Die Darstellung von Muslimen in deutschen Printmedien


Thèse de Bachelor, 2016

41 Pages, Note: 2,4


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Aufbau der Arbeit

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Die Nachrichtenwerttheorie
2.2 Der Agenda-Setting-Ansatz
2.3 Die Framing-Theorie
2.4 Generalisierungen, Stereotypen und die Entstehung von Feindbildern
2.5 Die Macht der Medien

3. Muslime in Deutschland
3.1 Das Bild vom Islam
3.2 Die bisherige Darstellung von Muslimen in den Medien
3.3 Schlüsselereignisse
3.4 Islamframes in den Printmedien

4. Die empirische Untersuchung
4.1 Vorstellung der Methode: Die qualitative Inhaltsanalyse
4.2 Umsetzung der qualitativen Inhaltsanalyse

5. Die Ergebnisse
5.1 Quantitative Inhaltsanalyse: Die Formalen Ergebnisse
5.2 Quantitative Inhaltsanalyse: Die Inhaltlichen Ergebnisse

6. Die Interpretation
6.1 Schlussfolgerungen quantitativer Ergebnisse
6.2 Schlussfolgerungen qualitativer Ergebnisse
6.2.1 Die Rolle der Akteure
6.2.2 Interpretation formaler Kategorien
6.2.3 Unterschiede zwischen den Zeitungen
6.2.4 Wertungen verschiedener Akteure
6.2.5 Wertungen von Journalisten
6.2.6 Positive Darstellung von Muslimen
6.2.7 Übereinstimmung mit kommunikationswissenschaftlichen Theorien

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

9. Anhang

1. Einleitung

Muslime sind die größte und gleichzeitig unbeliebteste ethnische Minderheit in Deutschland (Hafez, K. & Schmidt, S. 2015, S. 64 – 65). Der Islam sei intolerant gegenüber Andersgläubigen und ermuntere zu Gewalt, so zumindest denken die meisten der deutschen Mehrheitsbevölkerung (Naumann, T. 2009, S. 19). Und das obwohl in unserem Land viele Migranten leben, vor allem aus muslimischen Ländern, die sich schon über mehrere Generationen niedergelassen haben. Trotzdem werden sie mit Vorurteilen konfrontiert. Ihre Traditionen und religiösen Lebensweisen sind der westlichen Bevölkerung überwiegend fremd. Terrortaten einzelner islamistischer Extremisten werden oft pauschal der Gruppe der Muslime zugeschrieben. Doch wie kommt es, dass sich stereotypisierende Bilder so verfestigt haben?

Mit ihrer Hoheitsfunktion der Schaffung von Öffentlichkeit, könnten die Medien einen Teil dazu beigetragen haben. Sie berichten täglich über Migrations-, Flüchtlings- und Integrationspolitik, und somit auch über den Islam. Durch die Massenmedien werden Rezipienten Informationen zugänglich, mit denen sie im alltäglichen Leben keine Berührungspunkte haben. Daher können die Medien beeinflussen, muslimische Minderheiten dargestellt und schließlich auch wahrgenommen werden. Im Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingssituation und einer Zunahme der Berichterstattung über radikale Islamisten, untersucht die folgende Arbeit, ob Printmedien zu einer limitierten Darstellung und als Folge zur Verbreitung von Vorurteilen über Muslime und den Islam beitragen.

1.1. Aufbau der Arbeit

Um die Relevanz des Themas zu verdeutlichen werden im ersten Teil der Bachelorarbeit, Medienwirkungstheorien vorgestellt. Die vorgestellten Theorien sind die bekanntesten in der Medienwirkungsforschung und grundlegende theoretische Voraussetzungen, die den Übergang zur Forschungsfrage bilden. Die Notwendigkeit einer Inhaltsanalyse zur Darstellung von Muslimen in Printmedien, wird mit dem bisherigen Forschungsstand begründet, der im zweiten Teil der Arbeit vorgestellt wird. Es wird auf konkrete Studien und Ergebnisse eingegangen, die sich vor allem mit dem Islambild und der Darstellung von Muslimen in der früheren Medienberichterstattung beschäftigten. Darüber hinaus wird das allgemeine Bild des Islams in der deutschen Gesellschaft beleuchtet. Somit wurde festgestellt, inwiefern Vorurteile gegenüber Muslimen überhaupt existieren. Um die Ergebnisse der früheren Forschung zu überprüfen und um aktuelle Aussagen treffen zu können, wurde eine eigene empirische Untersuchung herangezogen. Die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse in Verbindung mit der Erhebung quantitativer Daten wurde gewählt und angewandt. Deren theoretischen Grundlagen, die Vorgehensweise sowie die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse werden im letzten Teil der Thesis erläutert. Anschließend werden Problematiken und Schwierigkeiten der wissenschaftlichen Untersuchung sowie Lösungsansätze zur weiteren Forschungsnotwendigkeit dargestellt, um die Arbeit durch ein zusammenfassendes Urteil abschließen zu können.

