Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Begriff 'Medium/Medien'
3. Medienbegriff in der Pädagogik
4. Medien im Geschichtsunterricht
5. Lernen mit und an Medien
6. Schluss
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In den letzten Jahren haben Medien für Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene eine immer größer werdende Alltagsrelevanz bekommen. Dementsprechend hat auch die Bedeutung der Medien sowie deren Verwendung in der Schule stark zugenommen. Um einen passenden Einstieg zu gewähren, möchte ich ein Zitat von Hans-Jürgen Pandel anführen, welches den Inhalt des Seminars andeutet:
„Jede Quelle ist ein Medium historischen Lernens, aber nicht jedes Medium ist darum schon eine Quelle.“[1]
Dieses Zitat von Pandel verdeutlicht, dass die zwei Begriffe 'Quelle' und 'Medium' nicht als Synonyme anzusehen sind, sondern zwischen Medien historischen Erinnerns und Medien historischen Lernens unterschieden wird. Medium, als der breitere Begriff, der sowohl primäre als auch sekundäre Aussagen über Geschichte beinhaltet, ist anders als eine Quelle, die in der Vergangenheit als Medium entstanden ist und uns noch heute im Original vorliegt.[2] Beide Formen tauchen im Geschichtsunterricht auf und fördern das historische Lernen der SchülerInnen. In welcher Unterrichtsphase ein bestimmtes Medium eingesetzt werden soll und wie daran historisch gelernt werden kann, steht als Frage im Vordergrund des Seminars. Somit ist das Ziel des Seminars, die Untersuchung der Vielfalt von Medien und die Reflexion deren Einsatzes im Geschichtsunterricht.
Der Einsatz von Dias im Geschichtsunterricht im Jahre 1731 war vermutlich der erste Versuch von Text sowie gedrucktem Bild weg zu kommen und neue Medien zu nutzen. Im 18. Jahrhundert fanden erste Versuche statt, Geschichte bildlich, schriftlich und akustisch zu vermitteln.[3] Seit den 1980er Jahren ist Hans-Jürgen Pandel der wichtigste Autor hinsichtlich des Medienbegriffs in der Geschichtsdidaktik geworden. Seit sich seine Einteilung in Quellen, Darstellungen und Fiktionen durchgesetzt hatte, wurde weniger über den Medienbegriff des Geschichtsunterrichts diskutiert.[4] Trotzdem finden sich aus geschichtsdidaktischer Perspektive mittlerweile weitere Einteilungen, wie die von Ammon und Protzner in Software und Hardware oder die drei Dimensionen (Technik, Darstellung, Inhalt) von Sauer. Diese werden in den weiteren Kapiteln näher beschrieben.
Die folgende Arbeit befasst sich im ersten Teil mit dem Medienbegriff im Allgemeinen, um zu klären, was in unserer heutigen Gesellschaft unter dem Begriff 'Medien' verstanden wird und wie sich dieser im Laufe der Zeit entwickelte. Für diese Klärung werden unterschiedliche Definitionen von verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen herangezogen. Anschließend wird der Medienbegriff aus der Sicht der Pädagogik betrachtet, um schließlich die geschichtsdidaktische Perspektive zu beleuchten und die Frage zu klären, was ein Medium in Bezug auf den Geschichtsunterricht ist. In einem letzten Schritt gehe ich auf das Lernen mit und an Medien ein und zeige die Forderungen nach Pandel auf, die Medien mit sich bringen sollen. Doch bevor ich im Hauptteil auf die oben aufgeführten Aspekte komme, möchte ich auf das allgemeine Begriffsverständnis von Medien in unserer heutigen Gesellschaft eingehen.
2. Der Begriff 'Medium/Medien'
Der Begriff 'Medium/Medien' taucht heutzutage in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf, weshalb dieser Begriff nicht eindeutig definiert werden kann. Ursprünglich kommt dieser Begriff von dem lateinischen Adjektiv 'medius' und bedeutete 'der in der Mitte befindliche'.[5] In neueren Lexika hingegen ist überwiegend das Stichwort 'Massenmedien' oder 'Massenkommunikation' zu finden, was auf die neuere Technologie anspielt. Somit lässt sich der Wandel des Wortes im Laufe der Zeit erkennen. Der Gebrauch im Singular (Medium) wird meistens im Sinne von 'Mittleres' bzw. 'Vermittelndes' verwendet. Sobald im Plural (Medien) gesprochen wird, stellt sich in der heutigen Gesellschaft automatisch der Bezug zu elektronischen Geräten her.
Im Duden-Die deutsche Rechtschreibung findet sich folgende ausführliche Begriffserklärung[6]:
(bildungssprachlich) vermittelndes Element
a) (bildungssprachlich) Einrichtung, organisatorischer und technischer Apparat für die Vermittlung von Meinungen, Informationen, Kulturgütern; eines der Massenmedien Film, Funk, Fernsehen, Presse
b) (Hilfs-)mittel, das der Vermittlung von Informationen und Bildung dient (z. B. Buch, Tonband)
c) (Werbesprache) für die Werbung benutztes Kommunikationsmittel; Werbeträger
(Physik, Chemie) Träger bestimmter physikalischer, chemischer Vorgänge; Substanz, Stoff
(Parapsychologie) jemand, der für Verbindungen zum übersinnlichen Bereich besonders befähigt ist
(Medizin, Psychologie) jemand, an dem sich aufgrund seiner körperlichen, seelischen Beschaffenheit Experimente, besonders Hypnoseversuche, durchführen lassen.
