu aufgelegten Superman Comic von Geoff Johns, erschien im April 2015 und hat 29 Seiten. Als Vergleichsgegenstand wird der Manga „One Piece“ von Eiichiro Oda herangezogen, der erstmals 1997 in Japan erschienen ist und seitdem wöchentlich im japanischen Manga Magazin „Weekly Shōnen Jump“ des Shūeisha Verlags publiziert wird. Kapitel 790 des One Piece Manga erschien am 22.06.2015 mit einem Umfang von 19 Seiten, 2 davon in Farbe. Farbige Seiten sind im Manga eher unüblich und werden meist nur zu besonderen Anlässen gedruckt. Diese doppelseitigen farbigen Zeichnungen werden auch „Two-Page Spread“ genannt und bilden gleichzeitig das Cover des darauf folgenden Kapitels, ohne Bezug auf den Story Arc des Kapitels zu nehmen (Abb. 1). Auf dem Two-Page Spread des 790. Kapitels befinden sich die Hauptprotagonisten in stereotypischer Kleidung verschiedener Nationen. Dies kann als Dankeschön des Autors an die treuen Leser weltweit interpretiert werden. Denn wie auf dem Cover des Weekly Shōnen Jump (Abb. 2) zu sehen ist, hält die Hauptfigur Monkey D. Ruffy ein „Guinness World Records“ Zertifikat für die meisten Kopien einer Comic Buch Reihe von nur einem Autor in der Hand. Mit seiner anderen Hand greift er nach seinem Strohhut, als würde er ihn als dankende Geste absetzen wollen. Dadurch, dass die fiktive Figur Monkey D. Ruffy eine reale Errungenschaft seines Erfinders trägt, durchbricht Eiichiro Oda die vierte Wand und kann durch dieses Stilmittel einen direkten Bezug zu seinen Lesern herstellen. Das Cover des 38. Superman Comic der „the new 52“ Serie, konzentriert sich primär auf den Kampf zwischen dem Protagonisten Superman (Clark Kent) und dem Antagonisten Ulysses (Neil Quinn), welcher in der 32. Ausgabe seinen ersten Auftritt hatte (Abb. 3). Im Vergleich zu dem Cover des One Piece Mangas ist festzustellen, dass die Geschichte bereits auf dem Cover der Ausgabe erzählt wird, bzw. einen Ausblick auf das Kapitel bietet.
3.1 Serielle Erzählung
Beide Werke sind Teil einer aktuell fortlaufenden Serie und werden in regelmäßigen Abständen produziert. Eine Comic Serie zeichnet sich durch eine periodische Publikationsweise sowie das wiederholte erscheinen von Figuren, Settings und Erzählweise aus. Die serielle Erzählung ist für den Superhelden Comic und Shōnen Mangaüblich. Die Progression von Geschichte und Charakterenüber mehrere Episoden bildet eine eigene Erzählform. Meteling spricht von dem „Format mittlerer Länge“ (Arno Meteling 2013 S. 90). Sowohl in dem zugrunde liegenden Superman Comic, als auch dem One Piece Kapitel, steigt der Leser bereits auf der ersten Seite in eine Sequenz, die die Geschehnisse des vorherigen Kapitels aufgreift. Die Handlungen der Kapitel sind einzeln lesbar und nachvollziehbar. Durch die Ebene der seriellen Erzählung, entsteht ein Story Arc, derüber das Kapitel hinaus eine fortlaufende Geschichte erzählt.
3.2 Grafische Erzählstrategie – Verhältnis von Bild und Text
Die Sprechblasen im Superman Comic sind bis auf wenige Ausnahmen in der klassischen runden Form gehalten. Während des Kampfes zwischen Superman und Ulysses, kommt es vereinzelt zu Gesprächen zwischen den beiden Figuren. Ulysses Sprechblasen umgeben einen hellblauen mehrschichtigen Rand, während er Superman angreift. Mit diesem gestalterischen Mittel wirken seine Aussagen intensiver undüberlegen gegenüber Supermans Aussagen in diesem Dialog.
Der Kampf zwischen dem Protagonisten Monkey D. Ruffy und seinem Gegner Donquixote Doflamingo erstreckt sichüber das gesamte Kapitel. Im Dialog zwischen den beiden Figuren fällt die Form der Sprechblasen oft aus dem Panel heraus und weist hauptsächlich eine eckige Form auf. Die Aussagen der Charaktere sind sehr kurz gehalten und wirken durch die Form der Sprechblasen laut und aggressiv. Zudem befinden sich in vielen der Panels Onomatopöien, die einen großen Teil des Bildes ausfüllen. Diese visuellen Ausdruckselemente imitieren Laute und Geräusche in der Umgebung und unterstreichen die laute und aggressive Atmosphäre (Mahne 2007, S. 48). Das häufige Einsetzen dieser Stilmittel findet man auch oft in der animierten Adaption der Shōnen Manga (Anime). Auf Seite zehn und elf des Superman Comic befinden sich zwei Onomatopöien in jeweils einer Sprechblase. In dieser Sequenz kommt es zur finalen Attacke und dem Ende des Kampfes zwischen Superman und Ulysses. Im Vergleich mit dem Manga wirkt diese Klangmalerei eher pointiert und gezielt eingesetzt, während die imitierten Geräusche im One Piece Kapitel geradezu inflationär erscheinen. Im Zuge der Aktion Sequenzen, werden in beiden Werken Bewegungslinien als Mittel für Lebhaftigkeit genutzt. Durch die Limitation des Mediums, geschuldet der statischen Bilder, werden diese Begrenzungen kompensiert (Mahne 2007, S.49). Objekte, Figuren oder Körperteile erhalten somit eine suggerierte Animation.
Sowohl im Comic als auch im Manga sind die oben genannten gestalterischen Mittel Ausdruck von Aktion und Spannung. Wie bereits zu Beginn erwähnt, sind dies typische Merkmale der Superhelden Comics und Shōnen Manga. Auffallend ist im Vergleich insbesondere der quantitative Einsatz dieser Stilmittel.
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