Ökosystemdienstleistungen der Biodiversität mit Nutzen für die Landwirtschaft. Blütenbestäubung durch Insekten


Diploma Thesis, 2012

167 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.2 Stand der Forschung
1.3 Ziel der Arbeit
1.4 Vorgehensweise

2. Biodiversität und genetische Ressourcen in der Landwirtschaft

3. Ökosystemdienstleistungen (ecosystem services)
3.1 Was sind Ökosystemdienstleistungen?
3.2 Bedeutung und Wertschätzung ökosystemarer Dienstleistungen für Natur und Mensch
3.3 Ökosystemdienstleistungen mit Nutzen für die Landwirtschaft

4. Ökosystemdienstleistung Bestäubung und wichtige blütenbestäubende Insekten
4.1 Ökosystemdienstleistung Bestäubung
4.2 Wichtige blütenbestäubende Insekten
4.2.1 Bienen (Hymenoptera)
4.2.1.1 Einleitendes
4.2.1.2 Lebenszyklus
4.2.1.3 Lebensräume
4.2.1.4 Bienenweide
4.2.1.5 Ökologische und wirtschaftliche Bedeutung
4.2.2 Schmetterlinge (Lepidoptera)
4.2.2.1 Einleitendes
4.2.2.2 Lebenszyklus
4.2.2.3 Lebensräume und Wanderverhalten
4.2.2.4 Schmetterlingsweide
4.2.2.5 Ökologische und Wirtschaftliche Bedeutung
4.3 Gefährdung der Blütenbestäuber und ihrer Dienstleistungen

5. Zielkonzepte des Naturschutzes auf Landwirtschaftsflächen
5.1 Ökologisch wertvolle Ausgleichsflächen und Pflegemaßnahmen
5.2 Finanzielle Fördermöglichkeiten
5.3 Biotopverbundplanung
5.4 Modell eines lokalen Biotopverbundes in Agrarlandschaften

6. Zusammenfassung

7. Ausblick

8. Forschungsbedarf - Offene Fragen

9. Literaturverzeichnis

10. Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Links: Prozentualer Anteil der am Blütenbesuch beteiligten Insektengruppen

Abb.2: Biene mit Pollenhöschen auf dem Gewöhnlichen Löwenzahn

Abb.3: Mauerbiene mit pollenbeladener Bauchbürste auf dem Einjährigen Feinstrahl

Abb.4: Nest der Ackerhummel in einem Hummelkasten

Abb.5: Nest der Mauerbiene Osmia rufa in einem Bambusröhrchen

Abb.6: Entwicklungsstadium der Mauerbiene

Abb.7: Blütezeit und Nektarwertzahl der Obst- und Gartengewächse

Abb.8: Blütezeit und Nektarwertzahl der Obst- und Gartengewächse

Abb.9: Blütezeit und Nektarwertzahl der Wildpflanzen

Abb.10: Blütezeit und Pollenwertzahl der Wildpflanzen

Abb.11: Blütezeit und Nektarwertzahl der Gehölze

Abb.12: Blütezeit und Pollenwertzahl der Gehölze

Abb.13: Blütezeit und Nektarwertzahl landwirtschaftlicher Nutzpflanzen

Abb.14: Blütezeit und Pollenwertzahl landwirtschaftlicher Nutzpflanzen

Abb.15: Erdbeeren und Himbeeren nach Bestäubung durch Bienen und Selbstbestäubung

Abb.16: Wohn und Wanderraum des Postillons

Abb.17: Verhalten einiger Biotopkomplexbewohner unter den Tagfaltern in lichten Wäldern

Abb.18: Anzahl der Blütenpflanzen und Blütezeit innerhalb der Obst- und Gartengewächse

Abb.19: Anzahl der Blütenpflanzen und Blütezeit innerhalb der Wildpflanzen

Abb.20: Anzahl der Blütenpflanzen und Blütezeit innerhalb der Gehölze

Abb.21: Anzahl der Blütenpflanzen und Blütezeit innerhalb der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen..

Abb.22: Anteile der Gefährdungskategorien an der Schmetterlingsfauna Baden-Württembergs

Abb.23: Intensiv genutzte, monotone Kulturlandschaft

Abb.24: Biotoppräferenz der gefährdeten Großschmetterlingsarten

Abb.25: Schwerpunkt-Lebensräume der gefährdeten Großschmetterlinge

Abb.26: Einzelne Buschgruppen auf trockener Magerwiese

Abb.27: Kleine Magerwiese als Lebensraum für zahlreiche Schmetterlingsarten

Abb.28: Gleiche Magerwiese nach Aufforstung mit standortfremden Fichten

Abb.29: Biotopzerschneidung

Abb.30: Links: Verbundene und getrennte Lebensräume

Abb.31: Konzept einer Ansaatmischung für Blühstreifen

Abb.32: Beispiele für einen Biotopverbund durch flächige und lineare Biotope

Abb.33: Selektive Biotopkartierung in einer Agrarlandschaft

Abb.34: Möglicher Aufbau eines lokalen Biotopverbunds in gleicher Agrarlandschaft

Abb.35: Landschaftstyp Kulturland mit Ersatzlebensräumen

Tabellenverzeichnis

Tab.l: Ökosystemare Dienstleistungen und deren nutzbringende Funktionen

Tab.2: Obst- und Gartengewächse als Bienenweidepflanzen

Tab.3: Wildpflanzen als Bienenweidepflanzen

Tab.4: Gehölze als Bienenweidepflanzen

Tab.5: Landwirtschaftliche Nutzpflanzen als Bienenweidepflanzen

Tab.6: Ergebnisse zur Ertragssteigerung bei Kulturpflanzenarten

Tab.7: Obst- und Gartengewächse als Schmetterlingsweidepflanzen

Tab.8: Wildpflanzen als Schmetterlingsweidepflanzen

Tab.9: Gehölze als Schmetterlingsweidepflanzen

Tab.10: LandwirtschaftlicheNutzpflanzen als Schmetterlingsweidepflanzen

Tab.11: Rote-Liste-Kategorien und ihre Definitionen

Tab.12: Trachtverbesserungsvorschläge für Bienen und Schmetterlinge

Danksagung

Herrn Professor Doktor Eckhard Jedicke danke ich herzlich für diese, im Nachhinein sehr interessante Themenvergabe, und die gleichzeitige Übernahme der Erstkorrektur. Weiterhin möchte ich ihm für die hervorragende Unterstützung bei fachlichen Fragen und kleineren Anregungen zur Konzeption der Arbeit danken.

Herrn Professor Steven I. Higgins danke ich für seine Bereitschaft, die Zweitbetreuung meiner Arbeit zu übernehmen.

Ein sehr großer Dank geht auch an Manuela Eichhorn und Judith Rohling, die mir während aller Phasen meiner Diplomarbeit aufmunternd und hilfsbereit zur Seite standen.

Für das Korrekturlesen und kritische Hinterfragen möchte ich noch einmal Judith Rohling sehr herzlich danken, da dies unterstützend zum Gelingen meiner Arbeit beigetragen hat.

Abschließend möchte ich mich bei meiner wundervollen Familie bedanken, die mich liebevoll und stets aufmerksam durch mein gesamtes Studium begleitet hat.

Abstract

In den letzten Jahren haben durch menschliche Aktivitäten tiefgreifende Landschaftswandel und Strukturveränderungen stattgefunden, die zu einer Zerstörung und Fragmentierung einst zusammenhängender, naturnaher Lebensräume geführt haben. Damit einhergehend sind ein Verlust biologischer Vielfalt und ihrer ökologischen Dienstleistungen zu verzeichnen. Die Verluste der biologischen Vielfalt und ihrer Funktionen werden seit den letzten 50 Jahren auf 60 % geschätzt, dabei haben ökosystemare Dienstleistungen, global betrachtet, einen Wert von 33 Billionen US Dollar pro Jahr. Wichtige ökologische Funktionen, wie die Blütenbestäubung durch Insekten, können mit der Zerstörung von naturnahen Lebensräumen und einem zu geringen Nahrungsangebot verloren gehen. Die Bestäubung von Pflanzen ist allerdings eine wichtige und kostenlos bereitgestellte Ökosystemdienstleistung, die von großer ökonomischer und ökologischer Bedeutung ist. Sie sichert Menschen und Tieren eine vielfältige Nahrungsmittelversorgung, was in Hinblick auf die wachsende Weltbevölkerung und den mit ihr einhergehenden Nahrungsmittelbedarf, eine bedeutende Rolle in der Landwirtschaft spielt. Über 85 % aller weltweit vorkommenden Pflanzenarten sind auf die Bestäubung durch Tiere, vor allem durch Insekten, angewiesen und durch eine sichergestellte Insektenbestäubung kann die Produktion von über 75 % der angebauten Kulturpflanzenarten zwischen 5 und 50 % erhöht werden. Die Bestäubungsleistung wird weltweit jährlich auf über 150 Milliarden Euro geschätzt. Bienen und Schmetterlinge nehmen als Bestäuber eine überragende Rolle ein. Für den Erhalt der biologischen Vielfalt und ihrer Funktionen werden mittlerweile weltweit jährlich zwischen 8 und 10 Billionen US Dollar investiert, in Deutschland stehen davon für Agrarumweltmaßnahmen jährlich über 610 Millionen Euro als Agrarmittel zur Verfügung. Diese finanzielle Förderung erhalten Landwirte bei Schaffung natürlicher Ausgleichsflächen auf ihren Agrargebieten. Für den Erhalt der biologischen Vielfalt und ihrer Funktionen muss weiterhin versucht werden, den Kontakt zwischen diesen Ersatzlebensräumen durch Biotopverbundmaßnahmen zu rekonstruieren, um das einst vorhandene Angebot an vielfältigen Kleinstrukturen wiederherzustellen. Unter diesen Gesichtspunkten ist es von großem Interesse, die Ökosystemdienstleistung Bestäubung zu betrachten und eine für sie optimale Modelllandschaft zu erarbeiten.

1. Einleitung

In den letzten Jahren haben durch menschliche Aktivitäten tiefgreifende Landschaftswandel und Strukturveränderungen stattgefunden, die zu einer Zerstörung und Fragmentierung einst zusammenhängender, naturnaher Lebensräume geführt haben (Birkhofer et al. 2010). Damit einhergehend ist ein Verlust biologischer Vielfalt und ihrer ökologischen Dienstleistungen zu verzeichnen (Hotes & Wolters 2010). So können wichtige ökologische Funktionen, wie die Blütenbestäubung durch Insekten mit der Zerstörung von naturnahen Lebensräumen und einem zu geringen Nahrungsangebot verloren gehen (Zurbuchen & Müller 2012). Die Bestäubung von Pflanzen ist allerdings eine wichtige und kostenlos bereitgestellte Ökosystemdienstleistung, die von großer ökonomischer und ökologischer Bedeutung ist. Sie sichert Menschen und Tieren eine vielfältige Nahrungsmittelversorgung, was im Hinblick auf die wachsende Weltbevölkerung und den mit ihr einhergehenden Nahrungsmittelbedarf, eine bedeutende Rolle in der Landwirtschaft spielt (Norris et al. 2010; TEEB 2010b).

1.2 Stand der Forschung

Hotes & Wolters (2010), Steffan-Dewenter (1998) und Norris et al. (2010) beschreiben die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften und den seit dem 19. Jahrhundert zunehmenden Verlust der Agrobiodiversität durch Nutzungsintensivierung in Agrarökosystemen. Mit dem Aufzeigen des Verlusts wird weiterhin verdeutlicht, dass die Landschaft wichtige ökologische Dienstleistungen (wie die Blütenbestäubung) durch Artenverlust verliert und mit ihm unter anderem auch die Sicherung der Ernährung der Weltbevölkerung.

Hotes (2010) gibt eine einleitende Definition des Begriffs Ökosystemdienstleistung, während TEEB (2010b) und Thies & Tscharntke (2010) die für die Landwirtschaft wichtigen Ökosystemdienstleistungen sowie deren Nutzen und Wertschätzung für Mensch und Umwelt beschreiben. Nowottnick (2004) und Tautz (2007) befassen sich ausführlich mit dem Wert der Bestäubung als Ökosystemdienstleistung und belegen, dass Blütenbestäubung die biologische Vielfalt aufrecht erhält. So werden über 85 Prozent aller Pflanzen durch Tiere bestäubt und die Bestäubung als Ökosystemdienstleistung gewährleistet. Die Blütenbestäubung beeinflusst circa 35 Prozent der weltweiten Kulturpflanzenproduktion, sodass sie eine wichtige Rolle in der Sicherstellung der Ernährung spielt.

