Die Rolle der Medien in der Flüchtlingskrise. Meinungsbildender Akteur oder „Spiegel der öffentlichen Meinung"?


Bachelorarbeit, 2017

50 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung
1. Die Medien in der europäischen Flüchtlingskrise - im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaf

II. Theoretischer Teil
2. Paradigmen zum Verhältnis von Medien und Poli
3. Systemtheoretische Ansätze zur Einordnung der Medien zwischen Politik und Gesellschaf
4. Das Konzept der Öffentlichkeit und der öffentlichen Meinun
4.1 Die Politische Öffentlichkei
4.2 Die öffentliche Meinung
5. Medienwirkungskonzepte: Bindeglieder zwischen öffentlicher Meinung und medialer Berichterstattu
5.1 Der Agenda-Setting
5.2 Die Konzepte „Framing“ und „Primin
6. Zusammenfassung der Theorie anhand der Aufgaben und Funktionen der Medien in der„Mediendemokratie“ Deutschland

III. Empirischer Teil
7. Die deutsche Asyl- und Flüchtlingspolitik und das Stimmungsbild der Bevölkerung im Untersuchungszeitraum von August 2015 bis Januar 2016.
7.1 August und September 201
7.2 Oktober und November 20
7.3 Dezember 2015 und Januar 20
7.4 Zusammenfassung der Flüchtlingspolitik und Bevölkerungsmeinung im Untersuchungszeitra
8. Die mediale Berichterstattung in der Flüchtlingskrise
8.1 Inhaltsanalyse der „Zeit“ in der Flüchtlingsberichterstattun
8.1.1 August und September 20
8.1.2 Oktober und November 20
8.1.3 Dezember 2015 und Januar 20
9. Auswertung der Ergeb
9.1 Interpretation der „Zeit“- Berichterstattung
9.2 Ausblick und Zusammenfassung meiner Arbei
10. Literatur- und Quellenverzeichni

I. Einleitung

1. Die Medien in der europäischen Flüchtlingskrise - im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft

Nach Erhebungen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen UNHCR sind derzeit weltweit knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Das ist die größte Zahl an Flüchtigen, die jemals verzeichnet wurde. Im Jahr 2015 sind mehr als eine Million von ihnen, vor allem aus den Krisengebieten im Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika, nach Deutschland geflohen. Die sogenannte Flüchtlingskrise ist die größte Zuwanderungswelle seit dem zweiten Weltkrieg und stellt Europa bis heute vor ungeahnte politische, wirtschaftliche und soziale Herausforderungen. Seitdem im Sommer 2015 tausende Menschen täglich mit der Hoffnung auf Asyl in Deutschland ankamen, stand auch kein anderes Thema so stark im Fokus der medialen Berichterstattung wie die sogenannte Flüchtlingskrise. Die „Flüchtlingsfrage“ wurde zur alles überschattenden Materie, die von nun an die politische Debatte und die Medienagenda bestimmte. In tausenden Beiträgen zum Thema „Flüchtlinge“ haben die deutschen Medien im vergangenen Jahr, in ihrer vom Bundesverfassungsgericht zugewiesenen Rolle als „Vermittler und Faktor in der politischen Kommunikation“ (Jarren 1998: 34), den politischen Willensbildungsprozess in Worten und Bildern mitgestaltet. Die zunehmende Einflussnahme der Medien auf politische Entscheidungsprozesse wurde in der Vergangenheit schon oft betont. In Verbindung mit den Thesen der „mediatisierten Gesellschaft“ und der „Mediendemokratie“ (vgl. Sarcinelli 1998), rückt dabei auch das Zusammenspiel von Medienberichterstattung und öffentlicher Meinung in den Vordergrund.

Die allgemeine Stimmung der deutschen Bevölkerung ist geprägt von Meinungen zu Flucht, Asyl und Integration: Sind bis Oktober 2015 nur 37 Prozent der Deutschen laut einer repräsentativen Umfrage des ZDF-Politbarometers der Auffassung, dass die hohe Zahl an Flüchtlingen nicht zu bewältigen sei, stimmen dieser Aussage im Januar schon eine überwiegende Mehrheit von 60 Prozent zu. Obwohl Angela Merkel im September 2016 selbstkritisch jahrelange Versäumnisse der Europäischen Union in der Flüchtlingspolitik einräumte, scheint die Kanzlerin in der Flüchtlingsfrage aber nicht von ihrer konstant liberalen Grundhaltung und ihrer „Politik der offenen Grenzen“ abzuweichen. Selbst als eine neue politische Debatte über die innere Sicherheit, ausgelöst durch Migrationsströme, entfacht, erweckt die Regierung nicht den Eindruck, als stünde sie vor einem Kurswechsel. Ihr wird stattdessen außergewöhnliche Kontinuität in der Flüchtlingskrise nachgesagt.

