Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Ausgangsbetrachtung
2.1 Marktwahlstrategien
2.2 Marktbearbeitungsstrategien
3 Analyse und Vergleich der Marketingstrategie
3.1 Chamäleon Reisen
3.2 YOLO Reisen
3.3 Kritische Gesamtbetrachtung
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Sinus-Milieus in Deutschland 2016
1 Einleitung
Die Tourismusbranche stellt einen weltweit wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Die Zahl aller Auslandstouristen erhöht sich jährlich und ist seit 1950 bereits um das Vierzigfache gestiegen. Laut einer Schätzung der Welttourismusorganisation (UNWTO) soll sich die Zahl der weltweiten Touristen, die ins Ausland verreisen, bis 2030 auf 1,8 Milliarden vervielfachen. Das schafft zahlreiche Arbeitsplätze und liefert einen wertvollen Beitrag zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung dieser Erde. Allein in Deutschland trägt der Tourismus mehr zum Bruttoinlandsprodukt bei, als beispielsweise die Fahrzeugindustrie. Im Jahr 2015 waren es hierzulande über 69,1 Millionen Reisebuchungen, die einen Gesamtumsatz von über 27,3 Milliarden Euro erzielten. Im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von über eine Milliarde Euro. Am beliebtesten sind Pauschal- oder Bausteinreisen, die bevorzugt mithilfe von Reiseveranstaltern/Reisebüros organisiert werden. Aktuell gibt es über 2500 Reiseveranstalter in Deutschland, Tendenz steigend. Zu den größten und umsatzstärksten Reiseveranstaltern hierzulande zählen unter anderem TUI, Thomas Cook und DER Touristik. Die kleineren Reiseveranstalter teilen sich 33% des Gesamtmarktanteils. Dabei könnte sich der Lösungsansatz zur Generierung von mehr Marktanteilen in der Strategie des Unternehmens befinden. Aufgrund der Entwicklungen am Reiseveranstaltermarkt ist es von besonderer Bedeutung, sich von den anderen Wettbewerbern strategisch zu differenzieren. Ein detailliert durchdachtes Marketingkonzept steigert die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit. Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, die Marktwahl- sowie Marktbearbeitungsstrategie der beiden Reiseveranstalter Chamäleon Reisen und YOLO Reisen zu analysieren und zu vergleichen. Da es sich bei YOLO Reisen um das Tochterunternehmen von Chamäleon Reisen handelt, sollte exemplarisch elaboriert werden, inwiefern sich die Strategie unterscheidet und welche neuen Chancen am Markt sich damit ergeben. Außerdem wird das Resultat einer kritischen Würdigung unterzogen. Um einen sicheren Einstieg in die Komplexität dieses Themas zu gewährleisten, ist die Arbeit wie folgt aufgebaut: der erste Gliederungspunkt erklärt die Theorie der Marketingstrategien. Dazu werden die Begrifflichkeiten „Marktwahlstrategie“ und „Marktbearbeitungsstrategie“ genauer erörtert und ihre einzelnen Schwerpunkte kurz vorgestellt. Anschließend folgt die praktische Umsetzung der theoretischen Überlegungen. Auf Basis der Informationen des Onlineauftrittes der beiden Reiseveranstalter wird die genaue Strategie analysiert und gegenübergestellt. Dabei wird schwerpunktmäßig auf die Anwendung der vorgestellten Strategievarianten eingegangen. In der abschließenden Zusammenfassung erfolgt ein Resümee über die Arbeit. Die wissenschaftliche Einordnung des Themas erfolgt in den übergeordneten Bereich der angewandten Wissenschaft, da es sich um ein praktisch-orientiertes Thema handelt. Dabei ist es Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre und aus dem Teilgebiet des Marketings. Grundlegende Elemente der Argumentation bilden die wissenschaftlichen Untersuchungen von Herrn Prof. Dr. Walter Freyer, der mit seinen Fachpublikationen aus den Jahren 2015 und 2011 den neusten Forschungsstand repräsentiert.