Hintermeier & Hintermeier (2002) und Westrich (1989) berichten neben noch vielen anderen Forschern über Honig- und Wildbienen als wichtigste blütenbesuchende Insekten. Darüber hinaus beschreiben sie die Arten, deren Lebensweise, bevorzugte Nahrungsquellen, Bestäubungsleistung und Schutzwürdigkeit. Besser (2005) belegt zudem die Wichtigkeit der Bestäubungsleistung durch Honigbienen. So hat in der Schweiz ein einziges Bienenvolk durch seine Bestäubungsleistung eine Agrarproduktion im Wert von 1050 US Dollar gesichert, verglichen mit lediglich 215 US Dollar, welche dieses Volks durch den Erlös für Imkereiprodukte wie Honig und Bienenwachs erzielen kann. Zurbuchen & Müller (2012) ergänzen den hohen volkswirtschaftlichen Wert der durch die Honigbiene erbrachten Bestäubungsleistung jährlich mit mindestens 3 Milliarden Euro in Deutschland und rund 260 Millionen Franken in der Schweiz. Bellmann (2003), Dierl (2010) und Steghaus-Kovac (2006) berichten neben weiteren Forschern über Schmetterlinge, deren Lebensweisen, bevorzugte Nahrungsquellen, Bestäubungsleistung und Schutzwürdigkeit. Der SBN (2000) betont die ökologische und wirtschaftliche Bedeutung der Schmetterlinge durch deren Produktion an dem Naturstoff Seide und gibt an, dass der Wert des gesamten Seidenexportes aus China heute auf jährlich 500 Millionen Franken geschätzt wird. Somit sind Schmetterlinge neben der Honigbiene unter den Insekten das wohl bedeutenste Haustier des Menschen.

Bauer (1987), Heitzmann-Hofmann (1995) und Kratochwil & Schwabe (2001) beschäftigen sich mit empfohlenen Zielkonzepten für den Naturschutz in Agrarökosystemen. Sie geben Beispiele, wie die biologische Vielfalt mit ihren Dienstleistungen, vor allem der Blütenbestäubung durch Insekten, in Form ökologischer Ausgleichsflächen in landwirtschaftliche Nutzungen integriert und somit in Agrarlandschaften erhalten bleiben kann. Der BfN (1998), Birkhofer et al. (2010) und Jedicke (1990) beschreiben ergänzend das notwendige Konzept der Biotopverbundplanung, das neben einer die gesamte Kulturlandschaft betreffenden Nutzungsextensivierung unterschiedlich großflächige Schutzgebietssysteme aufzubauen und diese wiederum durch flächige und lineare Landschaftselemente (in Form der zuvor genannten ökologischen Ausgleichsflächen) miteinander zu verbinden versucht.

1.3 Ziel der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es, auf den alarmierenden Rückgang der biologischen Vielfalt und ihrer für Menschen und Umwelt wichtigen Dienstleistungen hinzuweisen, die seit den letzten 50 Jahren vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft Einzug halten. Weiterhin soll aufgezeigt werden, anhand welcher Maßnahmen diesem Trend entgegengewirkt werden kann und wie diese in die landwirtschaftliche Nutzung integriert werden können.

Aus bisher genanntem Hintergrund und angesichts der diesbezüglich verstärkten naturwissenschaftlichen Forschungstätigkeit innerhalb der letzten Jahre, hat sich im Rahmen meines Studiums mit zunehmendem Interesse obig genanntes Arbeitsthema mit folgenden Fragestellungen entwickelt:

1. Welche Bedeutung besitzt die Ökosystemdienstleistung Bestäubung in der Landwirtschaft?
2. Wie kann eine zur Förderung von Blütenbestäubern optimale Agrarlandschaft gestaltet und in die landwirtschaftliche Nutzung integriert werden?

1.4 Vorgehensweise

Um diese Fragestellungen beantworten zu können, wird zu Beginn der Arbeit einführend auf die Definition der Biodiversität und den aktuellen Stand der biologischen Vielfalt in Agrarökosystemen eingegangen (Kapitel 2). Anschließend folgen eine Definition der durch die Biodiversität bereitgestellten Ökosystemdienstleistungen (Kapitel 3.1), eine Wertschätzung des Nutzens ökosystemarer Dienstleistungen für Mensch und Umwelt (Kapitel 3.2), sowie eine Beschreibung von Ökosystemdienstleistungen mit Nutzen für die Landwirtschaft (Kapitel 3.3). Eine dieser Ökosystemdienstleistungen stellt die Bestäubung von Blütenpflanzen durch Insekten dar, so dass im Folgenden auf den Nutzen dieser Ökosystemdienstleistung anhand der Frage eingegangen wird, welche Bedeutung die Ökosystemdienstleistung Bestäubung in der Landwirtschaft besitzt (Kapitel 4.1). Weiterhin werden auf die wichtigsten blütenbestäubenden Insekten, die Bienen und Schmetterlinge, behandelt (Kapitel 4.2). Diese werden nach einer jeweiligen kurzen Einleitung hinsichtlich ihrer Lebensweise, Verbreitung, bevorzugten Nahrungsquellen und ökologischen sowie wirtschaftlichen Bedeutung untersucht, um zu verdeutlichen, weshalb diese Blütenbestäuber für eine Sicherung der Bestäubungsdienstleistung unersetzlich sind. Abschließend werden verschiedene Gefährdungsursachen der Blütenbestäuber und ihrer Dienstleistungen, sowie eine aktuelle Bestandssituation (Kapitel 4.3), gefolgt von möglichen Zielkonzepten für den Naturschutz auf Landwirtschaftsflächen dargelegt. Hierbei wird deutlich auf die Frage eingegangen, wie eine zur Förderung von Blütenbestäubern optimale Agrarlandschaft gestaltet und in die landwirtschaftliche Nutzung integriert werden kann (Kapitel 5). Kapitel 6 stellt eine Zusammenfassung der zuvor genannten Kapitel dar, gefolgt von einem Ausblick (Kapitel 7) und Anmerkungen zu weiterem Forschungsbedarf (Kapitel 8).

Es gilt anzumerken, dass Bestäuber aus taxonomischer Sicht eine ungleichartige Gruppe von Organismen bilden, zu der viele Insektenarten, aber auch Wirbeltiere, wie Vögel und Fledermäuse, zählen. Aufgrund des Arbeitsumfanges muss sich die vorliegende Arbeit allerdings auf die für die Blütenbestäubung landwirtschaftlicher Kultur- und Wildpflanzenarten wichtigsten und häufiger untersuchten Insektengruppen beschränken. Auch innerhalb dieser kann aus gleichem Grund nicht auf alle Blütenbestäuber eingegangen werden, so dass im Folgenden lediglich die Bienen und die Schmetterlinge Teil der Untersuchung sind.

2. Biodiversität und genetische Ressourcen in der Landwirtschaft

Der Begriff „biologische Vielfalt“ oder „Biodiversität“ ist erstmals in den 1980er Jahren im englischsprachigen Raum durch „biological diversity“ oder „biodiversity“ geprägt worden (HOTES 2010) und tritt in jüngster Zeit verstärkt in den Fokus natur- und artenschutzorientierter Diskussionen. Auslöser stellt der sowohl regional als auch global festzustellende Artenrückgang dar und die dringende Notwendigkeit, diesem entgegen zu wirken (Forwick-Kreuzer 2002).

Unter Biodiversität wird die Vielfalt des Lebens auf unserer Erde verstanden, genauer genommen die Variabilität lebender Organismen und der ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören (TEEB 2010a). Sie umfasst hierbei drei Ebenen, von denen die größte räumliche Ebene die Vielfalt an Lebensgemeinschaften, Lebensräumen und Landschaften darstellt. Die darauffolgende Ebene beschreibt die Vielfalt verschiedener Arten und zuletzt folgt die Ebene, die die genetische Vielfalt innerhalb der Arten umfasst. Aufgrund ihrer gegenseitigen Wechselbeziehungen können diese drei Ebenen jedoch nicht getrennt von einander betrachtet werden (AßMANN & Härdtle 2002; Bleeker et al. 2010).

Biodiversität ist das Ergebnis einer lange zurückreichenden evolutionären Entwicklung. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist deutlich geworden, dass die biologische Vielfalt weltweit rückläufig ist und inzwischen viele wildlebende Arten und natürliche Ökosysteme in ihrer Existenz oder dauerhaften Funktionsfähigkeit akut bedroht sind (BMELV 2007; WEISSER 2010a).

Die Gefährdung der Biodiversität lässt sich in erster Linie von der Gefährdung der einzelnen Tier- und Pflanzenarten ableiten. Eine mögliche Grundlage hierfür sind die derzeit gültigen Roten Listen Deutschlands für Pflanzen und Tiere, die belegen, dass bereits ein wesentlicher Anteil der vorkommenden Arten als bestandsgefährdet betrachtet werden muss. So gelten bei den Pflanzengesellschaften 60 % als bedroht, 37 % als ungefährdet und zu 3 % liegen nicht genügend Daten vor (HOTES et al. 2010a). Nach der Roten Liste gefährdeter Pflanzenarten der International Union for Conservation of Nature (IUCN) aus dem Jahre 2007 gelten sogar bereits 70 % als bedroht (TEEB 2008). Ein ähnliches Bild ergibt die Bewertung der Tiergesellschaften. Insgesamt gelten nach der Roten Liste von 1998 und einer darin bewerteten Gesamtartenzahl von 15.850 Tieren bereits 36 % als gefährdet. Darunter ergibt sich bei den Insekten, deren Verbreitung und Bestandssituation gut eingeschätzt werden konnten, mit 20 bis 60 % ein hoher Anteil an gefährdeten Arten (HOTES et al. 2010a).

Aktuellen Schätzungen zufolge, werden etwa 20 % aller Tier- und Pflanzenarten bis zum Jahr 2030 aussterben, wenn dem Rückgang der Biodiversität kein Einhalt geboten wird (HOTES & Wolters 2010). Aus der Gefährdung der einzelnen Tier- und Pflanzenarten und den im Folgenden genannten Auslösern konnte schließlich abgeleitet werden, dass bereits im Jahr 2000 weltweit nur noch 73 % der natürlichen Vielfalt existiert haben und dass schätzungsweise weitere 11 % bis zum Jahr 2050 verlorengehen werden. Werden diese Verluste zwischen den Jahren 2000 bis 2050 flächenhaft dargestellt, so ergibt sich eine Größe von 7,5 Millionen Quadratkilometern, die in etwa der Landesfläche Australiens entspricht (TEEB 2008).

Die Gründe für diese Gefährdung sind vielfältig (BMELV 2007; Weisser 2010a). Prozesse, die zu Abnahmen des Artenreichtums und zu Veränderungen der Artenzusammensetzung führen, finden sowohl auf lokalen Skalen (Felder) als auch auf regionalen Skalen (Landschaften) in Form von Lebensraumzerstörung und Landnutzungsänderung statt. Artenreiche, kleinräumig strukturierte Kulturlandschaften sind in ausgeräumte, intensiv landwirtschaftlich genutzte Agrarlandschaften umgewandelt worden (Steffan-Dewenter 1998). Die Hauptgefahrdung auf lokaler Ebene liegt in der Intensivierung und der Verbesserung der Anbautechniken in der Landwirtschaft. Herbizideinsatz, mechanische Unkrautkontrolle, erhöhter Düngereinsatz, Vereinfachung von Fruchtfolgen und Verbesserungen der Saatreinigung sind für den Verlust vieler Ackerkultur- und Ackerwildpflanzen sowie für einige vorkommende Tierarten verantwortlich. So verschieben vor allem der starke Nährstoffeintrag durch Düngung und die mehrmalige Mahd die Konkurrenzsituation bei der Vegetation und fördern dadurch nur einige wenige Arten (HOTES et al. 2010a). Die einst in der Landwirtschaft vorherrschende Vielfalt an Nutzpflanzenarten und Nutztierrassen wird durch die Nutzung weniger Hochleistungssorten und -rassen ersetzt. So werden heute im Ackerbau lediglich etwa 25 Pflanzenarten in nennenswertem Umfang angebaut und über 50 % der für die menschliche Ernährung weltweit benötigten Nahrungsenergie aus lediglich 3 Pflanzenarten, nämlich Mais, Reis und Weizen gewonnen, wodurch sich wiederum die Generosion im Getreideanbau verstärkt. Hinzu kommt, dass heute nur noch weniger als 14 Nutztierrassen zu circa 90 % die Erzeugung tierischer Produkte bestimmen (BMELV 2007; Freytag & Münch 2010; Norris et al. 2010). Flurbereinigungen und die Erhöhung der Schlaggrößen führen auf regionaler Ebene langfristig zu einer abnehmenden Landschaftsdiversität. Knapp die Hälfte der in Deutschland vorkommenden Pflanzenarten wächst somit in halbnatürlichen oder naturfernen Pflanzenformationen, das heißt in Lebensräumen, die vom Menschen sehr stark beeinflusst sind (Hotes et al. 2010a).

