„Alle Religionen sind gleich und gut, wenn nur die Leute, die sich zu ihnen bekennen, ehrliche Leute sind. Und wenn Türken und Heiden kämen und wollten hier im Land wohnen, dann würden wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen.“
Friedrich der Große (1740)
Das Seminarthema „Islam in der deutschen Rechtsordnung“ trifft wie kein zweites den Kern aktueller gesellschaftspolitischer Diskussionen. Es bietet die Möglichkeit, auf juristischer Grundlage, jenseits mannigfaltiger Aufgeregtheiten und öffentlicher Aussagen, möglichst „unaufgeregt“ und sachlich, verschiedene Facetten dieses Großthemas zu beleuchten. Wie im Zuge der Recherchen zum Thema „Moscheebau“ schnell klar wurde, ist eine erschöpfende Auseinandersetzung wegen der Vielschichtigkeit der Thematik ohne Ausflüge über das Baurecht als Grundlage hinaus in andere Disziplinen wie zum Beispiel Konfliktforschung oder Architekturkritik schwer möglich, auch deshalb aber so interessant.
Der Bau christlicher Kultstätten hat in Deutschland nach der Bauwelle aufgrund der Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs in heutiger Zeit Seltenheitswert. Die Teilnahme an kirchlichen Ritualen verfällt seit den 60er Jahren kontinuierlich. Für Kirchenbauten vor allem in Citylagen oder in schwach besiedelten Gebieten Ostdeutschlands werden Umnutzungen oder Stillegungen aufgrund der Lockerung der kirchengemeindlichen Struktur teilweise unausweichlich. Auch Synagogenneubauten erregen Aufsehen, weil sie so selten vorkommen. Für Architekten ist die Projektierung eines Sakralbaus daher immer etwas Besonderes: Es lockt sie der Raum, der nicht den Zwängen des Alltäglichen gehorcht; nicht praktisch und profitabel sein muss, der nur dem Nichtbeschreiblichen zu dienen hat. Hier darf der Architekt zeigen, was er sein kann: ein Künstler der Transzendenz.
Im Gegensatz zum oben Erwähnten erlebt der Bau repräsentativer Moscheen seit Anfang der 90er Jahre einen Boom. Solche Vorhaben lösen in der Mehrheitsgesellschaft in vielen Fällen heftige Reaktionen aus und zeigen deren Besorgnis, der Islam werde sich nicht mit dem Status der Gleichrangigkeit in einer inzwischen religiös-pluralen Gesellschaft zufrieden geben, sondern sich unter anderem durch sichtbare bauliche Präsenz in unseren Städten auf Dominanz ausrichten.
Inhaltsverzeichnis
- A. Hinführung
- I. Einleitung
- II. Eingrenzung der Thematik
- III. Literatur/Stand der Forschung
- B. Faktische Rahmenbedingungen
- I. Geschichtliche Darstellungen
- 1. Abriss über die Geschichte der deutsch-islamischen Begegnung
- 2. Geschichte des Moscheebaus auf deutschem Boden
- II. Moscheebauvereine und ihre Dachverbände
- 1. Lokale Ebene
- 2. Überörtliche Ebene – die wichtigsten Dachverbände
- 3. Spitzenverbände
- III. Eigenleistung der Muslime beim Bau
- IV. Finanzierung
- I. Geschichtliche Darstellungen
- C. Bedeutung, Architekturgeschichte und Inneneinrichtung der Moschee
- I. Grundsätzliches
- II. Geschichte und Herausbildung verschiedener Moscheetypen
- III. Moschee als „Bürgerhaus“
- IV. Moscheepersonal
- V. Äußerliche Gestaltung von Moscheen in der Diaspora
- 1. Einführung
- 2. Trends und Architekturkonzeptionen
- VI. Anmerkungen zur Inneneinrichtung
- 1. Gebetsnische (mihrâb)
- 2. Kanzel (minbar)
- 3. Podest (kursi)
- 4. Gebetsrufergalerie (müezzin mahfili)
- 5. Brunnen
- 6. Sonstiges
- VII. Rituelles Gebet (salât)
- VIII. Moscheenamen
- D. Rechtliche Rahmenbedingungen und Probleme
- I. Moscheebau als Verwirklichung grundrechtlich geschützter Religionsausübungsfreiheit (Art. 4 II GG)
- II. Berücksichtigung und Zulässigkeit von Moscheen in der Bauleitplanung
- 1. Allgemeines
- 2. Berücksichtigung im Abwägungsvorgang
- III. Zulässigkeit eines Moscheebaus im B-Plan-Gebiet (beplanter Innenbereich)
- 1. Plangebiet
- 2. Ausnahme/Befreiung
- IV. Zulässigkeit eines Moscheebaus im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB)
- 1. Einfügen
- 2. Beeinträchtigung des Ortsbilds
- 3. Ergebnis
- V. Nachbarschutz
- 1. Mögliche Beeinträchtigungen der Nachbarn
- 2. Kreis der Einwendungsberechtigten
- 3. Nachbarschützende Vorschriften
- VI. Bauordnungsrecht und Moscheebau
- 1. Verunstaltung
- 2. Stellplatzfrage
- 3. Anwendung der Versammlungsstättenverordnung
- 4. Ergebnis
- VII. Gemeindliches Einvernehmen
- VIII. Veränderungssperre/Zurückstellung (§ 14 I/15 I BauGB) als Verhinderungs-/Vermeidungsstrategie
- IX. Ergebnisse
- E. Moscheebaukonflikte – unausweichlich?
