Entwicklung & Evaluation eines Bewegungsprogramms für Kinder und Jugendliche der Sekundarstufe I innerhalb des Sportunterrichts


Einsendeaufgabe, 2016

58 Seiten, Note: 0,5 (sehr gut)

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 SCHWERPUNKTTHEMA, FORSCHUNGSGEGENSTAND UND FORSCHUNGSFRAGEN
1.1 Schwerpunktthema
1.2 Ausgangssituation/Derzeitige Datenlage/Problemstellung
1.3 Forschungsdefizite
1.4 Untersuchungsziel/Forschungsfragen/Zielparameter

2 UNTERSUCHUNGSAUFBAU UND -ABLAUF
2.1 Probandenkollektiv
2.2 Studiendesign

3 DATENAUSWERTUNG
3.1 Deskriptiv-statistische Auswertung
3.2 Inferenzstatistik

4 LITERATURVERZEICHNIS

5 TABELLENVERZEICHNIS

6 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

7 ANHANG

1 Schwerpunktthema, Forschungsgegenstand und Forschungsfragen

1.1 Schwerpunktthema

„Wir schaufeln unser Grab eher mit Messer und Gabel, als mit einem Spaten.“

Diese Aussage vom amerikanischen Mediziner und Buchautor, Dr. Michael Eades, cha- rakterisiert die immer stärker in den Blickpunkt der Ernährungsberatung, Sporttherapie und Medizin gerückte Problematik des Übergewichts und den damit verbundenen ge- sundheitlichen Risiken in den westlichen Industrienationen. Übergewicht und Adipositas haben in jenen Ländern mittlerweile den Status einer Epidemie erreicht. Die medizinische Relevanz dieser Erkrankung übersteigt global die Problematik der Unter- ernährung, was historisch als „einmalig“ zu bezeichnen ist (Wirth, 2003, S. 24).

Insgesamt sind 45,1 % bzw. 32,4 % der Männer und Frauen in Ostdeutschland sowie 48,7 % bzw. 31,0 % der Männer und Frauen in Westdeutschland übergewichtig (BMI

25 kg/m² - 29,9 kg/m²). Gleichzeitig gilt es, 21,0 % bzw. 24,5 % der Männer und Frau- en in Ostdeutschland und 18,3 % bzw. 21,1 % der Männer und Frauen in Westdeutsch- land als adipös (BMI ≥ 30 kg/m²) einzustufen (Müller, Mast, Bosy-Westphal & Danielzik, 2003, S. 41). Nach Kurt und Schaffrath Rosario (2007, S. 736) waren bis vor einigen Jahren primär Erwachsene betroffen, doch seit zehn Jahren steigt ebenfalls die Anzahl übergewichtiger (BMI ≥ 90. Perzentile) und adipöser (BMI ≥ 97. Perzentile) Kinder und Jugendlicher. So sind 10 % bis 20 % aller Schulkinder in Deutschland über- gewichtig bzw. adipös, wobei von den 5- bis 6-Jährigen bereits zwischen 8 % und 13 % übergewichtig und 4 % bis 7 % adipös sind (Goldapp, Mann & Shaw, 2005, S. 12). In der Altersstufe der 9- bis 10jährigen Kinder sind zwischen 9,8 % und 17,6 % überge- wichtig sowie 3,2 % bis 6,3 % adipös. Im Jugendalter von 13 bis 15 Jahren sind bereits 13,8 % bis 16,8 % der Jungen und Mädchen übergewichtig, während 5,1 % bis 7,9 % der Jugendlichen in diesem Alter als adipös zu bezeichnen sind (Müller, Mast, Bosy- Westphal & Danielzik, 2003, S. 41).

Die gesundheitlichen Risikofaktoren, welche von Übergewicht und Fettleibigkeit aus- gehen, sind vielschichtig (Schwarzer, 2004, S. 277). Mit einem übergewichtigen bzw. adipösen Erscheinungsbild gehen neben schwerwiegenden physischen (z. B. orthopädi- scher Art) und psychosozialen Belastungen (z. B. Mobbing) eine insgesamt verminderte Lebensqualität sowie verschlechterte berufliche Aussichten (ökonomische Folgen) ein- her. Zudem spielen im weiteren Lebensverlauf auftretende Folgeerkrankungen, wie z. B. Hypertonie, Typ2-Diabetes oder auch Fettstoffwechselstörungen, eine gravierende Rolle (Benecke & Vogel, 2005, S. 15) und erzeugten im Jahr 2003 einen volkswirt- schaftlichen Gesamtschaden in Höhe von 12,754 Mrd. Euro an Behandlungskosten (Knoll, 2010, S. 84). Obwohl die Ursachen für die Entstehung von Adipositas als multi- faktoriell anzusehen sind, stellen ein inadäquates Ernährungsverhalten in Verbindung mit mangelnder physischer Aktivität die Hauptursache für die Erkrankung dar (Homfeldt & Ritter, 2005, S. 13). Da sich das menschliche Bewegungsverhalten größ- tenteils bereits im Kindesalter manifestiert und einmal erworbene Muster und Gewohn- heiten häufig ein Leben lang beibehalten werden, kommt der frühzeitigen Vermittlung eines gesundheitsförderlichen Lebensstils eine besondere Bedeutung zu. Nur so kann verhindert werden, dass „aus dicken Kindern dicke Erwachsene werden“ (Sygusch, 2005, S. 863).

