Stottern im Kindesalter. Symptome, Entstehung, Diagnostik und Therapien der Sprechstörung


Hausarbeit, 2015

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Sprach- und Sprechstörungen im Kindes- und Erwachsenenalter
2.1 Lautbildstörungen – Dysarthrie und Sprachapraxie
2.2 Redeflussstörungen – Poltern und Stottern

3. Stottern im Kindesalter
3.1. Sprachliche Entwicklung im Kindesalter
3.2. Wann wird ein Kind als Stotterer bezeichnet und wann spricht es „nur“ unflüssig?

4. Symptome des Stotterns
4.1. Kern – und Begleitsymptome
4.2. Coping-Strategien

5. Theorien, Modelle und Ursachen zur Entstehung von Stottern
5.1. Johnsons diagnosogene Theorie
5.2. Starkweathers Modell von Anforderungen und Fähigkeiten
5.3. Ursachenbündel nach Wendlandt

6. Stottern und Gesellschaft
6.1. Familie
6.2. Schule

7. Diagnostik

8. Therapien und Konzepte
8.1. Fluency-Shaping-Therapie
8.2. Non-avoidance-Ansatz
8.3. Stärker als Stottern (=SAS)

9. Schlussteil

Literaturverzeichnis

1.Einleitung

„Ich habe bis heute Vieles in meinem Leben erreicht und auch so manche schwierige Situation gut gemeistert. [...] In meinen jungen Jahren hätte ich niemals gedacht, dass ich dies mit meinem Sprachfehler so weit bringen könne.“[1].

Das Zitat von Frank Krüger aus seiner Biographie „Mobbing-Falle Stottern. Habs hinter mir gelassen“ macht deutlich, dass ein Leben mit einer Sprach- oder Sprechstörung nicht ein minderwertigeres Leben bedeuten muss. Aber wie hat Frank Krüger es geschafft mit seiner Sprechstörung so umzugehen und solch ein Selbstvertrauen aufzubauen? Diese Frage möchte ich als Leitfrage zu meiner Hausarbeit zum Thema Stottern verwenden.

Kommunikation aber auch verschiedene Störungen der Kommunikation, wie zum Beispiel Sprach- oder Sprechstörungen, die zwischen Menschen stattfinden, sind in unserer Gesellschaft nicht mehr weg zu denken. Jeden Tag nehmen wir Sprach- oder Sprechstörungen bewusst oder unbewusst war und sind oder waren gegebenenfalls von diesen betroffen. Viele dieser Störungen beeinflussen den Charakter des betroffenen Menschen und sein Verhalten, da er sich lediglich darauf begrenzt. Besonders bei der Sprechstörung Stottern ist auffällig, dass die betroffenen Kinder und Erwachsenen sich schämen, kommunikativ sehr eingeschränkt und emotional beeinträchtigt sind. Des Weiteren kann sich die Sprechstörung auf die soziale und psychische Entwicklung des Betroffenen auswirken.

In meiner Hausarbeit werde ich zunächst Sprach- und Sprechstörungen voneinander differenzieren und einzelne Sprechstörungen, aber vor allem das Stottern, darstellen. Im Verlauf der Hausarbeit werde ich sowohl auf die sprachliche, als auch soziale und psychische Entwicklung des Kindes und die Symptome des Stotterns beschreiben. Anschließend werden verschiedene Therapien und Ansätzen gegen das Stottern vorgestellt und mich auf die Leitfrage der Einleitung Bezug genommen.

2. Sprach- und Sprechstörungen im Kindes- und Erwachsenenalter

Sprach- und Sprechstörungen werden nicht als eine gemeinsame Störung angesehen, sondern als Störung verschiedener Bereiche diagnostiziert und behandelt. Bei der Sprachstörung handelt es sich um die Störung der Sprache eines Individuums und bei der Sprechstörung um die Störung des Sprechens. Bei der letzteren genannten handelt es sich somit um „eine gewisse Unfähigkeit zur korrekten Artikulation oder des flüssigen Redeablaufs“[2].

