Mit der zunehmenden Industrialisierung entstand in Deutschland aber auch in anderen europäischen Industriegesellschaften ein wachsendes Bedürfnis die sozialen und wirtschaftlichen Missstände zu beseitigen. Sozialtheoretiker verlangten die Schaffung von Interessenvertretungen in den Fabriken. Diese Forderungen gipfelten in einer Fabrikordnung, die in Deutsch-land von der konstituierenden Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche 1848 erörtert, aber nie Gesetz wurde. Erst 1905 wurde die Bildung von Arbeiterausschüssen für Betriebe von mehr als 100 Arbeitnehmern im Bereich des Bergbaus zwingend vorgeschrieben. Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 enthielt in Art. 165 WRV erstmals eine verfassungsrechtliche Garantie der betrieblichen Mitbestimmung. Das Betriebsrätegesetz (BetrRG) wurde 1920 für die kollektive Mitbestimmung auf Betriebsebene geschaffen. Der erreichte Stand fiel den Nationalsozialisten zum Opfer Es wurde durch ein Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit abgelöst. Erst das Kontrollratsgesetz Nr. 22 gestattete die Einrichtung und Tätigkeit von Betriebsräten zur Wahrnehmung der beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Arbeiter und Angestellten. Mit In-Kraft-Treten des Grundgesetzes 1949 ging der Bundesgesetzgeber daran, das Recht der Mitbestimmung neu zu ordnen. 1
Die internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen sind in den letzten Jahrzehnten ständig gewachsen. Kein Land kann heute Wirtschaftspolitik betreiben, ohne auf Wirkungen außerhalb des eigenen Territoriums Rücksicht zu nehmen und ohne Faktoren zu bedenken, die wirtschaftliche Aspekte anderer Länder betreffen. Die Römischen Verträge sind durch die Einheitliche Europäischen Akte mit dem Ziel der Weiterentwicklung des Gemeinsamen Marktes zu einem europäischen Binnenmarkt geändert worden. Nicht nur die Europäisierung hat Einfluss auf die staatliche Planung und Gestaltung, auch die vielen in verschiedenen Staaten wirkenden Unternehmen, deren Handel und Investitionen Begleiter wirtschaftlicher Verzahnung vieler Staaten sind, beeinflussen die Arbeitswelt. Dieser Fülle von Auslandsbeziehungen hat das deutsche Recht gerecht zu werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Merkmale des Deutschen Betriebsrat
2.1 Die Betriebsverfassung
2.2 Grundsätze der Zusammenarbeit im Betrieb
2.3 Gremien und Organisationen
2.4 Die Einigungsstelle
2.5 Beteiligungsrechte der AN durch den BR
2.6 Exkurs Unternehmensmitbestimmung
3 Merkmale des Europäischen Betriebsrat
3.1 Rechtsnormen vor und nach Erlass der Richtlinie 94/45/EG
3.2 Die Richtlinie 94/45/EG
3.3 Die Umsetzung der EBR-RL in den Beitrittsländern
4 Der europäische Betriebsrat im Vergleich zum deutsche Betriebsrat
4.1 Der europäische Betriebsrat ein transnationales Recht
4.2 Unterrichtung und Anhörung
4.3 Arbeitsweise europäischer Betriebsräte
5 Schlussfolgerungen und Ausblick
6 Literatur
1 Einleitung
