Antisemitismus, Kapitalismuskritik und die Rolle der Frauen. Heinrich Manns "Schlaraffenland – Ein Roman unter feinen Leuten"


Trabajo, 2016

25 Páginas, Calificación: 1,8


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Antisemitismus und Sexismus

3. Die jüdische Kultur und die Rolle der Frau
3.1. Ökonomie, Antisemitismus und der Status der Weiblichkeit

4. Der Geist der Aufklärung und die Literatur

5. Die Rolle der Frau bei Heinrich Mann
5.1. Die Darstellung der Frau am Beispiel Heinrich Manns Roman „Im Schlaraffenland“

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Antisemitismus fand zwar zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland seinen Höhepunkt, doch bereits im 18. Jahrhundert erwuchsen antisemitische Tendenzen aus historisch bedingten Vorurteilen und wachsenden Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich. Frankreich galt als sehr liberal gegenüber der jüdischen Bevölkerung. Die Betrachtung literarischer Texte im kulturellen und historischen Kontext ist nicht neu. Im Diskurs zu antisemitischen Tendenzen auch im literarischen Kanon jedoch musste erst noch der Mut wachsen genauer hinzusehen. Hier steht immer öfter die Frage im Raum, werden antisemitische Bilder gezeichnet um der Gesellschaft kritisch einen Spiegel vorzuhalten oder vertritt der Autor antisemitische Ansichten und verarbeitet diese in seinen Werken. Laut Ferber gab Mark H. Gelber 1980 den Anstoß zur Erforschung des „literarischen Antisemitismus“. Es sollte nicht mehr bloß um die Untersuchung den Auftretens von Juden-Bildern in literarischen Texten gehen, sondern auch der Zusammenhang zwischen Textentstehung, Textbefindlichkeit und Textrezeption beachtet werden sowie die Untersuchung historischer Kontexte. Benthien und Velten wählten hierfür den Begriff „Semantik der Zeit“ (Benthien/Velten S. 23/ 2002) Er weist auch auf die Schwierigkeit der Differenzierung zwischen antisemitischen Motiven und antisemitischer Textrede hin sowie auf das Fehlen eines umfassenden Indikatorenkataloges, wie ihn Martin Grubser bereit entwarf. Ebenfalls als Indikator muss das Wissen des Autors und des Rezipienten um antisemitische Zusammenhänge berücksichtigt werden um dem Diskurs zu antisemitischer Literatur gerecht zu werden. (vgl. Ferber S.13-14 /2014)

Grubser bemerkt hierzu treffend:

Der oder die eine hält einen bestimmten Text für unbedingt antisemitisch, während ein anderer ebensoviele ‚Argumente‘ dagegen findet. So unversöhnlich die Positionen sein mögen, eines haben sie gemeinsam: Die unterschiedlichen Behauptungen gründen in den seltensten Fällen auf nachprüfbare Kriterien; individuelle Gesinnung und - gerade in Sachen Antisemitismus - oft auch Betroffenheit der Diskussionsteilnehmer trüben den klaren Blick auf das Streitobjekt.“ (Grubser S. 83 in Ferber S. 13 /2014)

Auch Franka Marquart ist der Meinung, dass Antisemitismusforschung in den Literaturwissenschaften ein schwieriges Unterfangen ist, da das Untersuchungsinstrumentarium nicht ausreichend erscheint. Auch die eigene Objektivität muss immer wieder hinterfragt werden. (Schößler S. 33 / 2009) Nach dieser Betrachtung ist deutlich, dass es hierbei also nicht nur um reine Literaturwissenschaft geht, sondern ebenso um Geschichts- und Kulturwissenschaft.

Die Folgen des Kapitalismus betrafen nicht nur adlige und bürgerliche Christen des 19. Jahrhunderts, auch jüdische Autoren der Zeit setzten sich kritisch mit den Folgen des Kapitalismus auseinander. Georg Simmel veröffentlichte 1900 „Die Philosophie des Geldes“ Er setzt sich hierbei unter Anderem mit Veränderungen der menschlichen Beziehungen auseinander, die wir auch im Zuge dieser Arbeit wiederfinden. Brüchigkeit von Beziehungen, Entwurzelung von Grund und Boden und die Aufrechnung des Menschen und der Natur nach ihrem finanziellen Wert. Die Rolle der Frau spielt dabei noch einmal eine gesonderte Rolle. Die emanzipierte Frau und der Jude werden immer wieder als Gefahr für eine nationalistische Ideologie verstanden. Sie werden sogar im Antisemitischen Kontext gleichgesetzt.

