Polizei und Autorität. Die Machtposition und ihre Auswirkungen auf eine interaktive Gewaltanwendung zwischen Bürgern und Polizei


Seminararbeit, 2016

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmungen
2.1 Das staatliche Gewaltmonopol
2.2 Der Gewaltbegriff
2.3 Die Verhältnismäßigkeit
2.4 Der unmittelbare Zwang

3 Ursachen der Polizeigewalt
3.1 Entstehung polizeilicher Strukturen
3.2 Subkultur unter Polizisten – „Cop Culture“
3.3 Die „Authority Maintenance Theory“
3.4 Die „Control Balance Theory“

4 Die Täter „Polizei“
4.1 Die Körperverletzung im Amt
4.2 Probleme im Ermittlungsverfahren

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die deutschen Medien berichten immer häufiger über das Phänomen der übermäßigen Gewaltanwendung. Es stellt sich die Frage, wie es zu diesen Gewalteskalationen kommt.

Es ist fraglich, ob eine gewisse Machtposition das Verhalten bei der interaktiven Gewaltanwendung zwischen Bürger und Polizei beeinflusst.

Dabei muss zunächst das Gewaltmonopol, welches der Polizei zusteht näher definiert werden. Im Anschluss daran wird der Gewaltbegriff im weitesten Sinne erklärt und mit dem Begriff der Verhältnismäßigkeit in Verbindung gebracht. Die konkrete Anwendung von Gewalt in Form des unmittelbaren Zwangs wird daran anknüpfend bestimmt.

Die Frage nach den Ursachen für Polizeigewalt wird untergliedert in verschiedene theoretische Ansätze.

Dabei gilt es zu beachten, dass der Begriff Polizeigewalt immer die unverhältnismäßige Gewaltanwendung meint.

Es wird zu diesem Thema zunächst auf die Entstehung polizeilicher Strukturen eingegangen. Die zeitliche Komponente dieser Entstehungsgeschichte führt dann zu dem Begriff der Subkultur unter Polizisten. Dabei wird vor allem der Begriff „Cop Culture“ näher erläutert.

Bei der Ursachenforschung für Polizeigewalt stößt man auf zwei Theorien. Es handelt sich zu einem um die „Authority Maintenance Theory“ und zum anderen um die sogenannte „Control Balance Theory“. Es werden die Kernaussagen dieser Theorien dargestellt und in einen polizeilichen Bezug gebracht.

Es stellt sich im weiteren Verlauf die Frage, welche Konsequenzen die Gewalteskalationen nach sich ziehen.

Dabei wird auf näher auf den Straftatbestand der Körperverletzung im Amt gemäß § 340 Strafgesetzbuch eingegangen. Liegen Anhaltspunkte für das Vorliegen dieses Straftatbestandes vor, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Hinblick auf das Verfahren müssen Probleme bei der Führung dieses Ermittlungsverfahrens erläutert werden.

Zum Schluss wird noch ein zusammenfassendes Fazit gezogen.

2 Begriffsbestimmungen

2.1 Das staatliche Gewaltmonopol

Um die Machtposition eines Polizeibeamten verstehen zu können, muss zunächst einmal geklärt werden, welche Stellung die Polizei als Institution in der Gesellschaft einnimmt.

Die Polizei nimmt ein sogenanntes staatliches Gewaltmonopol wahr. Dieses Gewaltmonopol ist hauptsächlich geprägt von der Inanspruchnahme physischer Gewalt in Form von unmittelbarem Zwang.[1] Die Ausübung von unmittelbarem Zwang ist Spezialistengruppen vorbehalten, um das geltende Recht durchzusetzen.[2]

Nach einer anderen Definition ist das Gewaltmonopol zudem als ein wichtiges Element der inneren Autonomie eines Staates zu betrachten.[3] Die Durchsetzung von physischer Gewalt ist der Gesellschaft untersagt und dem Staat, unter Beachtung der Grenzen durch die Grundrechte und des „ultima ratio“-Prinzips, als Hilfsmittel zur Verfügung gestellt worden.[4]

Die Polizei kann dementsprechend nicht schrankenlos aktiv werden.[5] Das Grundgesetz bindet die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht.[6]

Diese Privilegien verleihen der Polizei eine gewisse Autorität in der Gesellschaft.

Gewalt kann jedoch in den verschiedensten Formen auftreten und verlangt daher nach Einschränkungen für die Polizei.

2.2 Der Gewaltbegriff

Der juristische Gewaltbegriff ist definiert als der sogenannte „physisch vermittelte Zwang zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstandes“. Im Gebiet des Staatsrechts wird das Augenmerk der Definition von Gewalt auf die Staatsgewalt gelegt.[7]

Die Staatsgewalt in der Gestalt der Polizei übt also sogenannte (wie oben bereits abgehandelt) Polizeigewalt in Form von Zwang aus.