Mit der zunehmenden Industrialisierung entstand in Deutschland aber auch in anderen europäischen Industriegesellschaften ein wachsendes Bedürfnis die sozialen und wirtschaftlichen Missstände zu beseitigen. Sozialtheoretiker verlangten die Schaffung von Interessenvertretungen in den Fabriken. Diese Forderungen gipfelten in einer Fabrikordnung, die in Deutschland von der konstituierenden Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche 1848 erörtert, aber nie Gesetz wurde. Erst 1905 wurde die Bildung von Arbeiterausschüssen für Betriebe von mehr als 100 Arbeitnehmern im Bereich des Bergbaus zwingend vorgeschrieben. Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 enthielt in Art. 165 WRV erstmals eine verfassungsrechtliche Garantie der betrieblichen Mitbestimmung. Das Betriebsrätegesetz (BetrRG) wurde 1920 für die kollektive Mitbestimmung auf Betriebsebene geschaffen. Der erreichte Stand fiel den Nationalsozialisten zum Opfer Es wurde durch ein Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit abgelöst. Erst das Kontrollratsgesetz Nr. 22 gestattete die Einrichtung und Tätigkeit von Betriebsräten zur Wahrnehmung der beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Arbeiter und Angestellten. Mit In-Kraft-Treten des Grundgesetzes 1949 ging der Bundesgesetzgeber daran, das Recht der Mitbestimmung neu zu ordnen.[1]
Die internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen sind in den letzten Jahrzehnten ständig gewachsen. Kein Land kann heute Wirtschaftspolitik betreiben, ohne auf Wirkungen außerhalb des eigenen Territoriums Rücksicht zu nehmen und ohne Faktoren zu bedenken, die wirtschaftliche Aspekte anderer Länder betreffen. Die Römischen Verträge sind durch die Einheitliche Europäischen Akte mit dem Ziel der Weiterentwicklung des Gemeinsamen Marktes zu einem europäischen Binnenmarkt geändert worden. Nicht nur die Europäisierung hat Einfluss auf die staatliche Planung und Gestaltung, auch die vielen in verschiedenen Staaten wirkenden Unternehmen, deren Handel und Investitionen Begleiter wirtschaftlicher Verzahnung vieler Staaten sind, beeinflussen die Arbeitswelt. Dieser Fülle von Auslandsbeziehungen hat das deutsche Recht gerecht zu werden.[2]
Beim Fortschreiten der ökonomischen Integration sind über kurz oder lang Mindestregelungen unvermeidbar, um dem bisherigen Mehrebenensystem der Europäischen Gemeinschaft (EG) institutionelle Antworten auf funktionale Erfordernisse der voranschreitenden Marktintegration zu geben. Die europäischen Gewerkschaften werden jedoch für zu heterogen und zu schwach gehalten, um einen uneinigen Rat und eine zurückhaltende Kommission zu zwingen ein System der kollektiven Arbeitsbeziehungen einzurichten, zumal die Unternehmer und deren Verbände statt der Zentralisierung von Verhandlung und Vereinbarungen deren Dezentralisierung folgen lassen.[3]
Im ersten Teil dieser Arbeit stelle ich die Merkmale des deutschen Betriebsrats mit den Besonderheiten dar und komme im zweiten Teil zu den Merkmalen des Europäischen Betriebsrats. Im dritten Teil werde ich die Strukturmerkmale auf einer Vergleichsebene gegenüber halten, um im vierten Teil die Schlussfolgerungen zu ziehen und einen Ausblick auf die zukünftige Arbeit der Betriebsräte zu geben.
