Mobbing - Theorie und Praxis


Seminararbeit, 2001

25 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Entwicklung des Begriffes
2.1 Definition Mobbing
2.2 Forschungsansätze

3 Mobbing als eine besondere Art von Konflikt
3.1 Offener Konflikt
3.2 Verdeckter Konflikt
3.3 Konfliktempfinden nur auf einer Seite

4 Phasenmodell nach Leymann

5 Ursachen von Mobbing
5.1 Betriebliche und individuelle Ursachen
5.2 Horizontales und vertikales Mobbing
5.3 Leistungsbewertung als Entlohnungsgrundlage

6 Was Mobber tun
6.1 Mobbing – wer sind die Beteiligten?
6.2 Mobbing von Vorgesetzten gegenüber Untergebenen
6.3 Mobbing unter Kollegen und Kolleginnen

7 Folgen für die Gemobbten

8 Fallbeispiel
8.1 Der Fall Albert W. aus Bremen
8.2 Was hätte Albert W. vorbeugend tun können?

9 Mobbing - aus rechtlicher Sicht

10 Fazit

11 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Wieso kommt es gerade jetzt zu solch einer Inflation des Begriffes „ Mobbing“`? Belästigungen, Schikanen, Psychoterror oder andere zwischenmenschliche Konflikte gibt es doch, seit Menschen interaktiv zusammenarbeiten. Innerhalb weniger Jahre ist der Begriff Mobbing in unsere Alltagssprache eingegangen und ist als Synonym für Intrigen, Psychoterror, Schikane oder Krieg im Büro geläufig. Fraglich ist allerdings, inwiefern bereits ein wissenschaftlich scharf umrissener Begriff für das Phänomen Mobbing am Arbeitsplatz existiert.

In folgender Ausarbeitung wird erklärt, was unter Mobbing zu verstehen ist und warum ihm gerade heute eine so starke Beachtung geschenkt wird. Zunächst wird der Ursprung des Begriffes und des Forschungsansatzes dargestellt, Mobbing wird definiert und zu anderen ähnlichen Begriffen abgegrenzt. Zudem werden Mobbingformen, -handlungen, -verlauf und die -ursachen an einem Fallbeispiel erklärt.

2 Entwicklung des Begriffes

Der Begriff Mobbing lässt sich auf das englische Verb to mob (über jemanden herfallen, anpöbeln, angreifen, attackieren) zurückführen.[1] Mobbing als Bezeichnung für ein bestimmtes Verhaltensmuster entspringt der massenpsychologischen Forschung. In der Wissenschaft wurde der Begriff erstmals von Konrad Lorenz 1958 im Rahmen der vergleichenden Verhaltensforschung unter Tieren verwendet. Lorenz bezeichnete dabei das zum eigenen Schutz dienende Angriffsverhalten einer Gruppe gegen ein einzelnes Wesen als Mobbing.[2] In den Bereich der Humanbeziehungen wurde die Bezeichnung erstmals von dem Schweden Heinemann transferiert. Er beschrieb damit eine bestimmte Art von Gruppengewalt unter Kindern. Seine Arbeiten bildeten den Ursprung der starken Verbreitung des Begriffes.[3]

Im alltäglichen Sprachgebrauch wird Mobbing mittlerweile nahezu inflationär für jegliche Art von Konfliktsituation oder Kommunikationsproblem am Arbeitsplatz verwendet. Mobbing wird in der Literatur oft auch als „( Klein-) Krieg am Arbeitsplatz“ oder „Zeitbombe am Arbeitsplatz“ bezeichnet.

2.1 Definition Mobbing

In den letzten Jahren rückte das Thema Mobbing verstärkt ins Blickfeld der Wissenschaft. Dabei wurde bisher fast jeder Arbeit eine andere Definition des Begriffes Mobbing zugrunde gelegt. Es existiert daher eine Vielfalt verschiedener Mobbingdefinitionen.

