In welchem Verhältnis steht Kants Kernthese zum Einsatz von covert actions durch Demokratien gegen ihresgleichen? Spielte die (zumindest partielle) demokratische Verfasstheit der betroffenen Staaten keine Rolle für die amerikanischen Entscheidungsträger? Handelten die USA gegenüber anderen Demokratien nur friedfertig, wenn Interessenkonformität bestand und ihre ökonomischen und geopolitischen Ambitionen nicht bedroht wurden? Verliert das „Fast-Gesetz“ der Internationalen Beziehungen vor dieser realistischen Kritik etwas von seiner Wirkungskraft? Hier möchte diese Arbeit ansetzen und den Fall Nicaragua vor diesen Fragestellungen untersuchen.
Demokratien führen untereinander (fast) keine Kriege. Diese auf Kant zurückgehende Hypothese des Demokratischen Friedens gehört zu den bekanntesten und am besten erforschten Befunden der Politikwissenschaft. Jack Levy erhob die erste Kernthese gar in den Rang eines – und des einzigen – empirischen Gesetzes der Internationalen Beziehungen.
Quantitative Untersuchungen der letzten Jahrzehnte belegten das Theorem, kamen jedoch zu einem Doppelbefund, der Demokratien genuin friedfertiges Verhalten abspricht: so verhalten sich demokratisch verfasste Staaten zwar in der Regel untereinander friedlich, führen aber sehr wohl Kriege gegen Nicht-Demokratien. Das generelle Fazit der Forschung lautet also, Demokratien sind fast ebenso häufig in Kriege verwickelt, wie andere Staaten.
Zusätzlich zu dieser Einschränkung der Friedfertigkeit von Demokratien lässt sich beobachten, dass diese immer wieder durch verdeckte Operationen, sogenannte covert actions, gewaltsam in andere Demokratien eingegriffen haben. David Forsythe zählt mindestens sechs dieser Ereignisse während des Kalten Krieges, die alle von den Vereinigten Staaten initiiert wurden: Iran (1953), Guatemala (1954), Indonesien (1955), Brasilien (1960er), Chile (1973) und Nicaragua (1980er).
Die Untersuchung dieser Fälle führte in der Forschung zu kontroversen Urteilen. Während Befürworter verschiedene Gründe aufführen, weshalb das Geschehene als vereinbar mit dem Theorem zu sehen sei, sehen Kritiker Kants Kernthese in dieser Hinsicht als widerlegt oder doch zumindest stark beschädigt an. Mary Lilley und Alexander Downes kommen in ihrer Analyse der Fälle Guatemala und Chile beispielsweise zu dem Ergebnis, dass klare Widersprüche zum Theorem bestehen, die auch durch die Argumente der Befürworter nicht entkräftet werden können.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Covert Action und der Demokratische Friede
- 2.1 Covert Action als Instrument
- 2.2 Covert Action und der Demokratische Frieden
- 3. Der Contra-Krieg der CIA
- 3.1 Beginn des CIA-Engagements
- 3.2 Aufdeckung und Fortsetzung der Covert Action
- 3.3 Gründe für ein verdecktes Eingreifen
- 4. Game over Kant - Verdeckter Krieg gegen eine Demokratie?
- 4.1 Wirkungskraft der liberalen Normen
- 4.2 Die Covert Action als Krieg
- 4.3 Nicaragua als Demokratie
- 4.4 Schlussfolgerungen
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Fall Nicaragua im Kontext des Theorems des Demokratischen Friedens und der Anwendung von „covert actions“ durch Demokratien. Ziel ist es, die Vereinbarkeit des verdeckten Eingreifens der CIA in Nicaragua mit der Annahme, dass Demokratien untereinander keine Kriege führen, zu beleuchten.
- Definition und Charakteristika von „covert actions“
- Das Theorem des Demokratischen Friedens und seine normativen und institutionellen Erklärungsansätze
- Das CIA-Engagement in Nicaragua und die Gründe für ein verdecktes Eingreifen
- Die Auswirkungen von „covert actions“ auf das Theorem des Demokratischen Friedens
- Die Rolle der Demokratie im Fall Nicaragua
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
Die Arbeit führt in das Thema des Demokratischen Friedens und der „covert actions“ ein und stellt die Forschungsfrage nach der Vereinbarkeit dieser beiden Konzepte am Beispiel des Contra-Krieges in Nicaragua.
- Kapitel 2: Covert Action und der Demokratische Friede
Dieses Kapitel definiert „covert actions“ und beschreibt ihre verschiedenen Formen und Charakteristika. Zudem wird der Bezug zum Theorem des Demokratischen Friedens hergestellt und die Spannungsfelder zwischen den beiden Konzepten aufgezeigt.
- Kapitel 3: Der Contra-Krieg der CIA
In diesem Kapitel wird das CIA-Engagement in Nicaragua während des Kalten Krieges beleuchtet. Es werden der Beginn des Engagements, die Aufdeckung und Fortsetzung der „covert action“ sowie die Gründe für ein verdecktes Eingreifen dargestellt.
- Kapitel 4: Game over Kant - Verdeckter Krieg gegen eine Demokratie?
Dieses Kapitel analysiert, ob der Contra-Krieg mit dem Theorem des Demokratischen Friedens und seinen normativen und institutionellen Erklärungen vereinbar ist. Es wird untersucht, inwieweit der Demokratische Friede und der Gebrauch von „covert actions“ durch Demokratien generell zueinander passen.
Schlüsselwörter
Demokratischer Friede, Covert Action, CIA, Nicaragua, Contras, Kalter Krieg, Internationale Beziehungen, Internationale Politik, Gewalt, Frieden, Normative Theorie, Institutionelle Theorie, Politikwissenschaft.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2012, Covert Actions und das Theorem des Demokratischen Friedens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354459