Die Sprechstörungen im Kindesalter werden in zwei großen Gruppen unterteilt: zum einen die Störungen bei dem Bilden von Lauten und zum anderen die Redeflussstörungen[3].

2.1 Lautbildstörungen – Dysarthrie und Sprachapraxie

Zentrale Lautbildungsstörungen sind zum Beispiel die Dysarthrie oder die Sprechapraxie. Dysarthrien sind neurogen bedingte Sprechstörungen. Dies bedeutet, dass die Verarbeitung des Sprechens im Gehirn gestört ist. Die Sprechbewegungsmuster können nicht mehr koordiniert werden, wodurch vor allem die Muskulatur der Atmung, des Kehlkopfes und der supralaryngealen Artikulationsmuskulatur eingeschränkt ist. Demzufolge ist die Sprache undeutlich und die Artikulation läuft im Allgemeinen verlangsamt ab[4].

Die Sprechapraxie tritt vor allem im Erwachsenenalter auf und ist ebenfalls eine neurogen bedingte Sprechstörung, welche die Sprechplanung eines Sprechers betrifft. Der Sprecher kann die einzelnen, erforderlichen Artikulationsbewegungen nicht kontrollieren und koordinieren, wodurch die Aussprache bis zur Unverständlichkeit gestört werden kann[5].

2.2 Redeflussstörungen – Poltern und Stottern

Die bekanntesten Redeflussstörungen sind sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter das Poltern und das Stottern. Das Poltern wird sowohl im Bereich der Sprach- und Sprechstörungen behandelt, da es sich hierbei um eine Kombination der beiden Störungen handelt. Sprecher, die das Poltern aufzeigen, sprechen phasenweise mit einer überhasteten und unrhythmischen Geschwindigkeit. Des Weiteren wird der Redefluss häufig unterbrochen und es findet eine Auslassung und Verschmelzung von Lauten, Silben und Wörtern statt[6].

Das Stottern wird ebenfalls im Kindes- und Erwachsenenalter behandelt und es kann zwischen drei Typen differenziert werden: das neurogene, psychogene und idiopathische Stottern. Neurogenes Stottern kann in allen Altersklassen auftreten, da es infolge eines neurologischen Traumas auftritt. Psychogenes Stottern tritt fast nur im Erwachsenenalter auf, da dieser Typ des Stotterns infolge eines psychologischen Traumas festzustellen ist. Das idiopathische Stottern tritt sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter auf, allerdings treten die Symptome bei diesem Typus erstmals im Kindesalter auf und können lediglich bis in das Erwachsenenalter andauern[7]. In der Hausarbeit beziehe ich mich verstärkt auf das idiopathische Stottern.

Stottersymptomatik aufweisende Individuen überschreiten häufig die benötigte Zeit zur Sprachproduktion. Außerdem können sie in dem Moment des Stotterns ihre Artikulationsbewegungen nicht kontrollieren und koordinieren, wodurch die Betroffenen ihren Sprechbeitrag nicht realisieren können[8]. Bei der Realisierung ihrer Sprache wiederholen oder dehnen die Betroffene einzelne Laute oder Silben oder blockieren diese bei der Aussprache[9].

Das Stottern tritt in zwei verschiedene Formen auf: klonisch oder tonisch. Klonisches Stottern bedeutet, dass die Betroffenen fast ausschließlich die Laute und Silben wiederholen, wohingegen das tonische Stottern die Blockaden im Sprechablauf meint[10]. Allerdings werden die Begriffe „tonisch“ und „klonisch“ in der aktuellen Literatur und Wissenschaft nicht mehr verwendet, da sie aus der Zeit stammen in der Stottern als zerebrales Krampfleiden bezeichnet wurde[11].