2.2 Forschungsansätze

Durch die starke Präsenz des Begriffes Mobbing in den Medien besteht die Gefahr des “Missbrauchs“ des Begriffes. Kleine Sticheleien, Streitereien, Unverschämtheiten oder alltägliche soziale Konflikte werden schnell als Mobbing tituliert.

Eine der ersten Definitionen lieferte Brodsky: ,,Harassment behavior involves repeated and persistent attempts by one person to torment, wear down, frustrate, or get a reaction from another. It is treatment that persistently provokes, pressures, frightens, intimidates, or otherwise discomforts another person."[4]

In der Literatur finden sich einige Definitionen, deren Schwerpunkt, je nach Perspektive des Verfassers bei dem beteiligten Personenkreis oder den Mobbinghandlungen liegt.[5]

Die zwei weitreichendsten Definitionen sind die von Niedl oder der Gesellschaft gegen Psychosozialenstress und Mobbing e.V..

Definition von Niedl:[6]

„Unter Mobbing am Arbeitsplatz werden Handlungen einer Gruppe oder eines Individuums verstanden, denen von einer Person, die diese Handlungen als gegen sich gerichtet wahrnimmt, eine feindseliger, demütigender oder einschüchternder Charakter zugeschrieben wird. Die Handlungen müssen häufiger auftreten und über einen längeren Zeitraum hinweg andauern. Die betroffene Person muss sich zudem aufgrund wahrgenommener sozialer, ökonomischer, physischer, psychischer Charakteristika außerstande sehen, sich zu wehren oder dieser Situation zu entkommen“.

Definition der Gesellschaft gegen Psychosozialenstress und Mobbing e.V.:[7]

„Unter Mobbing am Arbeitsplatz versteht man eine konfliktbelastete Kommunikation unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder mehreren anderen Personen systematisch und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes direkt oder indirekt angegriffen wird.“

Die Zusammenfassung dieser beiden Definitionen soll dieser Arbeit zugrunde liegen. Demnach werden unter Mobbing am Arbeitsplatz systematische Handlungen einer Gruppe oder eines Individuums verstanden, denen von einer Person, die diese Handlungen als gegen sich gerichtet wahrnimmt, ein feindseliger, demütigender oder einschüchternder Charakter

zugeschrieben wird und das Ziel und/oder den Effekt des Ausstoßes dieser Person haben. Die Handlungen müssen häufiger auftreten und über einen längeren Zeitraum hinweg andauern. Die betroffene Person muss sich zudem aufgrund wahrgenommener sozialer, ökonomischer, physischer oder psychischer Charakteristika außerstande sehen, sich zu wehren oder dieser Situation zu entkommen.

Konflikte oder böse Worte, die sich aus der Zusammenarbeit ergeben, sind nicht unbedingt mit dem Mobbing gleichzusetzen. Negative Handlungen werden erst dann zu Mobbing, wenn eine gewisse Regelmäßigkeit und Häufigkeit vorliegt.[8]

3 Mobbing als eine besondere Art von Konflikt

Nach Esser,A./Wolmerath,M. steht am Anfang eines typischen Mobbing-Verlaufs ein Konflikt "Wir sind überzeugt, dass Mobbing eine besondere Art und Weise ist, Konflikte auszutragen. In Mobbingkonflikten ist nichts vergessen und es gibt für die Mobber >lebenswichtigen< Konfliktstoff."[9] Die Konflikte eskalieren, so dass aus einer Meinungsverschiedenheit in Sachfragen ein Beziehungskonflikt wird. Plötzlich geht es nicht mehr darum, inhaltliche Differenzen zu beheben, sondern in der Person des anderen die Ursache für die festgefahrene Situation zu sehen. Im folgenden werden von Esser,A./Wolmerath,M. 3 Mobbingkonflikte vorgestellt.[10]

3.1 Offener Konflikt

"Jeder Beteiligte und viele Außenstehende wissen im Prinzip. worum es geht ." Kompetenz- streitigkeiten oder der Kampf um Arbeitsplätze wären als Beispiel denkbar. Diese Art von Konflikt kann zu keiner Lösung führen, da niemand aufgeben will.

