Machiavelli hat als politischer Denker seine Leser stets polarisiert. Angefangen mit der Indizierung des Principe durch die Kurie im Jahr 1557 galt das Werk und sein Autor als Vertreter skrupelloser Machtpolitik und einer nihilistischen Weltanschaung. Dem entgegen steht eine Interpretationsgeschichte, die mit Rousseau beginnend in Machiavelli den glühenden Republikaner und italienischen Patrioten sieht. Die republikanische Interpretation erhielt v.a. durch die New Cambridge School einen neuen Anschub. So versuchten die Historiker John Pocock und Quentin Skinner Machiavelli nicht mehr von seinen „Tabubrüchen“ ausgehend als einen Kritiker despotischer Monarchien zu sehen. Stattdessen ordnen Sie ihn in eine ideengeschichtliche Betrachtung der Renaissance und einer ihrer geistigen Strömungen ein, für die Hans Baron den Begriff des „civic humanism“ geprägt hat. Dem entgegen steht eine Betrachtungsweise, die Versucht die inhaltlichen Spannungen, v.a. zwischen den Discorsi und dem Principe, zu überbrücken, indem sie beide als Analyse einer krisenhaft verstandenen Gegenwart interpretiert. Ausgangspunkt für diese Lesart sind die Betrachtungen Jacob Burckhartds über die Italienische Renaissance als Krisenepoche.
In der vorliegenden Arbeit möchte ich erörtern, inwiefern diese starke Betonung der republikanischen Aspekte in Machiavellis Werken gerecht wird. Dabei beziehe ich mich auf die Krisentheorie Jacob Burckhards und René Königs, der Machiavelli in diesem Lichte interpretiert und in seinem Denken den Spiegel politischer und persönlicher Krisen ausmacht. Davon ausgehend, möchte ich zeigen, dass die Frage nach dem politischen System für Machiavelli zwar von hoher Bedeutung ist, diese jedoch stets auf einer Methaebene, unter dem Gesichtspunkt von Stabilität bzw. Sicherheit der Verhältnisse verhandelt wird, und somit nicht von einer republikanischen Theorie im eigentlichen Sinne die Rede sein kann. Vielmehr konzipierte er eine Technik, die ein erfolgreiches Handeln in der Krise und letztlich eine Überwindung dieser ermöglichen soll.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Machivellis Republikanismus bei Skinner
- Machiavelli im Kontext des civic humanism
- Governo Largo und Volkssouveränität
- Kritik der Monarchie
- Die Krise der Renaissance
- Machiavelli als Autor der Krise
- Virtù und Fortuna als Kontingenzerfahrung
- Die Republik als Verteidigungsgemeinschaft
- Innere Stabilisierung der Republik
- Die Republik und der Fürst
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die republikanischen Aspekte in Machiavellis Werken, insbesondere im Hinblick auf die Krisentheorie Jacob Burckhardts und René Königs. Ziel ist es, zu erörtern, ob die starke Betonung des Republikanismus durch die Vertreter der New Cambridge School gerechtfertigt ist und ob Machiavelli tatsächlich eine republikanische Theorie im eigentlichen Sinne vertritt.
- Die Bedeutung von Virtù und Fortuna in Machiavellis Denken
- Die Rolle der Republik als Verteidigungsgemeinschaft und ihre Stabilisierung
- Die Beziehung zwischen der Republik und dem Fürsten
- Die Bedeutung der Krisentheorie für die Interpretation von Machiavellis Werken
- Die Einordnung von Machiavellis Denken in den Kontext des civic humanism
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und beleuchtet die unterschiedlichen Interpretationen von Machiavellis Werk. Kapitel 2 beleuchtet Machiavellis Republikanismus im Kontext des civic humanism anhand der Analyse von Quentin Skinner. Kapitel 3 thematisiert die Krise der Renaissance und Kapitel 4 analysiert Machiavelli als Autor der Krise, wobei die Konzepte von Virtù und Fortuna im Zentrum stehen. Der Fokus liegt auf der Rolle der Republik als Verteidigungsgemeinschaft und der Frage nach ihrer Stabilisierung. Kapitel 5 bietet eine Zusammenfassung der Ergebnisse und stellt die Schlussfolgerungen der Arbeit dar.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen des politischen Denkens von Niccolo Machiavelli, insbesondere mit seinem Republikanismus, seiner Krisentheorie und seinem Verständnis von Virtù und Fortuna. Die Arbeit analysiert auch die Rolle des civic humanism in Machiavellis Denken und die Beziehung zwischen der Republik und dem Fürsten. Wichtige Forschungsbeiträge der New Cambridge School werden dabei berücksichtigt.
- Quote paper
- Johannes Konrad (Author), 2016, Niccolo Machiavelli. Republikanischer Theoretiker oder Analyst der Krise?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/357232