Stottern wird ebenfalls als eine Kommunikationsstörung beschrieben, da es zum einen, wie schon beschrieben, den Redefluss stört und zum anderen auch den Kommunikationspartner betrifft, da dieser durch tatsächliche oder vermutetet Reaktionen sowohl den Betroffenen als auch die Stottersymptomatik beeinflusst[12].

Ungefähr fünf Prozent der Kinder zeigen zwischen dem dritten bis sechsten Lebensjahr Unflüssigkeiten in ihrem Gesprochenem auf, aber nur bei ungefähr einem Prozent (von den 5 %) entwickeln sich diese zum chronischen Stottern[13]. Bei den betroffenen Kindern handelt es sich um mehr Jungen (Verhältnis zu Mädchen 2:1), da ein größerer Anteil an Mädchen eine Remission aufweisen. Das Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen steigt im Jugendalter auf 4:1. Remissionen treten sowohl nach ungefähr zwei Jahren nach dem Beginn des Stotterns auf, aber auch nach jahrelangem Bestehen der Störung. Allerdings erfahren Betroffene des Stotterns nach der Pubertät keine beziehungsweise nur noch in Einzelfällen eine Remission[14].

In Deutschland sind ungefähr 820.000 Menschen von der Sprechstörung Stottern betroffen (Stand 2014)[15].

Das Stottern wird durch Kern- und Begleitsymptome charakterisiert. Es folgt eine Diagnose und die anschließende Behandlung durch verschiedene Ansätze und Therapien.

3. Stottern im Kindesalter

3.1. Sprachliche Entwicklung im Kindesalter

Die sprachliche Entwicklung des Kindes beginnt von dem Moment der Geburt bis zum ungefähr sechsten Lebensjahr. Wendlandt staffelt die sprachliche Entwicklung in elf Schritte ein, welche richtungsabhängig (von Neugeboren bis sechs Jahre) voneinander sind. Er unterscheidet auch in den Stadien der Entwicklung zwischen den sprachlichen Äußerungen, die ein Kind erbringt, und dem Sprachverständnis des Kindes[16]. Ein Neugeborenes kann sich demnach nur durch das Schreien äußern. Ein Sprachverständnis ist allerdings nicht überprüfbar, obwohl davon ausgegangen werden kann, dass Eltern zwischen verschiedene „Schreitypen“ differenzieren können. Dagegen besitzt ein 12 Monate altes Kind einen Wortschatz von zwei bis zehn Wörtern und kann unter anderem durch Sprachäußerungen wie „Wauwau“ aufmerksam machen. Von einem Sprachverständnis wird ebenfalls bei einjährigen Kindern ausgegangen, da diese zum Beispiel Gegenstände holen können, wenn sie dazu aufgefordert werden[17].

Vor allem die Sprachäußerungen erweitern und entwickeln sich zwischen dem ersten und sechsten Lebensjahr rapide weiter. Das Kind erlernt immer mehr Wörter und besitzt demzufolge einen immer größer werdenden, aktiven Wortschatz. Die Artikulation von einzelnen Lauten wird bis zum 30. Monat immer deutlicher und das Kind beginnt mit der Artikulation zweier und mehrerer Anlautverbindungen (zum Beispiel „pl“). Ab dem dritten Jahr beginnt das Kind einfache Sätze zu bilden und konjugiert die Verben in die richtige Form. Des Weiteren erlernt das Kind, dass das Verb an verschiedenen Stellen im Satz stehen kann (zum Beispiel Aussagesatz und Fragesatz). Zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr spricht das Kind fließend. Die Sätze werden komplexer und die Laute deutlich und richtig artikuliert[18].

Im ersten und zweiten Lebensjahr des Kindes stehen die Artikulation und das koordinieren und kontrollieren der Artikulationsmuskeln im Vordergrund der sprachlichen Entwicklung, ab dem dritten Lebensjahr stehen dagegen das Erlernen eines immer wachsenden Wortschatzes und die Verwendung von korrekter Grammatik[19].

