Deutsche Siedlerschulen in Paraguay. Die Bedeutung und der Wandel der Mennonitenschulen im Chaco


Trabajo Escrito, 2016

16 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


INHALT

Einleitung

1. Religiöse Grundsätze
1.1 Abweichungen von der Staatskirche
1.2 Religiöse Bedeutung der Schulbildung

2. Bildungspolitik als Grund für die Besiedlung des Chacos
2.1 Verbot der mennonitischen Privatschulen in Kanada als Auslöser für die Besiedelung des Chacos
2.2. Das Gesetz 514 und die Schulen

3. Das Schulsystem der Mennoniten-Siedlungen im Chaco
3.1 Schulen nach traditionellem Vorbild in Menno
3.1.1 Bildungswesen bis 1932
3.1.2 Deutsche Siedlerschulen in Menno während des Nationalsozialismus
3.1.3 Der Aufbau eines Primär- und Sekundarschulwesens nach 1945
3.2 Primär- und Sekundarschulen in Fernheim
3.2.1 Lehre der Religion und des Deutschtums
3.2.2 Der Aufbau eines bilingualen Schulsystems nach 1945

Fazit

Literaturverzeichnis

EINLEITUNG

Für die mennonitischen Auswanderer im paraguayischen Chaco war die Bildung von zentraler Bedeutung. Denn für sie ist die bewusste Entscheidung für Glauben, die nach einer eingehenden Beschäftigung mit der Bibel erfolgte, ein zentraler Schlüssel zu einem sü. Eine Forderung der Siedler an den Staat Paraguay war daher, ihr traditionelles Schulsystem beibehalten und selbstständig verwalten zu können. Dieser Forderung hat das Land im Gesetz 514, welches die grundsätzlichen Rechte eines jeden Mennonitischen Siedlers definiert, stattgegeben. Genauer gesagt heißt es, dass die Einwanderer das uneingeschränkte Recht besitzen und die folgenden Maß- nahmen ohne jede Einschränkung ausführen dürfen: „Fundar, administrar y mantener escuelas y establecimientos de instrucción, y enseñar y aprender su religión y su len- gua que es el alemán“. 1

Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, warum die Einrichtung einer eigenen Schulform für die Mennoniten eine zentrale Rolle gespielt hat und der Zusammen- hang mit den Grundsätzen ihrer religiösen Verfassung hergestellt. Des Weiteren wird anhand des Schulsystems gezeigt, dass die Schulen nicht nur der reinen Vermittlung von Wissen dienten, sondern auch eine beeinflussende Funktion haben. Dabei wird auch die Frage im Raum stehen, ob auch die aktuelle Weltpolitik auf die Struktur im Dorf und damit auch auf die Schulen abgefärbt hat und wie dies dann im Einzelnen aussieht. Exemplarisch wird dafür die Entwicklung der Siedlungen Menno und Fern- heim verglichen.

Bei der Auseinandersetzung mit der geläufigen Literatur fällt auf, dass die Mehrheit der über die Mennonitensiedlungen im Chaco erschienene Fachliteratur von Mennoniten verfasst wurde. Diese Arbeiten wurden häufig von den eigenen Geschichtsverbänden herausgegeben. Daher muss beachtet werden, dass die Autoren nicht unvoreingenommen waren. Es gibt aber auch allgemeinere wissenschaftliche Publikationen, welche sich aber selten auf die geschichtliche Entwicklung der Besiedlung des Chacos durch Mennoniten fokussieren.

1. RELIGIÖSE GRUNDSÄTZE

1.1 Abweichungen von der Staatskirche

Die Mennoniten sind eine im Zuge der Täuferbewegung des 16. Jahrhunderts entstandene evangelische Freikirche. Diese Bewegung fand etwa zeitgleich mit der Reformation statt und vertrat ebenfalls die Ansicht, dass der Glaube nur auf Grundlage der Bibel gebildet werden sollte und die Schrift jedem Gläubigen zugänglich und geläufig sein solle 2. Doch neben diesen Gemeinsamkeiten mit der lutherischen Lehre gibt es auch einige Differenzen.