Nach den kriminellen Ereignissen der Silvesternacht in Köln, befindet sich die Zustimmung zu Merkels Flüchtlingspolitik Anfang 2016 auf dem Tiefpunkt. Zu diesem Zeitpunkt wird gleichzeitig die mediale Flüchtlingsberichterstattung von 47 Prozent der Bevölkerung undifferenziert und zu einseitig wahrgenommen (vgl. Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach 2016). Hauptkritikpunkt ist eine wahrgenommene Solidarisierung vieler Nachrichtenmedien mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und der damit signalisierten „uneingeschränkten Willkommenskultur“.

Bei der Untersuchung der Rolle der deutschen Medien in der Flüchtlingskrise lohnt es sich deshalb zu betrachten, wo sich die Massenmedien im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft positionieren. Es gilt zu untersuchen, ob die Presse im Verlauf des Konflikts mehr auf die Stimmung in der Gesellschaft reagiert und ob sich ihre Haltung im Laufe der Zeit gewandelt hat. Es ist fraglich, ob die Medien eher eine eigenständige Bedeutung haben und Meinungsbildung im Sinne der Politik betreiben, oder eher eine „dienende Rolle im politischen Prozess“ einnehmen. In modernen Demokratien werden Massenmedien einerseits als „unverzichtbare Träger der öffentlichen Meinungsbildung“ (Manuela Glaab 2004: 1) und andererseits bloß als „Institutionen der Politikvermittlung“ (vgl. Ulrich Sarcinelli 2005) charakterisiert. Es gilt aber die zentrale Annahme, dass sie die wichtigste Orientierungsgrundlage zu politischen Themen bieten, die außerhalb des eigenen Erfahrungsbereichs liegen. Zu diesen Funktionen zählt auch ausdrücklich die Aufgabe von Journalisten, sich kritisch zu Entscheidungen von Machtträgern zu äußern, um Missstände aufzuspüren und begangene Fehler zu beheben. In der Vergangenheit wurden die Medien in Deutschland aufgrund ihrer Tendenz zur regierungskritischen Berichterstattung neben den drei Staatsgewalten Exekutive, Legislative und Judikative oft als „vierte Gewalt“ bezeichnet. Der vermutete aktive Einfluss auf politische Prozesse, führt oft zu einer Hervorhebung der selbstständigen Akteursqualität der Medien. Doch die Rolle der Medien in der Flüchtlingskrise gibt nicht nur Anlass, das traditionelle Spannungsverhältnis zwischen Medien und Politik zu hinterfragen.

Vor diesem Hintergrund setzt sich diese Bachelorarbeit besonders mit dem Verlauf der medialen Berichterstattung und der öffentlichen Meinung während der Flüchtlingskrise auseinander. Es soll betrachtet werden, inwieweit sich die Funktion der Medien im Untersuchungszeitraum von einer eher meinungsbildenden Funktion zu einer eher meinungsaufgreifenden Funktion gewandelt hat. Aus diesen Überlegungen leitet sich konkret folgende Forschungsfrage ab: Inwieweit sind die Medien in der Fl ü chtlingskrise ein eigenst ä ndiger Akteur oder ein „ Spiegel der ö ffentlichen Meinung “ ?

Zur Beantwortung dieser Frage, zu der noch fast keine empirischen Studien vorliegen, muss ein interdisziplinärer Ansatz gefunden werden, in dem politikwissenschaftliche Überlegungen zur Rolle der Massenmedien in Demokratien mit Theorien der Massenkommunikation kombiniert werden. Während sich Systemtheorien auf die Rolle von Medien im politischen Prozess konzentrieren, stehen bei wissenschaftlichen Untersuchungen zur

Massenkommunikation die gesellschaftlichen Funktionen der Medien im Vordergrund. Mein Forschungsprojekt gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil. Eine kurze Analyse verschiedener Paradigmen zum Verhältnis von Medien und Politik verschafft hierbei einen ersten Überblick über den aktuellen Forschungsstand. Da die Medien Öffentlichkeit herstellen und öffentliche Meinung aufnehmen, soll danach die Entwicklung des Konzeptes der politischen Öffentlichkeit und der Öffentlichen Meinung als Subsystem des politischen Systems verdeutlicht werden. Meinen Ausgangspunkt bilden systemtheoretische Ansätze, die davon ausgehen, dass das politische System dynamisch ist und mit seiner Umwelt interagiert. Dieses Vorgehen dient dazu, die Voraussetzungen für eine mögliche eigenständige Akteursqualität der Medien nachzukonstruieren. Anschließend gehe ich in den Bereich des Funktionssystems der Massenmedien über und bediene mich der „Agenda-Setting-Theorie“ aus der Medienwirkungsforschung und ihrer Ergänzungen, dem „Framing“ und „Priming“, um die Entstehung von bestimmten Berichterstattungsmustern zu veranschaulichen. Anhand der gesellschaftlichen Aufgaben und Funktionen der Massenmedien in der Bundesrepublik Deutschland fasse ich die Rolle der Medien im politischen System weitgehend zusammen. Auch wenn die Theorie wahrscheinlich nur schwer konkrete Antworten auf meine Fragestellung geben kann, möchte ich die Medien und ihre Funktionen schrittweise in die bisherige politikwissenschaftliche Forschung einordnen. Im Wesentlichen hilft der erste Teil dieser Arbeit auch bei der wissenschaftlichen Einbettung der Medien zwischen Staat und Gesellschaft.