3.2. Wann wird ein Kind als Stotterer bezeichnet und wann spricht es „nur“ unflüssig?

Bei Kindern zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr weisen ungefähr 80 Prozent Unflüssigkeiten beim Sprechen auf, bei denen zwischen den funktionellen und den symptomatischen Unflüssigkeiten unterschieden werden muss[20]. Nur vier bis fünf Prozent dieser betroffenen Kinder weisen beginnende Stottersymptomatik auf, welche dann als symptomatische Unflüssigkeiten bezeichnet werden können. Doch wie können die funktionellen Unflüssigkeiten von den symptomatischen differenziert werden?

Funktionelle Unflüssigkeiten werden von dem Zuhörer nicht bewusst wahrgenommen, da sich diese meist nicht auf den Inhalt des Gesprochenen beziehen und auch funktionell eingesetzt werden können. Symptomatische Unflüssigkeiten werden von dem Sprecher unfreiwillig angewendet und treten an unerwarteten Stellen des Gesprochenen auf, wodurch diese dann von dem Zuhörer bewusster wahrgenommen werden[21].

Die beiden Typen der Unflüssigkeiten lassen sich zunächst schwierig voneinander unterscheiden, da das Kind bei beiden Wiederholungen, Dehnungen und Pausen anwendet. Doch beim genaueren Zuhören und Betrachten dieser Symptome lassen sich Unterschiede feststellen. Die Wiederholungen bei den funktionellen Unflüssigkeiten betreffen überwiegend einzelne oder mehrere Wörter oder Silben. Anders ist dies bei den symptomatischen Unflüssigkeiten, da hier vor allem die Laute betroffen sind und diese den Sprechrhythmus stören[22]. Die Dehnungen und Pausen werden bei den funktionellen Unflüssigkeiten von dem Hörer als kurz empfunden, in dem das Kind versucht ein zum Satz passendes Wort zu finden oder den kompletten Satz neu zu strukturieren[23]. Bei den symptomatischen Unflüssigkeiten werden die Dehnungen als länger empfunden und die Pausen als Ausdruck von körperlichen Anspannungen wahrgenommen: „Das Kind bleibt an einem Laut hängen [...] und es können Verspannungen vor allem im Mundbereich sichtbar werden[...].“[24]. Wenn Eltern auffällt, dass ihr Kind unflüssig spricht, darf dies nicht sofort mit der Sprechstörung Stottern assoziiert werden, da Kinder ab Beginn der auftretenden Unflüssigkeiten, diese meist ein halbes Jahr anwenden[25]. Erst wenn die Unflüssigkeiten über einen längeren Zeitraum von den Kindern angewendet werden oder diese sogar zunehmen, müssen Eltern darauf achten, dass diese sich nicht zu einem chronischen Stottern entwickeln.

Chronisches Stottern (im Folgenden Stottern) wirkt sich nicht nur auf das Sprechverhalten eines Kindes aus, sondern auch auf sein Verhalten, seiner Kommunikationsbereitschaft und seine Emotionen. Das Stottern wird aber nicht durch das Auftreten der symptomatischen Unflüssigkeiten diagnostiziert, sondern durch „ihre Häufigkeiten und ihre Qualität“[26]. In der Sprachwissenschaft ist die Rede von Kern- und Begleitsymptomen des Stotterns.

4. Symptome des Stotterns

4.1. Kern – und Begleitsymptome

Die bereits erwähnten symptomatischen Unflüssigkeiten werden als Kernsymptome bezeichnet: „Kernsymptome sind unfreiwillige Blockierungen, Dehnungen von Lauten und Wiederholungen von Lauten und einzelnen Silben.“[27].