(Sprachwissenschaft) Mittelform zwischen Aktiv und Passiv, der in anderen Sprachen die reflexive Form entspricht.
Obwohl bei dieser Begriffserklärung ganz unterschiedliche Bereiche angesprochen werden, wird deutlich, dass der Begriff 'Medium' bzw. 'Medien' auch hier überwiegend im Sinne von 'vermitteln' verwendet wird. Technische Geräte, die Informationen vermitteln, haben nun wirklich wenig mit Übersinnlichem zu tun und trotzdem wird etwas übermittelt bzw. weitergegeben. Die paranormal begabte Person 'vermittelt' zwischen physischer und übersinnlicher Welt. Ganz anders sieht es da in der Physik bzw. Chemie aus, die den Begriff für die Bezeichnung einer Substanz verwendet, in der eine chemische Reaktion abläuft. Auch die Medizin definiert 'Medium' unter einem ganz anderen Verständnis. Es wird von einer geeigneten Person für Experimente gesprochen, was nur im weitesten Sinne mit 'vermitteln' zu tun hat. Wir sehen also anhand von unterschiedlichen Begriffserklärungen die verschiedenen Gebrauchsmöglichkeiten eines Mediums.
Marshall McLuhan, ein amerikanischer Medientheoretiker, definiert Medien als „Körperextensionen, also Mittel, mit denen man seine natürlichen körperlichen Fähigkeiten verstärkt“[7]. Die Stimme erhält eine größere Reichweite durch das Telefon, die Augen sehen weiter durch ein Fernglas und eine schnellere Geschwindigkeit wird durch ein Rad erzielt.[8] Diese interessante Definition geht in eine ganz andere Richtung als die bereits genannten. Medien sind demnach nichts anderes als reine Hilfsmittel.
Wir sehen also, wie komplex und vielfältig der Begriff 'Medium' bzw. 'Medien' ist und je nach Wissenschaftsdisziplin etwas anderes bedeuten kann. Bevor wir also zum Kapitel Medien des Geschichtsunterrichts kommen, wird im folgenden Kapitel zunächst geklärt, was unter 'Unterrichtsmedien' in der Pädagogik zu verstehen ist.
3. Medienbegriff in der Pädagogik
In der pädagogischen Literatur findet sich ebenfalls keine klare Begriffseinteilung der Medien. Ausgehend von älteren Kategorisierungsversuchen steht mal der technische Aspekt im Vordergrund, mal sind es die unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen[9] oder die spezifischen Funktionen[10] nach denen die Medien unterteilt wurden. Von Einheitlichkeit kann somit nicht gesprochen werden, da der Medienbegriff je nach Nutzer aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird.
Die Bundeszentrale für politische Bildung definiert den Medienbegriff wie folgt:
„M. ist ein Sammelbegriff für alle audiovisuellen Mittel und Verfahren zur Verbreitung von Informationen, Bildern, Nachrichten etc.“[11].
Ganz klar geht hier der Akzent auf technische Aspekte hervor. Die Mehrheit unserer Gesellschaft verbindet den Begriff 'Medien' mit Technik. Daran könnten die seit den 1920er Jahren aufkommenden 'Medien' - Radio oder Fernsehen - schuld sein. Auch das immer mehr populär werdende Internet, Ende des 20. Jahrhunderts, beeinflusste als 'Neues Medium' die Denkweise vieler Menschen in diese Richtung.
Michael Sauer bedient sich einem Wikipedia-Artikel für seine Definition von Unterrichtsmedien:
„Unter Unterrichtsmedien versteht man Informationsträger, die im Unterricht zu didaktischen Zwecken eingesetzt werden. Dazu zählen unter anderem Schülerbücher, Lernkarteien, Arbeitsblätter, Kladden, Notebooks, Unterrichtssoftware, Sprachlernprogramme und Unterrichtsfilme.“[12]
Nichtsdestotrotz ist auch diese Begriffserklärung zu ungenau. Nehmen wir als Beispiel den Computer. Es ist ein technisches Gerät, das allerdings erst durch bestimmte Lernprogramme zum Unterrichtsmedium wird. Ohne jegliche Lernprogramme wäre es nur ein gewöhnliches technisches Gerät. Wir sehen also, dass die Kombination von Hardware und Software für den Lernerfolg entscheidend ist und ein Unterrichtsmedium definiert. Gleichzeitig bringt uns diese Begriffserklärung genauso wenig weiter, wie die Einteilung in personale Unterrichtsmedien. Stellenweise wird die Stimme, Mimik und Gestik der Lehrkraft als personale Unterrichtsmedien bezeichnet. Doch diese Ergänzung ist nur ein weiterer misslungener Versuch eine klare Begriffserläuterung zu liefern.[13]
Die Einteilung in Technik, Darstellung und Inhalt von Sauer scheint dagegen sinnvoller zu sein. Diese drei Dimensionen - Geräte, Lernformen sowie Lernmaterialien, Inhalt - ergeben im Ganzen das Unterrichtsmedium. Zur Verdeutlichung nehmen wir als Beispiel die Tafel. In Kombination mit der Kreide, was unter Produktionsmittel und somit unter Technik fällt, ergibt sich ein Tafelanschrieb. Dies gilt allerdings lediglich als Unterrichtsinstrument. Wichtig ist der Inhalt mit dem der Tafelanschrieb gefüllt wird und diese Instrumente zu Unterrichtsmedien macht. Inhalte können vor allem im Geschichtsunterricht unterschiedlicher Form sein. Doch darauf gehe ich erst im nächsten Kapitel genauer ein.