2 Theoretische Ausgangsbetrachtung
Das Marketingkonzept ist Teil des betrieblichen Marketing-Managements und somit Bestandteil der strategischen Ausrichtung eines Unternehmens. Obwohl dabei die Entwicklung von längerfristigen Perspektiven, wie Zielsetzungen und Leitbildern im Fokus steht, wird auch die strategische und konzeptionelle Konkretisierung genauer behandelt. Grundsätzlich lässt sich das Marketing-Management immer in mehrere Phasen unterteilen. In der Literatur von Univ.-Prof. Dr. Walter Freyer sind fünf Schritte erläutert. Die erste Phase umfasst die Marktanalyse, die Umfeld, Markt und Betrieb bewertet. In der Konzeptionsphase findet die strategische Ausrichtung ihre Anwendung. Neben der Marketingstrategie, die schwerpunktmäßig in dieser Arbeit behandelt wird, werden auch noch andere Analysen und Methoden dieser Phase zugerechnet. Dazu gehören beispielsweise mehrere Analyseinstrumente wie die SWOT-, Lebenszyklus- und Portfolioanalyse. Anschließend folgt die Gestaltung des strategischen Konzepts, die auch als taktisches Marketing oder Marketing-Mix bezeichnet wird. Den Abschluss bildet die Kontrollphase, bei der die Implementierung von Potential, Prozess und Ergebnis die zentralen Funktionen darstellen.
In den nächsten beiden Abschnitten werden die zwei grundlegenden Strategieentwicklungen, hinsichtlich der Marktwahl und der Marktbearbeitung, erörtert. Dabei werden mehrere strategische Möglichkeiten kurz vorgestellt.
2.1 Marktwahlstrategien
Auf Basis der Markt- und Umfeldanalyse wird eine bestimmte Strategiekombination gewählt. Ähnlich wie bei der Marketingkonzeption, besteht auch die Marktwahlstrategie aus mehreren Ebenen. Zu Beginn stellt sich die Frage, welches Marktfeld das Unternehmen erschließen will. Zu unterscheiden sind hier folgende Vorgehen: Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung und Diversifikation. Ersteres bedeutet, dass der bestehende Markt durch einen verstärkten Einsatz von verschiedenen Kommunikationsinstrumenten bearbeitet wird. Dazu zählen Maßnahmen wie die Ausweitung der Distribution und/oder Verkaufsförderung, sowie Werbung. Grundsätzlich bildet die Marktdurchdringung die Grundlage aller Unternehmen, da häufig erst ein ausgeschöpfter Markt als Ausgangspunkt für andere Strategieoptionen gilt. Bei der Marktentwicklung werden bereits erfolgreich eingeführte Produkte in bisher nicht bearbeiteten Märkten neu angeboten. Motive können unter anderem die Erschließung neuer Märkte sein, die Ansprache von neuen Zielgruppen und/oder die Erweiterung des Nutzenspektrums des Angebotes. Die Entwicklung neuer Produkte ist dann sinnvoll, wenn der Markt im Rahmen der anderen beiden Marktfeldstrategien weitgehend ausgeschöpft ist, und die Innovationen der Wettbewerber Handlungsmomente erzwingen. Eine weitere Möglichkeit zur Bearbeitung von wettbewerbsintensiven Märkten ergibt sich aus der Diversifikation. In diesem Fall lässt sich die horizontale Leistungskette durch drei unterschiedliche Formen ausbauen. Entweder horizontal, vertikal oder lateral. Während sich bei der horizontalen Diversifikation das Angebot erweitert, bindet die vertikale Ausdehnung Produkte der vor- oder nachgelagerten Stufen mit ein. Entscheidet sich ein Unternehmen für völlig neue Produkte oder Angebote in branchenfremden Bereichen, so erweitert es sein Leistungsspektrum vertikal. Nach der Wahl der passenden Marktfeldstrategie ergibt sich die Fragestellung, wie diese Märkte hinsichtlich der Zielsetzungen beeinflusst werden können. Die Marktimpulsstrategie beinhaltet zwei mögliche Varianten. Zum einen die Präferenzstrategie, in der sich das Unternehmen durch die Qualität seiner angebotenen Leistungen von der Konkurrenz unterscheidet, und zum anderen die Preis-Mengen-Strategie. Letztere zielt darauf ab, sich aufgrund des Preises vom Wettbewerb abzugrenzen. Anschließend ist festzulegen, ob der Markt differenziert oder undifferenziert bearbeitet werden soll. Undifferenziertes Vorgehen bedeutet eine volle Marktabdeckung. Als differenzierte Segmentierung bezeichnet man hingegen die Ansprache von dezidierten Zielgruppen. Außerdem ist ein weiterer beachtlicher Aspekt die Festlegung des gebietsmäßigen Vorgehens. Soll ein Unternehmen nur national vertreten sein oder eine internationale Position einnehmen? Erst nachdem alle relevanten Fragen zur Vorgehensweise der einzelnen Ebenen geklärt sind, zeichnet sich aus der Kombination aller Teilelemente ein unternehmensspezifisches Strategieprofil ab.