Als Begleitsymptome werden alle Symptome bezeichnet, die zusätzlich zu den Kernsymptomen auftreten und mit diesen meistens in einer Wechselbeziehung stehen[28]. Die Begleitsymptome werden von Therapeuten und Logopäden sowohl auf der körperlichen, als auch der sozialen und emotionalen Ebene belastender als die Kernsymptome eingestuft, da die Betroffenen durch diese in ihrer Kommunikation stärker behindert sind[29]. Einige Beispiele der Begleitsymptomatik sind die Sprechangst, Selbstabwertungen, das Sprechen teilweise oder ganz zu vermeiden und physische Anspannungen[30]. Dass die Kern – und Begleitsymptome sich gegenseitig beeinflussen, kann wie folgt beschrieben werden: „Kernsymptome führen einerseits zur Entwicklung von Begleitsymptomen. Begleitsymptome lösen aber auch Kernsymptome aus und verstärken sie.“[31].

4.2. Coping-Strategien

Coping-Strategien sind Symptome die sowohl intuitiv unbewusst, als auch bewusst von den Betroffenen eingesetzt und angewendet werden, um den „Stottermoment zu überwinden oder ihm vorzubeugen.“[32]. Bei den Coping-Strategien wird zwischen dem Fluchtverhalten und dem Vorbeugeverhalten unterschieden[33].

Das Fluchtverhalten beschreibt jenes Verhalten, welches angewendet wird, um ein oder mehrere Stottersymptome (meist handelt es sich hierbei um Kernsymptome) zu überwinden. Die Betroffenen versuchen bei diesem Verhalten unter anderem mit einem erhöhten Kraftaufwand gegen die Störung anzukämpfen oder verändern ihre Atmung. Die Kernsymptome führen bei diesem Verhalten somit zu Begleitsymptomen. Dagegen handelt es sich bei dem Vorbeugeverhalten um ein Verhalten, welches die Betroffenen anwenden, um ein Stottermoment zu unterdrücken oder zu vermeiden. Somit wird dieses Verhalten schon vor der auftretenden Symptomatik eingesetzt. Die Kinder verändern hierbei unter anderem ihre Sprechweise oder es findet ein sprachliches oder situatives Vermeiden statt[34].

Coping-Strategien werden für die Betroffenen nach einiger Zeit jedoch zur Gewohnheit, wodurch sich diese abnutzen. Aus diesem Grunde entwickeln die betroffenen Kinder immer wieder neue Coping-Strategien, die allerdings nur das Stottern beziehungsweise die Symptome überdecken, diese aber nicht therapieren. Hierbei ist die Rede von dysfunktionellen Coping-Strategien. An einem Beispiel erläutert meint diese Form der Coping-Strategie, dass ein Kind von seinen Eltern oder seinem Umfeld eine emotionale Reaktion oder negative Rückmeldung auf das Sprechverhalten bekommen hat und sich daraufhin schämt[35]. Im Gegensatz dazu stehen die funktionelle Coping-Strategien, die auch in der Therapie eingesetzt werden. Hieber handelt es sich zum Beispiel um ein Kind, das eine Selbstakzeptanz aufgebaut hat und auch während des Stotterns ohne Anspannung weiterspricht beziehungsweise in diesem Moment weiterstottert[36].

5. Theorien, Modelle und Ursachen zur Entstehung von Stottern

In den letzten Jahrzehnten sind viele Theorien und Modelle zu der Entstehung von Stottern entwickelt und verfasst worden. Zugleich haben sich Wissenschaftler mit der Frage auseinandergesetzt, welche Ursachen zur Entstehung verantwortlich sind. Sowohl bei den Theorien und Modellen, als auch bei der Beschreibung von den Ursachen sind die Wissenschaftler in der heutigen Zeit der Meinung, dass man sich bei Sprechstörungen und somit auch bei dem Stottern auf eine multifaktorielle Erklärung einigen muss. Doch auch vor diesem Verständnis haben einige Theoretiker Theorien und Modelle gebildet, welche bis in die heutige Zeit die Diagnose und Therapien des Stotterns beeinflussen. Einer dieser Theoretiker ist Wendell Johnson mit seiner diagnosogenen Theorie.