2 Merkmale des Deutschen Betriebsrat
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vom 11.10.1952 trat nach harten politischen Auseinandersetzungen in Kraft. Es unterschied zwischen der Mitbestimmung in sozialen (§§ 56 ff. BetrVG 1952), personellen (§§ 60 ff. BetrVG 1952) und wirtschaftlichen Angelegenheiten (§§ 67 ff. BetrVG 1952) und trug damit bereits die Grundzüge der heutigen Betriebsverfassung. Die betrieblichen Mitspracherechte wurden gegenüber dem Betriebsrätegesetz 1920 erheblich ausgeweitet, auch wenn das Letztentscheidungsrecht des Betriebsinhabers in vielen Fragen erhalten blieb.[4]
Die sozialliberale Koalition nahm mit ihrem Regierungsantritt 1969 die Reform des Mitbestimmungsrechts in Angriff. Sie entsprach damit nicht nur gewerkschaftlichen Forderungen. Die Betriebsverfassung hatte sich im Großen und Ganzen bewährt, musste aber nach 20 Jahren den veränderten sozialen, technischen und wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst werden. Am 18.01.1972 wurde das neue Betriebsverfassungsgesetz erlassen. Es war keine Novelle, sondern eine neue Kodifikation mit völlig veränderter Paragraphenzählung. Nachdem die Gewerkschaften vor der Jahrtausendwende zahlreiche Änderungsvorschläge unterbreitet haben, ist am 28.07.2001 das Betriebsverfassungs-Reformgesetz in Kraft getreten. In Zeiten verschärften internationalen Wettbewerbs, rasanter technischer Neuerungen und Umstrukturierungen in der Wirtschaft ist die wirksame Vertretung der Arbeitnehmerinteressen nur in einem gesicherten Rechtsrahmen möglich.[5]
Die Reform brachte neue Themen in das BetrVG wie Qualifizierung, Beschäftigungssicherung, Frauenförderung, betrieblicher Umweltschutz oder die Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit. Die §§ 1, 3, 4 BetrVG sind ausgedehnt worden, damit flexible und sich verändernde Organisationsformen unternehmerischer Wertschöpfung das starre Betriebsmodell nicht ins Leere laufen lassen. Die Erosion der Stammbelegschaft durch Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, Fremdfirmkräften und ausgelagerten Telearbeitsplätzen soll nicht die Stellung des Betriebsrats schwächen. Das Wahlverfahren wurde überarbeitet, Übergangs- und Restmandate in den §§ 14, 14a, 17, 17a, 21a, b BetrVG geregelt. Die Mitspracherechte sind um o. g. Themen erweitert worden und sind jetzt in §§ 80 Abs. 1 Nr. 2b und 7-9, 87 Abs. 1 Nr. 13, 88 Nr. 1a und 4, 89, 92a, 97 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 5a, 112 Abs. 5 Nr. 2a BetrVG zu finden.[6] Auf die Personalvertretung der Behörden (§§ 6, 12 BPersVG) kann ich hier nicht näher eingehen.
2.1 Die Betriebsverfassung
Das BetrVG in seiner heutigen Form besteht aus 3 Hauptabschnitten: die Organisation (§§ 1-73), die Mitbestimmung (§§ 74-113), und Sonstiges (§§ 114-132). Daneben finden sich Regelungen in anderen Gesetzen, bei denen der Betriebsrat (BR) Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte hat: Leiharbeitnehmer (§ 14 AÜG), der Bestellung von Sicherheitsbeauftragten (§ 22 SGB VII), Massenentlassungen (§ 17 KSchG), der Arbeitsförderung (§§ 173, 174, 183 SGB III), die Bilanzaufstellung (§ 335 HGB), in der Insolvenz (§§ 12, 125,126 InsO), und der Kündigung von Schwerbehinderten (§ 87 Abs, 2 SGB IX). Sonstige Institutionen, die trotz gesetzlicher Ausklammerung, zur Betriebsverfassung im weiteren Sinne zu rechnen sind, sind die Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten (SprAuG), die Schwerbehindertenvertretung (§§ 94 ff. SGB IX), der Vertrauensmann der Zivildienstleistenden (§ 37 ZDG), der Beauftragte für Datenschutz § 28, 29 BDSG) und der Europäische Betriebsrat (EBRG).