- I. Beschreibung der Konfliktart/des Konfliktanlasses
- 1. Moscheegemeinden/-bauvereine
- 2. Baugenehmigungsbehörden
- 3. Kommunalpolitik
- 4. Verwaltung(-sspitze)
- 5. Bevölkerung/Angrenzer
- 6. Christliche Kirchen
- 7. Architekt
- II. Konfliktakteure/Handlungsempfehlungen
- III. Die Standortfrage
- IV. Fazit
- I. Beschreibung der Konfliktart/des Konfliktanlasses
- F. Fallstudien
- I. Das „Mannheimer Modell“: Yavuz Sultan Selim Camii (DITIB)
- 1. Umfeld/Ausgangssiuation/Baubeschreibung
- 2. Baugeschichte
- 3. Konfliktgeschehen
- 4. Lehren/Anmerkungen
- 5. Das „Mannheimer Modell“
- II. Konfliktvermeidung von beiden Seiten: Türkyie Mevlana Cami Weinheim (DITIB)
- 1. Umfeld/Ausgangssituation/Baubeschreibung
- 2. Baugeschichte
- 3. Konfliktgeschehen
- 4. Lehren/Anmerkungen
- I. Das „Mannheimer Modell“: Yavuz Sultan Selim Camii (DITIB)
- G. Schlussbemerkungen/Zusammenfassung
- H. Danksagung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit „Islam und Baurecht: Rechtliche und faktische Probleme beim Moscheebau“ befasst sich mit der rechtlichen und faktischen Situation des Moscheebaus in Deutschland. Dabei werden die historischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beleuchtet, die zu den aktuellen Herausforderungen im Moscheebau führen. Die Arbeit analysiert die rechtlichen Aspekte des Moscheebaus im Kontext der deutschen Rechtsordnung, insbesondere im Baurecht, und untersucht die Relevanz der Religionsfreiheit in diesem Zusammenhang.
- Rechtliche Rahmenbedingungen des Moscheebaus in Deutschland
- Faktische Herausforderungen beim Moscheebau
- Konflikte und Konfliktursachen im Zusammenhang mit dem Moscheebau
- Mögliche Handlungsempfehlungen zur Vermeidung von Konflikten
- Analyse von Fallstudien zu erfolgreichen und weniger erfolgreichen Moscheebauprojekten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung und der Eingrenzung des Themas, wobei die Bedeutung der Religionsfreiheit im Kontext des Moscheebaus hervorgehoben wird. Im Anschluss wird ein Überblick über die historische und gesellschaftliche Entwicklung des Moscheebaus in Deutschland gegeben, einschließlich der Darstellung verschiedener Moscheebauvereine und ihrer Dachverbände.
Die Kapitel C und D widmen sich der Architekturgeschichte und Inneneinrichtung von Moscheen sowie den rechtlichen Rahmenbedingungen für den Moscheebau. Die Kapitel beleuchten die grundrechtliche Ausübung der Religionsfreiheit und die Einordnung des Moscheebaus in die deutsche Bauleitplanung. Zudem werden verschiedene rechtliche Aspekte des Moscheebaus analysiert, wie beispielsweise das Bauordnungsrecht und der Nachbarschutz.
Das Kapitel E befasst sich mit dem Thema Moscheebaukonflikte und den zugrundeliegenden Ursachen. Es werden die wichtigsten Konfliktakteure und Handlungsempfehlungen zur Konfliktvermeidung vorgestellt. Im Kapitel F werden zwei Fallstudien zu erfolgreichen und weniger erfolgreichen Moscheebauprojekten analysiert, die das „Mannheimer Modell“ und die Konfliktvermeidung in Weinheim betreffen.
Schlüsselwörter
Moscheebau, Islam, Baurecht, Religionsfreiheit, Rechtliche Rahmenbedingungen, Faktische Herausforderungen, Konflikte, Konfliktursachen, Handlungsempfehlungen, Fallstudien, Deutschland, Architekturgeschichte, Inneneinrichtung.
- Citation du texte
- Paul Gaitzsch (Auteur), 2005, Islam und Baurecht. Rechtliche und faktische Probleme beim Moscheebau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36074