2. Theoretische Grundlagen

Der Grundsatz des Journalismus, den Bürger[1] umfassend und ausgewogen zu informieren, um damit eine freie Meinungsbildung zu gewährleisten, steht vor immer größeren Herausforderungen. Diese Funktion in vollem Umfang umzusetzen ist heute kaum möglich, da täglich eine Fülle von Informationen aus aller Welt auf Medienakteure zukommt. Dass mehrere Faktoren zusätzlich auf den Journalisten wirken, gilt heute als bewiesen. Mehrere Forscher haben verschiedenste Studien durchgeführt, um diese Einflüsse auf journalistische Auswahlprozesse und Produkte näher zu untersuchen. Dabei sind unterschiedliche, aber maßgebliche Theorien entstanden, die bis heute zwar nicht eindeutig belegbar sind, trotzdem eine der wichtigsten Theorien der Kommunikationsforschung darstellen. Sie erklären wesentliche Grundlagen und Zusammenhänge der journalistischen Selektionsprozesse. Im Folgenden Teil werden alle für die Forschungsfrage relevanten Theorien vorgestellt und erläutert, um ein grundlegendes Verständnis für journalistisches Handeln zu schaffen.

2.1. Die Nachrichtenwerttheorie

Ressourcen sind in Redaktionen begrenzt und die Realität als Ganzes nicht wiedergebbar, sodass Journalisten Informationen systematisieren müssen, indem eine Auswahl getroffen wird. Dieser Reduktionsprozess der Wirklichkeit ist notwendig und in den Redaktionen Routine bei der Bearbeitung von Themen. Trotzdem gibt es zahlreiche Kritiker, die den reduktiven Mechanismus im Journalismus bemängeln, da es zu einer unvollständigen Abbildung der Realität komme. Einflüsse auf die Berichterstattung wurden auf drei Ebenen festgestellt.

Die erste Ebene ist die Mikroebene. Dabei gehen die Einflüsse vom produzierenden Individuum aus und werden auf die Medieninhalte projiziert (Kunczik, M. & Zipfel, A. 2001, S. 240). Durch seine individuelle und berufliche Sozialisation haben Journalisten bestimmte Einstellungen, Meinungen, Wertvorstellungen, die bewusst aber auch unbewusst in die Medieninhalte einfließen (ebd, S. 245). Hierauf basiert auch eine maßgebliche Annahme der Kommunikationsforschung, die Gatekeeper-Perspektive. Sie besagt, dass der Journalist (Gatekeeper) entscheidet, welche Information er aufgrund eines individuellen Auswahlverhaltens als selektionswürdig hält (ebd). Es ist dabei durchaus möglich, dass persönliche stereotypisierende oder sogar diskriminierende Einstellungen des Autors unbewusst oder bewusst Einfluss nehmen.

Auf der Mesoebene werden die Einflüsse betrachtet, die auf der Ebene der Medienorganisationen entstehen. Denn nicht nur der einzelne Journalist entscheidet über seine Arbeit, sondern auch die Redaktion und sein Ressort, wie institutionalisierte Selektionskriterien, organisatorische und technische Ressourcen und Erwartungen, die redaktionelle Linie und eine soziale Interaktion mit Kollegen und Vorgesetzten (Hafez, K. 2009, S. 107).

Auf der höchsten Ebene, der Makroebene, geht es um Einflüsse die von der Gesellschaft auf die Medien wirken. Dabei muss zwischen Umweltsystemen, wie dem, politischen oder wirtschaftlichen System und Systemumwelten, wie den Bürgern oder Meinungsführern von denen Einstellungen ausgehen, unterschieden werden (Hafez, K. 2009, S. 107).