3.2 Verdeckter Konflikt

Der Konflikt wird nicht offen ausgetragen, "d.h. ein Kampf oder die Suche nach einem Kompromiss, wird vermieden. "Der Gegner wird mittels Intrigen und Zurückweisung in die Enge getrieben. Ein offenes Gespräch kommt nicht zustande. "Jede Seite weiß, worum es im Prinzip geht, und wundert sich über das Vorgehen der anderen Seite nicht."

3.3 Konfliktempfinden nur auf einer Seite

"Viele Konflikte scheinen jedoch zunächst ausschließlich im Kopf eines der beteiligten Personen, nämlich des spätern Mobbers, zu schwelen." Meist ahnt der Mobbingbetroffene nichts von dem bevorstehenden Konflikt und kann die gegen ihn einsetzenden Attacken nicht verstehen.

4 Phasenmodell nach Leymann

Dem Mobbing-Konzept liegen arbeitspsychologische und stressmedizinische Theorien zugrunde. Bei der Analyse seiner erfassten und untersuchten Mobbingfälle kristallisierte Leymann typischen Mobbingverlauf heraus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Verlaufsmodell nach Leymann[11]

Die erste Phase ist durch tägliche Konflikte an Arbeitsplätzen geprägt und gilt als weitgehend schlecht erforscht. Hier ist aber noch nicht möglich diese Zerwürfnisse als Mobbing zu erkennen. Der Vorgesetzte oder die Kollegen können jedoch schlichtend einwirken. Die Ursachen des gesamten Mobbingprozesses liegen in der ersten Phase. Konflikte, die unvermeidbar an jedem Arbeitsplatz entstehen, werden falsch gehandhabt. Die gemobbte Person ist gewillt, zu einer vernünftigen Konfliktbewältigung beizutragen. Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht abzusehen, wohin die Situation führen wird.

In der zweiten Phase ist der Konflikt schon eskaliert und es kommt erstmals zum gezielten Einsatz von typischen Mobbing - Handlungen. Hier kann der Vorgesetzte aber noch schlichtend eingreifen um den weiteren Verlauf zu unterbrechen. Eine Stigmatisierung der betroffenen Person hat sich festgesetzt. Mobbinghandlungen werden etabliert. Der anfänglich sachliche Konflikt hat sich personifiziert. Es kristallisieren sich die Opfer und die Täter heraus. In dieser Phase kommt es zu häufigeren Feindseligkeiten der beiden Parteien. Die Mobbingangriffe zeigen bei dem Opfer Wirkung. Sein durch die ständigen Angriffe verändertes Verhalten wird auffällig. Die Gemobbten reagieren in dieser Phase mit typischen psychosomatischen Symptomen ( Schlafstörungen, Magen-, Darmstörungen evtl. leichte depressive Verstimmungen), die häufig durch Stress ausgelöst werden. Die Personalleitung und die Kollegen werden auf ihn aufmerksam. Sie sehen, dass sich sein Arbeitsverhalten zum Negativen verändert hat.

In der dritten Phase greifen die Vorgesetzten ein. Aufgrund der Beobachtung werden gegenüber dem Gemobbten oft auch Sanktionen verhängt. Die Mobber erhalten somit eine Rechtfertigung und Bestätigung ihrer Taten, da der Fall durch Eingreifen des Arbeitsgebers und des Betriebsrates öffentlich bestätigt wird. Die Konfrontationen mit dem Opfer nehmen zu. Die Gemobbten erleben die ungerechtfertigten Beschuldigungen ihrer Arbeitsumwelt als massive Kränkungen und reagieren darauf entweder mit Hilflosigkeit, oder sie intensivieren ihre aggressiven Abwehrreaktionen. Dadurch verschlimmert sich das gestörte Verhältnis zwischen allen Beteiligten.

