Die Grundlagen von Macht und deren Auswirkungen


Hausarbeit, 2016

14 Seiten, Note: 11

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Machtdefinition

3 Die Grundlagen der Macht - Machtbasentheorien
3.1 Machtbasentheorie von French und Raven
3.1.1 Die sechs Machtbasen
3.1.2 Kritische Auseinandersetzung
3.2 Weitere Machtbasen

4 Auswirkungen des Einsatzes von verschiedenen Machtgrundlagen
4.1 Effektivität der verschiedenen Machtgrundlagen
4.2 Auswirkung der Machtgrundlagen auf die Psyche des Machtunterlegenen

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Anmerkung: Werden Personenbezeichnungen aus Gründen der besseren Lesbarkeit lediglich in der männlichen oder weiblichen Form verwendet, so schließt dies das jeweils andere Geschlecht mit ein.

1 Einleitung

Der Richter, der den Angeklagten zu Sozialstunden verurteilt. Der Chef, der den Angestellten für ein paar Sonderschichten mit einer Gehaltserhöhung lockt. Der Lehrer, der dem Schüler mit Nachsitzen droht, wenn er seine Hausaufgaben nicht macht. Der Arzt, der dem Skifahrer aus gesundheitlichen Gründen seinen Sport verbietet. Und die Freundin, die ihren Partner dazu überredet, mit ihr Radfahren zu gehen. All diese Situationen haben etwas gemeinsam: In ihnen wird jemand gegen seinen Willen dazu gebracht, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen - es wird also Macht1 ausgeübt.

Es ist jedoch nicht zu bestreiten, dass sich die Macht, die in den obigen Beispielen ausgeübt wird, von Fall zu Fall signifikant voneinander unterscheidet. Dies scheint daran zu liegen, dass sich die Fähigkeit, jemandes Verhalten zu verändern, auf verschiedene Grundlagen stützen kann: Der Partner hat eine viel persönlichere Macht über einen, als der Chef oder der Richter. Es scheint wahrscheinlich, dass sich mit den unterschiedlichen Machtgrundlagen in ihrer An- wendung auch die Auswirkung der Machtausübung verändert - sowohl was die Erfolgschancen als auch was die psychischen Auswirkungen auf den Beeinflussten angeht. Daraus ergibt sich die Fragestellung, der in dieser Hausarbeit nachgegangen werden soll: Welche Auswirkungen haben die verschiedenen Grundlagen der Macht, wenn sie genutzt werden, um Macht über eine andere Person auszuüben?

Dafür ist der Hauptteil in drei Kapitel gegliedert: Begonnen wird mit einem kurzen Abschnitt über den Begriff der Macht, denn aufgrund des nicht fassbaren Wesens der Macht haben sich in der Soziologie eine Menge verschiedener Machtdefinitionen angesammelt. Es muss daher geklärt werden, welcher Machtbegriff dieser Hausarbeit zugrunde liegt. Im darauffolgenden Kapitel geht es um die verschiedenen Machtgrundlagen, meist Machtbasen genannt. Diese zu identifizieren ist notwendig, um später auch auf deren Auswirkungen eingehen zu können. Da- bei wird zunächst die bekannteste Machtbasentheorie (die von French und Raven) vorgestellt und kritisch betrachtet, bevor in der weiteren Literatur nach Machtbasen gesucht wird, die über diese Theorie hinausgehen. Im letzten Kapitel des Hauptteils werden dann die Auswirkungen der gefundenen Machtbasen untersucht. Dabei wird sowohl der Aspekt der Effektivität der Machtbasen beschrieben als auch auf die psychischen Auswirkungen eingegangen, die die Machtausübung auf die Person hat, auf die die Macht wirkt. Zum Abschluss dieser Hausarbeit steht ein Fazit, das die Ergebnisse zusammenfasst und die Fragestellung abschließend beant- wortet.