Bisher entfallen in Deutschland rund 55 % der Landesfläche auf landwirtschaftliche Nutzungen, von denen das Ackerland rund 70 % und das Grünland rund 30 % einnehmen. Aufgrund dieses hohen Flächenanteils tragen die Nutzungsformen der Landwirtschaft in Bezug auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt eine besondere Verantwortung (BMELV 2007; Jedicke 1994).

Der Verlust der landwirtschaftlichen Diversität wird zudem verstärkt durch den aus energie-, klima- und agrarpolitischen Gründen zunehmend an Bedeutung gewinnenden Anbau nachwachsender Rohstoffe (Fitter et al. 2010; TEEB 2008). Unter diesen werden land- und forstwirtschaftliche Rohstoffe pflanzlichen Ursprungs verstanden, die außerhalb des Ernährungsbereichs (Nahrungsmittel, Futtermittel) stofflich oder energetisch genutzt werden können. Ihre Anbaufläche hat seit Ende der 1980er Jahre zu Beginn kontinuierlich und infolge EU-rechtlicher und nationaler Regelungen sowie staatlicher Fördermaßnahmen schließlich sprunghaft zugenommen. Im Jahr 2007 hat die Anbaufläche nachhaltiger Rohstoffe mit 2 Millionen Hektar rund 17 % der Ackerfläche Deutschlands umfasst. Schätzungen zufolge wird es eine weitere Flächenzunahme mit einem nutzbaren Flächenpotenzial von bis zu 5 Millionen Hektar geben. Hierfür werden voraussichtlich bisher erhaltene Grünlandflächen, beziehungsweise extensiv genutzte Landwirtschaftsflächen, mit hoher Artenvielfalt zu 40 % in entsprechende Ackerflächen umgewandelt. Die Erzeugung energetisch genutzter Biomasse hat hierunter den größten Anstieg zu verzeichnen. So stellt der Raps gegenwärtig die mit Abstand bedeutendste Kulturart für die Biodieselproduktion dar (Birkhofer et al. 2010). Im Jahr 2009 hat in Deutschland die Anbaufläche von Raps insgesamt 1,46 Millionen Hektar betragen (Elling et al. 2010). Der Anbau nachwachsender Rohstoffe spielt in Form von Bioenergie für die Erzeugung von Wärme und Strom, zwar eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels, er trägt aber auch deutlich zu einem weiteren Schwund der Biodiversität und ihrer natürlichen Dienstleistungen bei (TEEB 2008).

Die infolge des zunehmenden internationalen Waren- und Reiseverkehrs unbeabsichtigte, aber auch beabsichtigte Einführung von Arten aus anderen Regionen und Ländern kann ebenfalls zu einer Abnahme der Biodiversität beitragen. Diese gebietsfremden invasiven Arten, so genannte Neophyten, gefährden heimische Arten und deren genetische Vielfalt nach ausreichender Ausbreitung durch Verdrängung und/oder Hybridisierung. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Ulmensterben in Europa, bei dem durch Einschleppung des dafür verantwortlichen Pilzes und seiner nachfolgenden Ausbreitung die einheimischen Ulmen stark dezimiert worden sind, so dass sie heute in Deutschland auf der Roten Liste stehen. Durch die Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten kann es zudem zu erheblichen Risiken für die menschliche Gesundheit kommen (BMELV 2007). Ein Beispiel hierfür liefert die aus Nordamerika eingeführte Beifußblättrige Ambrosie (Ambrosia artemisifolia), die durch ihr starkes und aggressives Pollenallergen in den Spätsommer- und Herbstmonaten sogar Asthma auslösen kann (Schmitz 2010). In Deutschland stellen Neophyten mit circa 18 % einen wesentlichen Anteil an der Flora dar und finden sich dort auch stets häufiger in Saatgutmischungen für Grünländer, so dass eine weitere Zunahme gebietsfremder Arten zu erwarten ist (Auge et al. 2010).

Nach Hotes et al. (2010a) dürfte eine weitere Gefährdung der Biodiversität, die in ihrem Ausmaß derzeit noch kaum abzuschätzen ist, durch den Klimawandel und die damit verbundenen Änderungen in den abiotischen Rahmenbedingungen drohen.

Es ist ersichtlich, dass unsere Kulturlandschaften durch das Zusammenwirken von Landnutzung und naturräumlichen Gegebenheiten wesentlich geprägt werden und dass die vielfach eingeforderte Artenvielfalt eine entsprechende Landschaftsvielfalt voraussetzt (Röhring et al. 2010). Fragmentierung und Vereinfachung der Landschaft führen nachweislich zu einem Artenrückgang und auch die Stabilität sowie die Resilienz der Populationen, basierend auf Diversität und genetischer Vielfalt, sinken mit dem Verlust naturnaher Flächen (Birkhofer et al. 2010). Diese Verluste haben wiederum schwerwiegende Folgen für die Verteilung und das Angebot an Ressourcen (Thies & Tscharntke 2010), denn eine hohe biologische Vielfalt, die genetische Vielfalt inbegriffen, bedingt auch die unentbehrliche Grundlage des menschlichen Lebens. Sie liefert die für den Menschen erforderlichen Lebensmittel und viele andere Produkte, wie etwa Medizin auf pflanzlicher Basis, Kleidung, Energie und Rohstoffe, zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse (Fitter et al. 2010; TEEB 2010a). Biologische Vielfalt ist somit eine grundlegende Voraussetzung für heutige und zukünftige Nutzungen natürlicher Ressourcen sowie für züchterische Fortschritte. Durch die Bereitstellung der so genannten ökosystemaren Dienstleistungen, als Elemente der biologischen Vielfalt, hat letztere auch eine große Bedeutung für die lebenserhaltenden Ökosysteme auf unserer Erde (BMELV 2007). Denn mit dem Rückgang biologischer Vielfalt geht auch ein Rückgang an solchen natürlichen ökosystemaren Leistungen einher (Hotes & Wolters 2010). Was unter ökosystemaren

Dienstleistungen verstanden werden kann und welchen Nutzen sie für die Landwirtschaft bringen, wird im folgenden Kapitel erläutert.

3. Ökosystemdienstleistungen (ecosystem services)

3.1 Was sind Ökosystemdienstleistungen?

Als ein Ökosystem wird die Gesamtheit von Lebensgemeinschaft und Lebensraum bezeichnet (HOTES 2010). In ihm läuft eine Vielzahl von Prozessen ab, von denen der Mensch profitiert. Erbringen diese letztendlich einen direkten oder gar indirekten Nutzen für den Menschen, bezeichnet man sie als ökosystemare Dienstleistungen oder auch Ökosystemdienstleistungen. Im englischen Sprachgebrauch sind diese als so genannte „ecosystem services“ geläufig (Harrison & Hester 2010; Weisser 2010a).

Der Begriff Ökosystemdienstleistung ist in den 1970er Jahren geprägt worden und hat seitdem bei Bemühungen die Lebens- und Wirtschaftsweisen umweltverträglich und somit nachhaltig zu gestalten, zunehmend an Bedeutung gewonnen (Dahms & Hotes 2010). Besondere Aufmerksamkeit haben Ökosystemdienstleistungen durch Berichte des Millenium Ecosystem Assessments (MEA) erhalten. Das Millenium Ecosystem Assessment teilt die ökosystemaren Dienstleistungen in vier Kategorien ein, die in folgender Tabelle 1 genannt und erläutert werden.

Tab.1: Ökosystemare Dienstleistungen und deren nutzbringende Funktionen nach dem Millenium Ecosystem Assessment (erstellt in Excel 2007, zusammengefasst nach Fitter et al. (2010); Dahms & Hotes & (2010); Norris et al. (2010) und TEEB (2010a)).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Bedeutung und Wertschätzung ökosystemarer Dienstleistungen für Natur und Mensch

Es ist ersichtlich, dass sämtliche Ökosystemdienstleistungen in allen räumlichen Skalen vorhanden und miteinander verbunden sind (Fitter et al. 2010), so dass die Leistungsminimierung oder gar der Verlust einer ökosystemaren Dienstleistung die anderen unmittelbar beeinträchtigt. So ist beispielsweise die Intensivierung der Landnutzung durch Herbizideinsatz, mechanische Unkrautkontrolle, erhöhten Düngereinsatz und den Anbau von nur wenigen Hochleistungssorten mit einer Verschlechterung anderer Ökosystemdienstleistungen, wie der Selbstregulation von Schädlingen und Krankheiten, der Regulation des Wasser- und Nährstoffhaushalts oder der Bestäubung von Kulturpflanzen, verbunden (Thies & Tscharntke 2010).

Durch eine meist fehlende Sichtbarkeit von Leistungen und Werten der Biodiversität in unserem Wirtschaftssystem neigt die Menschheit dazu, die Umwelt und ihre Dienstleistungen als „freies Gut“ anzusehen, das ausgeschöpft werden kann, ohne dass für die entstehenden Konsequenzen Sorge getragen werden muss. Doch Ökosystemdienstleistungen sind begrenzt und deshalb schnell von Ausbeutung beziehungsweise von Übernutzung durch den Menschen betroffen. Denn eine hohe Biodiversität trägt zwar zur Resilienz der Ökosysteme bei, das heißt, dass diese unter sich verändernden Umweltbedingungen weiterhin in der Lage sind, ökosystemare Dienstleistungen bereitzustellen, allerdings funktioniert dies auch nur bis zu einem bestimmten Grad. Es besteht somit die dringende Notwendigkeit, einen Ausgleich zwischen unmittelbar und langfristig zu befriedigenden menschlichen Bedürfnissen zu schaffen, um dieser Übernutzung entgegen zu wirken und gleichzeitig den Schutz der Biodiversität zu gewährleisten. Denn Biodiversität spielt eine Schlüsselfunktion bei der Förderung der Ökosystemdienstleistungen. Mit zunehmender Biodiversität nehmen auch die Stabilität und die Leistungsintensität sämtlicher ökosystemarer Dienstleistungen zu (Harrison & Hester 2010; TEEB 2010a). Gesundheit, Ernährung, materieller Wohlstand und Wohlbefinden, die Grundbedürfnisse des Menschen, hängen unbestreitbar von ökosystemaren Dienstleistungen und somit von der biologischen Vielfalt ab (Hotes & Wolters 2010).