Im empirischen Teil meiner Bachelorarbeit gebe ich vorneweg einen kurzen Überblick über die Schlüsselereignisse der Flüchtlingskrise sowie wesentliche Handlungen der Bundesregierung. Im Untersuchungszeitraum von Anfang August 2015 bis Ende Januar 2016 gehe ich zudem genauer auf die öffentliche Meinung ein. Die Publikumsagenda wird in der Regel durch direkte Fragestellung mit repräsentativen Bevölkerungsumfragen erhoben. Solche Umfragen greife ich an denselben signifikanten Zeitpunkten heraus, an denen am meisten Dynamik in der Flüchtlingspolitik war. Im nächsten Schritt stelle ich diesen Erkenntnissen die Medienberichterstattung gegenüber. Da sich die Medienagenda aus einer unüberschaubaren Zahl von Fernsehsendungen, Tageszeitungen, Magazinen, Hörfunknachrichten usw. zusammensetzt und man diese im Rahmen einer Bachelorarbeit nicht in ihrer Gesamtheit erfassen kann, beschränke ich meine induktive Untersuchung auf die politische Berichterstattung der überregionalen Qualitätszeitung „Die Zeit“. Mein Vorhaben ist es herauszufinden, inwiefern ein Umschwung in den Berichterstattungsmustern stattgefunden hat und welche Haltung die Zeitung dabei an den Tag legt. Im Anschluss ist es in der Auswertung meiner Ergebnisse möglich, das Verhältnis zwischen den Variablen Regierungspolitik, Bevölkerungsmeinung und Medienberichterstattung interpretierend zu beschreiben.

Das Hauptziel meiner Bachelorarbeit ist es nicht, im Sinne der normativen Demokratietheorie mögliche Fehlfunktionen der Presse in der Flüchtlingskrise aufzudecken, sondern zu überprüfen, wie der Wandel in der Berichterstattung mit dem öffentlichen Meinungsbild einhergeht. Es ist dadurch zumindest ansatzweise möglich, das „Klischee der unkritischen Medien“ zu hinterfragen und den Vorwurf eines „Schweigekartells“ gegebenenfalls zu entkräften. Trotzdem lohnt es sich kritisch zu hinterfragen, ob die Medien zum Teil wirklich so „unbeständig und kohärenzlos“ waren, wie es ihnen oft vorgeworfen wird, oder ob schon vor den Vorfällen der Silvesternacht 2015 eine verantwortungsvolle und differenzierte Berichterstattung stattgefunden hat. Es wird jedoch nicht möglich sein, abschließend kausal zu klären, ob die Medien verantwortlich für die Wende im öffentlichen Diskurs sind oder umgekehrt. Man wird nicht feststellen können, ob die mediale Narration die nationale Stimmung prägt und über die „empfundene und artikulierte Solidarität“ (vgl. Kai Hafez 2016) entscheidet. Trotzdem kann eine „starke aktive Rolle und Wirkung durch die parallel verlaufenden Umbrüche des öffentlichen Meinungsklimas" (Hafez 2016: 5) zumindest herausgearbeitet werden. Wird den Medien am Ende eine starke Rolle zugeschrieben, hat dies weitreichende Konsequenzen. Medien setzen als Informationsquelle unbestritten Impulse für die aktive Politik, was zusätzlich die Relevanz meines Forschungsgegenstands widerspiegelt. Die Themensetzung der Medien hat folglich maßgebliche Konsequenzen auf politische Entscheidungsprozesse in Deutschland, die sich teilweise schon jetzt bemerkbar machen. Neben der Verschärfung des Aufenthalts- und Asylrechts mit dem Asylpaket II, das schnellere Abschiebungen möglich macht, wurde beispielsweise auch das Sexualstrafrecht reformiert. Als langfristiges Ziel muss deshalb ein fruchtbarerer gesamtgesellschaftlicher Dialog aller Akteure angestrebt werden, um realisierbare politische Lösungsansätze zu finden.