Aufgrund jener Tatsache sowie vor dem Hintergrund der aufgezeigten epidemiologi- schen Daten wird im Rahmen der vorliegenden Einsendeaufgabe eine Intervention im Setting „Schule“ geplant. Sie beinhaltet die Konzeption eines Bewegungsprogramms für Kinder und Jugendliche der Sekundarstufe I (Klassenstufe 5 - 9/10) innerhalb des Sportunterrichts an einer Realschule in der Stadt Itzehoe und orientiert sich an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bzgl. der Häufigkeit, Dauer, Intensität sowie der Art der körperlicher bzw. sportlicher Aktivität für jene Altersgrup- pe. Im Zusammenhang mit den in der Aufgabenstellung auswählbaren Schwerpunktbe- reichen kann das selektierte Schwerpunktthema somit dem Bereich „Bewe- gung/Training“ in Verbindung mit der Thematik des „Gewichtsmanagements“ und der „Gesundheitsförderung“ im Setting „Schule“ zugeordnet werden.

1.2 Ausgangssituation/Derzeitige Datenlage/Problemstellung

Im Kapitel 1.2 soll im ersten Schritt die Ausgangssituation in Form einer Darstellung der aktuellen Gestaltung des Sportunterrichts in der Sekundastufe I aufgezeigt werden. Da die Lehrplangestaltung der Autorität der einzelnen Bundesländer unterliegt, wird sich bei der Erläuterung jener Daten auf das für die betrachtete Realschule verantwortli- che Bundesland (Schleswig-Holstein) beschränkt. Im zweiten Schritt wird die derzeitige Datenlage in Bezug auf das aktuelle Aktivitätsniveau von Kindern und Jugendlichen ausgearbeitet. Aufgrund mangelnder Informationen bzgl. der betrachteten Schule bezie- hen sich jene Daten auf Gesamtdeutschland und werden anhand der Ergebnisse zweier auf nationaler sowie internationaler Ebene viel beachteter Studien erläutert. Mit Hilfe jener beiden Schritte werden dann abschließend die Problemstellungen abgeleitet, welche zusammen mit den in Kapitel 1.1 aufgezeigten Fakten die Grundlage für die Wahl der Intervention bilden.

Ausgangssituation:

Laut des für den Lehrplan verantwortlichen Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur (MBWFK) des Landes Schleswig-Holstein (2015a, S. 15 - 32) stellen die fünf Themenbereiche des Sportunterrichts der Grundschule (Anhang 1 - 2) die Basis für die Inhalte des Fachs „Sport“ der Sekundarstufe I dar. Der Lehrplan für die Klassenstufe 5 - 9/10 soll in diesem Zusammenhang jene fünf Themenbereiche der Grundschule in differenzierter Form weiterführen, wobei die sportliche Dimension eine zunehmende Akzentuierung erfahren soll. Der Schulsport der Sekundarstufe I versteht sich erzieherisch. Er ist wesentlicher Bestandteil einer auf die Ganzheit des jungen Menschen ausgerichteten Bildung und Erziehung. Der Schulsport beinhaltet bei ent- sprechender Akzentuierung die durch die Kernprobleme, welche sich insbesondere auf die Bestimmung und Begründung von Grundwerten menschlichen Zusammenlebens richten, vermittelten Zielperspektiven. Wegen seiner fachspezifischen Grundsätze und Eigenarten leistet der Schulsport im Zusammenhang mit den anderen Fächern einen unaustauschbaren, unverzichtbaren und einzigartigen Beitrag. Im Mittelpunkt des Sportunterrichts steht Bewegung, welche sich im Wesentlichen in Spiel und Sport voll- zieht. Sie qualifiziert die Schüler zu regelgerechtem Sporttreiben in den Sportarten. Da- rüber hinaus gibt ihnen der Sportunterricht die Gelegenheit, Bewegungsbedürfnisse zu befriedigen. Wenn er sinnvoll in den Vormittagsunterricht eingebaut ist, wirkt er dem Bewegungsmangel der anderen Schulfächer kompensierend entgegen. Schulsport for- dert und fördert die motorische und sensorische Leistungsfähigkeit der Schüler. Unter- schiedliche Sinngebungen des Sporttreibens (Sport als Erlebnis, Wagnis und Abenteuer, Sport als Wettkampf und Leistung, Sport zur Erhaltung der körperlichen Fitness, Sport als ästhetisches Empfinden, Sport als geselliges Ereignis, Sport als Spaß und Freude) sollen im Schulsport erfahren werden. Erziehender Schulsport soll jedem Schüler hel- fen, ein Selbstkonzept zu entwickeln. Insofern muss er sich in unterschiedlichen Sinn- stiftungen präsentieren und leistet damit einen unaustauschbaren Beitrag, Freizeit ge- stalten zu können. Für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen, insbesondere für die Entwicklung des Selbstwertgefühles und eines positiven Selbstbil- des, ist die körperliche Dimension, die durch Spiel und Sport Berücksichtigung findet, ebenso wirksam wie die geistige. Dabei kommt der subjektiv erlebten individuellen körperlichen Leistungsfähigkeit, dem individuellen Lernzuwachs sowie der Wahrneh- mung von Leistungsunterschieden eine Bedeutung für die Entwicklung einer realisti- schen Selbsteinschätzung zu. Sportunterricht bietet durch unterschiedliche Wettkampf- situationen einen Erfahrungsraum des Leistungsvergleichs. Schulsport bietet durch pä- dagogisch verantwortlich gestaltete Wettkampfsituationen Möglichkeiten, Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse bewältigen zu lernen. Insbesondere geht es auch darum, Sieg und Niederlage in Spiel und Sport innerhalb der Gruppe konstruktiv zu verarbeiten. Der Erfahrungsraum des Sports kann als Abbild gesellschaftlichen Lebens im Sinne der Kernprobleme verstanden werden. Insofern können Mitwirkung und Mitverantwortung im sportlichen Geschehen bewusst gemacht werden, ohne dass ein automatischer Trans- fer in gesellschaftliches Verhalten erwartet werden kann. Umweltschutz und Gesundheit sind ebenfalls Themen des Sportunterrichts. In der Gesundheitserziehung geht es nicht nur um die Ausbildung von Bewegungsgewohnheiten, die der Gesundheit dienen, son- dern auch um die Entwicklung von Einstellungen zur gesunden Lebensführung sowie um Erkenntnisse eines gesundheitsfördernden Trainings auf allen Leistungsstufen. Der Schutz der Gesundheit des Mitmenschen ist Bestandteil dieser Erziehung. Rücksicht- nahme auf die sporttreibenden Partner und gegenseitiges Helfen sind Ausdruck sportli- chen Verhaltens. Sport in der Natur kann die Umweltbedrohung durch den Menschen deutlich machen. Schulsport muss Wege weisen, beim Sporttreiben einen schonenden Umgang mit der Natur zu erreichen. Dies geschieht gerade auch dadurch, dass die Schü- ler im Sportunterricht Natur erfahren und erleben. Der Sportunterricht bietet ein ergiebi- ges Feld für soziales Lernen. Insbesondere im Spiel, das Konflikte hautnah erfahrbar macht, lassen sich Strategien zur Konfliktlösung thematisieren und friedfertiges und faires Verhalten einüben. Die Fähigkeit zum klärenden Gespräch ist hierfür genauso wichtig, wie die gemeinschaftliche Bewältigung von Problemen und Gefahren in einem erlebnisorientierten Schulsport. Dabei ist die Art und Weise des Erarbeitungsprozesses z. B. für den zwischen-menschlichen Umgang für Gleichstellung, für das interkulturelle Lernen und im Hinblick auf die Einbeziehung von Behinderungen und Beeinträchtigun- gen von modellhafter Bedeutung. Im erziehenden Schulsport darf es keinen Raum für Diskriminierung Schwächerer, von Jungen und Mädchen oder Menschen anderer Kultu- ren geben. Begegnungen mit Sport aus anderen Kulturen tragen zum Verständnis frem- der Formen bei. Der Schulsportunterricht ist somit ein Beitrag zur Gestaltung der kultu- rellen Lebensverhältnisse.

