Leseprobe
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Arten und Modelle der Wirtschaftssystemtheorie
3. Marktversagen
3.1 Mikroökonomische Betrachtung
3.2 Makroökonomische Betrachtung
3.3 Wirtschaftspolitische Schlussfolgerung
4. Der Gesundheitsmarkt und die angebotsinduzierte Nachfrage
4.1 Problemdarstellung auf dem gegenwärtigen Markt
4.3 Die Ärztedichte und die Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen
4.4 Ein Modell des ärztlichen Verhaltens
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Nachstellung eines Kreislaufmodells der reinen Marktwirtschaft
Abbildung 2: Nachstellung eines Kreislaufmodells der Totalen Zentralverwaltungswirtschaft
Abbildung 3: Marktgleichgewicht (Eigenentwurf)
Abbildung 4: Angebot- und Nachfrage auf dem Gesundheitsmarkt
Abbildung 5: Notwendige Bedingung zur Interpretation der angebotsinduzierten Nachfrage
Abbildung 6: Eigenentwurf Gesellschaftsversagen
1. Einleitung
Eine ganze Reihe von Gesundheitsreformen haben gezeigt, welcher Dynamik das Gesundheitswesen unterliegt. Der Gesetzgeber muss immer schneller auf Reformvorhaben reagieren und eine beinahe nur in der Theorie gültige uneingeschränkte Reaktionsgeschwindigkeit aufzeigen. Die Gesundheitsökonomie beschäftigt sich nicht nur mit den Ausgaben und Einnahmen auf der Finanzierungsseite, sondern stellt eine wichtige ordnungspolitische Säule dar. Gegenstand der Ordnungspolitik ist die Gestaltung der ethischen, rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen einer Gesellschaft. Sie ist eine Gestaltungsgrundlage für das Verhalten von Wirtschaftssubjekten und politischen Entscheidungsträgern.1 Im Umkehrschluss kann über eine Wirtschaftsordnung auf der einen Seite und über eine Staatsordnung auf der anderen Seite gesprochen werden.
Die Ordnungspolitik geht oft mit einem Wirtschaftssystem einher. Wirtschaftssysteme bestimmen die wirtschaftlichen Prozesse einer Volkswirtschaft und sollten das Ziel der optimalen Allokation im Auge haben. Wirtschaftssubjekte handeln meist nach Regeln und Gesetze einer Wirtschaft in denen Sie ihre Güter austauschen, d.h. das Verhalten eines Wirtschaftssubjektes ist durch ein bereits vordefiniertes Wirtschaftssystem gegeben.
Die vorliegende Ausarbeitung beschäftigt sich zunächst mit unterschiedlichen Modellen der Wirtschaftssystemtheorie und beschreibt anschließend weitere Arten.
Infolge dessen wird das Phänomen des Marktversagens in der mikro- und makroökonomischen Betrachtung und seine Bedeutung für das Gesundheitswesen näher beschrieben. Im Hinblick auf die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft wird die Bedeutung des Gesundheitswesens im Rahmen einer wirtschaftspolitischen Schlussfolgerung näher erläutert. Im Kern dieser Hausarbeit wird auf die Besonderheiten des Gesundheitswesens hingewiesen.
Weiterhin wird über den unterschiedlichen Charakter einer Gesundheitsleistung diskutiert und bestimmte Probleme auf dem gegenwärtigen Markt kurz dargestellt.
Im Hauptteil wird die Annahme, dass das Verhalten von Wirtschaftssubjekten stark von einem Wirtschaftssystem und einer Ordnungspolitik abhängig ist, am Beispiel des Verhaltens eines Arztes validiert. Dabei wird ein Modellbeispiel von Breyer, Zweifel und Kifmann veranschaulicht, welches die Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen mit der Ärztedichte einer Region in Verbindung bringt. Das Fazit zum Ende der Ausarbeitung soll eine kritische Würdigung und eine Diskussionsgrundlage bilden.
2. Arten und Modelle der Wirtschaftssystemtheorie
In der vorliegenden Ausarbeitung wird der Augenmerk auf zwei wesentliche Modelle der Wirtschaftssystemtheorie eingegangen. Zum einen wird über die reine Marktwirtschaft auf der einen Seite und über die totale Zentralverwaltungswirtschaft auf der anderen Seite diskutiert.
Im Modell der reinen Marktwirtschaft wird angenommen, dass die Unternehmen auf dem Markt den Wettbewerb ohne staatlichen Eingriff gestalten. Das bedeutet, dass das Angebot und die Nachfrage durch Selbstregulierung, die Präferenzen der Haushalte und das Interesse der Gewinnmaximierung der Unternehmen durch die sog. unsichtbare Hand bestmöglich zur Interessenbefriedigung beider Seiten leitet.2 Im Umkehrschluss wird die Planung dezentral durchgeführt und die Produktionsmittel und die Ertragsverteilung nach der marktwirtschaftlichen Koordination gestaltet.