II. Theoretischer Teil

2. Paradigmen zum Verhältnis von Medien und Politik

Mit der Frage, wo sich die Medien in der Flüchtlingskrise zwischen Politik und Gesellschaft platzieren, ist meiner Bachelorarbeit auch das Verhältnis von Politik und Medien übergeordnet. Das Zusammenspiel zwischen ihnen war schon häufig Gegenstand früherer Forschungsansätze, die die Beziehung zwischen den beiden Systemen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Trotzdem hat sich bis heute keine endgültige Einigkeit darüber eingestellt, „auf welche Weise die Massenmedien in politische Prozesse eingreifen und politische Strukturen verändern“ (Winfried Schulz 2008: 15). Der Einblick auf die möglichen Verbindungen von Massenmedien und Politik ist in meiner Arbeit der erste Zugang zur Erfassung der politischen Öffentlichkeit, deren Interaktion mit dem Mediensystem den empirischen Schwerpunkt meiner Arbeit bildet. Massenmedien können hierbei nach Luhmanns Kommunikationstheorie als „ alle Einrichtungen der Gesellschaft, die sich zur Verbreitung von Kommunikation technischer Mittel der Vervielf ä ltigung bedienen “ (Luhmann 1996:11) definiert werden. Medien der Massenkommunikation erreichen eine große Zahl nicht bestimmter Adressaten. Es gibt bei klassischen Medien zudem kaum Möglichkeiten zur Interaktion zwischen Sender und Empfängern. Hauptaufgabe des Mediensystems ist die „Herstellung, Bereitstellung und Verbreitung von Themen öffentlicher Kommunikation“ (Marcinkowski 1993: 46). In der Vergangenheit haben sich verschiedene Sichtweisen zum Grundverständnis der Beziehung zwischen Medien und Politik herausgebildet. Auch wenn diese nur idealtypische Muster sind, helfen sie bei einer ersten Einschätzung, wie unterschiedlich die öffentliche Aufgabe der Medien innerhalb der Strukturen der Bevölkerung und des politischen Systems interpretiert wird. Es ist zu beobachten, dass eine „Übermacht“ der Medien oft mit der Betonung ihrer meinungsbildenden Funktion einhergeht. So gehen Vertreter des sogenannten „ Gewalteinteilungsparadigmas “ nämlich häufig von einem traditionellen Spannungsverhältnis zwischen den Medien und der Politik aus. Medien übernehmen die Aufgabe einer autonomen und distanzierten vierten Staatsgewalt, die als Kontrollinstanz gegenüber der Legislative, Exekutive und Judikative fungiert (vgl. Sarcinelli 2005). Konkurrenz und Konflikte sind aus dieser Perspektive gewollt und wesentlicher Bestandteil der Grundordnung demokratischer Staaten. In diesem Verständnis ist die Rolle der Medien als eigenständiger Akteur klar definiert. Folgt man hingegen dem „ Instrumentalisierungsparadigma “, dessen wichtigste Vertreter vor allem Noelle-Neumann, Kepplinger und Oberreuter sind, stößt man auf eine „steuerungstheoretische Sichtweise“ (Sarcinelli 2005: 122) des Verhältnisses. Medien können hierbei das Instrument der Politik sein oder umgekehrt. Es existiert demnach ein „Dependenz-Dominaz-Verhältnis“ (Sarcinelli 2005: 122) zwischen dem Mediensystem und dem politischen System. Auf der anderen Seite argumentieren Befürworter der These, 5 es herrsche eine „Übermacht“ der Politik in Richtung eines Autonomieverlustes der Medien gegenüber dem politischen System. Die Medien werden hierbei als „Steuerungsinstrument“ von Regierungen zur Rechtfertigung gegenüber der Bevölkerung eingesetzt. Zu dieser Art von Instrumentalisierungsversuchen würden die direkte oder indirekte Einflussnahme auf die Medien, der Ausbau von Pressestellen, die Professionalisierung der politischen Öffentlichkeitsarbeit oder die Entwicklung von bestimmen PR-Strategien zählen (vgl. Jarren/Donges 2006). In solchen Szenarien ist wenig Platz für die eigenständige Akteursqualität der Medien. Sie nehmen eine passive Rolle ein und spiegeln die Regierungspolitik direkt wider. Da Regierungen demokratischer Staaten wie Deutschland allerdings nicht das Recht haben, die Medien vollkommen zu mobilisieren, ist dieser Ansatz für die Beantwortung meiner Forschungsfrage nicht relevant. Auch der aktuelle Stand der Forschung hat sich immer mehr vom Konflikt „Starke vs. Schwache Medien“ entfernt und geht mittlerweile davon aus, dass sich Autonomie und Abhängigkeit miteinander vereinbaren lassen (vgl. Jarren/Donges 2006). Für diese Sichtweise steht das „ Symbiose-Paradigma “ . Massenmedien schlüpfen in die Rolle von Vermittlungsinstanzen zwischen Politik und Gesellschaft. Es werden hierbei bestimmte Interdependenzen vermutet. In dem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis findet eine wichtige Tauschbeziehung statt: Information gegen Publizität und umgekehrt (vgl. Sarcinelli 2005). Das Symbiose-Paradigma stützt sich auf eine Vielzahl empirischer Befunde verschiedener Arbeiten beispielsweise aus dem Bereich der politischen Öffentlichkeitsarbeit (vgl. Jarren/Rötter 1998), der Parlamentarismusforschung oder der Kampagnenpolitik. Da ich in meiner Arbeit darauf eingehe, inwiefern die Medien in der Flüchtlingskrise meinungsbildend oder meinungsaufgreifend handelten, erscheint mir das Symbiose-Paradigma als geeignete Grundlage für die weitere Untersuchung. Es ist flexibel und würde auch zulassen, dass sich die Funktionen der Medien in meinem Untersuchungszeitraum wandeln.