Polizeiliche Maßnahmen ergehen zum Nachteil der Grundrechte Betroffener, wobei der Einsatz von Zwang, vor allem von unmittelbarem Zwang, den stärksten Grundrechtseingriff darstellt.[8]

Eine differenzierte Sicht über den Begriff der Gewalt gibt die Definition nach Popitz. Demnach ist Gewalt eine Machtaktion, die eine beabsichtigte physische Verletzung nach sich zieht. Es ist gleichgültig, ob die Gewalt für den Anwender im Sinne des Vollzugs ergeht oder zu einer dauerhaften Unterwerfung führen soll.[9]

Diese Polizeigewalt in Form des unmittelbaren Zwangs kann jedoch unverhältnismäßig ergehen. Demnach muss auf den Verhältnismäßigkeits-grundsatz eingegangen werden.

2.3 Die Verhältnismäßigkeit

„Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist ein Verfassungsprinzip und Leitlinie des gesamten staatlichen Handelns.“[10] Dieser Grundsatz ist nicht explizit geregelt und wird abgeleitet aus Art. 20 GG, dem Rechtsstaatprinzip. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist der wichtigste Faktor, den es zu beachten gilt, wenn die Polizei mit unmittelbarem Zwang eingreift.[11]

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist in drei Unterkategorien gegliedert: die Geeignetheit, die Erforderlichkeit und die Angemessenheit (welche die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne darstellt).[12]

Innerhalb der polizeilichen Aufgaben der Gefahrenabwehr ergibt sich ein sogenanntes Übermaßverbot.[13] Dieses ist in §2 PolG NRW geregelt.[14] Es definiert die oben genannten Unterkategorien des Verhältnismäßigkeits-grundsatzes genauer.

Im Rahmen der Geeignetheit kommt es insbesondere auf die Wahl des mildesten Mittels unter gleichwirksamen Mitteln an. Die Erforderlichkeit ist vor allem durch die Zweckförderung der Maßnahme gekennzeichnet. Die Angemessenheit abschließend verlangt eine Abwägung zwischen der Intensität des Grundrechtseingriffs und dem erstrebten Erfolg.[15]

Die Bedeutung der Verhältnismäßigkeit wird bei Zwangsmaßnahmen und insbesondere bei Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs, welche dem „ultima ratio“-Grundsatz unterliegen, deutlich.

2.4 Der unmittelbare Zwang

Der unmittelbare Zwang, welcher die Gewalt ausgehend von der Polizei näher normiert, ist ebenfalls im Polizeigesetz von Nordrhein-Westfalen geregelt, sodass ein solches Einschreiten somit ebenfalls vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beschränkt wird.

Unmittelbarer Zwang ist in § 58 Abs.1 PolG NRW legal definiert. Demnach ist unmittelbarer Zwang die Einwirkung auf Personen oder Sachen mittels körperlicher Gewalt, ihrer Hilfsmittel oder durch Waffen.[16]

Untergliedert wird der unmittelbare Zwang gemäß der Definition in drei Unterkategorien: einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und Waffen.

Die Anwendung von unmittelbaren Zwang unterliegt schärfster Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Innerhalb einer Prüfung des unmittelbaren Zwangs werden die einzelnen Elemente der Verhältnismäßigkeit mehrfach geprüft, um damit die Wichtigkeit ganz besonders hervorzuheben. Es liegen Ursachen für die Entstehung von unverhältnismäßiger Gewalt in der fehlerhaften Anwendung dieses Verhältnismäßigkeitsprinzips.

3 Ursachen der Polizeigewalt

Diese Ursachen müssen im Zusammenhang mit polizeilichen Strukturen und anerkannten Theorien näher beleuchtet werden.

3.1 Entstehung polizeilicher Strukturen

Die Bewahrung der rechtsstaatlichen Ordnung und damit die Freiheit jedes einzelnen Bürgers ist nach eigenem Selbstverständnis die Hauptaufgabe der Polizei.[17]

Um die Aussagekraft dieser These folgen zu können, muss man einen kurzen Einblick in die Entwicklung der Polizei von heute und der Polizei im Nationalsozialismus erlangen.

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten, welche im Jahre 1933 von statten ging, hat den Fortschritt des Rechtsstaatprinzips der Polizei vorerst einbetoniert. Die Polizei wurde als eine Art Werkzeug des nationalsozialistischen Staates benutzt.[18]

Während der Nachkriegszeit bemühte sich insbesondere der Westen Deutschlands darum, dass die Polizei entmilitarisiert und wieder auf Länder- und Gemeindepolizeien umorganisiert wird. Ab dem Jahre 1949 setzte eine in Einklang stehende staaatliche Polizeiorganisation durch. Erst ab dem Jahre 1976 wurde ein einheitliches Polizeigesetz des Bundes und der Länder entworfen, welches dem heutigen in seinen Grundzügen ähnelt.[19]

Heutzutage ist die Polizei ein Teil der staatlichen Exekutive und der Landesverwaltung zugehörig. Demzufolge ist das jeweilige Bundesland der oberste Dienstherr.[20]

Polizeibeamte sind somit an Vorgaben diverser Vorgesetzte gebunden. Es entwickeln sich jedoch innerhalb der einzelnen Hierarchien eigene Handlungsmuster, die eine sogenannte Subkultur der Polizei schaffen.