Sportunterricht wird koedukativ erteilt und strebt die Gleichstellung von Jungen und Mädchen an. Im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten sollte eine geschlechtsspezifische Differenzierung dort einsetzen, wo die sportliche Entfaltung von Jungen oder der Mädchen beeinträchtigt wird.

Die für den Sport typische Handlungsorientierung begünstigt nachhaltig kognitives Ler- nen. Erklärungen für die verschiedenen Phänomene (Training, Gesundheit, Lernprozess, Biomechanik, Interaktion, Sinngebung, Sport als Körpererfahrung, Sport als Handlungs- feld für Interaktionen und Kommunikation) erfordern einen fächerübergreifenden Un- terricht oder legen Kooperation der verschiedenen Fächer nahe. Der besondere Beitrag des Faches Sport im Hinblick auf die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen und Kompetenzen besteht in seiner zentralen Bewegungs- und Handlungsorientierung. Im Sport werden Situationen geschaffen, in denen die Schüler unmittelbar Erfahrungen sammeln und praktisch lernen können.

Wegen der Besonderheit des Faches sind die fachspezifischen Schlüsselqualifikationen in Kompetenzbereiche gegliedert, die in das Konzept der Sach- und Methodenkompe- tenz, der Selbstkompetenz und der Sozialkompetenz eingefügt sind. Eine Differenzie- rung erfährt der Bereich der Selbstkompetenz mit den Bereichen der „motorischen Kompetenz“, der „Körperwahrnehmung“ sowie der „personalen und psychischen Kom- petenz“. Ihre Reihenfolge stellt keine Gewichtung dar. Sie sind immer miteinander ver- flochten und können je nach Zielorientierung im konkreten Sportunterricht unterschied- lich akzentuiert werden. Die Inhalte jener Kompetenzbereiche werden in Anhang 3 - 4 dieser Einsendeaufgabe detailliert aufgeführt und finden ihre Anwendung in verschie- denen Themenbereiche, welche nach Trosien (2003, S. 117) die Kernaspekte zur Gestal- tung des Sportunterrichts darstellen und folgende sportpädagogischen Perspektiven be- inhalten: Leistung (Wettkampf, Erfolg), Spannung/Spiel (Risiko, Abenteuer), Eindruck (Körpererfahrung), Gesundheit (Fitness, Wohlbefinden), Ausdruck (Darstellung, Gestal- tung), Miteinander (soziales Lernen, Umwelt). Die Schüler sollen so langfristig erfah- ren, dass man Sport nicht nur mit Bewegung, sondern u. a. auch mit Leistung und Ge- sundheit in Verbindung bringen soll (Trosien, 2003, S. 117). Eine umfassende und ab- schließende Darstellung der Themenbereiche ist dem Anhang 5 - 13 zu entnehmen.