Das wichtigste Merkmal der Täuferbewegung ist, wie die Bezeichnung bereits ver- muten lässt, ihre Einstellung zur Taufe. Eine bedeutende Person der Täuferbewegung ist Menno Simons, welcher auch der Glaubensgemeinschaft der Mennoniten ihren Namen gegeben hat, da sich diese religiöse Gemeinschaft auf die Lehren von Simons bezieht. Nach Simons sind das Bewusstsein und der Verstand von Kindern noch nicht weit genug ausgebildet, um eine bewusste Entscheidung für den Glauben an Gott zu treffen. Anders als die katholische und evangelische Kirche glaubt er nicht, dass die Taufe dem Glauben vorangestellt werden kann. Vielmehr sieht er in der Kindertaufe einen Verstoß gegen die Bibel, denn „schlafend ist niemand nach der Schrift getauft“ 3.

Aber auch die Ablehnung einer weltlichen Obrigkeit führte immer wieder zu Kon- flikten. Da Gott der oberste „Herrscher Himmels und Erden“ 4 sei, werden andere Gesetze und Vorschriften abgelehnt. Aber auch Geistliche werden nicht als Autorität anerkannt, sondern eher als Lehrmeister, um die Grundlagen der heiligen Schrift zu verbreiten 5. Auch einen Eid lehnen die Mennoniten kategorisch ab. Da es sich beim Eid um ein von Gott gegebenes Gesetz handle, könne „die Wahrheit (besser) mit Ja und Nein bezeugt und bekräftigt werden, als mit einem Eide“ 6. Schon gar nicht dür- fe der Mensch zur Zustimmung einer Wahrheit gezwungen werden. Darüber hinaus solle ein gläubiger Mennonit auch jegliche Form von Gewalt ablehnen. Die Lehre der Apostel verbiete „alle Rache und Gegenwehr“ 7.

Eine weitere Abweichung vieler mennonitischer Gemeinden von der Staatskirche ist der Wunsch nach einer Absonderung von der übrigen, „sündigen“ Welt. Glaubensva- ter Menno Simons verwies auf den in Ephemer 5, 37 formulierten Befehl nach einer Gemeinde „ohne Flecken und Runzeln“. Der Schluss daraus war häufig, sich von der restlichen Welt, die nicht die selben religiösen Ideale verfolgten, abzusondern. Doch auch unter den gelehrten Mennoniten wurde diese These nicht immer unterstützt. Abraham Hunzinger mahnt beispielsweise vor einem weit verbreiteten Aberglauben und einem beschränkten religiösen Horizont, welches zur „unerträglichen Finsternis, zur widernatürlichsten Abgeschiedenheit von den Mitmenschen“ 8 führen werde.

1.2 Religiöse Bedeutung der Schulbildung

Wie oben dargelegt ist das Fundament des Glaubens der Mennoniten die bewusste Entscheidung für den Glauben und die Auseinandersetzung mit den Fundamenten des Christentums. Daher ist auch die Schulbildung von zentraler Bedeutung für die Erziehung und Eingliederung des Nachwuchses in die Gemeinde. Denn es sei „die größte und führendste Sorge der Heiligen, dass ihre Kinder mögen Gott fürchten, recht tun und selig werden“ 9.

Nach dem Menschenbild der Mennoniten sei ein Mensch erst ein vollkommenes We- sen, wenn er komplett zu Gott gefunden habe und sich mit den Lehren der Bibel ver- traut gemacht habe. Diese moralische Vollkommenheit nach Gottes Willen könne aber „nur dann erreich(t) (werden), wenn wir die Wege kennen, welche uns dahin führen und wenn wir zuvor gründlich unterrichtet, im Glauben und in der Liebe dar- auf wandeln“ 10. Bildung habe also die Funktion, die richtige Lebensweise vorzule- ben und den Menschen in seiner persönlichen Entwicklung zu unterstützen.