5.1. Johnsons diagnosogene Theorie

Wendell Johnson war ein amerikanischer Psychologe, der durch seine diagnosogene Theorie zur Entstehung des Stotterns (1942) bekannt geworden ist. In seiner Theorie spricht er sich dafür aus, dass das Stotterns nicht durch das Kind, sondern durch dessen Eltern beziehungsweise andere nahe stehende Personen des Kindes entstehe „ nicht im Munde des Kindes, sondern in den Köpfen der Eltern“[37]. Seine Theorie unterstütze er mit einer Untersuchung von Kindern, bei denen ungefähr ein Drittel der Kinder, die als Nicht-Stotterer bezeichnet wurden, mehr Unflüssigkeiten aufwiesen als der Durchschnitt der stotternden Kinder. Er erklärt, dass die Entstehung des Stotterns durch die vermehrte Aufmerksamkeit von Unflüssigkeiten der Eltern dazu führe, dass das Kind versuche diese zu vermeiden und dagegen anzukämpfen. Er spricht hierbei von einer Anstrengung der Kinder, welche wiederum dazu führe, dass das Kind zu stottern beginnt[38]. Diese Ansicht unterstützt die oben genannte Aussage, dass die Begleitsymptome die Kernsymptome auslösen.

Johnson nennt in seiner Theorie drei Faktoren für die Entstehung des Stotterns: Ausmaß der Unflüssigkeiten, Reaktionen der Zuhörer auf Unflüssigkeiten und das Ausmaß, in dem das Kind seine eigenen Unflüssigkeiten und die Reaktionen der Zuhörer wahrnimmt[39].

Die Theorie nach Johnson wird heutzutage zwar stark kritisiert, aber findet bis in die heutige Zeit Einfluss auf die Erklärungsversuche des Stotterns. Vor allem die vorgeschlagene reine Elternarbeit und Elternberatung in der Theorie wird stark kritisiert, da Eltern, nach Johnson, nicht auf die Unflüssigkeiten ihrer Kinder eingehen und sogar so tun sollen, als bemerken sie diese gar nicht. Die Theorie bezieht zum einen andere Interaktionsformen (Schule, Freunde etc.), aber auch das Kind selber nicht in die Therapie mit ein[40].

In einem späteren veröffentlichten Ansatz wird die Kritik an Johnsons aufgenommen und ein Modell entwickelt, bei dem das Kind und die Eltern eine wichtige Rolle einnehmen. Bei diesem Modell handelt es sich um Starkweathers Modell von Anforderungen und Fähigkeiten.

5.2. Starkweathers Modell von Anforderungen und Fähigkeiten

Starkweathers Modell wurde von Starkweather und Gottwald 1990 veröffentlicht. Ihnen ist aufgefallen, dass stotternde Kinder oft auch eine Sprachentwicklungsverzögerung aufwiesen, andere stotternde Kinder wiederrum einen sehr guten, meist überdurchschnittlichen Sprachentwicklungsstand aufzeigten. Diese Beobachtungen dienten als Grundlage für das Modell, welches eine Wechselwirkung zwischen Fähigkeiten und Anforderungen aufzeigen und erklären möchte[41].

[...]


[1] Krüger, Frank: Mobbing-Falle Stottern. Habs hinter mit gelassen. Norderstedt 2012.

[2] Steiner, Michael: Einige Sprach-und Sprechstörungen im Kindesalter. Bamberg 2006.

[3] Grohnfeldt, Manfred: Grundlagen der Sprachtherapie und Logopädie. München 2012.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Grohnfeldt, Manfred: Grundlagen der Sprachtherapie und Logopädie. München 2012.