[7] Der Geltungsbereich des BetrVG untergliedert sich in den sachlichen, persönlichen und räumlichen Bereich. Obwohl dem räumlichen Geltungsbereich keine ausdrückliche Bestimmung zu Grunde liegt, gilt jedoch das Territorialprinzip.[8]
Die kollektive Mitbestimmung hat Vor- und Nachteile. Einerseits fördert sie die Ruhe und Ordnung im Betrieb, erhöht die Motivation der Beschäftigten, macht das Verfahren der Entscheidungsabläufe transparent und stärkt den sozialen Frieden; andererseits können Planungsabläufe verzögert werden, das mitbestimmte Führungssystem ist kostenträchtiger (z.B. durch freigestellte Betriebsratmitglieder § 38 BetrVG), die Macht des Kollektivs kann zum Selbstzweck werden, es besteht die Gefahr das die Vertretung ihren eigentlichen Aufgabenbereich vernachlässigt und sich allgemein-gesellschaftlichen und politische Zielen (vgl. § 80 Abs. Nr. 2b, 7-9 BetrVG) zuwendet. Ein Konflikt zwischen der kollektiven Macht und individueller Selbstbestimmung durchzieht die gesamte Betriebsverfassung und ist bis heute nicht zufrieden stellend gelöst.[9]
Die Befugnisse der Beschäftigtenvertretung beschränken nicht nur den Arbeitgeber in seinen unternehmerischen Freiheiten, sondern berühren auch die Rechtssphäre der Arbeitnehmer, die sich jedoch in dem Höchstumfang an den Grundrechten messen müssen. Hinzu kommen die Rechte der Gewerkschaften aus Art. 9 Abs. 3 GG. Neben Befugnissen aus Art. 9 Abs. 3 GG und § 2 BetrVG räumt die Betriebsverfassung den Gewerkschaften an verschiedenen Stellen spezielle Unterstützungs-, Überwachungs-, Teilnahme- und Intitiativrechte ein. Art.12 Abs. 1 GG schützt die Unternehmerfreiheit im Sinne freier Gründung und Führung von Unternehmen. Zur Berufsfreiheit des Arbeitgebers (AG) aus Art. 12 Abs. 1 GG gehört – wie sowohl das Bundes-Verfassungs-Gericht als auch das Bundes-Arbeits-Gericht anerkennen – das Recht des Unternehmers, sein Unternehmen aufzugeben und selbst darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, ein Grundsatz, der für das Kündigungsrecht, aber auch für die Mitbestimmung bei Betriebsänderungen von zentraler Bedeutung ist. Ergänzt wird der über Art. 12 GG erzielte Schutz des Unternehmers durch die allgemeine Betätigungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG sowie durch Art. 14 GG.[10] Es wird auch ausgeführt, „dass der Unterschied in der Methodik – Vierter Senat (Tarifsenat), Zweiter Senat (Kündigungsschutzsenat) – daran liegen mag, dass für das Kündigungsrecht lange nicht klar war, dass Art. 12 GG auch ein Arbeitnehmergrundrecht ist…“[11] Der Unternehmer bestimmt die Rechtsform des Unternehmens und darf es nach seinen Zweckmäßigkeitserwägungen betreiben. Ihm steht die Nutzung seines Eigentums an den Produktionsmitteln zu. Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet die Wirtschaftsfreiheit als unternehmerische Dispositionsfreiheit. Dem Arbeitgeber dürfen keine Leitungsbefugnisse entzogen werden.[12]
2.2 Grundsätze der Zusammenarbeit im Betrieb