Derzeitige Datenlage:

Bei der ersten Studie handelt es sich um die sogenannte „KiGGS“-Studie (Welle 1), einem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey, bei welchem das Robert Koch-Institut (RKI) von Mai 2003 bis Mai 2006 Untersuchungen mit insgesamt 17641 Studienteil- nehmern, darunter 8985 Jungen und 8656 Mädchen, durchgeführt hat, um umfassende und bundesweit repräsentative Informationen zum Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 - 17 Jahren in Deutschland zu erheben, bestehende Infor- mationslücken zu schließen und Daten für die Gesundheitsberichterstattung des Bundes, die epidemiologische Forschung sowie für die Konzeption von Präventions- und Inter- ventionsmaßnahmen bereitzustellen (Kamtsiuris, Lange & Schaffrath Rosario, 2007, S. 547). Das nach fünf Altersgruppen differenzierte Studiendesign bestand u. a. aus einer schriftlichen Befragung der Eltern sowie der Probanden (ab 11. Lebensjahr), aus medi- zinischen und körperlichen Untersuchungen (z. B. Körpergröße und -Gewicht, Taillen- und Hüftumfang, Hautfaltendicke, Motorik- und Ausdauertests), einem computerge- stützten ärztlichen Elterninterview (CAPI) sowie aus Laboruntersuchungen (Blut- und Urinabnahme). Zudem erfolgte von 2009 bis 2012 eine telefonische Folgebefragung der damaligen Teilnehmer, um die Studie zu aktualisieren (Hölling, Kamtsiuris & Lange 2007, S. 562).

Im Hinblick auf die sportliche Aktivität der Kinder und Jugendlichen zeigen die Ergeb- nisse jener Studie, dass ein Großteil der Kinder von 3 - 10 Jahren sich regelmäßig be- wegt. 77 % der Befragten spielen fast täglich im Freien und 52 % betätigen sich mindes- tens einmal die Woche sportlich. Bis zu diesem Alter zeigen sich kaum geschlechtsspe- zifische Unterschiede. Bei den 11- bis 17jährigen Jugendlichen sind 84 % mindestens einmal in der Woche so sportlich aktiv, dass sie ins Schwitzen kommen oder außer At- men geraten. Ein täglicher Zustand ist dies lediglich bei 23 % der Teilnehmer. Die er- fragte Selbsteinschätzung ergab, dass 66 % der Jugendlichen ihre körperliche Leistungs- fähigkeit als sehr gut bewerten, wobei im Jugendalter geschlechtsspezifische Unter- schiede deutlich werden. Mädchen beschäftigen sich in diesem Alter weniger in ihrer Freizeit mit Sport und schätzen ihre körperlichen Leistungsfähigkeiten deshalb auch eher schlecht ein. Insgesamt sind 58 % der Teilnehmenden Mitglieder in einem Sport- verein. Verschiedene Untersuchungen zur körperlichen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland belegen, dass sich beispielsweise ihre motorischen Fähigkeiten in den letzten drei Jahrzehnten deutlich verschlechtert haben. Insbesondere betrifft dies die Koordinations- und Haltungsauffälligkeiten. In Bezug auf die motori- sche Leistungsfähigkeit wurden innerhalb der „KiGGS“-Studie Übungen zur Testung der Ausdauer, Kraft, Koordination und Beweglichkeit in Verbindung mit einem Aktiv- fragebogen durchgeführt. Bei jener Untersuchung zeigte sich u. a., dass über ein Drittel der Kinder und Jugendlichen es nicht schaffen, mehr als zwei Schritte rückwärts auf einem drei cm breiten Balken zu laufen. Zudem erreichten 43 % der Probanden bei der Rumpfbeuge nicht den Fußboden. Beim Standweitsprung wurde ein Rückgang von 14 % bzgl. der Kraftfähigkeit im Vergleich zum Jahr 1976 festgehalten (RKI, 2006, S. 1055 - 1056). Ein besonderes Augenmerk soll an dieser Stelle auf das Ergebnis der Be- fragung nach der körperlichen Aktivität gelegt werden. Hierbei mussten Eltern für ihre Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren sowie Jugendliche ab dem 11. Lebensjahr selbständig auf folgende Fragestellung antworten (Manz, Schlack & Poethko-Müller, 2014, S. 840):

„An wie vielen Tagen einer normalen Woche ist Ihr Kind/bist Du für mindestens 60 Minuten am Tag körperlich aktiv?“

Die acht Antwortkategorien reichten von „an keinem Tag“ bis zu „7 Tage“. Vor diesem Hintergrund stellte die „KiGGS“-Studie als Ergebnis fest, dass 27,5 % der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren täglich mindestens 60 Minuten körperlich aktiv sind. Der Anteil derer, die seltener als an zwei Tagen pro Woche für mindestens 60 Minuten körperlich aktiv sind, liegt bei 6,3 %.

