Protest gegen FPÖ und ÖVP - Die Bildung von Campaigning und Gegenöffentlicheit im Internet


Hausarbeit, 2005

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Communities
1.1 Identitäten
1.2 Konstruktion von Gegenöffentlichkeit

2. Reaktionen auf die Machtergreifung der FPÖ
2.2 Die Protest- Communities im Internet
2.2.1 Radikale Gruppen marxistisch- leninistischer Prägung
2.2.2 Anarchistisch- autonomer Block
2.2.3 Anti- Globalisierungsszene
2.2.4 Die politische Opposition
2.2.5 Bürgerliches Spektrum

3. Transformation von der Online- zur Offline- Community

4. Campaigning
4.1 Fallbeispiel: Ehrengrab Walter Nowotny
4.2 Stereotypisierung / Diffamierung

Resümee

Literatur

Internetquellen

Einleitung

Im Folgenden möchte ich eine eingehende Untersuchung der Protestbewegung, die durch den Wahlerfolg der FPÖ ausgelöst wurde, durchführen. Dabei soll die Aufmerksamkeit den Gruppierungen im Internet zugewendet werden- den virtuellen Communities. Aufgrund des eher unerwarteten Wahlergebnisses kann von einer langfristig geplanten Protestbewegung keine Rede sein. Natürlich gibt es schon seit der Gründung der „ Freiheitlichen Partei Österreichs“ 1956 eine große Gegnerschaft, die den umstrittenen Aktionismus und vor allem jede neue provokante Äußerung des Vorsitzenden Jörg Haiders mit dem größten Interesse wie auch mit einem gewissen Unbehagen verfolgt.

Das rasante Wachstum des Internets in den letzten Jahren im Bereich der alternativen Öffentlichkeit hat eine neue Dynamik entwickelt, die sich auf die Proteste und die Potestierenden sehr stark auswirkt. War früher die alternative Öffentlichkeit auf den Bereich der Printmedien beschränkt, entstand nach dem Regierungswechsel einen Boom regierungskritischer Internetseiten. So wurde zum Beispiel von Globalisierungskritikern austria.indymedia.org entwickelt, das wohl stellvertretend für eine große Anzahl von Seiten, Plattformen und Initiativen im Internet steht.

1. Communities

Virtuelle Communities stellen in ihrem Auftreten im Internet eine neue Dimension der Gemeinschaft im herkömmlichen Sinn dar. Nach Anderson[1], der sich mit den Ursachen für Gemeinschaftsbildungen- die teilweise nur imaginär sind- beschäftigt hat, sieht „ kommunale Strukturen“ wie einen gemeinsamen Raum, kulturelle und sprachliche Bereiche, die notwendig sind, um Mitglieder der Gemeinschaft zusammenzuhalten. Da es im Internet keine klaren räumlichen Dimensionen gibt, sieht er eine Abweichung von der traditionellen Auffassung von einer Gemeinschaft. Eine traditionelle Gemeinschaft bietet so die Möglichkeit zur Face- to –face- Kommunikation und zur körperlichen Interaktion.

Zickmund spricht in diesem Kontext von „cyberculture“[2]. Dieser „ Mikrokosmos“ einer Community spielt sich jedoch selten abgeschottet von der wirklichen Realität ab- dem Entstehen eines „ kommunikativen Vakuums“ wird durch immer „ effizientere Wege, neue Rekruten“ über das Internet zu erreichen, vorgebeugt. So suchen die von Zickmund untersuchten rechten „ radical communities“ ständig den Dialog mit „ non- racist individuals“. Es entsteht eine regelrechte Interaktion zwischen den „ Subversiven“ und der Gesellschaft; Zickmund fasst dies in die Metapher eines „ language game“.

Nancy K. Baym, die sich ebenfalls mit On- Line Communities befasst, bezeichnet die „ computer- mediated communication“ ( CMC)[3] als „ webs of personal relationships“ und spricht den Communities so eine wichtige non- mediale Komponente, „ emotions“, zu. Sie äußert jedoch genauso Kritik an virtuellen Gemeinschaften, wie zum Beispiel die Homogenität der Mitglieder als auch die- vor allem in den USA herrschende, mythologisierte Vorstellung von einer Gemeinschaft „ mit weißer Dominanz“.

Insgesamt wird die Zahl der existierenden, hierarchisch organisierten Newsgroups, die neben Emails und Chats wohl die verbreitetste Methode der Interaktion darstellt, auf 13. 000 ( 1998)[4] beziffert. Die größte Nachfrage besteht nach dem Thema „ Sex“ wie beispielsweise auch ein Ranking der Google- Suchbegriffe zeigt.

Baym fasst fünf Faktoren zusammen, die Auswirkungen auf die CMC zur Folge haben können:

1. „ external context“
2. „ temporal structur“
3. „ infrastructure of the computer system“
4. „ purposes for which CMC is used“
5. „ characteristics of the group and it`s members“, wozu auch hierarchische Elemente gehören.

1.1 Identitäten

Um die Entstehung von Gemeinschaften zu verstehen, muss man auf theoretischer Ebene näher auf die Begriffe der Identität und des gemeinsamen Willens eingehen. Lippmann sieht im gemeinsamen Willen ein Instrument, das „ Massen von Menschen“[5] zu einem Zusammenschluss bewegen kann- also zu einer Gemeinschaft aufgrund eines gemeinsamen Interesses.