Dem deutschen Recht und unserem gesellschaftlichen Grundverständnis nach, dürfen abhängig Beschäftigte keiner einseitigen Herrschafts- oder Leistungsmacht unterworfen sein. Die institutionelle Teilhabe an den Entscheidungsprozessen erfolgt durch Betriebsräte. Sie handeln als Repräsentativorgane für die Mitarbeiter und nehmen in ihrem Aufgabenbereich solidarische Interessen wahr. Maßnahmen des Arbeitgebers werden zur Verwirklichung kollektiver Selbstbestimmung am Arbeitsplatz kontrolliert. Vergleicht man die Tätigkeit der BR´e mit den Parlamentariern in Bund und Ländern, lässt sich die Mitbestimmung als demokratische Selbstverwaltung im Bereich von Wirtschaft und Ordnung verstehen.[13] Man kann sagen, dass die Arbeiterschaft, vertreten durch ihre gewählten Beauftragten, nicht nur fürsorgliche betreut, sondern in ihrem Anliegen ernst genommen werden.[14]
Für die Grundsätze der Zusammenarbeit im Betrieb gilt die vertrauensvolle Zusammenarbeit (§ 2 Abs.1 BetrVG), dazu gehören das Monatsgespräch, die Friedenspflicht und das Verbot parteipolitischer Betätigung (§ 74 BetrVG), die Gleichbehandlung aller Betriebsangehörigen (§ 75 BetrVG) sowie die Informationspflicht des AG (§ 80 Abs. 2 BetrVG). Gewerkschaftliche Beteiligungsrechte erschöpfen sich in Information und Werbung im Betrieb und dem Zugangsrecht zum Betrieb (§ 2 Abs. 2 BetrVG). Die Rechte der AN findet man in den Unterrichtungs- und Erörterungspflichten des AG (§ 81 BetrVG), den Anhörungs- und Erörterungsrechten der AN (§ 82 BetrVG), der Einsicht in die Personalakte (§ 83 BetrVG) sowie der Beschwerde und Vorschlagsrechte (§§ 84-86a BetrVG). Für die Haftung der Betriebspartner unterscheidet man in 2 Haftungsbereiche: einerseits in die Haftung des BR, die sich in betriebsverfassungsrechtlichen Sanktionen und Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten ausdrücken können (Verfahren regelt § 23 Abs. 1 BetrVG) und andererseits in die Haftung des AG, die sich aus Leistungsansprüchen, z.B. Übernahme der BR-Wahl und BR-Tätigkeit (§§ 20 Abs. 3 S. 1, 40 Abs. 1 BetrVG), dem Feststellungsantrag z.B. Feststellungsinteresse des BR das ein Mitbestimmungsrecht besteht arbeitsgerichtlich klären zu lassen, der allgemeine Unterlassungsanspruch ist bei einfachen Rechtsverstößen in der Rechtsprechung umstritten, Bußgeld und Strafverfahren kann der BR beantragen, kommt der AG den in § 121 Abs. 1 BetrVG aufgeführten Aufklärungs- oder Auskunftspflichten nicht, wahrheitswidrig, unvollständig oder verspätet nach, handelt er ordnungswidrig. Im einzelnen ist das Verfahren in § 23 Abs. 3 BetrVG geregelt.[15]
Gewerkschaften dürfen im Betrieb im Rahmen der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG im Sinne der Mitbestimmung in bestimmten Vorgaben tätig werden. Was dem allgemeinen Gewerkschaftsbegriff zu Grunde liegt, wird hergeleitet aus der Koalitionseigenschaft nach Art. 9 Abs. 3 GG. Sie haben ein Zugangsrecht zum Betrieb (§ 2 Abs. 2 BetrVG), einerseits ermöglicht es ihnen ihre Einflussmöglichkeiten wahrzunehmen, andererseits berührt es das Hausrecht (Art. 13 GG) des Betriebsinhabers. Das Zutrittsrecht ermöglicht ihnen auch an Sitzungen des BR (§§ 31, 48, 59 BetrVG), Betriebs- und Abteilungsversammlungen (§ 46 BetrVG) und im Zusammenhang mit der BR-Wahl (17 Abs. 3 BetrVG) sowie Sitzungen tariflicher Schlichtungsstellen teilzunehmen. Schranken der Zugangsberechtigung bestehen bei der unumgänglichen Notwendigkeit