Jungen sind mit 29,4 % gegenüber 25,4 % signifikant häufiger täglich für mindestens 60 Minuten körperlich aktiv als Mädchen. Auch im Hinblick auf ein gering ausgeprägtes Maß an regelmäßiger körperlicher Aktivität zeigen sich signifikante Geschlechtsunter- schiede zugunsten der Jungen (4,7 % vs. 8,0 %). Die Geschlechtsunterschiede kommen dabei erst bei den 11- bis 13-Jährigen zum Ausdruck und sind am stärksten in der Al- tersgruppe der 14- bis 17-Jährigen ausgeprägt. Im Hinblick auf ein geringes Maß an körperlicher Aktivität zeichnen sich die Differenzen zwischen Jungen (4,0 %) und Mäd- chen (14,8 %) sogar nur im Alter von 14 bis 17 Jahren ab. Bei beiden Geschlechtern nimmt der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die täglich für mindestens 60 Minuten körperlich aktiv sind, mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab, während nur bei Mäd- chen der Anteil derjenigen, die selten körperlich aktiv sind, stetig zunimmt (RKI, 2014, S. 1).

Um die Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys verifizieren zu können, werden im Folgenden die Resultate der Kinder- und Jugendgesundheitsstudie „Health Behaviour in School-aged Children“ (HBSC) erläutert. Sie stellt ein internationales ko- operatives Forschungsvorhaben dar, welches von der WHO seit über 25 Jahren unter- stützt wird. Die HBSC-Studie wurde 1982 von Wissenschaftlern aus England, Finnland und Norwegen gemeinsam entwickelt und durchgeführt. Ursprünglich mit vier Ländern begonnen, nehmen mittlerweile über 40 Länder mit mehr als 200.000 Kindern und Ju- gendlichen an der Befragung teil. Hierbei beantworten die Schüler schriftlich über einen Zeitraum von ca. 45 Minuten u. a. Fragen zu ihrem Risiko- und Gesundheitsverhalten, zur Familie, Schule oder auch zu Peers. Die HBSC dient der Datengewinnung und - analyse bzgl. der Gesundheit und gesundheitsbezogener Wahrnehmungen, Einstellun- gen und Verhaltensweisen von Schülern der 5., 7. und 9. Klasse. Die HBSC-Studie gibt nicht nur Auskunft über die Gesundheit und das gesundheitsrelevante Verhalten der 11-, 13- und 15-Jährigen, auch die personalen und sozialen Rahmenbedingungen, welche die Gesundheit und eine gesunde Entwicklung positiv oder negativ beeinflussen, werden untersucht, um Ansatzpunkte für Prävention und Gesundheitsförderung identifizieren zu können (Richter, 2003, S. 9).

In Bezug auf die Erfassung der sportlichen Aktivitäten wurden die Kinder und Jugendli- chen gefragt, wie viel Zeit sie mit sportlicher Aktivität in ihrer Freizeit verbringen, so dass sie dabei außer Atem oder ins Schwitzen kommen. Die sechsstufige Antwortmög- lichkeit reichte dabei von „keine“ bis „7 Stunden oder mehr“. Bezug nehmend auf die Welle 2013/2014 wurde in diesem Zusammenhang festgestellt, dass 57,5 % der Mäd- chen und 69,3% der Jungen regelmäßig (mind. zwei Stunden/Woche) sportlich aktiv sind, wobei 5,5 % der Jugendlichen als sportlich inaktiv zu bezeichnen sind. Der Anteil derjenigen, die regelmäßig sportlich aktiv sind, nimmt bei den Jungen mit steigendem Alter zu. Bei Mädchen nimmt dieser Anteil von den 13- zu den 15-Jährigen hingegen wieder leicht ab. Insgesamt zeigt sich ein geschlechtsspezifischer Unterschied. Jungen sind deutlich häufiger regelmäßig sportlich aktiv als Mädchen. Mädchen und Jungen aus wohlhabenderen Familien treiben mehr Sport als Kinder und Jugendliche, die in weni- ger wohlhabenden Familien aufwachsen: Für mehr als vier Stunden pro Woche bei- spielsweise liegt der Unterschied zwischen Kindern und Jugendlichen mit niedrigem und hohen familiären Wohlstand bei +19,8 Prozentpunkten (Mädchen) bzw. +21,8 Pro- zentpunkten (Jungen). Mädchen ohne Migrationshintergrund sind tendenziell sportlich aktiver als Mädchen mit einseitigem oder beidseitigem Migrationshintergrund. Bei Jun- gen trifft dies nur bei mehr als vier Stunden sportlicher Aktivität zu, wohingegen Jungen mit einseitigem oder beidseitigem Migrationshintergrund häufiger zwei bis drei Stunden pro Woche sportlich aktiv sind (HBSC-Studienverbund Deutschland, 2015, S. 1).