2.2 Marktbearbeitungsstrategien
Neben den bereits erwähnten Strategiemöglichkeiten, lässt sich der Markt auch bezüglich der Konkurrenz und der Kunden strukturiert bearbeiten. Konkurrenzorientierte Strategieüberlegungen können friedlich oder kooperativ, aber auch konfliktär oder aggressiv angestellt werden. Bei der friedlichen Variante ist die Ausgangsposition häufig ein wenig differenziertes Angebot der Marktteilnehmer, das den Aufbau bestimmter Marktvorteile nicht zulässt. In der Literatur bezeichnet man diese Strategie als „Me-too-Strategie“. Das bedeutet, dass die Aufteilung der Marktanteile gleich verläuft und die Nachfrage sich gleichmäßig auf die Leistungsträger aufteilt. Ein nicht seltenes Beispiel aus der Praxis ist auch die Kooperations-Strategie zwischen gleichstarken Anbietern. Diese verfolgt das Ziel, die eigene Marktposition zu festigen und gegebenenfalls mit dem Kooperationspartner auszubauen. Die Kundenorientierten-Strategien greifen die Ergebnisse der Marktsegmentierungs-Strategie aus 2.1 auf, und bearbeiten das Umfeld der jeweiligen Zielgruppensegmente. Zudem ist eine Entscheidung über die vollständige oder teilweise Abdeckung beziehungsweise den Anteil der verschiedenen Kundensektoren zu treffen. Letztlich beschränken sich touristische Marketingaktivitäten oftmals auf keine spezifische Kundengruppe. Das liegt daran, weil für viele Destinationen schon wenige Tausend Gäste reichen um eine Auslastung der Kapazitäten zu garantieren. Dabei würde es sich genau in dieser Branche anbieten, wesentliche Segmentierungskriterien heranzuziehen. Ein Beispiel könnte die Abgrenzung hinsichtlich der sozio-demographischen Merkmale, dem Kauf- bzw. Reiseverhalten oder den psychographischen Eigenschaften sein.
3 Analyse und Vergleich der Marketingstrategie
Auf Basis der wissenschaftlichen Grundlagen im Kapitel 2, setzen sich die nächsten Ausführungen mit der praxisorientierten Umsetzung der Marketing-Theorie auseinander. Darüber hinaus werden die beiden Strategien verglichen. Der Vergleich liefert dann die notwendigen Informationen zur Beantwortung der zentralen Fragegestellung, inwiefern die beiden Unternehmen unterschiedliche Marketingstrategien nutzen. Des Weiteren wird das Ergebnis hinsichtlich der Nachfrage am Markt kritisch bewertet.