Die Bedeutung der Biodiversität für die Ökosystemdienstleistungen wird jedoch meist erst dann deutlich, wenn diese Dienste ausfallen (Weisser 2010b). Es ist ersichtlich, dass der Begriff Ökosystemdienstleistung nur fassbar zu machen ist, wenn er aus der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt abgeleitet werden kann, das heißt, wenn der Mensch seine

Umwelt und deren Leistungen mit Bedeutung versieht und daran sein eigenes Handeln und eigene Entscheidungen ausrichtet (Anders & Freese & 2010). Die Wortschöpfung „ökosystemare Dienstleistung“, als Begriff für die zuvor genannten Produktions-, Regulations- und Unterstützungsfunktionen der Umwelt, verleiht letzterer eine wirkliche Bedeutung, da sich mit dem Ausdruck Dienstleistung erstmals eine monetäre Bewertung der Biodiversität verbinden lässt (Hotes & Wolters 2010; TEEB 2010a). Sie stellt in der Maßeinheit Geld eine vertraute Größe dar und kann somit dazu beitragen, die Schutzwürdigkeit und den vielfältigen Nutzen von Biodiversität zu erfassen. Solche Wertermittlungen können also helfen, unsere Beziehung zur Natur zu überdenken, indem sie die Kosten der Erhaltung oder Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen im Falle einer Zerstörung oder eines Ersatzes aufzeigen. Somit tragen sie zu einer gerechteren Ausgestaltung von zukünftigen, in den Naturhaushalt eingreifenden, Maßnahmen bei. Auf diese Weise ist es zudem möglich, die ökonomische Relevanz von Umweltleistungen zu verdeutlichen und die Öffentlichkeit für Umweltfragen zu sensibilisieren (Münch et al. 2010). Allerdings gibt es bisher nur wenige Ökosystemdienstleistungen, denen ein solch ökonomischer Wert beigemessen worden ist. Bei diesen handelt es sich oftmals lediglich um versorgende Ökosystemdienstleistungen, die direkte Nutz- beziehungsweise Warenwerte bereitstellen und die sich unmittelbar als Handelsware in Märkte einbeziehen lassen. Unterstützende und regulierende Ökosystemdienstleistungen sind aufgrund ihrer komplexen naturwissenschaftlichen Zusammenhänge bisher ökonomisch schwer einzuschätzen und zu bewerten. Zudem gibt es für diese indirekt nutzbaren Dienstleistungen oftmals noch keine etablierten Märkte und Preise. Dabei können selbst ungefähre Wertschätzungen von Ökosystemdienstleistungen zu einem besseren Umgang mit diesen beitragen und unsere Abhängigkeit von ihnen als Lebensgrundlage verdeutlichen. (Dahms & Hotes 2010; TEEB 2010a).

Constanza hat im Jahr 1997 im britischen Wissenschaftsmagazin „Nature“ den globalen Wert ökosystemarer Dienstleistungen auf 33 Billionen US Dollar pro Jahr geschätzt (White et al. 2010). Das Millenium Ecosystem Assessment ist zu dem Schluss gekommen, dass 60 % der Ökosystemdienstleistungen seit den vergangenen 50 Jahren durch schädigende Eingriffe des Menschen in den Naturhaushalt entweder degradiert sind oder aber nicht nachhaltig genutzt werden (Hotes & Wolters 2010; TEEB 2008). Denn die auf Produktivitätssteigerung ausgelegte landwirtschaftliche Entwicklung wird von einer nicht optimalen Flächennutzung begleitet, so dass den hohen landwirtschaftlichen Erträgen meist eine mangelnde Nachhaltigkeit gegenüber steht (Birkhofer et al. 2010). Eine im Jahr 2009 global durchgeführte Umfrage unter 1200 Untemehmensführem hat ergeben, dass lediglich 27 % der Befragten „äußerst“ oder „etwas“ besorgt über Biodiversitätsverluste seien (TEEB 2010a).

Diese Ergebnisse zeigen, dass es weiterer Aufklärungsarbeiten über die Biodiversität und ihre Dienstleistungen als Grundvoraussetzung funktionsfähiger Ökosysteme bedarf. Die Berücksichtigung ökosystemarer Dienstleistungen in politischen Entscheidungen ist notwendig, da sie weiterhin die Wirtschaft stärken (ökonomische Entwicklung), sowie die Lebensqualität der Menschen erhöhen und deren Lebensgrundlagen sichern (Überlebenssicherung und soziale Entwicklung). Durch den politisch geregelten Erhalt sämtlicher Ökosystemdienstleistungen können erhebliche Kosten eingespart werden, die bei Ausfall oder Leistungsminimierung ökosystemarer Dienstleistungen aufgrund eines weiterhin ungehemmten Verbrauchs natürlicher Ressourcen durch die schnell wachsende Bevölkerung anfallen würden (Harrison & Hester 2010; Hôtes et al. 2010b). Um Erfolge erzielen zu können, müssen der Schutz der Ökosystemdienstleistungen und die Gewährleistung von Nachhaltigkeit in politischen Entscheidungen auf nationaler, internationaler, regionaler und lokaler Ebene stattfinden (Fitter et al. 2010). Hierfür kann es zunächst hilfreich sein, sich in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam mit „dem Wert der Natur und der Natur dieses Wertes zu befassen“ (TEEB 2010a: 4). Trotz der noch zahlreich zu lösenden Fragen über die Zusammenhänge zwischen Biodiversität, der von ihr bereit gestellten Dienstleistungen und den Interaktionen zwischen diesen, ist bereits festzustellen, dass die Einführung des Begriffs der ökosystemaren Dienstleistungen zu einer Intensivierung der wissenschaftlichen und politischen Diskussionen über die Rolle der biologischen Vielfalt geführt hat (Dahms & Hôtes 2010). Für das Management zum Erhalt der Biodiversität und ihrer Dienstleistungen werden mittlerweile weltweit jährlich zwischen 8 und 10 Billionen US Dollar investiert (TEEB 2008). In Deutschland stehen davon für Agrarumweltmaßnahmen jährlich über 610 Millionen Euro als EU-Agrarmittel zur Verfügung. Sie dienen dem Schutz der Biodiversität in Kulturlandschaften und fördern Maßnahmen zum Erhalt der Umweltmedien, wie Wasser, Luft, Boden und Klima und der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Freese et al. 2010).

Trotz der bereitgestellten Agrarmittel findet immer noch eine Ausbeutung beziehungsweise Übernutzung der Ökosystemdienstleistungen durch den Menschen in landwirtschaftlich intensiv genutzten Räumen statt (Fitter et al. 2010). Im Folgenden soll deshalb näher auf für die Landwirtschaft wichtige Ökosystemdienstleistungen und mögliche Schädigungen eingegangen werden.

3.3 Ökosystemdienstleistungen mit Nutzen für die Landwirtschaft

Für eine funktionierende Agrarwirtschaft werden zunächst drei grundlegende Ressourcen vorausgesetzt, die von ökosystemaren Dienstleistungen bereitgestellt werden:

- die Vielfalt genetischer Ressourcen,
- das Vorhandensein einer sowohl qualitativ als auch quantitativ ausreichenden Wasserversorgung und
- das Bestellen ertragreicher Böden, die in versorgende, regulierende und unterstützende Ökosystemdienstleistungen klassifiziert sind.

(a) Genetische Vielfalt

Durch das Vorhandensein vielfältiger genetischer Veranlagungen innerhalb der Nutzpflanzen und Nutztierrassen werden neben dem Erhalt der Biodiversität in erster Linie die Gesundheit und eine abwechslungsreiche Nahrungsmittelversorgung des Menschen gesichert. Zudem gewährleistet die genetische Vielfalt innerhalb von Arten Ertragssteigerungen sowie einen umfangreichen Schutz vor einem zu starken Befall mit Schäden anrichtenden Organismen und Krankheiten innerhalb landwirtschaftlich genutzter Flächen (NORRIS et al. 2010). Doch mit dem Verlust durch die Entwicklung der modernen Landwirtschaft, genauer genommen durch Intensivierung und Verbesserung der Anbautechniken und der Zucht, werden diese versorgenden und regulierenden Dienstleistungen in ihrer positiven Wirksamkeit stark eingeschränkt. Denn Herbizideinsatz, mechanische Wildkrautkontrolle, erhöhter Düngereinsatz, Vereinfachung von Fruchtfolgen und die Nutzung weniger

Hochleistungssorten und -rassen reduzieren die in der Landwirtschaft einst vorherrschende (genetische) Vielfalt an Nutzpflanzenarten und Nutztierrassen (BMELV 2007; Freytag & Münch 2010). Genbanken, insbesondere solche für Kulturpflanzen, spielen eine wichtige Rolle für den Erhalt der genetischen Vielfalt im Hinblick auf die zukünftige Nahrungsmittelversorgung der Weltbevölkerung. Allerdings beziehen sie nicht die durch Umweltveränderungen ausgelösten natürlichen Veränderungen von Geninformationen innerhalb der Arten ein. Diese genetische Vielfalt innerhalb und zwischen den Arten ist jedoch Grundvoraussetzung für alle Ökosysteme und deren Funktionalität und muss daher auf natürliche Weise erhalten bleiben (TEEB 2010b).

(b) Wasserversorgung

Die Landwirtschaft ist neben der genetischen Vielfalt auch abhängig von einer qualitativ und quantitativ ausreichenden Wasserversorgung, die zu den unterstützenden und zugleich regulierenden Dienstleistungen eines Ökosystems zählt. Die Mehrheit der globalen landwirtschaftlichen Anbauflächen ist auf die alleinige Wasserversorgung durch Niederschläge angewiesen, denn aufgrund der verfügbaren Wasserressourcen können lediglich 18 % der Anbauflächen zusätzlich bewässert werden. Neuere Forschungen schätzen, dass bereits rund 70 % des globalen Frisch- beziehungsweise Süßwassers für die Landwirtschaft verbraucht werden und dass der Bedarf stetig zunimmt (NORRIS et al. 2010). Ausschlaggebend hierfür werden das global stark ansteigende Bevölkerungswachstum und der mit ihm einhergehende Bedarf an zusätzlicher Nahrungsmittelversorgung genannt, die schließlich durch die Intensivierung der Landwirtschaft bedeutend zu einer Verknappung der Wasserressourcen beitragen. Diese Verknappung wird wiederum ausgelöst, indem mehr Wasser verbraucht wird, als durch den globalen Wasserkreislauf erneuert und zur Verfügung gestellt werden kann. Aber auch Städtebauentwicklung, Entwässerung und Begradigungen der Fließgewässer und nicht zuletzt der Klimawandel, stören den natürlichen Wasserkreislauf in seinem Ablauf (TEEB 2008).

Der natürliche Wasserkreislauf wird in seinem Ablauf allerdings auch durch eine fehlende Biodiversität gestört, die durch Intensivierungsmaßnahmen in Agrarlandschaften hervorgerufen wird. So ist bekannt, dass eine hohe Vegetationsdichte, insbesondere vorhandene Waldflächen, die Wassermenge und deren temporale Verfügbarkeit innerhalb eines Einzugs- beziehungsweise Niederschlagsgebietes deutlich beeinflussen (TEEB 2010b). Die Wasserversorgung wird jedoch nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ als unterstützende und regulierende Dienstleistung eingeschränkt. So werden durch den Einsatz von Düngemitteln in intensiv bewirtschafteten Landschaftsräumen unter anderem Nitrat und Phosphat zunächst in den Boden und schließlich durch Infiltration in das Wasser geleitet, die die Wasserqualität deutlich vermindern (Fitter et al. 2010). Es besteht dabei auch ein Zusammenhang zwischen der zeitlichen Regulation der Wasserverfügbarkeit und der

Wasserqualität, so dass beispielsweise bei hohen Fließgeschwindigkeiten des Wassers keine ausreichende Filterung durch den Boden stattfinden kann und die Wasserqualität herabgesetzt ist (TEEB 2010b). Im Allgemeinen gilt es, der Wasserversorgung und der Regulation des Wasserkreislaufes eine größere Aufmerksamkeit zu schenken. Als bereits gefährdete Ressource kann es in Hinblick auf den Klimawandel zu häufigeren und extremeren Witterungsereignissen kommen, die neben Überflutungen auch zu lang anhaltenden Dürren führen kann (Wolters et al. 2010).

