Demographie Deutschlands. Lässt sich der Rückgang der Kinderzahl innerhalb von Familien durch die erhöhte Bildungsbeteiligung der Frauen erklären?


Term Paper, 2016

15 Pages, Grade: 1,7

Neema Li (Author)


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Eine ökonomische Analyse der Fertilität nach G. Becker
2.1 Kinder als dauerhaftes Konsum- und Produktionsgut
2.2 Opportunitätskosten, Einkommens- und Substitutionseffekt

3. Datengrundlage
3.1 Berichtüber die Sondererhebung 2006 Geburten in Deutschland nach Emmerling & Pötsch (2008)

4. Bezug des ökonomischen Ansatzes nach Becker auf die vorgestellten Daten und Beantwortung der Ausgangsfrage

5. Zusammenfassung und abschließende Reflektion

6. Ausblick

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Mitte der 1960er Jahre wurde im Zuge der Bildungsexpansion der Zugang zu den Hochschulen für breite Schichten der Bevölkerung erleichtert, da im internationalen Vergleich ein Bildungsrückstand Deutschlands aufgedeckt worden war. Seit dieser Öffnung der Hochschulen stieg die Zahl der Studierende innerhalb der vergangenen Jahrzehnte weiter an. Mit der Bildungsexpansion ist somit auch der Anteil weiblicher Studierender deutlich gestiegen (vgl. Dallinger et.al., 2013, S.80).

Während der Anteil der Studierenden weiter zunimmt, ist gleichzeitig die Bevölkerungszahl Deutschlands stark rückläufig. Die Bevölkerungszahl eines Landes hängt vor allem von der Geburtenrate ab. Die Lebenserwartung der Menschen steigt zwar beständig an, jedoch in Verbindung mit niedrigen Geburtenraten lässt sich für Deutschland insgesamt ein Abnahme der Einwohnerzahl verzeichnen (vgl. Baethge et al., 2014, S.14). Die Geburtenziffer in Deutschland beträgt aktuell 1,38 Kinder pro Frau und liegt damit weit unter der benötigten Geburtenziffer von 2,1 Kindern pro Frau, um die Bevölkerungszahl Deutschlands konstant zu halten (vgl. ebd.).

In der These des zweiten demographischen Wandels nach Van de Kaa (1987) werden diese beiden Entwicklungen als sich aufeinander beziehend wahrgenommen. Es geht dabei um die niedrige Geburtenrate im Zusammenhang mit einem Wertewandel in der westlichen Welt. Das Bedürfnis nach individueller Entfaltung und Selbstverwirklichung, unter anderem durch höhere Bildung, geht einher mit einem Werteverlust des traditionellen Familienmodells und auch einem Bedeutungsverlust einer kinderreichen Familie (vgl. Van de Kaa, 1987, S.5). Die sich verändernden Lebensformen in Verbindung mit den sich hieraus ergebenden neuen Herausforderungen, beispielsweise der Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden als Ursache für die niedrige Geburtenrate und der sinkenden Kinderzahl innerhalb einer Familie verantwortlich gemacht.

In der vorliegenden Hausarbeit mit dem Titel Lässt sich der Rückgang der Kinderzahl innerhalb von Familien durch die erhöhte Bildungsbeteiligung der Frauen erklären? wird der unterstellte Zusammenhang zwischen dem Bildungsniveau der Mütter und der Kinderzahl innerhalb einer Familie untersucht. Der Hauptteil der Hausarbeit gliedert sich in drei Teile: Im ersten Teil wird die ökonomische Theorie der Fertilität nach G. Becker beschrieben, nach der die Mütter eine rationale Entscheidung für oder gegen Kinder treffen. Diese soll als theoretische Grundlage für die folgende Untersuchung dienen. Zwei Faktoren spielen dabei ein Rolle, zum einen der Einkommenseffekt, zum anderen der Substitutionseffekt. Im zweiten Teil werden die Daten der Sondererhebung 2006 Geburten in Deutschland wiedergegeben und die Kinderzahl der Mütter einem Vergleich zwischen den unterschiedlichen Bildungsstufen unterzogen. Die festgestellten Befunde sollen durch die Ergebnisse einer Analyse einer weiteren Erhebung bestätigt werden. Im dritten Teil werden die Befunde der Erhebung nach den theoretischen Einflussfaktoren untersucht, bevor abschließend eine Zusammenfassung und eine Diskussion mit Ausblick folgen.

2. Eine ökonomische Analyse der Fertilität nach G. Becker

Theorien der rationalen Wahl werden in der Soziologie oft zur Erklärung des menschlichen Verhaltens angewandt, wenn auch nicht ganz unkritisiert. Dabei wird der Mensch als rational handelndes Wesen aufgefasst, welches das Ziel der Nutzenmaximierung anstrebt, indem es seine Entscheidungen abwägend trifft, bezogen auf den entstehenden Nutzen und die anfallenden Kosten (vgl. Esser, 1991, S. 431). Auch die Entscheidung für oder gegen Kinder wurde mit der Verbreitung von Verhütungsmitteln zunehmend kalkulierbar (vgl. Becker, 1960, S. 210). Daher liegt es nahe, auch für die Erklärung des Kinderwunsches die Theorie der rationalen Wahl als Erklärungsansatz heranzuziehen.

Einen solchen Erklärungsansatz bezeichnet G. Becker in seiner 1960 veröffentlichten Arbeit als sogenannte ökonomische Analyse der Fertilität, auf welchen im Folgenden näher eingegangen werden soll.