Der News-Bias Ansatz geht noch einen Schritt weiter als die Gatekeeper-Forschung und lässt sich auf allen drei Ebenen ansiedeln (Stengel, K. & Marschall, J. 2010, S. 122). Er betrachtet inwieweit die Medien mit ihrer Nachrichtenauswahl dazu neigen, eine bestimmte politische Linie zu unterstützen. Untersuchungen in den 2000er Jahren haben ergeben, dass Journalisten durchaus politische Ansichten stützen (ebd, S. 124). Dieses Phänomen sei dazu in Deutschland besonders ausgeprägt (ebd).

Print-Redaktionen stehen heut zu Tage vor einem weiteren wirtschaftlichen Problem: Die Auflagen sinken stetig. Die Folge ist eine zunehmende Boulevardisierung, die den Journalisten in seinem freien Handeln einschränkt (Hafez, K. 2009, S. 108). Im Zuge dessen nimmt auch der Einfluss von Pressearbeit durch Agenturen und PR auf den Journalismus immer weiter zu, da Texte aus zeitlichen und finanziellen Gründen heute kaum noch überprüft werden. Es besteht zunehmend die Gefahr, dass sich eine gleichbleibende einseitige Thematik entwickelt (Hafez, K. 2009, S. 109).

Hinzu kommt, dass die Redaktionen sich immer mehr an der erfolgreichen Konkurrenz orientieren. Untersuchungen zum Einfluss von Meinungsführerschaften ergaben, dass die Massenmedien Themen und Meinungsbilder von etablierten Printmedien wie der Spiegel, die Süddeutsche Zeitung und die Bild übernehmen (Hafez, K. 2009, S. 110).

Weiterhin spielt der Nachrichtenfaktor der Negativität eine herausragende Rolle, der nahezu fast alle Meldungen der Massenmedien bestimmt. Je negativer, je sensationeller, desto Berichtens werter, da sich dadurch die Veröffentlichungswahrscheinlichkeit der Nachricht und die Auflagen der Printmedien nachweislich erhöhen („Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration“ (SVR). 2013, S. 10). Studien zeigen, dass über die reine Verknüpfung von Muslimen mit negativen Nachrichten hinaus, oft nicht ausgewogen genug berichtet wurde (SVR. 2013, S.9 - 11).

In welchem Maß die Produzenten von medialen Inhalten bei der Informationsverarbeitung und Berichterstattung auf den jeweiligen Ebenen beeinflusst werden und wie gravierend die daraus resultierenden Medienwirkungen beim Rezipienten tatsächlich sind, wird noch immer in der Kommunikationswissenschaftsforschung untersucht und kann noch nicht eindeutig belegt werden.

2.2. Der Agenda-Setting-Ansatz

Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Medien Einfluss auf die Bedeutung von Themen im öffentlichen Diskurs haben und deren Stellenwert bei den Rezipienten etablieren können (Neuber, W. 1993, S. 24). Je öfter, länger und auffälliger ein Thema platziert wird, desto „wichtiger“ erscheint es den Rezipienten (Stengel, K. & Marschall, J. 2010, S. 124 - 126). Die Medien befinden sich laut der Agenda – Setting - Forschung in einer aktiv steuernden Funktion und kontrollieren, welche Themen auf die mediale Tagesordnung gelangen und welche Bedeutung ihnen zugeschrieben wird (Matthes, J. 2014, S. 71). Die Intensität von Agenda-Setting-Effekten hängt von mehreren Faktoren ab. Dass die Glaubwürdigkeit des Mediums eine entscheidende Rolle spielt, ist, so Maurer (2010), laut mehrerer Studien eindeutig (S. 50). Ebenso beeinflussen formale Merkmale, wie die Platzierung, Aufmachung oder Länge Agenda-Setting-Effekte bei den Rezipienten (ebd, S. 50 - 52). Zuletzt fanden Forscher heraus, dass bei so genannten unaufdringlichen Themen, also solchen mit denen wir keinen persönlichen Kontakt haben, stärkere Agenda-Setting-Effekte nachgewiesen wurden. (ebd, S. 52) Der Agenda-Setting- Ansatz ist insofern bedeutsam, als das er verdeutlicht, welche entscheidende Rolle die Medien bei der Wahrnehmung von Problemen in der Gesellschaft tragen (ebd, S. 86). Die Medien können somit die Thematisierung des Islams sowohl in öffentlichen als auch sozialen Kommunikationsräumen beeinflussen. Sie bestimmen „[…]worüber die Menschen beim Thema Islam nachdenken und was sie mit dem Islam assoziieren“ (Hafez, Kai. 2009, S. 104).