Zum Verhältnis von Politik und Massenmedien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Tabelle 1: Zum Verhältnis von Politik und Kommunikation, nach Sarcinelli 2005: 112) 6

3. Systemtheoretische Ansätze zur Einordnung der Medien zwischen Politik und Gesellschaft

Genauere Überlegungen zur Relation von Medien, Politik und Gesellschaft finden sich zum Großteil im Bereich der Systemtheorie. Ihr liegt das funktionale Verständnis von Politik zugrunde (vgl. David Easton 1965). Das dynamische Flussmodell von Easton, das die Verbindung zur Mikro- und Makroebene erlaubt, ist das Fundament weiterer Studien zur Rolle der Medien im politischen System. Allgemein ist es mittels der Systemtheorie möglich, das Verhältnis weitestgehend autonomer Systeme zueinander zu untersuchen. Versteht man durch diese theoretische Annäherung die grundsätzliche Rolle der Medien im politischen System Deutschlands, können ihre spezifischen Funktionen in der Flüchtlingskrise in Bezug auf die eine meinungsbildende oder meinungsaufgreifende Aufgabe erschlossen werden. Ich greife hierbei auf das systemtheoretische Gerüst zur Beschreibung der Gesamtgesellschaft zurück. Die Systemtheorie gibt wichtige Hinweise, welche Leistungen das Mediensystem innerhalb der Gesellschaft erbringt. Im Verlauf meiner Arbeit hilft die Systemtheorie außerdem dabei, den Bedeutungskern der Öffentlichkeit zu erfassen und somit herauszufinden, wie die öffentliche Meinung entsteht. Die makrosoziologische Perspektive der Systemtheorie unterteilt die Gesamtgesellschaft in verschiedene Teilsysteme, „die jeweils eine andere Struktur und Sinnorienterung aufweisen und auf verschiedene Bezugsprobleme der Gesellschaft spezialisiert sind“ (Jürgen Gerhards/Friedhelm Neidhardt 1990: 8). So erfüllen beispielsweise die Systeme Wirtschaft, Wissenschaft, Recht oder Kunst jeweils spezifische Funktionen und sind dahingehend autonom, „dass sich die Handlungen im System in erster Linie an den systemeigenen Kriterien orientieren und nicht an der Rationalität anderer Systeme“ (Gerhards/Neidhardt 1990: 8). Es ist aber dadurch lediglich zu vermuten, dass soziale Systeme in kausalen Beziehungen zueinander stehen. Innerhalb einer funktional differenzierten Gesellschaft nimmt das politische System eine Sonderstellung ein. Es schafft die Rahmenbedingungen für andere Systeme und kann auf andere Teilsysteme zugreifen. Allgemein definiert „stellt das politische System denjenigen Objektbereich der Politikwissenschaft dar, der die Gesamtheit politischen Handelns in einer Gesellschaft umfasst, politische Funktionen bestimmten Institutionen und Strukturen zuordnet und sich in Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen niederschlägt“ (Paul Kevenhörster 2003:16). Hauptaufgabe des politischen Systems ist es also, für die Gesellschaft allgemein verbindliche Entscheidungen zu treffen. Doch wie lassen sich die Medien genau in die Systemtheorie einordnen?

Die einzelnen Elemente innerhalb des politischen Systems interagieren mit ihrer Umwelt. Laut Easton sind die Systeme „offen, adaptiv, zweckgerichtet, zielsuchend und von eigener Dynamik geprägt“. Für Easton ist das politische System ein besonders ausdifferenziertes Teilsystem der Gesellschaft. Innerhalb des politischen Systems agieren Medien

Vermittler bzw. Gatekeeper zwischen Politiker und Gesellschaftsinteressen. Das „Input-Output-Modell“ Eastons differenziert zwar zwischen Staat, Parteien und Öffentlichkeit, liefert jedoch noch keinen konkreten Ansatz zur Untersuchung der politischen Öffentlichkeit. Weitere Einblicke zu Prozessen, die zwischen den Systemen ablaufen, bietet die funktional- strukturelle Systemtheorie nach Niklas Luhmann. Sie ist der am weitesten herausgearbeitete Ansatz zur Untersuchung autonom agierender Systeme, die auf der gleichen Ebene stehen und die Kommunikation zwischen ihnen als bestimmendes, gesellschaftskonstituierendes Element ausmachen. In seiner Gesellschaftstheorie beschreibt Luhmann die verschiedenen Systeme wie etwa Politik, Massenmedien, Kultur, Religion oder Wirtschaft aufgrund ihrer jeweils spezifischen Funktionen für die Gesamtgesellschaft. Luhmann definiert die Massenmedien als eigenständiges Funktionssystem, das die Gesellschaft zum Teil widerspiegelt und ihre Themen gleichzeitig reduziert und vereinfacht. Durch seine soziologische Komplexitätsreduktion schafft Luhmann den Grundstein, das Mediensystem an das politische System und an die Gesellschaft anzuschließen. Die für den Verlauf meiner Untersuchung wichtigsten Erkenntnisse aus dieser konstruktivistischen Systemtheorie sind, dass soziale Systeme aus Kommunikation bestehen und strukturell an ihre Umwelt gekoppelt sind.