(c) Ertragsfunktion

Zusätzlich zur Vielfalt genetischer Ressourcen und der Verfügbarkeit qualitativ und quantitativ hochwertiger Wasserressourcen ist das Vorhandensein ertragreicher Böden für die Landwirtschaft von außerordentlicher Bedeutung. Als Schnittstelle von Atmosphäre, Hydrosphäre und Lithosphäre kommt dem Boden eine besondere ökosystemare Bedeutung zu, denn als unterstützende ökosystemare Dienstleistung stellt die Bodenbildung neben seiner Wasserspeicher- und Filterfähigkeit den Grundbaustein für die Primärproduktion dar (Elmer et al. 2010; Norris et al. 2010). Diese gilt als Grundlage für alle anderen

Ökosystemdienstleistungen (Fitter et al. 2010) und somit auch für das gesamte Nahrungsnetz und die Stoffkreisläufe innerhalb eines Ökosystems, indem sie die Menge der Primärproduktion (in einem Ökosystem aus anorganischen Stoffen erzeugte Biomasse; Brunotte et al. 2002b) bestimmt (Auge et al. 2010). Für die Bodenbildung und die Bodenbeschaffenheit sind Bodenorganismen mitverantwortlich, die weiterhin an erforderlichen Dienstleistungen, wie der Funktionalität und Regulation der Nährstoffkreisläufe und dem Wasserrückhaltevermögen zugunsten des Pflanzenwachstums, beteiligt sind. Voraussetzung für die unerlässlichen Dienstleistungen der Bodenorganismen und für die Stabilität der ablaufenden Bodenprozesse ist eine möglichst hohe Pflanzendiversität. Vor allem die Erhaltung und die Regulation der Nährstoffkreisläufe durch Bodenorganismen spielen eine Schlüsselrolle bei der Bodennutzbarkeit, da sie ausschlaggebend für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit sind. Bodenstruktur und Fruchtbarkeit bestimmen die Eignung der Böden für landwirtschaftliche Zwecke sowie die Qualität und Quantität der landwirtschaftlichen Erträge. Infolge der Intensivierung der Landwirtschaft sind die Bodenfruchtbarkeit, die Bodenbeschaffenheit und mit ihr einhergehend das Wasserspeichervermögen sowie der natürliche Nährstoffkreislauf als einst selbstregulierende, ökosystemare Dienstleistungen jedoch stark geschädigt (TEEB 2010b). Denn aufgrund dieser Maßnahmen sowie der Verdichtung der Böden durch schwere landwirtschaftliche Fahrzeuge wird auch die Bodenfauna beeinflusst, die für die Funktion des Ökosystems und für dessen Artenvielfalt eine wesentliche Rolle spielt (VÖlkl et al. 2010). Eine oftmals unzureichende Vegetationsdecke fördert die Erosion der landwirtschaftlich genutzten Böden und stört dadurch die Kreisläufe. Landwirtschaftliche Maßnahmen wie die Bewässerung der Anbauflächen und das Ausbringen von Kunstdüngern zur Sicherung der Erträge scheinen als Ersatz unerlässlich. Sie schädigen jedoch weiterhin die Bodenqualität und durchaus auch die landwirtschaftlichen Erträge durch die mit dem Kunstdünger eingebrachten Schwermetalle wie Zink, Kupfer und Cadmium und beeinflussen zugleich auf negative Weise andere Ökosystemdienstleistungen, wie die Regulation der Wassermenge und die Wasserqualität (TEEB 2010b).

Es ist ersichtlich, dass die verschiedenen Ökosystemdienstleistungen nur schwer getrennt voneinander betrachtet werden können, da sie sich als regulierende, unterstützende und versorgende Dienstleistungen gegenseitig beeinflussen. So führt die Leistungsschwächung oder gar der Ausfall einer ökosystemaren Dienstleistung unmittelbar zur Beeinträchtigung anderer. Dies kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen, indem beispielsweise die Nahrungsmittelversorgung der stetig wachsenden Weltbevölkerung durch unsachgemäßen Umgang mit Ökosystemdienstleistungen nicht länger gesichert werden kann (Fitter et al. 2010).

Ebenso ersichtlich ist, dass in der modernen intensivierten Landwirtschaft natürliche Ökosystemdienstleistungen bei Leistungsminderung oder Ausfall schnell durch labortechnisch entwickelte Äquivalente ersetzt werden, die zwar kurzfristig zu Leistungssteigerungen, langfristig jedoch zu weiteren Schäden in Ökosystemen führen können. Als ein Beispiel hierfür sei der Kunstdünger genannt, der zwar zur Ertragssteigerung in der Landwirtschaft beitragen kann, aber auch zu Verunreinigungen des Bodenmaterials und des Wassers führt (Norris et al. 2010).

Für eine funktionierende Agrarwirtschaft spielt neben den zuvor genannten ökosystemaren Dienstleistungen auch die Blütenbestäubung eine besonders bedeutende Rolle. Daher wird im Folgenden exemplarisch ausführlicher auf die Blütenbestäubung durch Insekten und deren Wert für die Landwirtschaft eingegangen.

4. Ökosystemdienstleistung Bestäubung und wichtige blütenbestäubende Insekten

4.1 Ökosystemdienstleistung Bestäubung

In der vorliegenden Arbeit konnte bereits gezeigt werden, dass jede Variable, die in einem Ökosystem messbar ist, als eine Ökosystemfunktion bezeichnet werden kann. So kann auch die Produktivität, messbar unter anderem am Anteil bestäubter Pflanzen (innerhalb eines bestimmten Zeitraumes), als eine ökosystemare Funktion angesehen werden (WEISSER 2010a). Da die transportierte Menge, die Transportrichtung und die Transportdistanzen der Pollenkörner durch die Aktivität der Bestäuber bestimmt werden, wird die Bestäubung durch Tiere zu den regulierenden ökosystemaren Dienstleistungen gezählt. Da die Bestäubungsdienstleistung allerdings auch in direkter Verbindung zu landwirtschaftlichen Erträgen steht, gehört sie zugleich zu den versorgenden Ökosystemdienstleistungen (Tscharntke 2010; Wolters et al. 2010). Die Bestäubung von Blüten und die Ausbreitung von Samen durch Tiere sorgen schließlich auf kleinen räumlichen und zeitlichen Skalen für Veränderungen, die nur in ihrer Gesamtheit zur Regulierung und Aufrechterhaltung von Ökosystemzuständen und Dienstleistungen auf größeren Skalen beitragen. Die

Ökosystemdienstleistung Bestäubung ist somit als eine regulierende und versorgende Dienstleistung für andere ökosystemare Dienstleistungen sowie für die Stabilität von (Agrar- )Ökosystemen essentiell (Fitter et al. 2010; Norris et al. 2010).

Die Bestäubung von Blütenpflanzen, bei der die Übertragung des Pollens von den Staubblättern auf die Narben der Blüten als Voraussetzung der Frucht- und Samenbildung verstanden werden kann, erfolgt durch Wind, Wasser oder Tiere (Hintermeier & Hintermeier 2002; Pritsch 2007). Über 85 % aller weltweit vorkommenden Pflanzenarten sind auf die Bestäubung durch Tiere, vor allem durch Insekten, angewiesen, da sie einen „Mechanismus“ besitzen, der eine Selbstbestäubung erschwert oder gar verhindert. Es besteht also eine sehr enge Abhängigkeit zwischen Pflanzen und deren Bestäubern (Tautz 2007; Tscharntke et al. 2010), so dass die Leistungsminimierung oder der Verlust einer Art die Fitness und die Überlebensdauer der anderen Art unmittelbar einschränkt. Diese Abhängigkeit besteht einerseits aus der durch Bestäubungsleistungen gesicherten Fortpflanzung vieler Wildpflanzen und dem gleichzeitig gesicherten Ertrag der meisten Kulturpflanzenarten, andererseits aus der Belohnung der Bestäuber mit dem für sie überlebenswichtigen Nektar und Pollen sowie mit Ölen und Duftstoffen (Geiser 1993; von der Ohe 2004).

In der Landwirtschaft spielt die Blütenbestäubung eine sehr wichtige Rolle, denn allein durch die Insektenbestäubung kann die Produktion von über 75 % der bedeutendsten, weltweit angebauten Kulturpflanzenarten, wie Früchte, Gemüse, Nüsse, Gewürze und Arzneipflanzen, erhöht werden. 35 % der weltweit produzierten Nahrungsmittel stammen von Kulturpflanzen, die von Tieren besucht und bestäubt werden (TEEB 2010b) und dennoch wird geschätzt, dass lediglich 6 % der gesamten Nahrungsmittelproduktion ohne Bestäuber ausfallen würden (Hotes et al. 2010a). Dies kann dadurch erklärt werden, dass es durch die Bestäubung bei den meisten Kulturpflanzen zu einem Produktionsanstieg zwischen 5 und 50 % kommen kann, aber nur wenige Kulturpflanzen wirklich auf die Tierbestäubung angewiesen sind. So sind etwa 28 % der angebauten Kulturpflanzenarten, die zugleich 60 % der

Nahrungsmittelproduktion decken, von der Tierbestäubung unabhängig. Bei diesen Kulturpflanzen handelt es sich um verschiedene Getreidearten, wie etwa Mais, Weizen und Reis. Dennoch weisen die Früchte und Samen von tierbestäubten Kulturpflanzen eine bessere Qualität auf als die von selbstbestäubten Kulturpflanzen. Der durch die Bestäubung erreichte Produktionsanstieg spielt im Hinblick auf die wachsende Weltbevölkerung und den mit ihr einhergehenden Nahrungsmittelbedarf eine bedeutende Rolle in der Landwirtschaft (Nowottnick 2004; Tscharntke et al. 2010).

Bis zum Jahr 2030 wird die Weltbevölkerung schätzungsweise auf 8 Billionen Menschen anwachsen und der Bedarf allein an Nahrungsmitteln um 50 % ansteigen, so dass zu den bisher vorhandenen 35 % an weltweiter Landwirtschaftsfläche schätzungsweise weitere 20 % herangezogen werden müssen. Um die Nahrungsmittelversorgung und die Versorgung mit anderen ökosystemaren Gütern zukünftig weiterhin gewährleisten zu können, müssen die Bestäubungsdienstleistung und die mit ihr unmittelbar verbundenen Ökosystemdienstleistungen, wie die Bodenbildung, die Schädlingskontrolle und die Regulation des Nährstoff- und Wasserkreislaufs, als zu schützende Funktionen eines Ökosystems mit hohem ökonomischen Wert anerkannt und ein nachhaltiger Umgang mit diesen durch Schadensreduzierung gewährleistet werden (Norris et al. 2010).

Im Gegensatz zu vielen anderen ökosystemaren Dienstleistungen ist der ökonomische Wert der Bestäubungsleistungen durch die enge Verknüpfung mit landwirtschaftlichen Erträgen verhältnismäßig genau zu bestimmen. So wird die vom Menschen als selbstverständlich in Anspruch genommene Bestäubungsdienstleistung von Gallai et al. (2009) weltweit jährlich auf über 150 Milliarden Euro geschätzt, was etwa 9,5 % des globalen landwirtschaftlichen Ertrags aus dem Jahre 2005 ausmacht. Die Relevanz des Schutzes der Biodiversität und ihrer

Dienstleistungen wird zwar bereits durch ihren hohen ökonomischen Wert offenkundig (Tscharntke et al. 2010), doch erst die weltweite Bestäuberkrise, verursacht durch beispielsweise mangelndes Angebot an Pflanzendiversität, Habitatverlust, Pestizide und Krankheiten, hat deutlich gemacht, wie riskant die Reduktion der Biodiversität durch intensive landwirtschaftliche Eingriffe auch für den Menschen ist (Wolters et al. 2010). Mit dem Verlust an Bestäubervielfalt und Pflanzendiversität durch die Intensivierung der Landwirtschaft geht schließlich auch ein Verlust an der Bestäubungsdienstleistung von Kultur- und Wildpflanzen einher und mit dieser wiederum unter anderem der Verlust einer gesicherten und vielfältigen Nahrungsmittelproduktion sowie der Verlust an materiellem und kulturellem Wohlstand der Weltbevölkerung (Fitter et al. 2010).

Das folgende Kapitel befasst sich mit den für die Blütenbestäubung wichtigen Insekten, ihren bevorzugten Nahrungsquellen, der Bestäubungsleistung und ihrer Schutzwürdigkeit, um ihre Bedeutung als Lieferanten der regulierenden und versorgenden Ökosystemdienstleistung Bestäubung hervorzuheben.