des Betriebsablaufs, zwingenden Sicherheitsvorschriften und dem Schutz von Betriebsgeheimnissen. Die Information und Werbung der Gewerkschaft im Betrieb ist im Rahmen der koalitionsmäßigen Betätigung insoweit verbürgt, als sie für die Erhaltung und Sicherung der Koalition unerlässlich ist. Diese Rechte berühren weder das Eigentum (Art. 14 GG) noch das Hausrecht des Betriebsinhabers (Art. 13 GG). Neben den Befugnissen aus Art. 9 Abs. 3 GG und § 2 BetrVG haben die Gewerkschaften auch Unterstützungs-, Überwachungs-, Teilnahme- und Initiativrechte. Ein Kontrollrecht nach § 23 Abs. 1 BetrVG, Beratungsfunktionen (etwa nach § 35 Abs. 1 BetrVG) sowie das Recht zur Teilnahme an zahlreichen betrieblichen Institutionen, in engem Zusammenhang mit dem Zugangsrecht, steht den Gewerkschaften ebenfalls zu. Die Tätigkeit von gewerkschaftlichen Vertrauensleuten ist in der Betriebsverfassung nicht vorgesehen, fallen jedoch unter die koalitionsrechtlich geschützte Betreuungs-, Werbe- und Informationstätigkeit der Gewerkschaften. Sie sind gewöhnlich Beschäftigte, sind kein Ersatzbetriebsrat und sind nicht befugt den BR in seiner Tätigkeit zu stören.[16]
2.3 Gremien und Organisationen
Die Mitglieder des BR werden von den AN gewählt (§§ 7-20 BetrVG). Die Wahl des BR findet sich im Wahlrecht (§§ 7, 8 BetrVG), mit den Punkten der Größe und Zusammensetzung des BR (§§ 9, 15 BetrVG), der Wahlgrundsätze und –verfahren (§§ 13 ff. BetrVG), die Wahlanfechtung (§ 19 BetrVG) und der Wahlschutz und –kosten; der Amtszeit des BR mit der Untergliederung von Beginn und Ende (§§ 21, 21a, b, 22 BetrVG), dem Erlöschen der Mitgliedschaft (§ 24 BetrVG) und der Ersatzmitglieder (§ 25 BetrVG); der Geschäftsführung des BR mit dem BR-Vorsitzenden und seinen Stellvertretern (§ 26 BetrVG), betriebliche Ausschüsse und Arbeitsgruppen (§§ 27 bis 28a BetrVG), Sitzungen und Beschlüsse (§§ 29 bis 36 BetrVG), den Sprechstunden (§ 39 BetrVG), die Kosten und den Sachaufwand des BR (§§ 40, 41 BetrVG); sowie die rechtliche Stellung der BR-Mitglieder, die sich in den Untergliederungen von Ehrenamt, Arbeitsbefreiung, Schulungen (§ 37 BetrVG), den Freistellungen (§ 38 BetrVG), dem Kündigungsschutz (§§ 15 KSchG, 103 BetrVG) wieder findet.[17]
Als weitere Organe der Betriebsverfassung haben der Gesamtbetriebsrat, deren Errichtung und Mitgliedschaft (§§ 47 ff. BetrVG), die Zuständigkeit (§ 50 BetrVG) und die Betriebsräteversammlung (§ 53 BetrVG); der Konzernbetriebsrat ist eine fakultative Errichtung, das Gesetz geht von der Primärzuständigkeit der Gesamtbetriebsräte und der Subsidiarität der Konzernbetriebsräte aus, § 55 Abs. 1 BetrVG regelt näheres. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung hat ihre Rechte auf Betriebsebene (§§ 60 ff. BetrVG), im Unternehmen (§§ 72 ff. BetrVG) und im Konzern (§§ 73a, b BetrVG). Die Betriebsversammlung wird durch die Einberufung und Durchführung (§§ 43, 46 BetrVG), Zeitpunkt und Verdienstausfall (§ 44 BetrVG) sowie der Themen der Versammlung (§ 45 BetrVG) geregelt.[18] Zu den Gremien und Organisationen gehören noch der Wirtschaftsausschuss mit der Untergliederung Aufgaben und Organisation; der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten mit der Errichtung, Organisation und den Aufgaben sowie deren Rechte und der Europäische Betriebsrat mit der Errichtung, Organisation und den Rechten.