Dagegen wird im Modell der totalen Zentralverwaltungswirtschaft unterstellt, dass in der gesamten Volkswirtschaft ausschließlich staatliche Verfügungsgewalt über Produktion und Verteilung existiert. Zudem wird der gesamte Wirtschaftsprozess aufgrund vollzugsverbindlicher Volkswirtschaftspläne und mittels zentraler Plananweisung gelenkt.3 Bei einer näheren Modellbetrachtung bedeutet dies für die reine Marktwirtschaft folgende Merkmale:
- In der Wirtschaft herrscht private und unbeschränkte Verfügung über die Produktionsgüter
- Wirtschaftssubjekte (Haushalte, Unternehmen) lassen sich lediglich nur von ökonomischen Eigeninteressen im Sinne der dadurch entstehenden Nutzenmaximierung leiten
- Die Haushalte beziehen ihre Güter und Dienstleistungen nur von Unternehmen
- Alle Handlungen werden über den Markt koordiniert, es besteht ein
ganzheitlicher Wettbewerb zwischen allen Akteuren (Ausnahme:
polypolistischer Wettbewerb. Ist ein Spezialfall, bei der von vielen kleinen Anbietern ein in den Augen ebenfalls vieler kleiner Nachfrage identisches Produkt angeboten wird)4
- Zum Schluss bestimmt weder der Staat noch irgendeiner Interessengruppe gruppe das Wirtschaftsgeschehen5
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Nachstellung eines Kreislaufmodells der reinen Marktwirtschaft (Quelle: Wirtschaftssysteme und Ordnungspolitik, Peters, 1997
Im Folgenden wird näher betrachtet, wie das Modell der reinen Marktwirtschaft sich auf das Gesundheitswesen, dementsprechend auf ein Gesundheitssystem, sich auswirken würde. In einem rein marktwirtschaftlichen Modell würden Patienten als Nachfrage von Gesundheitsleistungen dem Arzt als Produzent von Gesundheitsleistungen gegenüberstehen. Im Modell der reinen Marktwirtschaft entfällt die Regulierung und Subventionierung des Staates, sodass ein Sozialversicherungssystem nicht existieren würde. Schließlich bedeutet dies, dass es keine vom Gesetzgeber organisierte Krankenkasse gibt und der Staat das Gesundheitswesen nicht über Beiträge finanziert. Wie auf dem üblichen, sonstigen Markt, z.B. für superiore (z.B. Kühlschränke, also Güter des höheren Bedarfs) und inferiore Güter (z.B. Güter des alltäglichen Bedarfs wie Lebensmittel), müssten Gesundheitsleistungen durch die Kaufkraft im Sinne der Budgetrestriktion (Y= p2*x1+p2+x2) bezahlt werden. Wohlfahrtstheoretisch müssten die Haushalte vom verfügbaren Einkommen noch ein zusätzliches Polster zur Seite legen und eine bestimmte Sparquote erfüllen, um ggf. zukünftige Kosten für Gesundheitsleistungen konsumieren zu können. Neben der Möglichkeit zu Sparen können die Haushalte ihr Einkommen Horten, d.h. das Geld unter dem Kissen im Schlafzimmer verstecken.
Das Modell der reinen Marktwirtschaft könnte den Eindruck erwecken, dass Patienten im Rahmen des vollständigen Wettbewerbs vorsichtig mit ihrer Gesundheit umgehen.
Eine Lebensweise unter ständigen Gesundheitsrisiken würde das verfügbare Einkommen der Haushalte im schlimmsten Fall auf Null runterfahren, da jede Nachfrage nach medizinischen Leistungen direkt per Rechnung bezahlt werden müsste. Als Beispiel hierfür sind die Vereinigten Staaten zu nennen, die das Gesundheitssystem der reinen Marktwirtschaft anwenden. Studien haben gezeigt, dass in den USA ein hohes Aufkommen von Adipositasdiagnosen zu verzeichnen ist. Unter der Annahme des Rationalitätspostulats, d.h. Haushalte handeln nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung (objektiv sowie subjektiv), müsste der Umgang mit der eigenen Gesundheit im Hinblick auf die Kosten ein besonderes Augenmerk bekommen.