Ergänzend zu jener Fragestellung wurde im Rahmen der HBSC nach dem allgemeinen körperlichen Aktivitätslevel gefragt. Hierzu mussten die Kinder und Jugendlichen ange- ben, an wie vielen der letzten sieben Tage sie für mindestens 60 Minuten - im Tages- verlauf zusammengenommen - mit moderater bis hoher Anstrengung körperlich aktiv waren. Es wurde einleitend beschrieben, dass alle körperlichen Aktivitäten (unter Vor- gabe einiger konkreter Beispiele) zählen, die den Pulsschlag erhöhen und einen für eini- ge Zeit außer Atem kommen lassen. Hierbei wurde in Bezug auf die Welle 2013/2014 als Ergebnis verzeichnet, dass 12,0 % der Mädchen und 19,1 % der Jungen die Vorga- ben für eine gesundheitsförderliche körperliche Aktivität von täglich 60 Minuten mode- rat intensiver körperlicher Aktivität erfüllen. Im Alter von 11 Jahren ist der Anteil der Jungen (24,6 %) und Mädchen (16,0 %) an moderat intensiver körperlicher Aktivität am größten. Mit zunehmendem Alter nimmt die körperliche Aktivität bei beiden Ge- schlechtern ab. Nur noch 8,8 % der 15jährigen Mädchen sind aus gesundheitswirksamer Sicht ausreichend körperlich aktiv. Ein hoher familiärer Wohlstand ist positiv mit dem Aktivitätsniveau assoziiert. Für den Migrationshintergrund zeigen sich nur geringfügige Unterschiede. Mädchen ohne Migrationshintergrund sind seltener wenig (0 - 2 Tage) körperlich aktiv als Mädchen mit Migrationshintergrund (29,4 % bzw. 34,9 %). Bei Jungen sind keine nennenswerten Unterschiede nach Migrationshintergrund feststellbar. Während der größte Anteil der Jungen (42,4 %) an 5 - 7 Tagen für mindestens 60 Mi- nuten moderat intensiv körperlich aktiv ist, sind die meisten Mädchen (38,5 %) an 3 - 4 Tagen mindestens für 60 Minuten moderat-intensiv körperlich aktiv. Zudem wurde festgestellt, dass im Geschlechtervergleich Jungen insgesamt körperlich deutlich aktiver als Mädchen sind (HBSC-Studienverbund Deutschland, 2015, S. 1).

Problemstellung:

Wie bei der Benennung des Schwerpunktthemas in Kapitel 1.1 erläutert, soll die Intervention innerhalb des Sportunterrichts nach den Empfehlungen der WHO erfolgen, so dass diese im Folgenden zunächst aufgeführt werden sollen.

Auf Grundlage des aus dem Jahr 2010 stammenden Reportes „Global recommendations on physical activity for health“ der WHO (2010, S. 20) sind die im Anhang 14 dargeleg- ten vier Richtlinien (Kriterien) in Bezug auf die Empfehlungen zu gesundheitsfördern- den sportlichen Aktivitäten für Kinder und Jugendliche im Alter von 5 - 17 Jahren ent- scheidend.

Problemstellung bzgl. der Ausgangssituation:

Im Hinblick auf das erste Kriterium (Häufigkeit) ist anzuführen, dass die Häufigkeit oder auch die Verteilung der Sport-Schulstunden im betreffenden Lehrplan der Sekun- darstufe I nicht reglementiert werden. Bestätigt wird dieser Sachverhalt durch die deutschlandweit umgesetzte „DSB-SPRINT-Studie“, welche in diesem Kontext zu dem Resultat kam, dass die Anzahl der Sportstunden pro Woche nicht in allen Lehrplänen der einzelnen Bundesländer festgelegt ist. Im Gegenzug konnte festgestellt werden, dass bzgl. der untersuchten Lehrpläne, in denen der Zeitrahmen des Sportunterrichts angege- ben war, durchschnittlich drei Wochenstunden aufgeführt wurden und jene Schulstunden überwiegend als Einzelstunden à 45 Minuten deklariert wurden (Deutscher Sportbund, 2006, S. 36). Aufgrund jener ergänzenden Tatsache bzgl. der Ausgangssituation wird ersichtlich, dass die Häufigkeit des Sportunterrichtes in der Klassenstufe 5 - 9/10 mit zirka drei Einheiten pro Woche, wobei in diesem Fall von drei Einzelstunden ausgegangen wird, weder die von der WHO geforderte tägliche Bewegung mit mäßiger bis anstrengender Intensität erfüllt, noch der empfohlenen täglichen Gymnastik nachkommt. Zusätzlich ist nach Helmke (2000, S. 87) zu erwähnen, dass lediglich 75 % der dritten Sportstunde aufgrund von Unterrichtsausfall und finanziellen Kürzungen regulär stattfinden, so dass das erste Kriteriums unerfüllt bleibt.

Im Kontext des zweiten Kriteriums (Dauer) muss konstatiert werden, dass eine Schul- stunde 45 Minuten umfasst und die empfohlene Richtlinie von mindestens 60 Minuten somit nicht erfüllt werden kann. Auch in Anbetracht einer möglichen Doppelstunde, welche dann 90 Minuten Lehrzeit aufweist, müssen temporäre Faktoren, wie u. a. das Umziehen der Schüler oder auch der Auf- und Abbau von Geräten von den besagten 90 Minuten abgezogen werden. Der Deutsche Sportbund (2006, S. 45) veranschlagt hierfür einen Zeitraum von 15 Minuten pro Schulstunde. Wenn zusätzlich berücksichtigt wird, dass bei zahlreichen Spielen (z. B. Fußball) oder Übungen (z. B. beim Geräteturnen) nicht alle Schüler gleichzeitig aktiv sein können und somit häufig lange Wartezeiten für den einzelnen Schüler entstehen, Trinkpausen eingehalten werden oder auch die Erklä- rung der jeweiligen Übung bzw. des jeweiligen Spiels Zeit in Anspruch nimmt, kann festgehalten werden, dass auch bei einer Doppelstunde des Sportunterrichts eine konti- nuierliche Bewegungsaktivität von 60 Minuten bei jedem Schüler nicht gewährleistet werden kann.