2.3. Die Framing-Theorie

Wie die Medien Themen aufbereiten ist Kern der Framing-Forschung. Diese besagt, dass Frames bzw. Rahmen bestimmen, welche Aspekte eines Themas aus der Realität selektiert und betont werden. Rahmen legen fest, in welchen Zusammenhang die Situation eingebettet und wie die Berichterstattung zu diesem Thema strukturiert wird (Matthes, J. 2014, S. 37, 57). Bezeichnet werden Frames auch als Deutungsmuster oder Interpretationsrahmen, die dem Journalisten der Bewertung von Themen dienen und die Verarbeitung der Materie vereinfachen sollen, um sie effizient für den Rezipienten aufzubereiten (Kunzcik, M. & Zipfel, A. 2001, S. 271 - 272). Zwar ist eine Komplexitätsreduktion zur Vereinfachung eine automatische Begleiterscheinung von Kommunikation, jedoch nicht ganz unbedenklich.

Dadurch, dass bestimmte Aspekte hervorgehoben, oder in den Hintergrund gerückt oder sogar komplett ausgelassen werden, wird nur ein Ausschnitt eines Themas dargestellt (Matthes, J. 2014, S. 20). Bestimmten Aspekten wird dabei, je nach Platzierung, mehr oder weniger Bedeutung zugeschrieben als anderen. Beim Framing kommt es dadurch, so wird befürchtet, zu einem selektiven Abbild der Realität. Aus diesem Grund wird im Zusammenhang mit Framing von Unausgewogenheit und Verzerrung der Wirklichkeit gesprochen (Matthes, J. 2014, S. 21). Die Art der Präsentation eines Themas und die Betonung von Aspekten lenken die Aufmerksamkeit des Publikums und beeinflussen die Auffassung eines Themas (Stengel, K. & Marschall, J. 2010, S. 127 – 128). Dem Rezipienten dienen Frames ebenfalls als Interpretationsrahmen oder auch Sinnstrukturen, die ihm zunächst helfen, die Situation zu identifizieren und zu verstehen (Dahinden, U. 2006, S. 39). Die über die Zeit erlernten Strukturen zeigen uns Charakteristika von Personen, Gegenständen oder Situationen und helfen den Rezipienten die Informationen zu filtern und zu kategorisieren (Matthes, J. 2014, S. 27 – 29). Aus mehreren miteinander verbundenen Schemata setzt sich schließlich eine Sinnstruktur zusammen, die einen Frame bildet (ebd). Meist beinhaltet ein Frame vier Bestandteile: Eine Problemdefinition, eine Ursachenzsuchreibung des Problems, deren Bewertung und eine Handlungsempfehlung, die als Lösungsvorschlag dient (Dahinden, U. 2006, S. 14). Zusammen bilden die Elemente eine logische Argumentationskette, die der Autor vertritt. Daher sind die einzelnen Elemente auch Abbild der Wertvorstellungen, Interpretationen und Bewertungen des Autors, durch die das Thema eingebettet wird und in der Gesamtheit eine Grundhaltung und Werte in der Berichterstattung abbilden und transportieren (Meyen, M., Löblich, M., Pfaff-Rüdiger, S. & Riesmeyer, C. 2011, S. 140; Matthes, J. 2014, S. 21). Folglich kann Framing dazu führen, dass der Rezipient dem jeweiligen Thema negative oder positive Bewertungen zuschreibt. Aus journalistischer Sicht wird Framing als notwendiger Prozess erklärt. Framing wird dann kritisch, wenn sich bestimmte Rahmen in der Berichterstattung (zum Beispiel durch Agenda-Setting) wiederholen oder sogar instrumentalisiert werden.