2.4 Die Einigungsstelle
Wegen des Verbots in § 74 Abs. 2 S. 1 BetrVG festgehaltenen unerlaubten Arbeitskampfs der Parteien von AG und BR, die zudem auch nicht tariffähig sind, erfolgt die Konfliktlösung bei innerbetrieblichen Streitigkeiten im Wege der freiwilligen (§ 76 Abs. 6 BetrVG) Schlichtung nach § 76 Abs. 5 BetrVG. Die Einigungsstelle ist eine betriebsverfassungsrechtliche Institution eigener Art, die nur bei Bedarf gebildet wird, § 76 Abs. 1 S. 1 BetrVG, durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden, § 76 Abs. 1 S. 2 BetrVG. Dieses empfiehlt sich namentlich in größeren Betrieben.[19] Ein erzwingbares Einigungsstellenverfahren nach § 76 Abs. 5 S. 1 und 2 kann für AG und BR nur in ganz bestimmten Fällen beantragt werden. Sind zwischen AG und BR Vereinbarungen zum § 102 Abs. 6 BetrVG getroffen worden oder ein Interessenausgleich nach § 112 Abs. 2 S. 2 BetrVG vereinbart worden, kann ebenfalls die Einigungsstelle entscheiden, wenn beide Betriebspartner sich der Entscheidung im Voraus oder nachträglich dem Spruch unterworfen haben.[20] Gesetzlich vorgesehene Fälle eines Einigungsstellenverfahren sind - die Schulung und Freistellung von BR-Mitgliedern (§§ 37 Abs. 6 S.6, Abs. 7 S.3; 38 Abs. 2 S. 5 und 6 BetrVG) – die Sprechstunde des BR (§ 39 Abs. 1 S. 3 und 4 BetrVG) – die Entscheidung über Arbeitnehmerbeschwerden (§ 85 Abs. 2 BetrVG) – die Auskunft an den Wirtschaftsausschuss (§ 109 BetrVG) – die Aufstellung eines Sozialplans (§ 112 Abs. 2 und 4 BetrVG). Besonders praxisrelevant ist das erzwingbare Einigungsverfahren im Rahmen der Mitbestimmung, das trifft insbesondere auf die sozialen Angelegenheiten (§ 87 Abs. 2 BetrVG) den Personalfragebogen usw. (§ 94 BetrVG) die Auswahlrichtlinien (§ 95 Abs. 1 und 2 BetrVG), die betrieblichen Bildungsmaßnahmen (§ 98 Abs. 4 BetrVG) und die Kündigungen gemäß Betriebsvereinbarung (§ 102 Abs. 6 BetrVG).[21]
Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden, wenn einer der Betriebspartner es verlangt. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten. Kommt keine Stimmenmehrheit zu Stande, nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Können die Beisitzer keine Einigung erzielen, ist die Stimme des Vorsitzenden ausschlaggebend. Im Übrigen bestimmt die Einigungsstelle im Rahmen rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze über die Einzelheiten des Verfahrens. Ist eine Seite mit dem Spruch unzufrieden, kann sie ihn arbeitsgerichtlich überprüfen lassen. Er unterliegt wegen der Rechtsweggarantie der richterlichen Rechtskontrolle. Das betrifft vor allem die Fälle, in dem die Einigungsstelle verbindlich entscheidet (§ 76 Abs. 5 BetrVG) oder sich im Voraus dem Spruch unterworfen haben (§ 76 Abs. BetrVG). Die Nachprüfung erfolgt im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren (§ 2a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. §§ 80 ff. ArbGG). Bei Regelungsstreitigkeiten geht es um einen Interessenstreit im Rahmen der Betriebsautonomie. Hier besteht Entscheidungsspielraum nach billigem Ermessen (§ 76 Abs. 5 S. 3 BetrVG). Ermessensfehler können innerhalb einer Frist beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden (§ 76 Abs. 5 S. 4). Das Gericht übt eine Ermessenskontrolle aus.[22] Nach § 112 Abs. 4 S. 2 BetrVG ersetzt der Spruch der Einigungsstelle beim Sozialplan die Einigung zwischen AG und BR. Es handelt sich hier um ein erzwingbares Einigungsverfahren (§ 76 Abs. 5 S. 1 BetrVG). Allerdings muss der Sozialplan wirtschaftlich vertretbar sein (§ 112 Abs. 5 S. 1 BetrVG).[23]