4.2 Wichtige blütenbestäubende Insekten

Mit circa 800.000 bekannten Arten weltweit und einem Anteil von über 80 % an der gesamten Tierwelt, stellt die Klasse der Insekten die größte im gesamten Tierreich dar (Nowottnick 2004; SBN 1987). Ihr gehören somit über zwei Drittel aller lebenden Tierarten an. In Mitteleuropa befinden sich unter 40.000 verzeichneten Tierarten etwa 30.000 Insekten (Hintermeier & Hintermeier 2002). Wie wichtig Insekten, vor allem Bienen und Schmetterlinge, für die Bestäubung unserer Kultur- und Wildpflanzen sind, verdeutlicht folgende Abbildung 1.

Abb.l: Links: Prozentualer Anteil der am Blütenbesuch beteiligten Insektengruppen am Beispiel des Gewöhnlichen Sonnenröschens (Helianthemum nummularium) auf einem Halbtrockenrasen im Kaiserstuhl/Süddeutschland; Rechts: Prozentualer Anteil der am Blütenbesuch beteiligten Insektengruppen am Beispiel der Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum) auf demselben Halbtrockenrasen (Kratochwil & Schwabe 2001: 354f.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.2.1 Bienen (Hymenoptera)

Unter dem Begriff „Bienen“ werden im Folgenden Honigbienen und Wildbienen, einschließlich der Hummeln verstanden. Bei artspezifischen Unterschieden, in ihrer Lebensweise und ihrer Bestäubungsleistung, wird deutlich zwischen Honigbienen und Wildbienen unterschieden. Letztere umfassen hierbei auch die Hummeln.

4.2.1.1 Einleitendes Ordnung der Hymenoptera

Zoologen haben die große Gruppe der Insekten nach verwandtschaftlichen Beziehungen in Ordnungen aufgeteilt, worunter die Hymenopteren, auch bekannt als Hautflügler, weltweit mit über 280.000 Arten nach den Käfern die zweitgrößte Insektenordnung darstellen. In Mitteleuropa sind sie mit über 11.000 Arten verbreitet und in Deutschland bilden sie mit etwa 10.000 Arten sogar die umfangreichste Insektenordnung (Westrich 1989). Die Gruppe der Hymenopteren wird gemeinsam durch Bienen, Wespen und Ameisen gebildet (Bellmann 2010; Geiser 1993). IhrenNamen verdanken die Hautflügler ihren paarigen, häutigen Flügeln (Mühlen 1999).

Allgemeines über Bienen

Als einzige Lieferanten von Naturstoffen in Form von Honig, Wachs, Propolis und Gelee Royale, sind unter den Hymenopteren die Honigbienen, mit heute 9 weitverbreiteten Arten, am bekanntesten. Unter ihrem wissenschaftlichen Namen ist die Honigbiene als „Apis mellifera“ geläufig, was „honigtragende Biene“ bedeutet (Ehrnsberger 2004a; Hintermeier & Hintermeier 2002). Nur wenig bekannt ist, dass es neben der Honigbiene weltweit über 20.000, in Europa circa 700 und allein in Deutschland rund 560 weitere Bienenarten gibt. Bei diesen handelt es sich im Gegensatz zur mittlerweile domestizierten Honigbiene um Wildbienen. Unter letzteren werden die so genannten Solitärbienen und die Hummeln zusammengefasst (Westrich 1989; Kratochwil & Schwabe 2001). Ähnlich wie in der Landwirtschaft zwischen Nutz- und Wildpflanzen unterschieden wird, werden wildlebende Bienenarten als Wildbienen zusammengefasst, um sie von den zur Honig- und Wachsgewinnung und gezielten Nutzpflanzenbestäubung eingesetzten Honigbienen zu unterscheiden. Die Honigbiene kann lediglich noch in Afrika wildlebend vorgefunden werden, so dass sie dort zu den Wildbienen zählt (Hintermeier & Hintermeier 2002). Viele Wildbienenarten sehen der Honigbiene sehr ähnlich und werden schnell verwechselt, während andere Arten dagegen in den Farben Gelb, Rot oder Grün auffallend gezeichnet sind (Mühlen 1999).

Neben den Honigbienen stellen die wildlebenden Hummeln die wohl bekanntesten Bienenarten dar. Sie sind heute mit etwa 400 bis 500 Arten weltweit verbreitet. In Deutschland und Mitteleuropa sind sie mit erheblichen regionalen Unterschieden noch durch lediglich 25 bis 30 Arten vertreten (Hintermeier & Hintermeier 2002). Wirklich häufig sind dabei in Deutschland allerdings nur 6 Arten. Allen gemein ist jedoch die besonders farbenprächtige und starke pelzige Behaarung ihres, im Vergleich zu anderen Insekten, gedrungenen Körpers (Mühlen 1999).

Körperbau der Bienen

Wie alle anderen Insektenarten auch, besitzen Bienen einen dreigeteilten Körper, der sich zusammensetzt aus:

- einem Kopf,
- einem Brustabschnitt und
- einem Hinterleib.

(a) Kopf

Der Kopf trägt wichtige Sinnesorgane, wie etwa die großen, zusammengesetzten Komplex­oder Facettenaugen, die den Bienen eine optische Orientierung ermöglichen. Zusätzlich besitzen Bienen drei Einzelaugen, bei denen es sich um die so genannten Ocellen handelt (Westrich 1989). Mit ihren Facettenaugen ist es den Bienen möglich, Farben zu sehen. Hierbei nehmen sie die im kurzwelligen Bereich befindlichen Grundfarben Gelb und Blau wahr, aber auch Ultraviolett. Dieses Spektrum umfasst schließlich in feinen Abstufungen Übergänge von Orange über Gelb, Blaugrün, Blau und Violett (Akkermann & von der Ohe 2004; Nowottnick 2004). Blaue und gelbe Farben treten bei Blüten extrem häufig auf und viele weitere Blütenfarben besitzen starke Anteile in diesen Wellenlängenbereichen, so dass solch farbige Blüten bei Sammelflügen bevorzugt werden. Rote bis dunkelrote Farben erscheinen den Bienen als Schwarz und sind somit wenig attraktiv. Besonders charakteristisch für Bienen, insbesondere für Honigbienen und Hummeln, ist, dass sie ab einer bestimmten Fluggeschwindigkeit nur noch schwarzweiß sehen können. Neben ihrem Geruchsinn richten sie sich dann für eine bessere Orientierung nach Strukturen in der Landschaft, so genannten Landmarken (Tautz 2007). Mit ihren drei Ocellen können Bienen polarisiertes Licht wahrnehmen, das Bestandteil des reflektierten Sonnenlichts ist und bei der Orientierung in der Landschaft ebenfalls eine wichtige Rolle spielt (Ehrnsberger 2004a).

Weiterhin trägt der Kopf die für Bienen wichtigen Antennen, mit denen sie ihre Umgebung abtasten und zugleich Gerüche wahrnehmen können, aber auch die durchaus wichtigen Mundwerkzeuge. Letztere bestehen aus den Oberkiefern (Mandibeln), den Unterkiefern (Maxillen) und der Unterlippe (Labium) und werden wie Werkzeuge unter anderem zur Verteidigung, als Klammerorgane während der Nachtruhe, zum Aushöhlen von Brutzellen, sowie zum Ergreifen und Transport von Materialien verwendet.

(b) Brust

Die Brust bildet den mittleren, fast kugeligen Teil des Insektenkörpers. Sie trägt die Fortbewegungsorgane, nämlich die Beine und die Flügel, sowie die Flugmuskulatur (Westrich 1989). Die Hinterbeine spielen für die Bienen beim Pollensammeln eine wichtige Rolle. So besitzen sie am ersten Fußglied der Hinterbeine eine Art Bürste, mit der sie den Pollen aus ihrem Haarkleid abstreifen können. Weiterhin sind bei manchen Bienenarten, wie der Honigbiene, die Unterschenkel der Hinterbeine mit besonders langen Haaren besetzt, die eine Vertiefung, das so genannte Körbchen, umsäumen. In beiden Körbchen können größere Pollenmengen in Form von Höschen gesammelt und zum Nest transportiert werden (Bellmann 2010). Ein Beispiel hierfür zeigt Abbildung 2.

(c) Hinterleib

Im Hinterleib einer Biene, wissenschaftlich Abdomen genannt, befinden sich fast alle überlebenswichtigen Organe sowie viele Drüsen (beispielsweise Futtersaftdrüsen, Wachsdrüsen, Giftdrüsen, Duftdrüsen). Weiterhin ist der Hinterleib mancher Bienenarten besonders stark behaart und die zuvor genannten Körbchen können durch eine Bauchbürste ersetzt sein (siehe Abb.3). Die Behaarung besteht nicht wie bei vielen anderen Insekten aus Borsten, sondern aus dichten Fiederhaaren, an denen Pollen hervorragend haften bleiben und abgestreift werden können. Neben der Behaarung besitzen Bienen ein weiteres Sammelorgan im Hinterleib, den Honigmagen, in dem sie gesammelten Nektar zum Nest transportieren können (Akkermann & von der Ohe 2004; Hintermeier & Hintermeier 2002).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Biene mit Pollenhöschen auf dem Gewöhnlichen Löwenzahn (Taraxacum officinalis) (Eigene Aufnahme 2012);

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3: Mauerbiene Osmia truncorum mit pollenbeladener Bauchbürste auf dem Einjährigen Feinstrahl (Erigeron annuus) (Westrich 2011a).

4.2.1.2 Lebenszyklus

Die meisten Hautflügler sind wärmeliebend, so dass sie ihre höchste Aktivität vorzugsweise bei sonnigem, warmem Wetter zwischen 11 und 17 Uhr entfalten (Bellmann 2010). Je nach Wetterlage beginnt die Hautflügler-Saison Anfang bis Ende März mit Temperaturen über 10 °C und endet im Oktober (Nowottnick 2004). Auch innerhalb dieser Saison ist ein Aktivitätshöhepunkt während der Monate Juni und Juli bekannt (Bellmann 2010). Durch Witterungseinflüsse können sich die Erscheinungszeiten der jeweiligen Arten jedoch verschieben. Während die Honigbiene sowie die Hummel die ganze Hautflügler-Saison hindurch im Freien zu beobachten sind, ist die überwiegende Zahl der Wildbienen, je nach Art, nur zu ganz bestimmten Jahreszeiten aktiv, so dass diese nur wenige Wochen im Jahr zu beobachten sind (Westrich 1989). Dies mag dadurch zu erklären sein, dass sich nicht nur klimatische Gegebenheiten auf die Aktivitätsphase der Bienen auswirken, sondern auch die jahreszeitliche Verfügbarkeit bestimmter Pflanzenarten und deren Pollen- und Nektarangebot. Weiterhin korreliert die Blütenbesuchszeit von Insekten mit den Zeitpunkten der Öffnungs­und Schließbewegungen der Blütenblätter, das heißt, mit der Öffnung der Pollensäcke und der Nektarproduktion. Dabei öffnen sich die Blüten der meisten Pflanzenarten zu ganz bestimmten Tageszeiten („diurnale Rhythmen“), abhängig vom Alter der Blüte und der auf sie einwirkenden Licht- und Temperaturverhältnisse (Kratochwil & Schwabe 2001).

Lebenszyklus der Honigbienen

Das Honigbienenvolk setzt sich aus einer Königin, einer wechselnden Anzahl von 7000 bis 70.000 Arbeiterinnen und in Abhängigkeit von der Jahreszeit 0 bis zu einigen Tausend Drohnen (Männchen) sowie der Brut in verschiedenen Stadien zusammen. So bildet es schließlich einen äußert bevölkerungsreichen Staat mit bis zu 100.000 Individuen (Westrich 1989). Wie hier festgestellt werden kann, ist das Geschlechtsverhältnis zugunsten des weiblichen Geschlechts verschoben (Bienefeld 1988).

Honigbienen überwintern als Volk mit etwa 10.000 bis 15.000 Individuen. Hierfür ziehen sie sich zu einer dichten Wintertraube zusammen und wärmen sich durch Muskelzittern, während sie die dafür notwendige Energie aus dem angelegten Honigvorrat ziehen (Hintermeier & Hintermeier 2002; Pritsch 2007). Die Lebenserwartung der Honigbienen beträgt, die Königin mit einer Lebenserwartung von 2 bis 5 Jahren ausgeschlossen, nur mehrere Wochen bis hin zu wenigen Monaten. So erreichen die Drohnen ein Lebensalter von 2 bis 6 Wochen, während Arbeiterinnen in Abhängigkeit vom Schlupftermin ein Lebensalter von 6 Wochen als so genannte Sommerbienen und 6 bis 8 Monaten als Winterbienen erreichen.