Auch wenn solche Modelle dazu dienen, allgemeine Aussagen auf der Makroebene zu treffen, ist die Existenz sozialer Systeme und möglicherweise vorherrschende Interdependenzen eine theoretische Abstraktion, die sich selbst nicht direkt empirisch überprüfen lässt. Trotzdem liefern sie einen wichtigen Ausgangspunkt und erste Einblicke für mein Forschungsprojekt. Sie dienen im folgenden Schritt meiner Arbeit nämlich dem wesentlichen Zweck, das Konzept von Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung zu verstehen. Hannes Wimmer geht in seiner modifizierten Systemtheorie noch einen Schritt weiter. Er rechnet den Medien nämlich eine bedeutende Rolle bei der Erzeugung von Öffentlichkeit in Demokratien zu. So hat die Öffentlichkeit auch im systemtheoretischen Verständnis die Funktion der Vermittlung. Hannes Wimmer unterteilt das politische System in seinem Systemansatz in drei Subsysteme: Den Staat mit der Regierung und dem Parlament, die politische Öffentlichkeit mit den Medien sowie die Parteien und Verbände. Konkret bedeutet das, dass die politische Öffentlichkeit ein Subsystem des politischen Systems ist und die Medien als Teil der Sphäre der politischen Öffentlichkeit agieren.

4. Das Konzept der Öffentlichkeit und der öffentlichen Meinung

4.1 Die Politische Öffentlichkeit

Eine der zentralen Untersuchungsvariablen dieses Forschungsprojekts ist die Öffentlichkeit bzw. ihr Produkt, also die öffentliche Meinung. Dieser werde ich später den Verlauf der Medienberichterstattung in der Flüchtlingskrise gegenüberstellen. Als Subsystem des politischen Systems hat sich die politische Öffentlichkeit seit den Anfängen des 19. Jahrhunderts herausgebildet. Öffentlichkeit kann heutzutage als „ ausdifferenziertes Kommunikationssystem, dessen Funktion darin besteht, zwischen den Meinungen und Interessen der B ü rger und der kollektiven Akteure einer Gesellschaft einerseits und dem politischen System andererseits zu vermitteln “ (Gerhards/Neidhardt 1990: 10) definiert werden. Eine massenmedial strukturierte, auf Politik spezialisierte Öffentlichkeit gehört zu den Voraussetzungen moderner Demokratien. Als „Arena mit grenzenlosem Publikum“ gibt sie vielen Meinungen eine Chance öffentlich wahrgenommen zu werden. In ihren kommunikationswissenschaftlichen Betrachtungen definierten Gerhards und Neidhardt 1990 die Öffentlichkeit ebenfalls als intermediäres System, das zwischen den gesellschaftlichen Teilsystemen vermittelt. Die Öffentlichkeit muss Kommunikation und Verständigung zwischen ihnen gewährleisten und somit gesellschaftliche Integration herstellen. So soll der Zerfall in einzelne, voneinander abgeschottete Teilsysteme verhindert werden. Öffentlichkeit ist dafür zuständig, Informationen zu sammeln, sie zu aggregieren und als öffentliche Meinung an das politische System weiterzugeben. Sie trägt außerdem zur Eigensteuerung und Anpassungsfähigkeit der Gesellschaft bei, indem sie umgekehrt politische Entscheidungsprozesse an das Publikum vermittelt. Zusammengefasst ist die Öffentlichkeit dann ein spezifisches Kommunikationssystem, das sich auf der Basis des offenen Austauschs von Informationen und Meinungen konstituiert. Für meine Arbeit ist relevant, dass Massenmedien die wichtigste Größe in diesen Prozessen sind. In modernen Gesellschaften herrscht heutzutage Konsens darüber, dass Öffentlichkeit medienvermittelt ist. Das Schaffen von Öffentlichkeit ist aus diesem Grund die Hauptaufgabe der Medien. Für die Meinungsbildung entscheidend ist, dass Forderungen und Meinungen nur durch die Aufmerksamkeit der Massenmedien wahrnehmbar werden. Durch Meinungen ist es umgekehrt möglich, Rückschlüsse darauf zu gewinnen, in welche Richtung Themen politisch bearbeitet werden müssen. Die tagesaktuelle politische Berichterstattung der Medien beteiligt darüber hinaus alle Mitglieder der Gesellschaft an einer gemeinsamen politischen Realität. Das bedeutet, dass die Medien durch die intermediäre Öffentlichkeit zwischen dem politischen System sowie den Bürgern und den Ansprüchen anderer Teilsysteme der Gesellschaft vermittelt. Die handelnde Größe in diesem Prozess bildet die öffentliche Meinung. Dieser Vorstellung von Öffentlichkeit als „soziale Bestandsgröße“, die auf moderne Gesellschaften anwendbar ist, geht allerdings eine Entwicklungsgeschichte voraus, in der eine abstraktere Bedeutung von Öffentlichkeit im Sinne einer „regulativen Idee“ im Mittelpunkt stand. Lange Zeit galt die Öffentlichkeit als eine „rhetorische Größe besonderer Dignität“ (Vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 3). Der Begriff der Öffentlichkeit war relativ lange unbestimmt, deskriptiv und normativ. Habermas platziert die Öffentlichkeit beispielsweise in der kritischen Theorie und betrachtet ihre Entstehung als ein „normatives, basisdemokratisch orientiertes Idealmodell“ (Habermas 1962: 268). In ihrer uneinheitlichen Definition liegt bis heute das größte Problem, das heißt ihre genaue Funktion auszumachen. Normative Verständnisse der Öffentlichkeit und der öffentlichen Meinung wie ihre Interpretation als „ein kollektiv, das gleichsam der Souverän politischer Entscheidungen sein soll“ (Gerhards 1998: 238), können deshalb nur schwer Gegenstand politikwissenschaftlicher Forschung sein. Es wird deutlich, dass die Öffentlichkeit zwar oft normativ definiert blieb, aber auf jeden Fall schon früher eine zentrale Kategorie war. Dass die Öffentlichkeit eine relevante Bezugsgröße gesellschaftlichen Handelns und mehr als politische Rhetorik ist, wird besonders in politischen Krisenzeiten deutlich. Öffentlichkeit ist dazu in der Lage, politisch wirkenden Druck zu erzeugen. Im Endeffekt hängt die Bewältigung von politischen Krisen auch von der Entwicklung der öffentlichen Meinung ab. Am Beispiel der Flüchtlingskrise möchte ich untersuchen, ob „die Öffentlichkeit über ein reichhaltiges Angebot von Informationen und öffentlichen Meinungen hinauskommt und von einem System der Informationssammlung zu einem System der synthetisierenden Informationsverarbeitung wird, das durch eine spezifische Art der Informationsanwendung Druck auf das politische System ausübt“ (Gerhards/Neidhardt 1990: 39). Dies geht mit der Beantwortung meiner Forschungsfrage einher, inwieweit die Medien meinungsbildend oder meinungsauf greifend berichteten. In Gerhards und Neidhardts Überlegungen zur Öffentlichkeit findet innerhalb dieses Kommunikationssystems die Erzeugung einer bestimmten Art von Wissen statt, gemeint ist damit die öffentliche Meinung.

