Einleitung
Seit nun fast dreißig Jahren wird in Deutschland intensiv über die Integration von Kindern mit Behinderung in allgemeinbildende Schulen gesprochen, geforscht und gearbeitet.
Muth, von Sustek als „Vater der Integrationspädagogik“ und „Anwalt behinderter (und benachteiligter) Kinder“ genannt,1 gibt an, dass die Frage nach der Integration von Kindern mit Behinderungen ein politisches Phänomen ist. Er führt an, dass die Demokratisierung einem dauernden Integrationsprozess unterworfen ist, mit dem Ziel, das humane Miteinander der Menschen zu erreichen. Dadurch ergeben sich der Abbau von Vorurteilen, gleiche Rechte für alle und die Respektierung der Menschenwürde. Aus diesem Grund „[...] kann Integration nicht als ein Problem verstanden werden, dessen Für und Wider diskutiert werden sollte, sondern sie ist eine Aufgabe, die den Menschen in einer demokratischen Gesellschaft aufgegeben ist.“2
Entscheidend für den Integrationsprozess war 1973 die Veröffentlichung der Empfehlungen des Deutschen Bildungsrates „Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher“. In ihr, von Sander als „historischer Meilenstein“ bezeichnet3, entstand eine neue „[...] Konzeption zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher [...], die eine weitmögliche gemeinsame Unterrichtung von Behinderten und Nichtbehinderten vorsieht und selbst für behinderte Kinder [...] soziale Kontakte mit Nichtbehinderten ermöglicht.“4 Rosenberger fasst die Aussagen der Empfehlungen inhaltlich so zusammen: „Soviel Integration wie möglich, soviel Separation wie nötig.“5 Mit den Empfehlungen sollte der Weg freigemacht werden für die gemeinsame Unterrichtung von Kindern mit und ohne Behinderungen. Das Dogma einer ausschließlich an Sonderschulen durchgeführten sonderpädagogischen Förderung von Kindern mit Behinderungen wurde somit durchbrochen.6
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1 Vgl.: Sustek, H.: Integration ist unteilbar, S. 41
2 Vgl.: Muth, J.: Zur bildungspolitischen Dimension der Integration, S. 22
3 Vgl.: Sander, A.: Wohnortnahe Integration – Grundzüge, Probleme, Erfahrungen, S. 13
4 Vgl.: Deutscher Bildungsrat: Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher, S. 15f.
5 Vgl.: Rosenberger, M.: Schule ohne Aussonderung – Idee, Konzepte, Zukunftschancen, S. 9
6 Vgl.: Sander, A.: Wohnortnahe Integration – Grundzüge, Probleme, Erfahrungen, S. 12
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Nähere Bestimmung des Begriffs „Behinderung“
- Verschiedene wissenschaftliche Sichtweisen zum Begriff „Behinderung“
- Zur Relativität von Behinderung
- Das Menschenbild nach Feuser
- Zur gesellschaftlichen Situation von Menschen mit Behinderungen
- Integrative Pädagogik
- Der Begriff „Integration“
- Verständnis der Pädagogik
- Charakteristische Merkmale integrativen Unterrichtes
- Die Konzeption einer allgemeinen (integrativen) Pädagogik
- Modelle integrativen Unterrichts nach Feuser
- Geschichte und derzeitiger Stand der Integrationspädagogik
- Die Idee der Integration von Kindern mit Schwerhörigkeit an allgemeinbildenden Schulen
- Die Empfehlungen des Deutschen Bildungsrates von 1973 und die Entwicklung in Deutschland
- Entwicklung in NRW
- Stand der Integration von Kindern mit Schwerhörigkeit in NRW
- Funktionen des menschlichen Ohres, Ursachen und mögliche Auswirkungen von Schwerhörigkeit
- Zur Anatomie des Ohres
- Das Außenohr
- Das Mittelohr
- Das Innenohr
- Definition des Begriffs Schwerhörigkeit
- Formen von Hörschäden
- Schallleitungsschwerhörigkeit
- Schallempfindungsschwerhörigkeit
- Kombinierte Schallleitungs- Schallempfindungsschwerhörigkeit
- Abgrenzung zur Gehörlosigkeit
- Ursachen und Häufigkeit von Hörschädigungen in Deutschland
- Mögliche Auswirkungen von Schwerhörigkeit
- Apparative Hörversorgung
- Zum Wirklichkeitsaspekt der Integration von Kindern mit Schwerhörigkeit an einer allgemeinbildenden Schule am Beispiel Simons in einer Schule in S. - B.
- Die Gemeinschaftsgrundschule in S. - B.