2 Machtdefinition

Bevor über verschiedene Grundlagen von Macht und deren Auswirkungen geschrieben werden kann, muss zunächst einmal der Begriff der Macht geklärt werden. Hierbei ist anzumerken, dass es eine große Anzahl von Machtdefinitionen gibt, die sich alle ähneln, aber in manchen Aspek- ten doch signifikant unterscheiden. Die klassische und am häufigsten genutzte Definition geht auf Max Weber zurück. Für ihn bedeutet Macht Äjede Chance, innerhalb einer sozialen Bezie- hung2 den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“.3 Hentze et al. haben versucht, auf Grundlage von dieser und vielen weiteren Definitionen eine Liste von allgemein anerkannten Merkmalen von Macht zusammenzustellen und kommen zu folgendem Ergebnis: Macht ist ein asymmetrischer sozialer Prozess zwischen mindestens zwei Personen, wobei asymmetrisch meint, dass eine Person über die andere Macht ausüben kann. Der Einsatz von Macht wird als intentional angesehen und wirkt auch potenziell, d.h. man kann Macht über jemand anderen haben, ohne sie tatsächlich einzusetzen. Ein letztes Merkmal von Macht, das benannt wird, ist, dass sie sich gegen Widerstände durchsetzen kann. Um diesen Aspekt hat es in der Wissenschaft Diskussionen gegeben, denn einige benennen diesen in ihren Machtdefinitionen nicht. Hentze et al. kommen aber zu dem Schluss, dass es wichtig ist zu betonen, dass sich der Machthaber (im Folgenden meist A genannt) auch gegen Widerstand des Machtunterlegenen (im Folgenden meist B genannt) durchsetzen kann. Wäre dies nicht der Fall, wäre Macht nichts anderes als Einfluss.4 Dieses Machtverständnis, wie Hentze et al. es beschreiben, soll dieser Hausarbeit zugrunde liegen.

Ein wichtiger Aspekt der Macht soll an dieser Stelle noch kurz erwähnt werden: ÄJe größer die Abhängigkeit, die B an A bindet, desto größer die Macht, die A über B ausübt.“5 Macht kann natürlich unterschiedlich stark ausgeprägt sein und auch die Reichweite (auf welche Lebensbe- reiche sie sich erstreckt) variiert. Dies ist in erster Linie dadurch bedingt, wie stark B von A beziehungsweise von seinen Machtgrundlagen abhängig ist.6 Diese Abhängigkeitsbeziehung sollte an dieser Stelle kurz erwähnt werden, da sie für eine Betrachtung des Machtbegriffs wich- tig ist, jedoch wird im weiteren Verlauf der Hausarbeit nicht weiter darauf eingegangen werden, da die Gründe für unterschiedlich große Machtausmaße nicht Teil der Fragestellung sind. Für die von Hentze et al. beschriebenen Merkmale von Macht ist es egal, auf welcher Grundlage die Macht der Machthabenden beruht. Max Weber betont dies sogar in seiner Definition noch- mal extra, wie oben zu sehen ist. Diese Grundlagen, auf denen die Macht beruht, werden im Folgenden thematisiert.

3 Die Grundlagen der Macht - Machtbasentheorien

Im vorherigen Kapitel ist deutlich geworden, was unter Macht zu verstehen ist. In diesem Kapitel soll nun untersucht werden, worauf sie beruhen kann: Was ist es, das einem Individuum Macht über andere verleiht? Die Grundannahme, die allen Machtbasentheorien zugrunde liegt, ist folgende: Es gibt bestimmte Ressourcen, auf die man zurückgreifen kann, um Macht auszuüben; mit der Knappheit und Wichtigkeit dieser Ressourcen nimmt die Macht ihres Besitzers zu.7 Diese Ressourcen werden auch als Machtbasen oder Machtgrundlagen bezeichnet und sind damit namensgebend für diese Theorien.