2.5 Beteiligungsrechte der AN durch den BR
Die Grundsätze der Aufgaben des BR und die Arten der Beteiligungsrechte können in dieser Arbeit nicht abschließend behandelt werden. Grundsätzliche Regelungen sind in §§ 74 ff. BetrVG enthalten, besondere in den §§ 87 bis 113 BetrVG, allgemeine Aufgaben in § 80 Abs.1 BetrVG. Arten der Beteiligungsrechte sind 1. das Mitwirkungsrecht in akzessorischen Auskunftsansprüchen sowie selbständige Auskunftsrechte durch die Betriebsverfassung; die Anhörung als stärkste Stufe der Mitwirkung; die Beratung, die über die einseitige Anhörung hinausgeht; das Widerspruchsrecht, das (in Verbindung mit § 102 Abs. 3 und Abs. 5 BetrVG) weit reichende Folgen haben kann; das Zustimmungsrecht, das auch das negative Konsensprinzip mit einschließt. 2. die Mitbestimmung, der Hauptanwendungsfall ist der § 87 BetrVG mit dem ungeschriebenen Initiativrecht des BR, es gilt das positive Konsensprinzip. Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. BetrVG besteht nach seinem Eingangssatz nur, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung fehlt. Der Tarifvorrang sichert zugleich die verfassungsrechtlich gewährleistetete Tarifautonomie. Für die Ziffern 1 bis 13 muss jeweils überprüft werden, ob eine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht.[24]
Durch das BetrVG hat der BR aber auch Mitwirkungsrechte in personellen Angelegenheiten, so bei den allgemeinen personellen Angelegenheiten (§§ 92-95 BetrVG), z.B. bei der Personalplanung (§ 92 BetrVG), Beschäftigungssicherung (§ 92a BetrVG), Stellenausschreibung (§ 93 BetrVG), Personalfragebogen und Beurteilungsgrundsätze (§ 94 BetrVG) und den Auswahlrichtlinien (§ 95 BetrVG); die Berufsausbildung (§§ 96-98 BetrVG) und die personellen Einzelmaßnahmen ( §§ 99-105 BetrVG). Der BR hat auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten mitzuwirken. Insbesondere wenn es um eine Betriebsänderung (§ 111 BetrVG), dem Interessenausgleich (§ 112 BetrVG), dem Sozialplan (§§ 112, 112a BetrVG) sowie dem Nachteilausgleich (§ 113 BetrVG) geht.[25]
[...]
[1] Edenfeld, Recht der Arbeitnehmermitbestimmung, S. 15, 16
[2] Vgl., Jaletzke, International operierende Unternehmen und deutsche Betriebsverfassung, S. 1-3
[3] Vgl., Lecher, Platzer, Rüb, Weiner, Verhandelte Europäisierung, S. 24
[4] Edenfeld, Recht der Arbeitnehmermitbestimmung, S. 17
[5] Vgl., a.a.O., S. 18
[6] Trebinger, Betriebsverfassungsrecht, S. 33 ff.
[7] Edenfeld, Recht der Arbeitnehmermitbestimmung, S. 20, 21
[8] Vgl., a.a.O., S.22
[9] Vgl., a.a.O., S. 1 ff
[10] Henssler, in: Reform der Betriebsverfassung und Unternehmerfreiheit, S. 34, 35
[11] Zachert, in: Reform der Betriebsverfassung und Unternehmerfreiheit, S. 117
[12] Vgl., Edenfeld, Recht der Arbeitnehmermitbestimmung, S. 6
[13] Vgl., a.a.O., S. 36
[14] Gorges, Der christlich geführte Industriebetrieb im 19. Jahrhundert und das Modell Villeroy & Boch, S. 273
[15] Edenfeld, Recht der Arbeitnehmermitbestimmung, S. 37 ff.
[16] Vgl., a.a.O., S. 46 ff.
[17] Vgl., a.a.O., S. 68 ff.
[18] Trebinger, Betriebsverfassungsrecht, S. 59 ff.
[19] Edenfeld, Recht der Arbeitnehmermitbestimmung, S. 109 ff.
[20] http://www.betriebsrat.com/03_informationen/einmaleins/tipp39.htm, S. 2
[21] Edenfeld, Recht der Arbeitnehmermitbestimmung, S. 111, 112
[22] Vgl., a.a.O., S. 113
[23] Vgl., a.a.O., S. 114
[24] Vgl., a.a.O., S. 143, 144.
[25] Trebinger, Betriebsverfassungsrecht, S. 82 ff.
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