In den USA ist ein umgekehrter Trend zu verzeichnen, denn die Adipositasrate beträgt 34% in der Bevölkerung wodurch verbundenen Folgekosten i.H.v. rund 150 bis 200 Milliarden Dollar im Jahr zu verzeichnen sind.6
Neben der reinen Marktwirtschaft als erstes Extremum ist die Totale Zentralverwaltungswirtschaft als zweites Extremum zu nennen. Diese extremen Systeme sind sich nicht ergänzende, sondern gegensätzliche Wirtschaftssysteme. Die Totale Zentralverwaltungswirtschaft wird in der Umgangssprache auch Planwirtschaft genannt. Ein solches Modell der Planwirtschaft existierte zuletzt in der DDR.7
Das Modell der totalen Zentralverwaltungswirtschaft weist folgende Punkte auf:
- Der Staat verfügt über alle Produktionsmittel und ist alleiniger Planungsträger des Wirtschaftsablaufes
- Das Staatsmonopol herrscht auf allen Gebieten der Produktion und Verteilung von Gütern und Dienstleistungen sowie der Ausbildung und des Einsatzes der Produktionsfaktoren
- Die Staatsmacht definiert die Planziele, die dann von einer staatlichen Institution aufzuschlüsseln sind. Die Ausführung der Ziele wird durch die volkseigenen Betriebe planmäßig verwirklicht
- Die Planbehörde gibt genau an was, wo und wann in welchen Quantitäten und Qualitäten produziert wird sowie an wen und wann in welchen Mengen geliefert wird
- Konsumgüter und Gebrauchsgüter werden geldlos mittels eines Rationierungs- und Verteilungssystems zugeteilt8
Wie bereits bei der Erläuterung der Merkmale einer totalen Zentralverwaltungswirtschaft ist festzustellen, dass dies Modell ebenso, wie das Modell der reinen Marktwirtschaft, wirklichkeitsfremd ist.
Als wichtiger Indikator der Modellbewertung ist die Nähe des Modells zur Realität. Das Modell der Totalen Zentralverwaltungswirtschaft ist als besonders realitätsfern zu bezeichnen, weil dies einen unendlichen Wissensvorsprung garantieren müsste. Des Weiteren kann es in einer Volkswirtschaft nicht möglich sein, sämtliche Produktions- und Verteilungsfunktionen zentral zu lenken und aufeinander abzustimmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Nachstellung eines Kreislaufmodells der totalen Zentralverwaltungswirtschaft / Quelle: Wirtschaftssysteme und Ordnungspolitik, Peters, 1997
Das Modell könnte sich jedoch für kleine Selbstversorgungswirtschaften eignen.9
Wie realitätsfremd das Modell auch sein mag, es findet dennoch erste Anwendung in Ansätzen im Gesundheitswesen von Großbritannien. Es ist allerdings in diesem Königreich kaum vorstellbar, welches durch und durch eine liberale Wirtschaftspolitik gestaltet, das Gesundheitswesen staatlich organisiert ist. Das Gesundheitswesen dort ist hierarchisch gegliedert und ist weltweit als National Health Service (NHS) bekannt. So kann die Regierung einen relevanten Einfluss auf die Strukturen und Inhalte des Systems erhalten. Der National Health Service wurde 1948 gegründet. Das Prinzip und die Leitidee der Bereitstellung von Gesundheitsleistungen durch die Organisation des Staates ist die selbe wie in der Bundesrepublik Deutschland.
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1 Wirtschaftssysteme und Allgemeine Ordnungspolitik: Peters, Hans-Rudolf, 3. Auflage, Oldenburg (1997), Seite 182
2 Vgl.: http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20914/unsichtbare-hand (Aufruf am 18.07.2016 um 20:00 Uhr)
3 Vgl.: Wirtschaftssystemtheorie und Allgemeine Ordnungspolitik: Peters,Hans-Rudolf, 3. Aufl. Oldenbourg (1997), Seite 18
4 Vgl.: Mikroökonomie (Eine spieltheoretisch- und anwendungsorientierte Einführung): Feess, Eberhard,2. Aufl., Metropolis-Verlag, Marburg (200), Seite 771
5 Vgl.: Wirtschaftssystemtheorie und Allgemeine Ordnungspolitik: Peters,Hans-Rudolf, 3. Aufl. Oldenbourg (1997), Seite 19
6 vgl.: http://de.statista.com/themen/1468/uebergewicht-und-adipositas/ (Aufgerufen am 18.07.2016 um 21:11)
7 Vgl.: Die Sozialistische Planwirtschaft der DDR: Scheer,Udo, Ragnitz,Joachim, Konrad-Adenauer Stiftung (2010), Heft-ISBN 978-3-941904-30-9
8 Vgl.: Wirtschaftssystemtheorie und Allgemeine Ordnungspolitik: Peters,Hans-Rudolf, 3. Aufl. Oldenbourg (1997), Seite 23
9 Vgl.: Wirtschaftssystemtheorie und Allgemeine Ordnungspolitik: Peters,Hans-Rudolf, 3. Aufl. Oldenbourg (1997), Seite 25-26