[7] Mayer, Ingeborg / Thum, Georg: Sprachtherapie bei Kindern und Jugendlichen. Ein methodenkombinierter Ansatz. München 2014.

[8] Grohnfeldt, Manfred: Grundlagen der Sprachtherapie und Logopädie. München 2012.

[9] Wendlandt, Wolfgang: Sprachstörungen im Kindesalter. Materialien zur Früherkennung und Beratung. 4. Aufl. Stuttgart, New York 2000.

[10] Ebd.

[11] Sandrieser, Patricia / Schneider, Peter: Stottern im Kindesalter. Forum Logopädie. 3., vollst. überarb. Aufl.. Stuttgart, New York 2008.

[12] Mayer, Ingeborg / Thum, Georg: Sprachtherapie bei Kindern und Jugendlichen. Ein methodenkombinierter Ansatz. München 2014.

[13] Sandrieser, Patricia / Schneider, Peter: Stottern im Kindesalter. Forum Logopädie. 3., vollst. überarb. Aufl.. Stuttgart, New York 2008.

[14] Ebd.

[15] Mayer, Ingeborg / Thum, Georg: Sprachtherapie bei Kindern und Jugendlichen. Ein methodenkombinierter Ansatz. München 2014.

[16] Wendlandt, Wolfgang: Sprachstörungen im Kindesalter. Materialien zur Früherkennung und Beratung. 4. Aufl. Stuttgart, New York 2000.

[17] Wendlandt, Wolfgang: Sprachstörungen im Kindesalter. Materialien zur Früherkennung und Beratung. 4. Aufl. Stuttgart, New York 2000.

[18] Ebd.

[19] Ebd.

[20] Grohnfeldt, Manfred: Grundlagen der Sprachtherapie und Logopädie. München 2012.

[21] Grohnfeldt, Manfred: Grundlagen der Sprachtherapie und Logopädie. München 2012.

[22] Sandrieser, Patricia / Schneider, Peter: Stottern im Kindesalter. Forum Logopädie. 3., vollst. überarb. Aufl.. Stuttgart, New York 2008.

[23] Wendlandt, Wolfgang: Sprachstörungen im Kindesalter. Materialien zur Früherkennung und Beratung. 4. Aufl. Stuttgart, New York 2000.

[24] Ebd.

[25] Ebd.

[26] Sandrieser, Patricia / Schneider, Peter: Stottern im Kindesalter. Forum Logopädie. 3., vollst. überarb. Aufl.. Stuttgart, New York 2008.

[27] Ebd.

[28] Ebd.

[29] Ebd.

[30] Ebd.

[31] Ebd.

[32] Ebd.

[33] Ebd.

[34] Sandrieser, Patricia / Schneider, Peter: Stottern im Kindesalter. Forum Logopädie. 3., vollst. überarb. Aufl.. Stuttgart, New York 2008.

[35] Ebd.

[36] Ebd.

[37] Sandrieser, Patricia / Schneider, Peter: Stottern im Kindesalter. Forum Logopädie. 3., vollst. überarb. Aufl.. Stuttgart, New York 2008.

[38] Ebd.

[39] Ebd.

[40] Ebd.

[41] Sandrieser, Patricia / Schneider, Peter: Stottern im Kindesalter. Forum Logopädie. 3., vollst. überarb. Aufl.. Stuttgart, New York 2008.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Stottern im Kindesalter. Symptome, Entstehung, Diagnostik und Therapien der Sprechstörung
Hochschule
Universität Bielefeld
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
27
Katalognummer
V359174
ISBN (eBook)
9783668441033
ISBN (Buch)
9783668441040
Dateigröße
560 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
stottern, kindesalter, symptome, entstehung, diagnostik, therapien, sprechstörung
Arbeit zitieren
Monique Schulz (Autor:in), 2015, Stottern im Kindesalter. Symptome, Entstehung, Diagnostik und Therapien der Sprechstörung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/359174

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