2.4. Generalisierungen, Stereotypen und die Entstehung von Feindbildern

Jeder Mensch generalisiert und schreibt einzelnen Personen Merkmale einer gesamten Gruppe zu. Dieser Prozess ist normal, da das menschliche Wissen durch Schemen strukturiert ist. Dadurch kommt es oft zur Ausblendung vielfältiger Wahrnehmung und zu vorschnellen Bewertungen unserer Umwelt (Kuhn, I. 2015, S. 36). Wir denken regelrecht „in Schubladen“, generalisieren Beobachtetes und reduzieren dabei die Realität. Diesen wertfreien Prozess nennt man auch Kategorisierung. Wird die Zuschreibung von Eigenschaften bewertet, so spricht man von Stereotypisierung (Hafez, K. & Schmidt, S. 2015, S. 14). Ein Vorgang der ebenso wie die Kategorisierung unvermeidlich ist, um uns bei der Verarbeitung von komplexen Informationen zu helfen. Stereotypen werden dann problematisch, wenn sie sich verfestigen (ebd).

Wird zum Beispiel eine soziale Gruppe, wie Hartz IV Empfänger, in den Medien überwiegend als faul und ungebildet, also negativ dargestellt, dann kommt es zur stereotypisierenden Darstellungen, eingeleitet von den Medien, die ihre Protagonisten wiederholt mit negativen Eigenschaften versehen (Trebbe, J. 2009, S. 50). Es findet eine Generalisierung statt, da die Rezipienten der Medieninhalte erwarten, dass die meisten Mitglieder der entsprechenden sozialen Gruppe diese persönlichen Eigenschaften aufweisen und sie als „gleich“ und nicht differenziert betrachten. Oft beruhen Generalisierungen auf negativen Taten oder Eigenschaften einzelner Personen und werden vom Individuellen auf Rollen einer ganzen ethnischen Gruppe übertragen.

Menschen mit Migrationshintergrund, vor allem Muslime, sind von Stereotypen besonders oft betroffen (Trebbe, J. 2009, S. 83). Sie werden häufig in der Rolle des Straftäters gesehen (ebd). Aus diesem Grund wird pauschal davon ausgegangen, dass die meisten Muslime ein soziales Problem darstellen (ebd). In einem Land, mit größtenteils christlicher Bevölkerung, nehmen die Medien eine wichtige Rolle ein, wenn es darum geht Informationen über den Islam zu vermitteln. Wenn sie zum Beispiel vorherrschend über islamistische Extremisten, die den Terror verbreiten, konservative muslimische Frauen die in Deutschland leben und sich verweigern ihr Kopftuch abzulegen oder muslimische Männer, die ihre Frauen unterdrücken berichten, kann es zu einem verzerrten Bild der Realität kommen. Stereotypisierende Vorbehalte treffen besonders Kopftuch tragende Frauen, die pauschal als Migranten gelten und sich unzureichend integrieren würden (Spielhaus, R. 2013, S. 173). Im Gegensatz zur westlichen Frau, die als emanzipiert, unabhängig, aktiv und gebildet gilt, wird sie oft als Opfer, passiv unterdrückt und Integrationsbedürftig dargestellt (SVR. 2013, S. 8).

Dass diese Eigenschaften in der Realität nur bei einzelnen Muslimen wiederzufinden sind, blendet die Gesellschaft durch Generalisierung aus. Das Problem solcher selektiven Wahrnehmungen ist, dass sie sich über einen längeren Zeitraum abspielen und letztendlich zu Feindbildern führen (Hafez, K. 2009, S. 100). Indem die Medien eine überakzentuierte Darstellung von Muslimen wiederholen, sind sie an einer Verfestigung von Feindbildern beteiligt (Uslucan, H. H. 2014, S. 4). Diese meist subjektiven Assoziationen geraten in den öffentlichen Diskurs, sie werden an den Leser kommuniziert und in der Öffentlichkeit verbreitet (ebd). „Durch den behaupteten Gegensatz `westlich zivilisiert` vs. `orientalisch unzivilisiert` wird suggeriert, dass das eigene `Wir` zu den/m Guten gehört, während `die Anderen` zu `Minderwertigen`, wenn nicht zu Feindbildern kreiert werden“ (Kuhn, I. 2015, S.35).

Um diese Vermutung zu überprüfen, wurden mehrere Studien zur Entwicklung von Stereotypen durchgeführt (Hafez, K. & Schmidt. S. 2015, S. 67). Die Ergebnisse haben gezeigt, dass diejenigen Befragten, die keinen Kontakt zur jeweiligen sozialen Minderheit unterhalten hatten, eher dazu neigten, die Mitglieder dieser Gruppe mit stereotypisierenden Eigenschaften zu versehen (ebd). Die Befunde bestätigen die Vermutungen, dass vorverurteilendes Denken über soziale Minderheiten überwiegend durch fremdvermittelte Bilder, also vor allem durch die Medien entsteht (ebd).