4.2 Die Öffentliche Meinung

Die aus der Öffentlichkeit resultierende öffentliche Meinung beinhaltet mehr oder minder allgemeine Einstellungen zu bestimmten Themen. Da ich diese Meinung in Bezug auf die Flüchtlingskrise in meiner empirischen Analyse untersuchen möchte, ist es notwendig, sie genauer zu bestimmen. Gerhards und Neidhardt definieren sie als „ Meinung, die in ö ffentlichen Kommunikationen mit breiter Zustimmung kann.“ (Gerhards/Neidhardt 1990: 38). Zuvor hat sich diese Meinung nämlich in den Arenen öffentlicher Meinungsbildung durchgesetzt und stellt sich insofern als „herrschende Meinung“ dar. Sie ist nicht wie in manchen normativen Auslegungen behauptet die Summe individueller Meinungen, sondern nach dieser Definition eine „kollektive Größe, die in öffentlichen Kontexten kommunizierbar und in diesen Kontexten mit viel Zustimmung rechnen kann“ (Gerhards/Neidhardt 1990: 39). Auch ihre Gleichsetzung mit der medial veröffentlichten Meinung ist nicht ausreichend. Die öffentliche Meinung reflektiert und steuert Themen der öffentlichen Diskussion und die Einstellungen dazu. Sie ist auch für politische Akteure von größter Bedeutung, sie manifestiert sich in Wahlen und beeinflusst das Handeln politischer Entscheidungsträger. Auch wenn die öffentliche Meinung als Träger gesellschaftlicher Ansprüche eine wichtige demokratietheoretische Funktion einnimmt, bleibt diese methodische Konkretisierung für meine Zwecke immer noch zu normativ. Da ich in meiner Arbeit herausfinden möchte, ob die Medien in der Flüchtlingskrise eher eine eigenständige Bedeutung haben, oder ein „Spiegel der öffentlichen Meinung“ bilden, ist es aus empirischer Sicht notwendig, die öffentliche Meinung genauer zu bestimmen. Das ist beispielsweise durch die Einbeziehung von Bevölkerungsumfragen im vorher festgelegten Untersuchungszeitraum möglich. Umfragen geben eine Zustandsbeschreibung der vorherrschenden Meinung innerhalb der Bevölkerung wieder. Die öffentliche Meinung basiert dabei auf in repräsentativen Meinungsumfragen gemessenen Stimmungen der Wähler. Meinungsumfragen erteilen „innerhalb eines messbaren Fehlerbereichs über Einstellungsverteilungen eines repräsentativen Bevölkerungsquerschnitts zum Zeitpunkt der Befragung" (Frank Brettschneider 1995: 23). Wiederholt man die Umfrage zu einem späteren Zeitpunkt, gibt sie Hinweise auf Meinungstrends in der Bevölkerung. Ihre gute Fassbarkeit für empirische Studien wird unter anderem auch dadurch belegt, dass die öffentliche Meinung in der amerikanischen Auffassung der Bevölkerungsmeinung entspricht. In Deutschland wird die Demoskopie seit Ende der vierziger Jahre als „wissenschaftliche Methode zur Ermittlung von politischen Sachfragen, zu Ideologien, Wertorientierungen sowie zu anderen politisch relevanten Einstellungen […] " (Brettschneider 1995: 23) anerkannt.