Die Arbeitsteilung im Honigbienenvolk richtet sich nach dem Alter der Tiere. Arbeiterinnen nehmen ihre Aufgaben in folgender Reihenfolge wahr: Zellreinigung, Larvenaufzucht, Zellbau, Nektarverarbeitung, Polleneinlagerung, Wächterdienste und schließlich Nektar- und Pollensammlung als Flug- beziehungsweise Sammelbiene (Ehrnsberger 2004a; Tautz 2007). Innerhalb dieser Arbeitsteilung besitzt das Sammelverhalten eine überlebenswichtige Bedeutung, denn nur durch ausreichende Futtervorräte kann der Volksbestand auch in Zeiten der Trachtlosigkeit und Überwinterung gesichert werden (Nowottnick 2004). Die Drohnen gehen im Volk keinen konkreten Aufgaben nach. Sie dienen lediglich der Harmonie im Stock, bis sie schließlich mit einem Alter von zwei Wochen geschlechtsreif werden und durch jeweils eine einzige Verpaarung mit einer Jungkönigin des Nachbarnestes den Erhalt der Honigbienenvölker sowie deren genetische Vielfalt sichern. Die Königin des Volkes besitzt als Einzige die Aufgabe, für Nachkommen zu sorgen, denn bei allen Arbeiterinnen einer Kolonie handelt es sich um sterile Weibchen. So unternimmt sie ab ihrem dritten Lebenstag ihre ersten Orientierungs- beziehungsweise Paarungsflüge, um anschließend bei einer Legeleistung von einem bis zwei Eiern pro Minute, täglich zwischen 1000 und 2000 Eier, jährlich bis zu 200.000 Eier, beziehungsweise ihrer Lebensdauer entsprechend, bis zu 600.000 Eier zu legen.

Aus unbefruchteten Eiern entwickeln sich nach 24 Tagen die Drohnen, während aus befruchteten Eiern nach circa 21 Tagen weibliche Tiere schlüpfen. Die Kastenzugehörigkeit ist jedoch nicht genetisch festgelegt, sondern wird durch eine qualitativ und quantitativ unterschiedliche Ernährung sowie durch die Größe der Brutzellen bestimmt (Akkermann & VON der Ohe 2004; Bienefeld 1988). So erhalten die Larven der Arbeiterinnen und Drohnen im Gegensatz zu der Larve, die zu einer Jungkönigin heranreift, nach etwa 3 Tagen Fütterung mit Gelee Royale, ausschließlich Blütenpollen als Nahrung und sind zugleich in deutlich kleineren Zellen untergebracht, unter denen die Zellen der Drohnenjedoch noch etwas größer als die der Arbeiterinnen sind. Ist die Bienenkönigin krank, zu alt oder nicht mehr leistungsfähig genug, werden bis zu drei neue Königinnen herangezogen (Bellmann 2010; Tautz 2007; Westrich 1989). Hierfür werden am Rand der Wabe deutlich größere Zellen gebaut, die so genannten Weiselzellen, und die darin befindlichen Larven ausschließlich mit einem besonderen Futtersaft, dem Gelee Royale gefüttert.

Stehen die Jungköniginnen 16 Tage nach der Eiablage kurz vor dem Schlupf, verlässt die alte Königin in der Regel mit etwa 70 % der Arbeitsbienen den Stock, um sich an anderer geeigneter Stelle ein neues Volk aufzubauen (Nowottnick 2004). Noch vor dem Auszug versorgen sich die Altkönigin und ihr Arbeiterinnenschwarm mit Honig aus den Vorräten des Nestes, der als Proviant bis zu 10 Tage ausreicht. In dieser Zeit muss eine neue Behausung gefunden und das reguläre Kolonieleben wieder aufgenommen sein. Etwa jeder zweite Schwarm übersteht das Ausschwärmen jedoch nicht, vor allem dann, wenn er von Unwettern überrascht wird oder der Staat keine ausreichende Größe besitzt, um den überlebenssichernden Tätigkeiten nachgehen zu können. In den gemäßigten Breiten sind solche Vorgänge, auch Bienenschwärme genannt, zwischen April und September zu beobachten. Unter den heranwachsenden Jungköniginnen übernimmt die zuerst geschlüpfte Biene den Staat mitsamt Nest und ersticht in der Regel die anderen Jungköniginnen, falls diese nicht bereits durch Arbeitsbienen „entsorgt“ worden sind (Bienefeld 1988; Ehrnsberger 2004a).

Der Bienenschwarm, der sich eine neue Behausung suchen und alle Waben neu aufbauen muss, braucht für eine mittlere Nestgröße mit etwa 100.000 Zellen 1200 g Wachs. Um diese Menge an Wachs zu erzeugen, benötigen die Bienen wiederum die Energie von etwa 7,5 kg Honig, der von den Bienen aus den gesammelten Nektarvorräten hergestellt wird (Nowottnick 2004; Tautz 2007). Die Königin und die Arbeiterinnen eines Bienenstaates sterben in der Regel an Altersschwäche, während die Drohnen nach der Paarungszeit von den

Arbeiterinnen aus dem Stock getrieben werden und, auf sich allein gestellt, nach wenigen Tagen verhungern (Bellmann 2010).

Lebenszyklus der Wildbienen

Hummelkolonien besitzen eine relativ kurze Lebensspanne. Sie leben in einjährigen Staaten (Hintermeier & Hintermeier 2002; Mühlen 1999), die etwa zwischen 120 Individuen bei der Wiesenhummel (Bombus pratorum) und 600 Individuen bei der Erdhummel (Bombus terrestris) umfassen (Bellmann 2010). Einzig in den Tropen gibt es Hummelkolonien, die mehrere Jahre alt werden können (Westrich 1989).

Bei den Hummeln erscheinen die Jungköniginnen je nach Art zwischen März und Mai eines Jahres (Geiser 1993) und beginnen, nachdem sie sich mit Nektar gestärkt haben, unverzüglich mit der Nistplatzsuche. Ist die Nistplatzwahl getroffen, beginnt die Jungkönigin aus Wachs Kugeln zu formen, in die sie Pollen füllt und jeweils 8 bis 16 Eier ablegt. Zudem baut sie einen circa 2 cm hohen Napf, den sie mit Nektar füllt und der wiederum als Nahrungsreserve für ungünstige Tage dient. Das Hummelnest wird dabei meist kaum größer als ein Handteller. Nach etwa 3 bis 5 Tagen schlüpfen die Larven und verzehren den in den Eiern vorhandenen Pollenvorrat. Die Larven wachsen in den „Wachskugeln“ heran, die nach und nach erweitert werden müssen. Auf diese Weise entsteht ein blasenförmiges Gebilde mit mehreren Erhebungen. Nach einer weiteren Woche sind die Larven ausgewachsen und beginnen damit, sich in Kokons einzuspinnen (siehe Abb.4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.4: Nest der Ackerhummel (Bombus pascuorum) in einem Hummelkasten. Die dunkelbraunen blasigen Gebilde sind Larvenkammern, bei den gelblichen handelt es sich um Kokons mit Puppen. Dazwischen befinden sich nektargefüllte Honigtöpfe (Westrich 2011b).

Weitere ein bis zwei Wochen vergehen, bis schließlich die ersten jungen Hummeln aus ihren Kokons schlüpfen und nun die Aufgaben der Königin, den Nestbau, die Brutpflege, die Nahrungssuche und die Klimatisierung des Nests, übernehmen (Mühlen 1999). In der Folge schlüpfen stetig weitere Arbeiterinnen und die Volksstärke der Hummeln nimmt zu. Eine einzelne Arbeiterin besitzt eine Lebenserwartung von 6 bis 12 Wochen, in denen sie unbegattet bleibt.

Je nach Hummelart schlüpfen zwischen Juli und August auch gebärfähige (vollentwickelte) Weibchen sowie Männchen, bis schließlich zwischen August und September, mit dem Tod der alten Königin, der gesamte Hummelstaat stirbt. Einzig die zuvor geschlüpften Weibchen, die sich zwischenzeitlich mit den Männchen gepaart haben, überstehen den Winter und beginnen im Frühjahr wiederum, als Jungköniginnen einen neuen Hummelstaat zu gründen. Alle Individuen einer Hummelkolonie stammen somit von nur einem Weibchen ab, das ein Alter zwischen 12 bis 15 Monaten erreicht (Geffcken 2004b). Die Anzahl der herangezogenen Jungköniginnen eines Hummelstaates innerhalb eines Jahres wird schließlich durch verschiedene Faktoren wie Witterungsverhältnis, Nistplatzangebot und

Nahrungsangebot bestimmt. So können in einem besonders guten Jahr, bei zum Beispiel der Erdhummel (Bombus terrestris), mehr als 200 Königinnen innerhalb eines Volkes heranwachsen (Mühlen 1999).

Honigbienen und Hummeln sind mitsamt ihrer Staatenbildung dem Menschen weltweit am bekanntesten. So mag es überraschen, dass die Mehrzahl der Bienenarten jedoch keine sozialen Bindungen kennt und vielmehr ein Einsiedlerleben führt. Bei diesen Bienen handelt es sich um Solitärbienen, deren Weibchen nach erfolgreicher Paarung ohne Mithilfe von Artgenossen Bruträume erbauen und diese für die später schlüpfenden Nachkommen mit Pollen und Nektar, in Form des so genannten Pollenbrotes, füllen (Hintermeier & Hintermeier 2002).

Trotz der Vielfalt innerhalb der Wildbienenarten und ihren verschiedenen Lebensweisen liegt der Brutbiologie dieser Einsiedlerbienen jedoch ein gemeinsames Prinzip zugrunde. So lebt das Weibchen nach der Paarung zwischen 4 bis 12 Wochen und versorgt während dieser Zeit durchschnittlich 8 bis maximal 30 Brutzellen, in die jeweils ein Ei abgelegt wird. Die Zellen befinden sich in einer linearen Anordnung, wobei der Deckel der einen Zelle zugleich den Boden der folgenden Zelle bildet. Die Größe der Zelle entspricht dabei der Größe der sich in ihr entwickelnden Biene (siehe Abb.5 und 6). Aus dem Ei schlüpft, wie bei allen anderen Bienen auch, in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur nach 4 bis 10 Tagen zunächst eine Larve, die sich vom Pollenvorrat ernährt. Innerhalb von 45 Tagen verpuppt sie sich und unterbricht den Winter hindurch bis zum Mai des kommenden Jahres ihre weitere Entwicklung zur Biene. Erst dann entwickelt sie sich innerhalb von 3 Wochen weiter und verlässt schließlich bei günstigen Witterungsverhältnissen nach wenigen Tagen das Nest. Manche Bienenarten erreichen das Stadium der adulten Biene noch im gleichen Jahr, schlüpfen allerdings nicht, sondern überwintern in ihrer Zelle. Dieser Vorgang wird auch als Imaginaldiapause bezeichnet und ist typisch für Arten, die bereits im Frühling fliegen. Auch innerhalb der Wildbienen schlüpfen aus befruchteten Eiern Weibchen, während aus unbefruchteten Eiern ausschließlich männliche Tiere hervorkommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5: Nest der Mauerbiene Osmia rufa in einem Bambusröhrchen mit drei durch Lehmwände abgetrennten Brutzellen. In ihnen befinden sich zwei Tage alte Larven und der Pollenbrotvorrat(WESTRiCH 1989: 180).

Abb.6: Entwicklungsstadium der Mauerbiene Osmia cornuta - Puppe mit bereits dunkel gefärbten Komplexaugen. Sie füllt die Brutzelle mit ihrem Körperumfang komplett aus (Westrich 1989: 123).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zu Beginn der Flugzeit im Frühjahr können wir die kurzlebigen Männchen beobachten, die vor den Nestern auf das Schlüpfen der Weibchen warten, um sich schließlich mit ihnen zu verpaaren. Diese Männchen liegen in der Anordnung der Brutzellen stets zu Anfang, das heißt, in der Nähe des Nestausganges, so dass sie zuerst schlüpfen können. Mit der Paarung beginnt der Zyklus der wildlebenden Einsiedlerbienen von Neuem (Mühlen 1999; Zurbuchen & Müller 2012).