In der Folge meiner Arbeit werde ich die Rolle der Frau, im speziellen bei Heinrich Mann am Beispiel „Im Schlaraffenland - Ein Roman unter feinen Leuten“ beleuchten. Heinrich Mann ist bekannt für ein ambivalentes Verhältnis zu Frauen und zeichnet sehr charakteristisch verschiedene Frauenbilder, nutzt aber auch klischeehafte Judenbilder in seinem Roman. Die Frage die sich hier stellt ist: bedient Heinrich Mann antisemitische Vorurteile oder stellt er ein allgemeines Rollenverständnis der Frau gegen Ende des 19. Jahrhunderts dar?

Diese Arbeit besteht aus zwei Teilen. Zunächst werde ich einen Blick auf die Verknüpfung zwischen Antisemitismus und Sexismus werfen und kurz auf die Rolle der jüdischen Frau zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingehen. Im Abschnitt Ökonomie, Antisemitismus und der Status der Weiblichkeit werde ich den Status der Frau auf den finanziellen Wert innerhalb der gesellschaftlichen Entwicklungen herausarbeiten. Im Zweiten Teil meiner Arbeit gehe ich zum literarischen Teil über. Eingeleitet wird dieser Teil durch den Einfluss der Aufklärung auf die Literatur um danach einen Blick auf Heinrich Mann und sein Frauenbild zu werfen. Im

Anschluss daran werde ich anhand einiger Beispiele auf die weiblichen Figuren des Romans „Im Schlaraffenland - Ein Roman unter feinen Leuten“ die Rolle der Frau näher zu beleuchten und am Schluss zu einer Antwort der Kernfrage zu gelangen.

2. Antisemitismus und Sexismus

Mit den wachsenden Spannungen zwischen Frankreich und Deutschland wuchs ein neues Nationalbewusstsein und ein streben nach einem deutschen Nationalstaat. Damit einher wuchsen Rassenideale, völkisches Denken und Ausgrenzungskriterien. Die in Deutschland lebende jüdische Bevölkerung rückte immer weiter in den Vordergrund, obwohl sie erst im Jahre 1812 in Preußen, Brandenburg, Schlesien, Pommern und Ostpreußen bürgerliche Rechte erhielten. Dies ging auf die Hardenbergsche Reform1 bzw. das so genannte Oktoberedikt2 zurück. Damit erhielten Juden auch die freie Berufswahl. Sie wurden zwar weiterhin von Staatsämtern sowie von Justiz- und Offizierslaufbahnen ausgeschlossen, doch erhielten sie die Möglichkeit sich in die bürgerliche Gesellschaft zu integrieren. Antisemitischen Tendenzen konnte damit allerdings nicht entgegengewirkt werden. (vgl. Ferber S.185-186/2014)

Mit wachsendem Kapitalmarkt, der auch viele Verlierer auf der Strecke lies, wuchs das Klischee des jüdischen Börsianers, der sich durch ein Netzwerk international verbandelter Juden, über falsche und betrügerische Geschäfte deutsches Vermögen aneignet. Auch die Literatur der damaligen Zeit trug hierzu bei, wie ich im Verlauf dieser Arbeit noch aufzeigen werde.

Die jüdische Bevölkerung und gerade die ostjüdische Bevölkerung erhielt lange Zeit keinen Zugang zur Produktionsarbeit und so blieben der Handel und das Leihgeschäft. (vgl. Schößler S. 22-23 / 2009)

Gegen Ende des Kaiserreichs, im Zuge der Industrialisierung organisierte sich sowohl die Arbeiterbewegung, als auch die Emanzipationsbewegung der Frauenrechtlerinnen. Freuds Psychoanalyse, die Entdeckung des Unbewussten und der Libido setzte ebenfalls eine sexuelle reformatorische Bewegung in Gang, die letztendlich auch in der Kunst und Literatur verarbeitet wurde. (vgl. Martin S. 11 / 1993)