2.5. Die Macht der Medien

Die Massenmedien haben die Aufgabe einen öffentlichen Raum für „freie Meinungsbildung“ zu schaffen. Wie bereits im vorherigen Teil der Arbeit angesprochen, ist es nicht immer möglich, dieser Aufgabe in vollem Umfang nachzukommen, weshalb den Medien heutzutage pauschal keine umfassende objektive Berichterstattung zugeschrieben werden kann. Trotzdem sind die Medien als Kommunikatoren von Meinungen dafür verantwortlich, eine möglichst vielfältige Darstellung der Wirklichkeit zu gewährleisten. Denn nur durch die Medien ist es den Lesern möglich, Kommunikationsräume zu erreichen, die sonst für sie nicht zugänglich sind. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass unser Wissen in Bereichen, in denen wir keine eigenen Erfahrungen haben, zu einem großen Teil von den Medien stammt.

Immer wieder kommt es dazu, dass sich Meinungseliten negativ zum Islam äußern. Über die Medien gelangen sie in die Öffentlichkeit und werden verbreitet. Politiker haben laut der Framing-Forschung eine besondere Wirkung auf die Einstellungen der Rezipienten. Ihre Meinungen sind oft extrem und werden deshalb so gerne von den Medien veröffentlicht. Das kann Vor- und Nachteile haben, denn sie bieten Meinungseliten eine Plattform und vereinen Gleichgesinnte. Die Medien sind laut Esser (2002) ein „Anregungsfaktor“ und vernetzen und mobilisieren Akteure mit gleichen Meinungen (S. 15). Hafez (2009) warnt: „Die einseitige Meinungsführerschaft einer hegemonialen Bildungselite hat einen großen, wenn nicht gar bestimmenden Einfluss auf das Islambild der Medien […]“ (S. 112).

3. Muslime in Deutschland

Keine andere Religion erfährt ein so negatives Image in der deutschen Gesellschaft, wie der Islam. Obwohl die meisten Muslime über mehrere Generationen in Deutschland leben, lässt sich in der Mehrheitsbevölkerung noch immer eine skeptische Haltung erkennen. Der Einfluss des Islams wird in Deutschland oft als Grund für eine scheiternde Integrationspolitik und mit der Gefährdung der inneren Sicherheit in Verbindung gebracht. Es ist die Rede von „Parallelgesellschaften“ und „Integrationsverweigerern“ (Leibhold, J. 2009, S. 146). Unmittelbar nach Attentaten durch radikale Islamisten, werden Muslime im öffentlichen Diskurs oft in Verbindung mit „Terror“ und der „Islamisierung des Westens“ gebracht. Dass die muslimische Bevölkerung auf Islamisten und deren extremistische Gewalttaten, ablehnend reagiert, bleibt der Öffentlichkeit weitegehend verborgen oder wird ignoriert. Der Islam und seine Glaubensanhänger werden in solchen Fällen nicht differenziert betrachtet. Kulturelle, ethnische und religiöse Unterschiede verschwimmen dabei. Die Konsequenzen verdeutlichen die folgenden Studien, die sich mit dem Bild des Islams und der Muslime in Deutschland beschäftigt haben.

3.1. Das Bild vom Islam

Die meisten Deutschen fühlen sich besonders stark vom Islam bedroht, obwohl andere europäische Länder, wie England oder Frankreich in der Vergangenheit deutlich häufiger von Terror-Anschlägen betroffen waren. Das ergab eine Studie von Hafez und Schmidt (2015), laut der die Deutschen dem Islam im Vergleich zu anderen Religionen besonders häufig negative Eigenschaften zuschreiben. Die meisten beschreiben ihn als „repressiv“, „gewalttätig“ und „intolerant“ (S. 64). Bei bis zu zwei Dritteln der Befragten, haben sich diese Stereotypen sogar zu einer Islamfeindlichkeit verfestigt. Pollack (2013) stellte in seiner Studie sehr ähnliche Ergebnisse fest (S. 97). Demnach wird der Islam von 80 Prozent der Befragten als eine zum Westen unpassende Religion gesehen (ebd). Hierbei wird die abgrenzende und folglich ausgrenzende Haltung gegenüber dem Islam und Muslimen deutlich, die langfristig zu polarisierenden Verhältnissen zwischen Muslimen und der Mehrheitsbevölkerung führen kann (Hafez, K. & Schmidt, S. 2015, S. 64 – 65). Im Kontrast hierzu steht eine allgemein verbreitete Religionstoleranz bei den Befragten, die mehr Vielfalt befürworten (Pollack, D. 2013, S. 101).