Im Zusammenhang mit der dritten Richtlinie der WHO ist aufzuführen, dass eine Fest- legung der Intensität bzgl. der jeweiligen sportlichen Aktivität im Unterricht nicht im Lehrplan des Bundeslandes Schleswig-Holsteins vorzufinden ist, was die Schlussfolge- rung zulässt, dass jenes Kriterium der WHO von vielen individuellen Faktoren, wie u. a. der Motivation des jeweiligen Schülers oder auch von der Unterrichtsart des jeweiligen Lehrers, abhängig ist und dessen Erfüllung dadurch nicht eindeutig sichergestellt wer- den kann.

In Bezug auf das vierte Kriterium (Sportarten) werden in Anbetracht der im Lehrplan angeführten Themenbereiche alle von der WHO empfohlenen Sportarten im Sportunter- richt der Sekundarstufe I behandelt. Den Umfang sowie die Regelmäßigkeit, mit denen die jeweilige Inhalten eines Themenbereichs in der Praxis umgesetzt werden, obliegt laut Lehrplan (MBWFK, 2015, S. 36) dem Lehrkörper, so dass auch jenes Kriterium in starker Abhängigkeit vom jeweiligen Lehrer steht und eine Einhaltung jener Richtlinie nicht gewährleistet werden kann.

Demnach ist zu resümieren, dass die Problemstellung darin besteht, dass die vier Krite- rien im Kontext gesundheitsfördernder sportlicher Aktivitäten nach den Empfehlungen der WHO durch den Sportunterricht in der Sekundarstufe I im Bundesland Schleswig- Holstein und somit in der betrachteten Schule nicht ausreichend erfüllt werden.

Problemstellung bzgl. der derzeitigen Datenlage:

Im Hinblick auf die Ergebnisse der „KiGGS“-Studie (Welle 1) kann gefolgert werden, dass zirka drei Viertel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland die von der WHO empfohlenen 60 Minuten tägliche körperliche Aktivität nicht erreicht, wobei der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die seltener als an zwei Tagen pro Woche für mindestens 60 Minuten körperlich aktiv sind, bei 6,3 % liegt (RKI, 2014, S. 2).

Die Ergebnisse der HBSC weisen in diesem Zusammenhang ähnliche Tendenzen auf:

88 % der Mädchen sowie 80,9 % der Jungen können laut der Untersuchung die Vorga- ben für eine gesundheitsförderliche körperliche Aktivität von täglich 60 Minuten mode- rat intensiver körperlicher Aktivität nicht erfüllen, wobei im Alter von 11 Jahren der Anteil der Jungen (24,6 %) und Mädchen (16,0 %), die jene Anforderung erfüllen, am größten ist. Mit zunehmendem Alter nimmt die körperliche Aktivität bei beiden Ge- schlechtern ab. Nur noch 8,8 % der 15jährigen Mädchen sind aus gesundheitswirksamer Sicht ausreichend körperlich aktiv (HBSC-Studienverbund Deutschland, 2015, S. 1).

Aufgrund jener Datenlage kann im Hinblick auf die geplante Intervention festgehalten werden, dass die aufgezeigten Untersuchungen zwar die Fragestellungen nach der Häu- figkeit, der Dauer sowie der Intensität der körperlichen Bewegung berücksichtigen, sie jedoch die Frage nach der gewählten Art der physischen Betätigung außer Acht lassen und somit eine Überprüfung der Erfüllung aller Kriterien nach der WHO aufgrund der mangelnden Berücksichtigung jenes vierten Kriteriums nicht ermöglichen.

Trotz des fehlenden exakten Abgleichs zwischen den erläuterten Untersuchungsergeb- nissen und den Kriterien der WHO, wird anhand der Auswertung beider Studien die Problemstellung offensichtlich, dass sich die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen im Kontext der Empfehlungen nach der WHO nicht ausreichend körperlich aktiviert.

1.3 Forschungsdefizite

Nach Wabitsch (2004, S. 253) und Prof. Dr. Arne Morsch (persönl. Mitteilung, 23.06.2016) ist im Gegensatz zur epidemiologischen und medizinischen Bedeutung weltweit das weitgehende Fehlen von fundierten Therapie- und Interventionsstudien im Hinblick auf die Thematik des Übergewichts bzw. der Adipositas bei Kindern und Jugendlichen anzuführen.