5. Medienwirkungskonzepte: Bindeglieder zwischen öffentlicher Meinung und medialer Berichterstattung

Der Zusammenhang von medialer Berichterstattung und öffentlicher Meinung findet im Forschungsfeld der Medienwirkung wissenschaftliche Bedeutung. Theorien aus der Medienwirkungsforschung beschäftigen sich auch mit der Rolle und den Funktionen der Massenmedien in modernen Gesellschaften. Für diese Arbeit lohnt es sich eine spezielle Theorie anzuschauen, die sich mit den Wirkungen von Medien auf das politische System und die Gesellschaft beschäftigt. Dazu greife ich das Konzept des Agenda-Settings heraus, also Überlegungen zur „Themenstrukturierungsfunktion“ der Massenmedien. Der Agenda-Setting- Ansatz hat sich seit den 1960er Jahren auch in der Politikwissenschaft etabliert. Er stellt einen direkten Zusammenhang zwischen Themenstruktur der Massenmedien und der Themenwahrnehmung der Bevölkerung auf. Die darauf aufbauenden Ergänzungen, das „Framing“ und „Priming“, geben weitere wichtige Anregungen zur Beantwortung meiner Forschungsfrage.

5.1 Der Agenda-Setting-Ansatz

Das aus der Medienwirkungsforschung übernommene politikwissenschaftliche Agenda- Setting-Konzept und dessen Ausweitungen, das „Framing“ und das „Priming“ sind kennzeichnend für das symbiotische Verhältnis von Politik, Gesellschaft und Massenmedien. Das Agenda-Setting-Konzept gilt als das meist etablierte Modell der Medienwirkungsforschung. Wie bereits herausgearbeitet, herrscht die zentrale Grundannahme, dass politische Informationen überwiegend über Massenmedien vermittelt werden. Im Grunde genommen stützt sich das Agenda-Setting auf eine relativ einfache Ursache-Wirkungs-Annahme: Die Medienagenda beeinflusst die Publikumsagenda.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

“ The press is significantly more than a purveyor of information. It may not be successful much of the time in telling people what to think, but it is stunningly successful in telling its readers what to think about. ” ( Cohen 1963: 13)

Bernard Cohens häufig zitierter Satz versucht einen Zusammenhang zwischen der medialen Berichterstattung und der öffentlichen Meinung zu bestimmten politikwissenschaftlichen Themen herzustellen. Die Agenda-Setting-Hypothese geht davon aus, dass die Massenmedien die Macht besitzen, eine eigene Realität zu erschaffen, die sie dann an die Gesellschaft weitertragen. Da sich dieser Ansatz auf bestimmte Kausalitäten zwischen den Variablen Medienberichterstattung und Bevölkerungsmeinung stützt, welche nicht Gegenstand meiner Analyse sind, werde ich mich vorwiegend auf die verwandte These der „Signalfunktion der Medien“ konzentrieren. Diese besagt, dass das Publikum dazu veranlasst wird, bestimmte Themen für wichtiger zu halten als andere. Die Wichtigkeit ergibt sich aus der Platzierung, der Größe oder Wiederholung bestimmter "Issues". Aktuelle Themen werden durch bestimmte Kriterien selektiert und als gesellschaftlich relevant und lösungsbedürftig eingestuft (vgl. Glaab 2004). Zwar können die Medien nicht bestimmen, „was“ die Menschen denken, aber „worüber“ sie nachdenken. Darüber hinaus beeinflussen die Medien durch Publikationshäufigkeit, Aufmachung und Platzierung gezielt die Lenkung der öffentlichen Meinung innerhalb von bestimmten Deutungsmustern.

[...]

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der Medien in der Flüchtlingskrise. Meinungsbildender Akteur oder „Spiegel der öffentlichen Meinung"?
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
50
Katalognummer
V364647
ISBN (eBook)
9783668450301
ISBN (Buch)
9783668450318
Dateigröße
1376 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Politik Medien Flüchtlingskrise Flüchtlinge Berichterstattung öffentliche Meinung Öffentlichkeit Mediensystem Journalismus
Arbeit zitieren
Talita Grethel (Autor:in), 2017, Die Rolle der Medien in der Flüchtlingskrise. Meinungsbildender Akteur oder „Spiegel der öffentlichen Meinung"?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/364647

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