3.1 Chamäleon Reisen
Dabei handelt es sich um einen Reiseveranstalter, der sich seit über 20 Jahren auf Exklusivreisen für kleine Gruppen spezialisiert hat. Bei der Organisation stehen Aspekte wie Nachhaltigkeit, Individualität und Abenteuer immer an erster Stelle. Mit über 49 Erlebnisberatern verfolgt das Unternehmen, mit Sitz in Berlin, das Ziel, für ihre Kunden ein einzigartiges Erlebnis zu schaffen. Mit der Zeit kam auch der Gedanke Corporate Social Responsibility Aktivitäten mit in das Kerngeschäft zu integrieren. Der Geschäftsführer Ingo Lies setzt sich mit der Rainforest Foundation Pastaza Ecuador für den Naturschutz des Regenwaldes ein. Mit jeder Buchung verschenkt er 100 Quadratmeter an die Reisenden. Auch die unternehmenseigene Chamäleon-Stiftung fördert soziale Projekte und unterstützt so die Einheimischen vor Ort. Die Stiftung versucht die Einwohner der einzelnen Reiseziele mit in den Erlebnisurlaub zu integrieren und gleichzeitig zu schützen, um einen authentischen Austausch mit Locals zu gewährleisten und Einblicke in fremde Kulturen zu ermöglichen. Der Geschäftsführer selbst beschreibt sein Konzept als „Vorreiter in der Entwicklung von nachhaltigem Tourismus“ . Das Marketingkonzept setzt sich aus den genannten Komponenten zu einer langfristigen Gesamtstrategie zusammen. Nachdem der Markt Pauschal- bzw. Fernreisen von unzähligen Reiserveranstaltern geprägt ist, hat sich das Unternehmen auf eine neue Angebotsform spezialisiert. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die Individualität und eine Reise, als exklusives Erlebnis, weit weg vom Massentourismus. Zwischen „Wunderwelten-Reisen“, „Intensiv-Reisen 4YOU“ und „Private Reisen 4YOU“ können sich die Kunden, entsprechend ihrer Bedürfnisse, für eine Kategorie entscheiden. Außerdem werden auf Wunsch auch verschiedene einzelne Reisebausteine organisiert, oder Wunschreisen für Selbstfahrer verwirklicht. Daraus lässt sich resultieren, dass der Reiseveranstalter mit einer Produktentwicklung versucht, mögliches Potenzial am Markt neu auszuschöpfen. Durch die Ausdehnung der Serviceleistungen, nämlich der persönlichen Beratung durch sogenannte „Erlebniserfinder“, steht immer der Kunde im Mittelpunkt. Die meisten großen Reiseveranstalter bedienen den Massenmarkt und bieten Standard-Angebote wie die klassische Pauschalreise, Hotels, Ferienwohnungen und Flüge an. Manchmal lassen sich auch Luxusreisen auswählen, die dann aber eher im Hinblick auf die Unterkunft einen Deluxe Standard aufweisen. Des Weiteren werden auch andere umweltschonende Maßnahmen mit in die Reise integriert, die andere Reiseanbieter häufig außen vor lassen. Neben den bereits genannten CSR Aktivitäten, setzt sich der Geschäftsführer Ingo Lies dafür ein, dass 49,3 Prozent des Reisepreises im Land bleiben. Außerdem hat das Unternehmen von TourCert, eine Organisation, die ökologische und soziale Unternehmensverantwortung im Tourismus fördert, das Gütesiegel für Nachhaltigkeit erhalten. Mit dem individuellen Service und den kleinen Reisegruppen von maximal 12 Teilnehmern verfolgt Chamäleon Reisen die Qualitätsstrategie. Der Fernreiseanbieter lockt nicht mit günstigen Preisen, sondern mit dem Versprechen ein unvergessliches Erlebnis zu arrangieren. Durch die