- Unterrichts- und Klassensituation
- Zur Lehrerrolle im integrativen Unterricht
- Das Ambulanzlehrersystem
- Das Zwei - Lehrer - Modell
- Die veränderte Lehrerrolle im integrativen Unterricht
- Konsequenzen für die Lehrerbildung
- Innere Differenzierung als unbedingtes Muss integrativen Unterrichts
- Leistungsbeurteilung im integrativen Unterricht
- Eltern im integrativen Unterricht
- Die Identitätsentwicklung von Kindern mit Schwerhörigkeit
- Simon – ein Junge mit Schwerhörigkeit im Unterricht einer allgemeinbildenden Grundschule mit ambulanter, sonderpädagogischer Förderung
- Die Lebensgeschichte Simons
- Simons Hörschädigung
- Arbeits- und Sozialverhalten
- Lern- und Entwicklungsstand
- Simons Identitätsentwicklung - Sein Leben mit einer Hörbeeinträchtigung
- Mögliche Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für die Integration von Kindern mit Schwerhörigkeit
- Zusätzliche Grundbedürfnisse für Kinder mit Schwerhörigkeit im integrativen Unterricht
- Hörakustische Voraussetzungen
- Die Sonderpädagogin
- Besonderes Verhalten des Lehrers unter Berücksichtigung eines Kindes mit Schwerhörigkeit im Unterricht
- Beobachtungen zu ausgewählten Fächern
- Sport
- Musik
- Abschließende Bemerkungen – Sind der Integration Grenzen gesetzt?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht die Integration eines Kindes mit Schwerhörigkeit in eine Grundschule. Sie analysiert die wissenschaftlichen Perspektiven auf Behinderung, die Prinzipien der integrativen Pädagogik und die historischen Entwicklungen der Integration von Kindern mit Hörbeeinträchtigungen. Die Arbeit befasst sich insbesondere mit den Herausforderungen und Möglichkeiten der Integration im Kontext des Unterrichts und der Klassenführung.
- Konzeption und Praxis der Integration von Kindern mit Schwerhörigkeit in allgemeinbildenden Schulen
- Das Menschenbild nach Feuser und die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Hörbeeinträchtigungen
- Die Rolle von Lehrkräften und Sonderpädagogen im integrativen Unterricht
- Die Auswirkungen von Schwerhörigkeit auf die Lernentwicklung und die soziale Integration von Kindern
- Mögliche Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für eine gelingende Integration
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel erläutert den Begriff "Behinderung" aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven und beleuchtet die Relativität von Behinderung im Kontext der sozialen Umwelt. Der Autor stellt das Menschenbild nach Feuser vor und beschreibt die gesellschaftliche Situation von Menschen mit Behinderungen.
- Kapitel 2 widmet sich dem Konzept der integrativen Pädagogik. Der Autor definiert den Begriff "Integration" und erklärt die pädagogischen Prinzipien und Ziele. Er analysiert die charakteristischen Merkmale integrativen Unterrichts und stellt verschiedene Modelle integrativen Unterrichts nach Feuser vor.
- Das dritte Kapitel befasst sich mit der historischen Entwicklung der Integrationspädagogik in Deutschland. Der Autor schildert die Entwicklung der Integration von Kindern mit Schwerhörigkeit an allgemeinbildenden Schulen, insbesondere die Empfehlungen des Deutschen Bildungsrates von 1973 und die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen.
- Kapitel 4 beleuchtet die Funktionen des menschlichen Ohres, die Ursachen und die möglichen Auswirkungen von Schwerhörigkeit. Der Autor beschreibt die Anatomie des Ohres, die verschiedenen Formen von Hörschäden und die Häufigkeit von Hörschädigungen in Deutschland. Er beleuchtet außerdem die Auswirkungen von Schwerhörigkeit auf die Entwicklung und das Lernen von Kindern sowie die Möglichkeiten der apparativen Hörversorgung.
- Kapitel 5 fokussiert auf den Wirklichkeitsaspekt der Integration von Kindern mit Schwerhörigkeit an einer allgemeinbildenden Schule anhand des Beispiels Simons in einer Schule in S. - B. Der Autor beschreibt die Gemeinschaftsgrundschule in S. - B., die Unterrichts- und Klassensituation sowie die Rolle von Lehrkräften im integrativen Unterricht.
- Kapitel 6 porträtiert Simon, einen Jungen mit Schwerhörigkeit, und beleuchtet seine Lebensgeschichte, seine Hörschädigung, sein Arbeits- und Sozialverhalten sowie seinen Lern- und Entwicklungsstand. Der Autor analysiert Simons Identitätsentwicklung und die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Schwerhörigkeit im integrativen Unterricht.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Integration von Kindern mit Schwerhörigkeit in der Grundschule. Die Arbeit beleuchtet wichtige Konzepte wie integrative Pädagogik, inklusive Bildung, sonderpädagogische Förderung, Hörbeeinträchtigung, Lernentwicklung, Identitätsentwicklung, Unterrichtsgestaltung und Lehrerrolle.
- Arbeit zitieren
- Donald Grüter (Autor:in), 2002, Integration eines Kindes mit einer Schwerhörigkeit in einer Grundschule - Anspruch und Wirklichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36542