2.1 Kinder als dauerhaftes Konsum- und Produktionsgut

Kinder werden im Rahmen des Erklärungsansatzes der ökonomischen Analyse der Fertilität als dauerhaftes Konsum- und Produktionsgut verstanden, wobei die Investition in Kinder ebenso bestimmte Kosten sowie gewissen Nutzen mit sich bringt, wie die Anschaffung sonstiger Konsumgüter (vgl. Becker, 1960, S. 210). Becker differenziert daraufhin bestimmte Faktoren, welche in die Kosten – Nutzen – Kalkulation einfließen. Zunächst erkennt er eine unterschiedliche Präferenz für Kinder, welche verschiedenen Ursprungs sein kann, aber hierbei nicht von Bedeutung für die ökonomische Analyse ist. Jedoch spielt die Qualität der Kindererziehung in Bezug auf die entstehenden Kosten eine entscheidende Rolle. Die Qualität der Kindererziehung wird dabei an der Höhe der investierten Kosten gemessen, welche durch bestimmte Aufwendungen, wie beispielsweise für Erziehung oder Ausbildung entstehen (vgl. ebd., S. 213). Des Weiteren spielt das Einkommen eine Rolle, wonach Becker annimmt, dass mit höherem Einkommen sowohl die Quantität der Kinder wie auch die Qualität der Kindererziehung zunimmt.

Die sich ergebenden Kosten errechnen sich nach Becker als Summe aus den direkten Kosten, die sich durch reale Ausgaben, wie beispielsweise für Nahrung und Kleidung ergeben und den Opportunitätskosten, welche sich auf das entgangene Einkommen der Eltern, im Besonderen der Mutter beziehen, da diese ihre Zeit, anstatt in Erwerbstätigkeit, in die Betreuung der Kinder investiert (vgl. ebd., S. 212).

Von den entstehenden Kosten wird der erwartete Nutzen der Kinder in Form von finanzieller und tatkräftiger Unterstützung abgezogen. Ist die Bilanz positiv, so werden Kinder als Produzenten betrachtet, von welchen hauptsächlich materieller Nutzen ausgeht. Ist die Bilanz negativ, so muss der Wert der Kinder im psychischen Nutzen für die Eltern liegen (vgl. ebd., S. 213).

2.2 Opportunitätskosten, Einkommens- und Substitutionseffekt

Die Nachfrage nach Kindern ist zusammengefasst also grundsätzlich abhängig von den relativen Kosten der Kinder und dem Gesamthaushaltseinkommen. Diese relativen Kosten der Kinder setzten sich, wie bereits aufgeführt, aus den direkten Kosten und den Opportunitätskosten zusammen. Opportunitätskosten ergeben sich aus dem Problem der Zeitallokation, worunter zu verstehen ist, dass die Betreuung und Erziehung der Kinder einen großen Zeitaufwand mit sich bringt, der vor allem durch die Mütter aufgebracht wird (vgl. Becker, 1993, S. 138). Der Wert der investierten Zeit durch die Mutter hat somit auch einen großen Einfluss auf die sich ergebenden Kosten bezüglich der Kindererziehung. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Erwerbsbeteiligung von Frauen in den Industrieländern zugenommen, wodurch sich der Wert der Zeit der Mutter, welche sie in die Kindererziehung investiert erhöht (vgl. ebd., S. 140). Der Mutter entgeht dadurch nämlich finanzieller Nutzen, den sie durch die Beteiligung am Arbeitsmarkt erzielen würde. Je höher der entgangene finanzielle Nutzen, desto höher die Opportunitätskosten.

Als Einkommenseffekt wird der Einfluss des Haushaltseinkommens auf die Quantität der Kinder und die Qualität der Kindererziehung bezeichnet: Wenn eine Frau die Möglichkeit wahrnimmt, sich am Erwerbsgeschehen auf dem Arbeitsmarkt zu beteiligen, so trägt diese zum Familieneinkommen bei. Dadurch erhöht sich das Gesamteinkommen, das der Familie zur Verfügung steht, welches in unterschiedliche Konsumgüter, wie Kinder investiert werden kann, wodurch nach Becker eine Steigerung der Qualität und Quantität der Kinder zu erwarten wäre (vgl. ebd.). Als Substituionseffekt wird die Wirkung mangelnden Einkommens der Mutter auf die Kindererziehung bezeichnet: Bleibt eine Frau für die Aufgaben der Kindererziehung und -betreuung zu Hause, so geht ihr das potentielle Einkommen für diese Erziehungs- und Betreuungszeiten verloren. Somit steigen die Opportunitätskosten der Kinder. Die Folge wäre, dass die Zeit, die für die Kindererziehung verwendet werden würde, durch die Erwerbsarbeit substituiert wird, da es sich weniger lohnt, die Zeit in Kinder zu investieren (vgl. ebd.).

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Details

Title
Demographie Deutschlands. Lässt sich der Rückgang der Kinderzahl innerhalb von Familien durch die erhöhte Bildungsbeteiligung der Frauen erklären?
College
University of Bamberg
Grade
1,7
Author
Year
2016
Pages
15
Catalog Number
V352727
ISBN (eBook)
9783668391383
ISBN (Book)
9783668391390
File size
594 KB
Language
German
Keywords
demographie, deutschlands, lässt, rückgang, kinderzahl, familien, bildungsbeteiligung, frauen
Quote paper
Neema Li (Author), 2016, Demographie Deutschlands. Lässt sich der Rückgang der Kinderzahl innerhalb von Familien durch die erhöhte Bildungsbeteiligung der Frauen erklären?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/352727

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