Zusammenarbeit mit einheimischen Touristik-Profis, gehören so magische Momente mit der Kultur und den Menschen vor Ort fest zum Programm. Auch die Intensiv-Reisen mit maximal sechs Teilnehmern oder ganz privat, versprechen ein exklusives Abenteuer. Preise von mehreren tausend Euro schließen den Massenmarkt gekonnt aus. Ein direkter Vergleich mit anderen Fernreisen ist nicht möglich, da jeder Trip unterschiedliche Destinationen und Unterkünfte enthält. Aber allein die Homepage verrät, dass grundsätzlich hochwertige Hotels und Ausflüge fester Bestandteil des Reisekonzeptes sind. Bei der Marktsegmentierung wird eindeutig die Zielgruppe eingeschränkt. Grundlegend bedient die Tourismusbranche immer den gesamten Markt, aber nachdem sich der Reiseveranstalter auf hochpreisige Fernreisen, mit Bezug zur Nachhaltigkeit spezialisiert hat, gilt es den Markt differenziert zu betrachten. Zur Zielgruppe gehören im Allgemeinen immer alle Menschen, die eine Pauschal- oder Fernreise antreten wollen. Speziell angesprochen werden hier aber Personen, die auf der Suche nach Abenteuer und Individualität sind. Aspekte wie Kulturaustausch, erfahrene Reiseexperten und der Anspruch auf Exklusivität bilden die dafür notwendige Grundlage. Darüber hinaus spielt das Einkommen der Zielgruppensegmente eine entscheidende Rolle. Was bedeutet, dass sich das Alter der möglichen Kunden im Anbetracht der Reisekosten auf das mittlere, sowie höhere Alter begrenzt. Das Marktgebiet erweist sich als überschaubar und schließt ausschließlich Deutschland und Österreich ein. Obwohl sich die Marktwahlstrategie in vielen Punkten schon von der Konkurrenz unterscheidet, weist kein explizites Detail darauf hin, dass die Marktbearbeitungsstrategie konfliktär verläuft. Ganz im Gegenteil, eine Zusammenarbeit mit dem Selbstfahrer-Spezialist TerraVista-Erlebnisreisen GmbH, hilft bei der Organisation von Wunschreisen, die der Kunde als Selbstfahrer mit Mietfahrzeug realisieren möchte.
3.2 YOLO Reisen
Die zweite Marke des Fernreisespezialist Ingo Lies, die mit über 33 Reisen in 28 Länder ein erlebnisintensives Abenteuer verspricht, nennt sich YOLO-Reisen. Seit 2016 ist die neue Marke aus Berlin auf dem Markt. Obwohl es sich um eine Marke „skilled by Chamäleon“ handelt, sind es zwei eigenständige Unternehmen mit unabhängigem Management. Das einzige Bindeglied stellt der Vertrieb dar. Reisebüros wenden sich bezüglich einer Buchung an den gleichen Ansprechpartner. Bei der Marketingstrategie befindet sich der Reiseveranstalter im Marktfeld der Marktentwicklung. Da es bereits mehrere Unternehmen gibt, die sich auf Fernreisen spezialisiert haben, versucht YOLO Reisen eine neue Zielgruppe und somit einen neuen Markt mit bisherigen Produkten zu erschließen. Denn die neue Marke soll sich speziell auf die Zielgruppensegmente Generation Y richten, dazu aber mehr beim Thema Marktsegmentierung. Mit dem klassischen Angebot der Fernreise für Abenteuerlustige, wird kein neues Produkt geboten. Obwohl es genauso mit Reiseexperten, Nachhaltigkeit und kleinen Gruppen von maximal 16 Teilnehmern wirbt, grenzt es sich nicht komplett von den Mitbewerbern ab. Die größte Konkurrenz stellt wohl die eigene Zweitmarke Chamäleon dar. Beide arbeiten mit dem Konzept der