Wimmer erklärt die Bildung einer Gemeinschaft vor allem mit dem Konzept der kollektiven Identität: Im Gegensatz zur personalen Identität ist die kollektive Identität als „ nicht statisch“[6] anzusehen. Da nach Wimmer ein Kollektiv immer neu konstruiert werden muss, da es Veränderungen unterliegt, gelten folgende Elemente als „ konstitutiv für eine Gemeinschaftsbildung“:

1. Das Handeln
2. Die Reflexion des Handelns als gemeinsames Handeln
3. Eine Beantwortung des Handelns durch andere

Außerdem beruht die Idee der kollektiven Identität auf der Differenzierung zwischen „ Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit“, die automatisch einen engen Zusammenhalt und eine Übereinstimmung in der gemeinsamen Motivation sowie einen Ausschluss von „ Fremdem“ also dem Impetus der Gemeinschaft widersprechenden Elementen- bewirkt. Wimmer geht von der Annahme aus, ein Großteil der Wirklichkeit werde „ nur noch medial vermittelt“ und bezeichnet die Wirkung von Identitäten, gerade im Kontext der Mediatisierung, simpel als Selbstidentifikation und „Wir- Bildung“ einerseits und Fremdidentifikation und „ Wir- Sie- Bildung“[7] andererseits. Zudem können Medien eine Art „ Fluchtmöglichkeit“ vor einer eigenen Identitätssuche bieten: Innerhalb virtueller Communities verlieren Strukturkategorien wie „ Klasse, Schicht oder familiäre Bindung“ an Bedeutung. Es kommt durch das Vorherrschen des Kollektiven Identitätsbewusstseins oft zu einer Meinungshomogenität, die im Gegensatz zur personalen Identität einen Verlust der Eigenverantwortung nach sich zieht, der sonst im Zuge eines Individualisierungsprozesses nicht vorstellbar wäre.

1.2 Konstruktion von Gegenöffentlichkeit

In Bezug auf die Frage nach der Wirksamkeit der neuen virtuellen Gemeinschaften im Internet konstatiert Wimmer bei der Untersuchung dieser Konstrukte, die er als „ soziale Bewegungen“ oder als „ Nichtregierungsorganisationen“[8] ( NGOs) bezeichnet, eine „ immer wichtiger werdende funktionale Rolle in einer Mediendemokratie“. Communities haben so nach Stamm das Ziel, eine Gegenöffentlichkeit zu erschaffen, die als „ Sprachrohr alternativer Lebensentwürfe“ eine „ antiinstitutionelle Diskursöffentlichkeit“[9] bilden. Wert wird dabei auf eine Unabhängigkeit von den „ Mainstream- Medien“ gelegt, die aus Sicht der Betreiber eine nur beschränkte Agenda vorweisen können und damit viele Nachrichten nicht thematisieren.

Lovink[10] unterscheidet die Medien, deren Ziel die Erschaffung von Gegenöffentlichkeit ist, in „ alternative“ Medien, die eine Alternative zu den Mainstream- Medien bieten mittels einer „ ergänzende[n] und korrigierende[n]“ Berichterstattung und in „ bewegungseigene Medien“, die von einer Beeinflussung der öffentlichen Meinung absehen und eher „ radikale politische Stellungnahmen“ bieten und auf die für die jeweilige Subkultur relevanten „ Themen und Codes“ eingehen.

[...]


[1] Anderson, Benedict: Imagined communities: Reflections on the origin and spread of nationalism, London 1983.

[2] Zickmund, Susan: Approaching the Radical Other: The Discursive Culture of Cyberhate, in: Jones, Steven G.: Virtual Culture. Identity and Communication in Cybersociety, Salt Lake City 1997, S. 199.

[3] Baym, Nancy K.: The Emergency of On- Line Community, in: Jones, Steven G. (Hg.): Cybersociety 2.0. Revitising Computer- Mediated Communication and Community, Thousand Oaks 1998, S. 35.

[4] Ebd., S. 39.

[5] Lippmann, Walter: Die öffentliche Meinung, München 1964, S.137.

[6] Wimmer, Jeffrey: Identität der Gegenöffentlichkeit- Proteste gegen die Liberalisierung des Welthandels, in: Winter Carsten (Hg.): Medienidentitäten. Identität im Kontext von Globalisierung und Medienkultur, Köln 2003, S. 364.

[7] Ebd., S. 365.

[8] Ebd., S. 367.

[9] Stamm, Karl- Heinz: Alternative Öffentlichkeit. Die Erfahrungsproduktion neuer sozialer Bewegungen, Frankfurt a. M./ New York 1988.

[10] Lovink, Geert: Hör zu- oder stirb! Fragmente einer Theorie der souveränen Medien, Berlin 1992.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Protest gegen FPÖ und ÖVP - Die Bildung von Campaigning und Gegenöffentlicheit im Internet
Hochschule
Universität Erfurt  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Öffentlichkeit und Opposition im Cyberspace
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
16
Katalognummer
V36570
ISBN (eBook)
9783638361590
ISBN (Buch)
9783638790031
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Protest, Bildung, Campaigning, Gegenöffentlicheit, Internet, Opposition, Cyberspace
Arbeit zitieren
B.A. Malte Gaier (Autor:in), 2005, Protest gegen FPÖ und ÖVP - Die Bildung von Campaigning und Gegenöffentlicheit im Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36570

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