Die vierte Phase kam in der ursprünglichen Fassung von Leymann nicht vor.[12] Auf Anregung von Resch[13] übernahm er die Phase der ärztlichen psychologischen Fehldiagnose 1995 in sein Modell.[14] Die psychische Belastung wird oft so groß, dass längere Erkrankungen die Folge sind, die zu dauerhaften psychischen Behandlungen, die aufgrund falscher Diagnosen oft verkehrt angesetzt werden und im Endeffekt zu Arbeitsunfähigkeit führen können.

In der fünften Phase kann das Opfer die ständigen Angriffe und die fortschreitende soziale Isolierung von einem bestimmten Zeitpunkt ab nicht mehr bewältigen. Seine Widerstandskraft ist so gut wie ausgeschöpft. Die Folge davon kann ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Unternehmen sein. Dies ist aber aufgrund der wirtschaftlichen Situation für die meisten Betroffenen keine Lösung. Wenn sie aber in dem Unternehmen verbleiben, sind die Folgen weitere Demütigungen sowie Abschiebung und Kaltstellung. Der Ausschluss kann auch in Form von Frührente, Abfindung, langfristige Krankschreibung oder Einlieferung in die Nervenheilanstalt erfolgen. Die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz wird folglich durch das schlechte Arbeitszeugnis erschwert.

[...]


[1] Vgl. Ross zitiert nach Schlaugat, K. S. 4

[2] Vgl. Lorenz, K. Hier bin ich wo bist du? Ethologie der Graugans S. 10 ff

[3] Vgl. Schlaugat, K. S .4 ff

[4] Vgl. Brodsky zitiert nach Niedl, K. S. 18

[5] Vgl. Zuschlag, B. / Thielke, W. Konfliktsituationen im Alltag: Ein Leitfaden für den Umgang mit Konflikten in Beruf und Familie S. 285 ff

[6] Vgl. Niedl, K. Mobbing, Bullying am Arbeitsplatz: Eine empirische Analyse zum Phänomen sowie zu personalwirtschaftlich relevanten Effekten von systematischen Feindseligkeiten

[7] Vgl. Leymann, H. Einführung: Mobbing das Konzept und seine Resonanz in Deutschland S. 18

[8] Vgl. Leymann, H. Einführung: Mobbing das Konzept und seine Resonanz in Deutschland S. 22

[9] Vgl. Esser, A./Wolmerath,M; Mobbing – Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung S.75

[10] Vgl. Esser, A./Wolmerath; Mobbing – Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung S.76 ff

[11] Vgl. Leymann, H. Einführung: Mobbing das Konzept und seine Resonanz in Deutschland S. 59

[12] Vgl. Leymann, H. Einführung: Mobbing das Konzept und seine Resonanz in Deutschland S. 59

[13] Vgl. Resch, M. Wenn Arbeit krank macht

[14] Vgl. Leymann, H. Einführung: Mobbing das Konzept und seine Resonanz in Deutschland S. 20 f

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Mobbing - Theorie und Praxis
Hochschule
Universität Lüneburg  (Wirtschafts- und Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Seminar Wirtschaftspsychologie
Note
2,3
Autoren
Jahr
2001
Seiten
25
Katalognummer
V3527
ISBN (eBook)
9783638121743
Dateigröße
765 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In den letzten Jahren rückte das Thema Mobbing verstärkt ins Blickfeld der Wissenschaft.
Schlagworte
Mobbing, Theorie, Praxis, Seminar, Wirtschaftspsychologie
Arbeit zitieren
Ines Lühmann (Autor:in)D. Gjardy (Autor:in)S. König (Autor:in), 2001, Mobbing - Theorie und Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3527

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