Antisemitismus und Sexismus sind stärker miteinander Verknüpft, als es zunächst den Anschein hat. Es ist jedoch nicht so, dass die Verknüpfung zwischen Antisemitismus und Sexismus darin bestünde, wie Feministinnen es schon behaupteten, dass Frauen heute unter einer ähnlichen Diskriminierung und Verfolgung leiden würden, wie damals die Juden. Auch Karin Stögner weist in ihrem Vorwort darauf hin, dass diese „ußerungen überzogen und fatal sind. Vielmehr hängen diese beiden Begriffe durch ihre Stigmatisierungsprozesse zusammen. Juden werden in antisemitischen Kontexten als „übernatürlich, unnatürlich, unauthentisch, extrem, unausgeglichen, zersetzend, verunsichernd“ (Stögner S. 32 / 2014) beschrieben. Mimik und Gestik wurde als übertrieben und weibisch bezeichnet. Auch Frauen werden ähnliche Merkmale zugeschrieben. Unauthentisch, weil anpassungsfähig, verunsichernd auf Grund ihrer Sexualität und zersetzend im Kontext aufbegehren gegen das Patriachat. Das weibische Geschwätz wurde dem jüdischen gleichgesetzt, wegen fehlender Abstraktionsfähigkeit, das fehlen von Vernunft und Logik. Die Sprache der Juden wurde als „verhunztes Deutsch“ bezeichnet, somit galt der Jude als Ausländer. Juden wurden stigmatisiert als schwächlich und körperlich degeneriert, weswegen das Klischee entstand, sie als untauglich für den Wehrdienst einzustufen.

„[…]Wollen wir ein Weib, das ganz seinen Mutterberuf erfüllt, so kann es nicht ein männliches Gehirn haben. […] Wäre das Weib nicht körperlich und geistig schwach, wäre es nicht in der Regel durch die Umstände unschädlich gemacht, so wäre es höchst gefährlich.“ (ebd. S. 49)

List und Täuschung wurden sowohl Juden, als auch Frauen unterstellt. Betrachten wir die künstlich geschaffenen Analogien, so wird das „Jüdisch-Sein“ mit „Weiblichkeit“ im Prinzip gleichgesetzt. Das Jüdische allerdings galt als nicht Kontrollierbar, weitaus mehr mit negativen Assoziationen besetzt, als das Weibliche. Auch nahm das Weibliche in der Kunst eine romantisch, verklärte Rolle ein. (Stögner S. 32-51/ 2014)

„Lassen sich auch zahlreiche Analogien in den Bildern des „Jüdischen“ und des „Weiblichen“ im imaginären Archiv der Moderne beobachten, da beide im Diskurs von Aufklärung- und Fortschrittskritik die Positionen des Anderen einnehmen, so ist doch deutlich, daß die destruktiven Aspekte historischer Erfahrung überwiegend in Zügen des „Jüdischen“ verkörpert und auf jüdische Gestalten projiziert werden, während das „Weibliche“ immer mehr zum Fluchtpunkt verlorener und ersehnter Momente der Kultur wird. (Stephan/ Weigel/Schilling S. 4 / 1994)

[...]


1 http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/stein-hardenbergsche-reformen/stein-hardenbergsche-reformen.htm Zusammenfassende Bezeichnung für die unter den preussischen Staatsmännern Karl Reichs Frh. vom und zum Stein und Karl August Fürst v. Hardenberg zwischen 1807 und 1812 durchgeführten bzw. begonnenen wirtschaftlichen und sozialen Reformen. Ziel war, dem preussischen Staat nach der Niederlage gegen Napoleon eine reformierte Staats- und Wirtschaftsverfassung zu geben, die den in Aufklärung und Liberalismus wurzelnden Freiheitsansprüchen zum Durchbruch verhelfen sollte. Wichtig sind besonders das Edikt vom 9. 10. 1807, das die Bauernbefreiung einleitet

2 Bauernbefreiung 1807 „Edikt den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend“, Memel, 9.10.1807: https://www.lwl.org/LWL/Kultur/Aufbruch/popups/politik/verfassung/leibeigenschaft/edikt_1807/index_popup1_html

Final del extracto de 25 páginas

Detalles

Título
Antisemitismus, Kapitalismuskritik und die Rolle der Frauen. Heinrich Manns "Schlaraffenland – Ein Roman unter feinen Leuten"
Universidad
Justus-Liebig-University Giessen
Calificación
1,8
Autor
Año
2016
Páginas
25
No. de catálogo
V355743
ISBN (Ebook)
9783668417106
ISBN (Libro)
9783668417113
Tamaño de fichero
882 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Antisemitismus, Frauenbild, Kapitalismus, Schlaraffenland, Heinrich Mann, Judenbild
Citar trabajo
Nicole Grabe (Autor), 2016, Antisemitismus, Kapitalismuskritik und die Rolle der Frauen. Heinrich Manns "Schlaraffenland – Ein Roman unter feinen Leuten", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/355743

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