Epidemiologische Studien untersuchen, wie Gesundheitsstörungen und krankheitsverur- sachende Faktoren in der Bevölkerung oder bei speziellen Gruppen von Menschen ver- teilt sind, so dass jenes gewonnene Wissen in Maßnahmen zur Kontrolle von Gesund- heitsproblemen einfließt (Klug, Bender, Blettner & Lange, 2004, S. 8). Beispiele hierfür sind die in Kapitel 1.2 aufgeführten Studien oder auch die infolge der Literaturanalyse u. a. recherchierte „IDEFIKS-Studie“, welche ein Projekt zur interdisziplinären Evaluie- rung der Fitness und Gesundheit bei Kindern im Saarland darstellt (Urhausen et al., 2004, S. 202). Eine andere Art der Untersuchung stellen Interventionsstudien dar. Hier- bei handelt es sich um ein Pretest-Posttest-Design, bei dem die jeweiligen Probanden vor und nach der Intervention (Maßnahme) untersucht werden, um so die Effektivität der jeweiligen Intervention analysieren zu können (Bortz & Döring, 2006, S. 672). Häu- fig zitierte Untersuchungen jener Art sind z. B. die für das betrachtete Bundesland und damit für die betrachtete Schule relevante „Kieler Adipositaspräventionsstudie“ (KOPS) sowie die von den Universitäten in London, Göttingen und München entwickelte Inter- ventionsstudie „PowerKids“. Erstere untersuchte im Zeitraum von 1996 bis zum Jahr 2001 4997 Kinder bzgl. der Determinanten von Übergewicht und erforschte ein entspre- chendes Interventionskonzept, das jedes Jahr an drei Modellschulen mit dem Ziel der Gesundheitsförderung für alle Schüler und Lehrer durchgeführt wurde (Czerwinski- Mast et al., 2003, S. 727). Bei der letzteren Studie „PowerKids“ lernten die teilnehmen- den Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren mit Hilfe attraktiver Spielmaterialien und Vi- deoclips, ihr Essverhalten selbst zu kontrollieren, die Fett- und Kalorienaufnahme zu begrenzen und die körperliche Bewegung zu steigern (Pigeot, Bosche & Pohlabeln, 2004, S. 263 - 264). In Relation zu anderen Untersuchungsarten, wie z. B. den erläuter- ten epidemiologischen Studien, konnte mit Hilfe der Literaturrecherche in diesem Kon- text herausgearbeitet werden, dass lediglich eine sehr geringe Anzahl solcher Interven- tionsstudien bzgl. der im Fokus stehenden Thematik vorhanden ist und die eingangs dargelegte Aussage von Wabitsch und Morsch somit nicht nur bestätigt werden kann, sondern zudem als ein aktuelles Forschungsdefizit angesehen werden kann. Anhand der durchgeführten der Literanalyse sowie in Anbetracht der in Kapitel 1.2 und in diesem Kapitel aufgezeigten Studien ist zudem zu erkennen, dass der Aspekt des Sportunter- richts als Möglichkeit der Intervention in Bezug auf Übergewicht bzw. Adipositas bei Kindern und Jugendlichen in der Literatur bzw. Forschung zwar diskutiert wird, es je- doch an einer ausreichenden Anzahl an (Interventions-)Studien für jenes Szenario man- gelt, was ein weiteres Forschungsdefizit darstellt (A. Morsch, persönl. Mitteilung, 23.06.2016). Jene kritische Betrachtung steht in enger Verbindung mit einem weiteren Forschungsdefizit, welches bereits in Kapitel 1.2 innerhalb der Beschreibung der Problemstellung bzgl. der derzeitigen Datenlage aufgegriffen wurde und darin besteht, dass die aktuelle Forschung keinen Aufschluss darüber gibt, inwiefern eine Intervention (im Rahmen des Sportunterrichts), welche die vier Kriterien der WHO erfüllt, einen Einfluss auf das Körpergewicht (sowie auf andere damit in Verbindung stehende Parameter) von Kindern und Jugendlichen hat.

1.4 Untersuchungsziel/Forschungsfragen/Zielparameter

Untersuchungsziel:

Mit der geplanten Intervention soll untersucht werden, inwiefern ein Bewegungspro- gramm nach den Empfehlungen der WHO innerhalb des Sportunterrichts Einfluss auf das Körpergewicht, den BMI, den Körperfettanteil sowie auf den Taille-Hüft- Quotienten (THQ) von Kindern und Jugendlichen in der Klassenstufe 5 - 9/10 hat. Hierbei wird das übergeordnete Ziel verfolgt, Kindern und Jugendlichen, welche bereits als übergewichtig bzw. adipös einzustufen sind, zur Körpergewichtsreduktion bzw. zur Verbesserung der weiteren genannten Parameter zu verhelfen, sowie Normalgewichti- gen bei der Gewichtsstabilisierung zu unterstützen, um dadurch die Basis für eine Prä- vention im Hinblick auf die in Kapitel 1.1 geschilderten möglichen Folgeerkrankung von Übergewicht bzw. Adipositas zu schaffen.

Forschungsfrage:

Nach Schwarzer (2001, S. 149) sollte eine Forschungsfrage möglichst präzise und spezifisch formuliert werden. Sie gilt als Grundlage einer Forschungsplanung, beantwortet in diesem Sinne das Forschungsvorhaben und sollte diverse Kriterien, welche in Anhang 15 dargestellt werden, erfüllen. Auf Basis jener Kriterien und vor dem Hintergrund der in Kapitel 1.3 erläuterten Forschungsdefizite wird folgende Forschungsfrage in Bezug auf das gewählte Schwerpunktthema gewählt:

[...]

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Entwicklung & Evaluation eines Bewegungsprogramms für Kinder und Jugendliche der Sekundarstufe I innerhalb des Sportunterrichts
Hochschule
Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement GmbH
Note
0,5 (sehr gut)
Jahr
2016
Seiten
58
Katalognummer
V354905
ISBN (eBook)
9783668410503
ISBN (Buch)
9783668410510
Dateigröße
2015 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entwicklung, evaluation, bewegungsprogramms, kinder, jugendliche, sekundarstufe, sportunterrichts
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Entwicklung & Evaluation eines Bewegungsprogramms für Kinder und Jugendliche der Sekundarstufe I innerhalb des Sportunterrichts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354905

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