Individualität und der Nachhaltigkeit. Aber auch weitere Reiseveranstalter, wie Explorer Fernreisen, STA Travel und hm Touristik besetzen wertvolle Marktsegmente. Obwohl STA Travel auch soziale Verantwortung übernimmt und Freiwilligenarbeit in fremden Ländern fördert, kommt es zu keiner so deutlichen Vermarktung und Kommunikation wie bei YOLO Reisen. Wie bei den meisten Anbieter dieser Angebotsform, wird viel Wert auf die Qualität gelegt. Deutsch oder Englisch sprechende einheimische Reiseleitungen sowie kleine, authentische Unterkünfte sollen den Kunden von der Qualität der Reise überzeugen. Internationale Teilnehmer versprechen Vielfalt und Abwechslung, so zumindest der Homepage entnehmbar. Egal ob alleine oder mit Freunden, YOLO Reisen verspricht eine individuelle Anpassung der Buchung. Kunden können je nach Wunsch oder Sprachfertigkeit zwischen einer geführten Aktivreise mit deutschsprachigem Reiseleiter inklusive „Full-Service“ oder einem englischsprachigen Tourguide mit internationalen Teilnehmern wählen. Damit der Kunde nicht seine Unabhängigkeit beim Reisen verliert, werden Flüge nur zusätzlich nach Absprache organisiert, so kann die Reise problemlos Bestandteil weiterer Aktivitäten sein. Wie bereits erwähnt konzentriert sich der Reiseanbieter bei der Marktsegmentierung auf die Generation Y. Dazu Geschäftsführer Ingo Lies:
„Wer sich die Marktsegmente in der Touristik etwas genauer ansieht, dem wird schnell klar, dass es für den Einsteiger in die erlebnisintensive Fernreise keine maßgeschneiderte Marke gibt. Produkte gibt es einige, was fehlt, ist ein Veranstalter, der das Lebensgefühl einer jungen und junggebliebenen Zielgruppe authentisch abbildet“
Dabei wird klar, dass mit Generation Y speziell jene angesprochen werden, die zwischen den späten 70er und den frühen 90er Jahren geboren sind. Für sie sind Werte wie Zwanglosigkeit, Selbstverwirklichung, Internationalität, Sprachen, Aktivitäten und Abenteuerlust von besonderer Bedeutung. Durch zahlreiche Messeauftritte wie zum Beispiel auf der F.RE.E München und ITB Berlin präsentiert sich das Unternehmen, bei seiner Zielgruppe Generation Y als neue Marke. Auch eigenständige Events in mehreren deutschen Städten sollen die jungen, reiselustigen und potenziellen Kunden in ihrem Bedürfnis die Welt zu entdecken, bestärken. Dabei erzählen Länderexperten von ihren abenteuerlichen Geschichten im Ausland. Begleitet wird das Ganze von einer persönlichen Erlebnisberatung und einer Weinprobe. Außerdem erlaubt auch ein Online-Blog Einblicke in unterschiedliche Reiseerfahrungen. Ein Marketinginstrument, das sich optimal für Social Media Begeisterte eignet und somit der Zielgruppe der jungen Generation entspricht. Das Marktgebiet umfasst Deutschland und Österreich. Die Marktbearbeitungsstrategie ist soweit bekannt, friedlich und wenig konfliktär. Eine Kooperation mit anderen Agenturen oder Marken ist dennoch nicht Inhalt der Kommunikation. Wie bereits erörtert, beschränkt sich YOLO Reisen auf die genannten Kundengruppen. Somit wird der Markt mithilfe von sozio-demographischen Merkmalen wie das Alter bearbeitet. Außerdem dienen psychografische Charaktereigenschaften wie Einstellungen und Werte der Generation Y zur klaren Zielgruppensegmentierung.