3.2 Subkultur unter Polizisten – „Cop Culture“

Der Begriff „Subkultur“ innerhalb des Gewaltmonopols beschreibt verschiedenste Arten des „Verteidigens“ und der Erfüllung des staatlichen Herrschaftsanspruchs innerhalb der Polizei. Eingehend auf die „Cop Culture“ ist damit gemeint, „dass sich in der Cop Culture sowohl die Ermöglichungs-formen für die Durchsetzung staatlicher Gewalt als auch Formen von Widerständigkeit gegen sie verorten lassen“.[21]

Cop Culture ist geprägt von Erfahrungen des Alltags der Polizeiarbeit. Sie ist unmittelbar mit sogenannten Männlichkeitsvorstellungen verknüpft. Männlichkeitsvorstellungen bringen die Auffassung mit, dass eigene Tätigkeiten und vor allem auch die von den Kollegen in Gänze als legal angesehen werden. So wird eine Art Kampf gegen das gesellschaftliche Chaos, bei denen die Polizisten an vorderster Front stehen, suggeriert. Gewalttätige Übergriffe sollen somit als eine Folge erklärt werden.[22]

Polizeiliche Aufgaben und Ermächtigungen sind durch Gesetze festgelegt, zum Beispiel durch das Polizeigesetz NRW. Die Art und Weise, wie Polizisten die grundlegenden Regelungen im jeweiligen Einzelfall anwenden, kann jedoch nicht verwaltungstechnisch organisiert werden. Das konkrete Handeln wird vielmehr durch interne Muster der „Subkultur“ Polizei beeinflusst. Dabei kann zwischen der öffentlich kommunizierten Polizeikultur und der gelebten Polizistenkultur unterschieden werden.[23]

Festzuhalten ist daher, dass es differenzierte Gerechtigkeitsvorstellungen innerhalb der Polizeiorganisation gibt. Dadurch werden die theoretischen bürokratischen Vorgaben mit den eigenen, aus der alltäglichen Praxis erlernten Handlungsmustern, vermischt.

Aufgrund dieser mannigfaltigen Ansichten in Bezug auf Gerechtigkeit verschwimmen die Grenzen des „Erlaubten“ und werden in einigen Fällen überschritten. Beim Zwang gegen die physische Integrität des Betroffenen werden solche „Grenzüberschreitungen“ unter Strafe gestellt.

Es muss nach Erklärungsansätzen im Verhalten bei mutmaßlichem Verlust der staatlichen Souveränität und dem Anspruch der Autorität von Polizeibeamten geforscht werden.

Dazu können sogenannte Kriminalitätstheorien zu Rate gezogen werden. Diese Kriminalitätstheorien können einige Erklärungsansätze für deviante Verhaltensweisen liefern, auch über Straftaten von Polizeibeamten hinausgehend.

Im Folgenden werden zwei einschlägige Theorien präsentiert, welche solche möglichen Ursprünge aufzeigen könnten.

[...]


[1] Lange und Gasch 2006 (S. 109)

[2] Lange und Gasch 2006 (S.109)

[3] Bundeszentrale für politische Bildung (2015): Gewaltmonopol. Im Internet: http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/recht-a-z/22300/gewaltmonopol (Stand: 30.11.2016)

[4] Bundeszentrale für politische Bildung (2015): Gewalt. Im Internet: http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/recht-a-z/22297/gewalt (Stand: 30.11.2016)

[5] Schütte et al. 2016 (S.6)

[6] Art. 20 Abs. 3 GG Bundeszentrale für politische Bildung Juli 2012

[7] Bundeszentrale für politische Bildung (2015): Gewalt. Im Internet: http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/recht-a-z/22297/gewalt (Stand: 30.11.2016)

[8] Bialon und Springer 2014 (S.201)

[9] Hofmann 2003 (S.192)

[10] Schütte et al. 2016 (S.32)

[11] Schütte et al. 2016 (S.32)

[12] Bialon und Springer 2014 (S.31-32)

[13] Bialon und Springer 2014 (S.31)

[14] PolG NRW § 2 PolG NRW

[15] PolG NRW § 2 Abs.1-3 PolG NRW

[16] PolG NRW § 58 Abs.1 PolG NRW

[17] Lange 2003 (S.127)

[18] Schütte et al. 2016 (S.3)

[19] Schütte et al. 2016 (S.4-5)

[20] Schütte et al. 2016 (S.6)

[21] Behr 2008 (S.86)

[22] Klein 2016 (S.41)

[23] Behr 2008 (S.87-88)

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Polizei und Autorität. Die Machtposition und ihre Auswirkungen auf eine interaktive Gewaltanwendung zwischen Bürgern und Polizei
Hochschule
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen; Münster
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
15
Katalognummer
V359331
ISBN (eBook)
9783668441804
ISBN (Buch)
9783668441811
Dateigröße
744 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Polizei, Autorität, Gewalt, Gewaltmonopol, Verhältnismäßigkeit, Zwang, Gewaltanwendung, Gruppendynamik
Arbeit zitieren
Robin Stenzel (Autor:in), 2016, Polizei und Autorität. Die Machtposition und ihre Auswirkungen auf eine interaktive Gewaltanwendung zwischen Bürgern und Polizei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/359331

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