Wie die SchülerInnen unterschiedliche Inhalte erfahren können, lässt sich in die folgende vier Formen unterteilen:
reale Form[14]
modellhafte Form[15]
abbildhafte Form[16]
symbolische Form[17]
Jede Wahrnehmungsform hat einen enormen Einfluss darauf, wie Jugendliche Vorstellungen über einen Sachverhalt entwickeln. Grundsätzlich lassen sich die meisten Sachverhalte verbal darstellen. Bilder oder Filme haben den Vorteil anschaulich zu sein und Inhalte besser ins Gedächtnis zu brennen. Der Nachteil dabei ist, dass Jugendliche eine verzerrte Vorstellung bekommen und nicht einschätzen können, ob das Bild der Realität entspricht.[18] Beispielsweise lernen die SchülerInnen, dass Napoleon ein 'großer' Mann war. In Wirklichkeit tat er Großes, war aber klein. Ein Bild gibt diese Information nicht her. Hier kommt die Lehrkraft als ergänzendes Medium ins Spiel, da zusätzliche Informationen vermittelt werden müssen. Des Weiteren wurden im Mittelalter Ränge bildlich nach Größen dargestellt. Das heißt aber nicht, dass der Bauer nur halb so große war wie ein Adliger. Bilder sind also keine objektiven Quellen, sondern nur Darstellungen der Realität, wie sie der Autor in seiner Zeit wahrgenommen hat und können bewusst verändert oder verfälscht sein.[19] Dies führt uns somit zu der Aufteilung von Medien in Quellen und Darstellungen sowie der Frage, was Medien in Bezug auf den Geschichtsunterricht sind.
[...]
[1] Pandel, Hans-Jürgen: Einführung. In: Pandel / Schneider (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts. 2007. S. 8.
[2] Vgl. ebenda. S. 7.
[3] Vgl. Pandel, Hans-Jürgen: Klappentext. In: Medien im Geschichtsunterricht, Düsseldorf: Schwann, 1985.
[4] Vgl. Pallaske, Christoph: Sprachverwirrung. Was ist ein geschichtsdidaktisches Medium? In: Public History Weekly 2 (2014) 25, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2311. [Stand: 16.12.2014].
[5] Vgl. Grundlegende Informationen. Online: www.miteb.ifs-dormund.de/medio/ab16/g-info.htm. [Stand: 08.03.2015].
[6] Vgl. http://www.duden.de/rechtschreibung/Medium_Vermittler_Traeger. (Stand: 16.12.2014).
[7] Pandel, Hans-Jürgen: Präsentationsformen: Die Medien historischen Denkens und Lernens. In: Pandel/Schneider (Hrsg.): Geschichtsdidaktik. Eine Theorie für die Praxis. Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts. 2013. S. 271.
[8] Vgl. Ebenda.
[9] Mit unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen ist in dieser Arbeit die Einteilung nach Sinnen gemeint. Die Aufnahme der Informationen aus Medien wird verbal, visuell, akustisch, audiovisuell oder haptisch aufgenommen.
[10] Mit spezifischen Funktionen sind in dieser Arbeit zum Beispiel informationsorientierte, kommunikationsorientierte oder aktionsorientierte Medien gemeint, die nach ihren Funktionen im Unterricht geordnet werden.
[11] Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 5., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2011.
[12] Sauer, Michael: Medien im Geschichtsunterricht. In:Barricelli/Lücke (Hrsg.). Handbuch. Praxis des Geschichtsunterrichts. Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts. 20012. S. 85.
[13] Vgl. Sauer: Medien im GU. S. 86.
[14] Die reale Form meint das Handeln oder die Beobachtung in der Wirklichkeit.
[15] Die modellhafte Form meint das simulierende Handeln wie z. B. bei Rollenspielen.
[16] Die abbildhafte Form meint schematische oder typisierende Darstellungen, wie z. B. Karikaturen.
[17] Die symbolische Form meint die Aufnahme von Informationen aus verbalen Darstellungen oder nicht-verbalen Zeichen., wie z. B. Karten.
[18] Vgl. Tulodziecki, Gerhard u. a. : Medienbildung in Schule und Unterricht. Grundlagen und Beispiele. Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn, 2010. S. 29.
[19] Dies gilt auch für Texte.