3.1 Machtbasentheorie von French und Raven

In diesem Abschnitt soll nun eine der vielen existierenden9 Machtbasentheorien vorgestellt wer- den: die Typologie nach French und Raven, die ursprünglich 1959 veröffentlich worden ist. Dieser Ansatz ist von vielen Autoren immer wieder zitiert und von anderen Wissenschaftlern als Ausgangspunkt genommen worden. Besonders innovativ war damals der Ansatz, auch psy- chologische Elemente in die Machttheorie mit einzubeziehen. Ein weiterer Vorteil dieser The- orie gegenüber anderen ist, dass der Ansatz über die Jahre von Raven mehrfach überarbeitet wurde, sodass auch neuere Erkenntnisse als die von 1959 aufgenommen wurden.10 8

3.1.1 Die sechs Machtbasen

French und Raven benannten 1959 fünf Machtbasen, 1965 wurde von Raven noch eine weitere ergänzt. Diese sechs sollen in diesem Abschnitt erläutert werden.

Macht durch Belohnung:

Die erste hier vorgestellte Machtbasis ist die Belohnung. Sie stützt sich auf die Fähigkeit, je- manden in eine Situation zu versetzen, die von ihm als positiv empfunden wird oder eine nega- tive Situation für ihn aufzuheben. Dabei hängt es von der Einschätzung von B ab, ob A die Belohnung tatsächlich umsetzen kann, ob die Machtausübung erfolgreich ist.11 1992 hat Raven diese Machtbasis nochmal aufgeteilt: Für ihn kann man noch unterscheiden in unpersönliche und persönliche Belohnungsmacht, denn Belohnungen können natürlich materieller Natur sein - also z. B. Geld, Süßigkeiten, Technik -, aber mindestens genauso gut funktioniert (bei Menschen die man mag) Zuneigung als starke Belohnung.12 Psychologisch gesehen ist die Belohnungsmacht als Verstärkung zu sehen; außerdem ist Belohnung eine sehr wertvolle Machtbasis, da sie knapp ist: materielle Belohnungen sind begrenzt und persönliche Belohnungen können nur bei wenigen Personen angewendet werden.13

Macht durch Bestrafung:

Die Machtgrundlage der Bestrafung ist sehr eng verknüpft mit der Belohnung - zum einen ist sie das genaue Gegenteil, zum anderen (wie später noch zu sehen sein wird) ist die Abgrenzung zwischen Belohnung und Bestrafung nicht so einfach, wie sie auf den ersten Blick wirkt. Macht durch Bestrafung stützt sich auf die Furcht von B vor negativen Folgen, die A bewirken kann, und sie ist vermutlich eine der am häufigsten eingesetzten Machtgrundlagen.14 Psychologisch gesehen baut die Bestrafungsmacht darauf, dass B die Bestrafung schlimmer empfindet als das von ihm geforderte Verhalten. Wie bei der Belohnungsmacht hängt der Erfolg auch hier davon ab, ob B glaubt, dass A die angedrohten negativen Konsequenzen umsetzen kann und wird.15 Eine weitere Parallele zur Macht durch Belohnung ist, dass Raven auch hier wieder im Nach- hinein zwischen unpersönlichen - z. B. Degradierung, Strafarbeit oder das Gewaltmonopol des Staates - und persönlichen Bestrafungen - z. B. Liebesentzug, Entzug der Gnade Gottes - un- terschieden hat.16

Macht durch Legitimation:

In ihrer ursprünglichen Fassung von 1959 ging es bei dieser Machtbasis darum, dass man auf- grund seiner legitimen, formalen Position - beispielsweise in der Organisationshierarchie eines Unternehmens - das Recht hat, Anweisungen zu geben. Daher wird diese Machtart auch Auto- rität genannt.17 1992 erweiterte Raven diese Machtbasis: Macht durch Legitimation kann nun vier Dinge bedeuten, wovon nur eine - die formelle Macht - der ehemaligen Legitimations- macht entspricht. Die anderen drei sind subtiler und beruhen jeweils auf sozialen Normen. Be- sagte drei Normen sind Gegenseitigkeit (‚Ich habe dir geholfen, jetzt habe ich das Recht von dir zu verlangen, dass du mir auch hilfst‘), Gerechtigkeit (‚Ich habe hart gearbeitet, also kann ich erwarten, dass du genauso hart arbeitest‘) und Verantwortlichkeit (die Norm, Schwächeren und Hilflosen helfen zu müssen; auch Power of the powerless genannt).18 Allgemein kann also gesagt werden, dass diese Machtbasis dann Anwendung findet, wenn B die Auffassung hat, dass es A zusteht, etwas von ihm zu verlangen - egal ob dies auf Grundlage von faktischen Verpflichtungen (z. B. in Hierarchien, durch Verträge oder Gesetze) oder persönlich wahrge- nommenen Verpflichtungen (z. B. anerkannte Normen, Position in sozialen Strukturen oder internalisierte Werte) geschieht. Legitimität ist eine Machtgrundlage, die nicht unterschätzt werden sollte: Das Milgram-Experiment19 hat sehr beeindruckend gezeigt, was ein Mensch be- reit ist zu tun, wenn er glaubt, dass an ihn gerichtete Aufforderungen legitim sind.20

[...]


1 Das hier anklingende Verständnis von Macht ist das, was auch in der Literatur vorherrschend ist. Auf die genaue Bedeutung des Machtbegriffs wird im Hauptteil noch eingegangen werden, für die Einleitung soll ein intuitives Machtverständnis genügen.

2 Ä‘Soziale Beziehung‘ soll ein seinem Sinngehalt nach aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch orientiertes Sichtverhalten mehrerer heißen.“ - Weber zitiert nach Kruse/Barrelmeyer, S. 93.

3 Weber zitiert nach Kruse/Barrelmeyer, S. 92.

4 Vgl. Hentze et al. 2005, S. 348ff.

5 Robbins 2001, S. 417.

6 Vgl. ebd.

7 Vgl. Sandner 1992, S. 16.

8 French und Raven beschreiben Macht als potentiellen Einfluss, der sich jedoch auch gegen den Willen anderer durchzusetzen weiß. Damit ist ihre Machdefinition anschlussfähig an die hier zugrunde liegende und die Macht- basentheorie nach French/Raven kann im Rahmen dieser Hausarbeit genutzt werden. - vgl. Raven 1992, S. 9f.

9 Vgl. Heinemann 2008, S. 45.

10 Vgl. Sandner 1992, S. 17.

11 Vgl. Sandner 1992, S. 17.

12 Vgl. Raven 1992, S. 15.

13 Vgl. Wolf 2013, S. 277f.

14 Vgl. Robbins 2001, S. 415.

15 Vgl. Wolf 2013, S. 278.

16 Vgl. Raven 1992, S. 15.

17 Vgl. Heinemann 2008, S. 35.

18 Vgl. Raven 1992, S. 15f.

19 In diesem Experiment wurde einem Probanden befohlen, einem angeblichen Schüler (in Wahrheit ein Schau- spieler), immer stärkere Elektroshocks zuzufügen. Nur wenige brachen das Experiment vorzeitig ab, die meisten gingen trotz Schmerzensschreie des vorgeblichen Schülers bis zur maximalen Höhe der Elektroshocks. - vgl. Milgram 1963, S. 371ff.

20 Vgl. Sandner 1992, S. 19.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Grundlagen von Macht und deren Auswirkungen
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
11
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V359349
ISBN (eBook)
9783668437463
ISBN (Buch)
9783668437470
Dateigröße
651 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Macht, Raven, French, Machtbasis, Machtgrundlage, Machtbasen, Machtbasentheorie
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Die Grundlagen von Macht und deren Auswirkungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/359349

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