Muslime oder als solche wahrgenommene, werden scheinbar mit radikalen Glaubensanhängern des Islams, die in terroristischen Organisationen aktiv sind und die Sicherheit des „Westens“ gefährden, gleichgesetzt. Pollack (2013) fand heraus, dass rund zwei Drittel der befragten Deutschen glaubt, dass es unter den in Deutschland lebenden Muslimen, viele Terroristen gibt (S. 103).

Das negative Bild vom Islam, beruht nicht nur auf der verbreitenden Wirkung der Massenmedien, sondern zu einem maßgeblichen Teil auch auf historischen Entwicklungen. Nachdem sich das Christentum über drei Jahrhunderte machtvoll in der ganzen Welt ausbreitete, wurde es durch den Islam, eine damals völlig unbekannte Religion, abgelöst. Dieser schaffte es in nur wenigen Jahrzehnten, die Gebiete einzunehmen, die als „Wiege der Christenheit“ galten (Naumann, T. 2009, S. 21). Das Bild eines „übermächtigen“, „bedrohlichen“ Islams auf dem „Vormarsch“ ist laut Naumann auf diese alteuropäischen Erfahrungen zurückzuführen (Naumann, T. 2009, S. 23). Der immer noch bestehende Vorwurf gegenüber dem Islam, er würde andere Religionen vehement ablehnen, sei theologisch sowie historisch gesehen ein Irrtum (ebd, S. 25). Das Feindbild über den Islam, das sich über Jahrzehnte hinweg entwickelte, wurde mit wachsendem Einfluss der Religion in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts verschärft (ebd, S. 31 – 34). Europa war auf eine „Rückkehr“ des Islam nicht vorbereitet und dies weckte vergangene Ängste und Emotionen bei den Europäern (ebd). Hinzu kam, dass Muslime vermehrt in Europa einwanderten und mit späteren islamistischen Terror-Taten immer mehr in Verbindung gebracht wurden (ebd).

Durch die Ausbreitung des islamistischen Terrors in jüngster Zeit, wird der Islam heute stärker mit der Gefährdung der inneren Sicherheit in Verbindung gebracht. Dieses Phänomen zeigt eine Methode der Landesregierung in Baden-Württemberg, die Einwanderer aus islamisch geprägten Regionen im Jahr 2005 einem Fragenkatalog unterzog (SVR. 2013, S. 6). Dieser sollte prüfen, inwiefern die Einwanderer gegen die Verfassung verstoßende Motivationen haben (ebd). Eine Kampagne im Jahr 2012 hatte ähnliche Ziele. Plakate bildeten in Berlin „muslimisch aussehende“ Jugendliche, zum Teil mit Kopftuch ab, die sich aus der westlichen Lebensweise zurückgezogen und sich für einen radikalen Weg entschieden haben (ebd). Die Kampagne des Bundesministeriums warnte vor der Radikalisierung muslimischer Jugendlicher. Sie sprach diejenigen an, die als besonders „gefährdet“ und „terrorismusempfänglich“ gelten (Kuhn, I. 2015, S. 8). Politische Maßnahmen zur Prävention des Terrors enthalten wie auch hier, oft einen vorverurteilenden Beigeschmack gegenüber der muslimischen Bevölkerung.

[...]


[1] Aufgrund der Vereinfachung von Verständlichkeit und Lesbarkeit, wurden in der Bachelorarbeit männliche Schreibweisen verwendet.

Fin de l'extrait de 41 pages

Résumé des informations

Titre
Die Darstellung von Muslimen in deutschen Printmedien
Université
University of Applied Sciences Hanover
Note
2,4
Auteur
Année
2016
Pages
41
N° de catalogue
V355899
ISBN (ebook)
9783668418189
ISBN (Livre)
9783668418196
Taille d'un fichier
745 KB
Langue
allemand
Mots clés
darstellung, muslimen, printmedien
Citation du texte
Bachelor of Arts Johanna Martstatt (Auteur), 2016, Die Darstellung von Muslimen in deutschen Printmedien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/355899

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