In Mitteleuropa haben die meisten Wildbienenarten nur eine Generation im Jahr (Hintermeier & Hintermeier 2002). Die Anzahl der Nachkommen eines solitärlebenden Weibchens ist im Vergleich zu denen der staatenbildenden Honigbienen oder Hummeln mit maximal 20 individuen sehr gering. Dennoch können Einsiedlerbienen durch ihre aufwendige

Brutfürsorge auf eine solch hohe Fortpflanzungsrate verzichten, da Schmarotzer und Fressfeinde nur wenige Chancen haben, die Brut zu schädigen (Mühlen 1999).

4.2.1.3 Lebensräume

Bienen sind sehr vielgestaltige Insekten, was ebenfalls auf ihre Lebensweise und ihre Nistplatzansprüche zutrifft (Geiser 1993).

Lebensräume der Honigbienen

Honigbienen zählen heute aufgrund der Bereitstellung von Naturstoffen zu den mitunter beliebtesten, domestizierten Haus- beziehungsweise Nutztieren des Menschen. Durch Privatpersonen und Imkereien werden sie einem globalen Handel unterzogen und anschließend für Bestäubungszwecke in angefertigten Bauten gezielt zu ihren Trachtquellen auf die Felder gebracht. Die Honigbiene ist schließlich mit 9 Arten weit verbreitet, lediglich in Afrika ist sie noch wildlebend anzutreffen (Hintermeier & Hintermeier 2002). Festzuhalten ist hierbei, dass sich eine Honigbienenkolonie zwar die „Einrichtung“ ihres Heimes selbst herstellen kann, allerdings nicht in der Lage ist, den Unterschlupf für diese selbst zu schaffen. Honigbienen sind also in einer gepflegten und intensivierten Kulturlandschaft auf die künstlichen Behausungen durch den Menschen angewiesen und können auch nur dort existieren, wo diese zuzüglich ausreichender Trachtquellen und die für sie günstigen klimatischen Bedingungen vorhanden sind (Tautz 2007).

Lebensräume der Wildbienen

Wildbienen sind entgegen den Honigbienen in nahezu allen Lebensräumen natürlich anzutreffen. In der offenen Landschaft stellen diese beispielsweise lichte Wälder, Waldränder, Kahlschläge, Moore, Schilfröhrichte, Magerrasen trockener und halbtrockener Standorte, Wiesen (Fett-, Streuobst-), Hecken- und Feldgehölze, Heideflächen, Weinberge, Brachen, Ruderalflächen, Böschungen, Wegraine, Äcker, aber auch Felsen, Abwitterungshalden, Sand-, Lehm-, Ton- und Kiesgruben, Binnendünen und Flugsandfelder dar.

Die Artenvielfalt ist allerdings nicht überall und zu jeder Jahreszeit gleich, da sich die Lebensräume der Wildbienen artspezifisch beträchtlich unterscheiden können (Hintermeier & Hintermeier 2002). Der Lebensraum einer Wildbiene muss jedoch folgende Grundvoraussetzungen erfüllen:

- Er muss den klimatischen Ansprüchen der betreffenden Art genügen.
- Er muss den von der Art benötigten Nistplatz aufweisen.
- Er muss Nahrungspflanzen bestimmter Blumentypen, Blütenfarben und ausreichender Mengen (möglichst hohe Blumendichten einzelner Pflanzenarten) enthalten.
- Bei zahlreichen Arten muss zudem das für den Bau von Brutzellen benötigte Baumaterial vorhanden sein.

Nistplatz, Nahrungspflanzen und Baumaterial sind also die für Wildbienen wichtigen Lebensraumelemente, die zum Überleben benötigt werden. In den meisten Fällen sind Wildbienen somit nicht an bestimmte Lebensräume gebunden, sondern an die von ihnen benötigten Lebensraumelemente.

Der Gesamtlebensraum einer Bienenart kann hierbei aus mehreren Teillebensräumen bestehen, in denen jeweils die benötigten Elemente enthalten sind. So kann in der Regel bereits zwischen Nist- und Sammelhabitat unterschieden werden. Die Größe eines Wildbienenlebensraumes hängt davon ab, ob die einzelnen Teillebensräume miteinander verbunden oder durch andere Landschaftselemente voneinander getrennt sind. Das Fluggebiet um das Nest ist bei vielen, vor allem bei den kleineren Arten, nicht sehr groß. Es kann somit festgehalten werden, dass Wildbienen zumeist an Standortkomplexe gebunden sind und dass ein engmaschiges Netz verschiedener Teillebensräume von den meisten Wildbienenarten bevorzugt wird. Wenn Nistplatz und Nahrungsraum sich räumlich nicht decken, ist die Vernetzung der jeweiligen Teillebensräume innerhalb des artspezifischen Aktionsradius ausschlaggebend für das Vorkommen einer Bienenart (Kratochwil & Schwabe 2001; Westrich 1989).

In der Wahl ihres Nistplatzes sind die einzelnen Wildbienenarten ebenfalls hoch spezialisiert, weshalb sie besonders empfindlich auf Beeinträchtigungen ihres Lebensraumes reagieren und dadurch hervorragende Anzeiger für intakte oder gestörte Verhältnisse in Ökosystemen darstellen (Bioindikatoren). Bienennester wildlebender, solitärer Arten sind an verschiedenen Standorten vorzufinden, etwa in abgestorbenem Holz, dürren Pflanzenstengeln, leeren Schneckenhäusern oder an Felsen (Bellmann 2010; Mühlen 1999). Von den rund 380 nestbauenden Wildbienenarten Deutschlands nistet die überwiegende Mehrheit, nämlich 278 Arten (73 %), in der Erde, darunter auch in Nestern anderer Tiere, wie etwa in jenen von Mäusen. An das Bodensubstrat werden hierbei verschiedene Ansprüche gestellt. Die einen nisten nur im Sandboden, andere wiederum nur in Löss oder Lehm, während wieder andere verschiedene Substrate akzeptieren. Bei unterirdisch nistenden Arten befindet sich das Nest in der Regel allerdings nicht tiefer als 1 m unter der Erdoberfläche. Hummeln nistenje nach Art bevorzugt in hohlen Bäumen, verlassenen Vogelnistkästen, Eichhörnchennestern, Felsspalten, in der Krautschicht, unter Moos, aber auch in bis zu 20 cm tiefen, unterirdischen Bauten. Wichtig ist, dass es sich hierbei um einen geschützten, trockenen Hohlraum handelt, der im Idealfall bereits trockenes Gras, Moos, Blätter, Tierhaare oder ähnliches Material von den vorherigen Bewohnern beinhaltet (Kratochwil & Schwabe 2001; Westrich 1989).

4.2.1.4 Bienenweide

Unter der Bienenweide wird die Ernährungsgrundlage der Bienen verstanden und unter Tracht das nutzbare Massenangebot der Bienenweide. In der heutigen modernen Landwirtschaft finden Bienen an einigen Standorten aufgrund von Trachtmangel kaum noch ausreichende Nahrungsgrundlagen. Selbst wenn gute Trachtmöglichkeiten vorhanden sind, bestehen dort häufig Trachtlücken. Doch auch die Nektar- und Pollenspenden der Blütenpflanzen schwanken, da sie von Faktoren wie Witterung, Bodenbeschaffenheit und Nährstoff- sowie Wasserversorgung beeinflusst werden. Um die Nahrungsgrundlagen der Bestäuber, insbesondere der Bienen, zu sichern, ist es deshalb unumgänglich, sich mit der Bienenweide zu befassen und Maßnahmen zur Bienenweideverbesserung zu ergreifen. Denn eine gute Bienenweide gewährleistet als Entwicklungstracht das Heranwachsen starker, ertrags- und bestäubungstüchtiger Bienenvölker und bildet zugleich als Massentracht die Grundlage für hohe Honigerträge. Sie trägt zur Bestandsfestigung der Imkerei bei und steht meist auch im Einklang mit ökologischen, landeskulturellen und landschaftsgestalterischen Interessen. Die Bienenweide sollte den Bienenvölkern deshalb ununterbrochen als „Trachtfließband“ mit gestaffelten, sich teilweise überdeckenden Blühzeiten, zur Verfügung stehen. Durch eine solche Überlappung wird die Kontinuität einzelner Blühzeiten insbesondere durch witterungsbedingte Verschiebungen weiterhin garantiert (Pritsch 2007). Neben der

Attraktivität der Blütenpflanzen und ihrer Verfügbarkeit muss allerdings auch auf deren Erreichbarkeit geachtet werden, denn Bienen zeigen nur innerhalb eines bestimmten Radius um ihre Nistplätze herum Sammelaktivitäten (Bauer 1987; Tautz 2007).

Tabelle 2 bis 5 (siehe Anhang) zeigen, nach Neuber (2004) und Pritsch (2007) zusammengefasst, die von Honig- und Wildbienen, einschließlich der Hummeln beflogenen Blütenpflanzen. Diese Bienenweidepflanzen sind zunächst gegliedert in:

- Obst- und Gartengewächse,
- Wildpflanzen,
- Gehölze und
- landwirtschaftliche Nutzpflanzen.

Eine weitere Ordnung innerhalb dieser Gruppierungen ist nach dem jeweiligen Blühbeginn der Pflanzenarten und nach dem Wert ihres dargebotenen Nektars und Pollen erfolgt. Bei Letzterem wird nach Pritsch (2007) folgendermaßen unterschieden: 4 = sehr gut, 3 = gut, 2 = mittel, 1 = gering. Für eine bessere Erfassbarkeit sind die Nektar- und Pollenwertzahlen zusätzlich farbig hinterlegt worden, wobei eine dunklere Farbgebung einen höheren Wert beschreibt. Die Zuordnung der Pflanzenarten zu ihren jeweiligen Familien ist, bei unzureichenden Informationen durch die zuvor genannten Autoren, mit Hilfe des vom Bundesamt für Naturschutz bereitgestellten Online-Programms „FloraWeb“ erfolgt (BfN 2011a). Um schließlich auch neben den beigemessenen Werten das Verhältnis zwischen dargebotenem Nektar und Pollen innerhalb der oben genannten Gruppierungen über das Jahr verteilt aufzeigen und vergleichen zu können, sind diese in den Abbildungen 7 bis 14 graphisch ausgewertet worden.

Die Tabellen 2 bis 5 lassen zunächst erkennen, dass die Wertzahlen der einzelnen Pflanzenarten für ihren bereitgestellten Pollen und Nektar nicht übereinstimmen müssen. So kann eine Pflanzenart, wie beispielsweise die Heidelbeere, zwar große Mengen hochwertigen Nektars bieten, aber zugleich als Pollenspender weniger nützlich sein, während unter anderem die Erle ausschließlich als Pollenspender fungiert und keinen Nektar produziert. Im Vergleich zu den hier aufgelisteten Pflanzenarten sind nur wenige Blühpflanzen in der Lage, gleichwertig Pollen und Nektar zu bieten, wie etwa die Brombeere. Es ist daher sinnvoll, nicht allein auf die Blühzeiten zu achten, um den Bienen eine Bienenweide ohne Trachtlücken zur Verfügung zu stellen, sondern auch auf eine möglichst hohe Vielfalt innerhalb der

[...]

Excerpt out of 167 pages

Details

Title
Ökosystemdienstleistungen der Biodiversität mit Nutzen für die Landwirtschaft. Blütenbestäubung durch Insekten
College
University of Frankfurt (Main)
Grade
1,7
Author
Year
2012
Pages
167
Catalog Number
V354548
ISBN (eBook)
9783668406575
File size
5039 KB
Language
German
Keywords
Biodiversität, Blütenbestäubung, Ökosystemdienstleistung
Quote paper
Ramona Kraft (Author), 2012, Ökosystemdienstleistungen der Biodiversität mit Nutzen für die Landwirtschaft. Blütenbestäubung durch Insekten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354548

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Title: Ökosystemdienstleistungen der Biodiversität mit Nutzen für die Landwirtschaft. Blütenbestäubung durch Insekten



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