2. BILDUNGSPOLITIK ALS GRUND FÜR DIE BESIEDLUNG DES CHACOS

2.1 Verbot der mennonitischen Privatschulen in Kanada als Auslöser für die Besiedelung des Chacos

Im Jahr 1916 wurde in Kanada das sogenannte „Einsprachen-Gesetz“ verabschiedet. Dieses beinhaltete auch die Vorschrift, dass an allen Schulen nur die englische Spra- che gesprochen werden durfte. Die Mennoniten hingegen hielten an ihrer traditionel- len Schulform mit deutschen Lehrern und deutschen Unterrichtsmaterialien fest. Daraufhin beriefen sich die Einwanderer auf den Freibrief, der 1873 verabschiedet worden war. Darin war ihnen die vollständige Religionsfreiheit zugesichert worden und explizit auf die Schulen und das Bildungssystem ausgeweitet worden 11. Denn sie glauben nicht, dass eine „christliche Gemeinde bestehen kann ohne Gottes Wort in den Schulen und glauben nicht, dass der Unterricht darin auf ein Minimum sollte herabgesetzt werden, sondern dass es das Größte und Erste sein sollte“ 12. Daher sei ein staatlicher Unterricht inakzeptabel und eine Auswanderung vor einer staatlichen Reglementierung der Schulen vorzuziehen.

Trotz weiterer Versuche, sich auf den Freibrief zu berufen, sahen sich viele Siedler in Kanada bereits nach einem neuen Siedlungsgebiet um. Eine wichtige Rolle dabei spielte Paraguay. Nach dem sogenannten Dreibundkrieg, bei dem Paraguay alleine gegen Brasilien, Argentinien und Uruguay kämpfte, war das Land stark geschwächt. Es gab auf paraguayischer Seite nur zwischen 200.000 und 300.000 Überlebende, Frauen und Kinder mit eingerechnet. Auch die Fläche verringerte sich deutlich 12.

Auf Grund der wirtschaftlichen und demographischen Probleme, die nicht allein, aber doch zu wesentlichen Teilen auf den Dreibundkrieg zurück zu führen waren, betrieb das Land eine aktive Immigrationspolitik und betrieb große Anstrengungen, ausländische Siedler anzuwerben. Die Notsituation Paraguays sorgte dafür, dass den Mennoniten zahlreiche Privilegien zugesichert wurden. Diese wurden in dem Gesetz Nummer 514 festgehalten.

[...]


1 Gesetz 514 in BuscoLey Paraguay. URL: http://www.buscoley.com/pdfs/l_0514_1921.pdf (03.04.2016)

2 Vgl. Uhlmann, Peter H.: Die Täuferbewegung- Ein Überblick über ihre Entstehung und die Geschichte in Emmental Menü. URL: http://emmental.menno.ch/fileadmin/user_upload/ Download/Taeuferbewegung_PUhlmann.pdf (04.03.2016)

3 Simons, Menno, Ein Fundament und klare Anweisungen von der seligmachenden Lehre unseres Herrn Jesu Christi, Pensylvania 1794, S. 50.

4 Hunzinger, Abraham, Das Kirchen-, Religions- und Schulwesen der Mennoniten, Speyer 1830, S. 31.

5 Vgl. Simons, S. 54.

6 Hunzinger, S. 25.

7 Hunzinger, S. 29.

8 Hunzinger, S. 152.

9 Simons, S. 676.

10 Hunzinger, S. 149.

11 Vgl. Klaasen, Peter P., Die Mennoniten in Paraguay, Weierhof 1988, S. 66 f.

12 Quiring, Walter, Russlanddeutsche suchen eine Heimat: Die deutsche Einwanderung in den paraguayischen Chaco, Karlsruhe 1938, S. 66.

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Detalles

Título
Deutsche Siedlerschulen in Paraguay. Die Bedeutung und der Wandel der Mennonitenschulen im Chaco
Universidad
University of Cologne
Calificación
1,3
Autor
Año
2016
Páginas
16
No. de catálogo
V354111
ISBN (Ebook)
9783668402973
ISBN (Libro)
9783668402980
Tamaño de fichero
501 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Lateinamerikanische Geschichte, Migrationsgeschichte, Deutsche Migration, Religion, Bildung
Citar trabajo
Stella Kirchner (Autor), 2016, Deutsche Siedlerschulen in Paraguay. Die Bedeutung und der Wandel der Mennonitenschulen im Chaco, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354111

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