3.3 Kritische Gesamtbetrachtung
Nachdem das Marketingkonzept der beiden Reiseveranstalter hinsichtlich der beiden Strategien ausreichend analysiert wurde, lässt sich nun die zentrale Forschungsfrage beantworten. Grundsätzlich verfolgen beide Marken eine sehr ähnliche Strategie, die beide gleich viel Wert auf Qualität, bezüglich Service, CSR und Erlebnisfaktor legen. Obwohl Chamäleon Reisen sehr exklusive Reiseangebote für kleine oder private Gruppen anbietet, positioniert sich YOLO Reisen mit Fernreisen, bis maximal 16 Teilnehmern auch als exklusivorientierter Reiseveranstalter. Das zentrale Unterscheidungskriterium liegt aber letztendlich in der Marktwahlstrategie. Ingo Lies will mit der Markteinführung eine neue Zielgruppe aktivieren und somit einen weiteren Markt erobern. Schon allein das Design der Internetseite verrät, dass YOLO Reisen eine modernere und verjüngte Version von Chamäleon Reisen darstellt. Eines der bedeutendsten Zielgruppenansätze im Media und Marketing Bereich ist die Sinus-Milieu Abgrenzung. Ingo Lies hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit beiden Marken Zielpersonen aus unterschiedlichen Lebenswelten, welche andere Bedürfnisse, Wünsche und Werte haben, anzusprechen. Das Sinus-Modell gruppiert die deutsche Gesellschaft hinsichtlich ihrer Lebensweise. Dazu zählen allgemeine Einstellungen zu Familie, Konsum, Arbeit und grundlegende Werte. Welche soziokulturelle Vielfalt es in Deutschland gibt, zeigt die Abbildung 1.
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Abbildung 1: Die Sinus-Milieus in Deutschland 2016
Seit Jahrzehnten gelten die Sinus-Milieus als wissenschaftliches Instrument zur Zielgruppensegmentierung. Durch Forschungen und Beobachtungen werden sie jährlich aktualisiert. Mit Chamäleon Reisen soll die obere Mittelschicht erreicht werden. Im Fokus stehen zum einen die Liberal-Intellektuellen, die auch als aufgeklärte Bildungselite bezeichnet wird. Sie kennzeichnen eine liberale Grundhaltung und der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben. Außerdem sind sie vielfältig interkulturell interessiert. Zum anderen stehen die Performer und die Konservativ-Etablierten im Zentrum des Marketings. Die Performer oder auch die „multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite“ glänzt mit einem sehr global-ökonomischen Denken. Das klassische Establishment hat Exklusivitäts- und Führungsansprüche. Der Geschäftsführer spricht mit seinem breit gefächerten Angebot genau diese Werte und Bedürfnisse der Zielgruppe an. Bei der Länderauswahl fallen bereits typische und überlaufene Tourismus Zielorte weg. Was geboten wird, sind neue und weniger touristisch erschlossene Länder, um dem Drang nach neuen Abenteuern und Wissen gerecht zu werden. Mit der beschränkten Teilnehmerzahl sowie den Privatreisen für eine Kleingruppe wird der Wunsch nach Exklusivität und der Selbstbestimmung erfüllt.
YOLO Reisen hingegen orientiert sich an der mittleren Mittelschicht. Das Expeditive und das Adaptiv-Pragmatische Milieu repräsentieren den Lebensstil der Generation Y. Immer mental und geographisch unterwegs, aber stets mit dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Verankerung. Flexibilität und die Suche nach neuen Grenzerfahrungen und Lösungen sind dabei fester Bestandteil. Auch Merkmale wie Zielstrebigkeit, online und offline Vernetzung, sowie hohe Kompromissbereitschaft zeichnen Menschen dieses Milieus aus. Beide Produkte der neuen Marke, integrieren die Werte und Wunschvorstellungen der Zielgruppensegmente. Die englischsprachige Reisegruppe mit internationalem Teilnehmerfeld greift das Verlangen nach Vernetzung und Internationalität auf, während die deutschsprachige Aktivreise heimisches Gefühl vermittelt. Auch der Grundsatz „Wenn du allein reist, bleibst du nicht lange allein.“ verspricht, dass jeder schnell in die Gruppe integriert wird und somit niemand außen vor bleibt.
Ein Milieu wird jedoch von beiden Unternehmen angesprochen. Die Sozialökologischen verkörpern Menschen, die ein sehr ausgeprägtes soziales und ökologisches Gewissen haben. Die soziale und nachhaltige Verantwortung der beiden Marken spiegelt das stark ökologische Denken wider. Neben der Marktwahlstrategie und der Marktsegmentierung gibt es keine weiteren Unterscheidungsmerkmale. Das Marktgebiet und die Marktimpulsstrategie sind identisch.
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