Die Wirkung der Flüchtlingszuwanderung auf den Arbeitsmarkt

Betrachtet aus angebotsorientierter Sicht


Term Paper, 2017

14 Pages, Grade: 1,4


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Einführung

Das Potential der Erwerbspersonen durch die Flüchtlingsmigration

Der Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge

Die Asylgesetzgebung in Bezug auf den Arbeitsmarkt

Die Qualifizierung der Flüchtlinge für den Arbeitsmarkt

Die erwartete Wirkung des erhöhten Arbeitsangebots durch die Flüchtlingsmigration

Quellenverzeichnis

Einführung

In den vergangen Jahren kamen zahlreiche Menschen auf der Suche nach Schutz durch Einwanderung nach Europa. Dieser demografische Wandel stellt insbesondere Deutschland vor eine Vielzahl von politischen, wirtschaftlichen und menschlichen Herausforderungen. Deutschland gehört aufgrund der wirtschaftlichen Anziehungskraft, der geographischen Lage und dem bestehenden Asylrecht zu den größten Aufnahme- und Zielländern von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Europa.

Im Jahr 2015 - dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise - waren 890.000 Menschen nach Deutschland gekommen. 2016 weitere, mehr als 320.000. Der Umfang der Zuwanderung ist zum derzeitigen Zeitpunkt nicht abschließend zu beziffern, der deutschen Politik und Gesellschaft ist jedoch bewusst, dass diese Situation bereits spürbare Auswirkungen hat und Deutschland nachhaltig verändern wird.

„Denn was wir jetzt erleben, ist etwas, was unser Land schon in den nächsten Jahren auch weiter beschäftigen wird, verändern wird. Und wir wollen, dass es sich zum Positiven verändert. Und wir glauben, das können wir schaffen.“ [1]

(Bundeskanzlerin Angela Merkel am 07. September 2015 in Berlin) Während momentan nach wie vor die humanitäre Hilfe im Vordergrund steht, um die Flüchtlinge mit dem Nötigsten zu versorgen, rückt zunehmend die Frage nach den ökonomischen Auswirkungen in den Mittelpunkt. Es ist also wichtig zu untersuchen, welche Wirkung in Deutschland, durch die Zuwanderung von Flüchtlingen, zu erwarten ist. Hierbei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf dem Arbeitsmarkt. Die Auswirkungen werden, je nach Sichtweise, unterschiedlich erwartet. Im Folgenden wird die Situation insbesondere aus Sicht der Neoklassik, das heißt aus angebotsorientierter Sicht, betrachtet.

Schaut man aus angebotsorientierter Sicht auf die ökonomische Wirkung der derzeitigen Flüchtlingsmigration, spielt vor allem das Bevölkerungswachstum eine wichtige Rolle. Denn durch die Zuwanderung wird sich voraussichtlich der Faktor Arbeit signifikant erhöhen. Aus neoklassischer Sicht ist dabei wichtig, wie groß der Zuwachs an Arbeitern beziehungsweise des Arbeitsangebots tatsächlich ist. Umso höher das Arbeitsangebot, desto höher ist die Wirkung auf den Output.

Das Potential der Erwerbspersonen durch die Flüchtlingsmigration

In erster Linie ist also wichtig zu untersuchen, wie hoch die Zahl an Flüchtlingen in Deutschland ist und wie viele davon auch zukünftig in Deutschland bleiben dürfen. Denn nur die Menschen mit einem Bleiberecht, erhalten eine Arbeitserlaubnis und werden das Arbeitsangebot erhöhen.

Im Jahr 2016 wurden 722.370 Erstanträge auf Asyl vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entgegengenommen[2]. Im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg der Antragszahlen um 63,5%. Wobei es sich bei diesen Zahlen nur um registrierte Asylanträge handelt. Zusammen mit den Folgenanträgen nahm das Bundesamt insgesamt 745.545 Asylanträge entgegen.

Um einschätzen zu können, wie viele, der nach Deutschland gekommenen Menschen, auch ein Bleiberecht erhalten, ist eine Differenzierung nach Herkunftsland hilfreich. Syrien war sowohl 2015 als auch 2016 das am stärksten vertretene Herkunftsland. Gefolgt von Afghanistan und dem Irak. 2016 waren 266.250 Erstanträge aus Syrien, 127.012 aus Afghanistan und 96.116 aus dem Irak zu verzeichnen. 2016 wurden insgesamt 695.733 Entscheidungen über Asylanträge getroffen. Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Herkunftsländer 2016 bei 62,4 %. Die Schutzquote beziffert in diesem Zusammenhang, den Anteil der Menschen, die ein Bleiberecht erhalten haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen in Deutschland Asyl bekommen, ist allerdings von Herkunftsland zu Herkunftsland unterschiedlich. „ Von Januar bis November 2016 wurde über die große Mehrheit der Asylerstanträge von Staatsbürgern aus Syrien (98,1 %), Eritrea (93,3 %) und dem Irak (70,3 %) positiv beschieden, während umgekehrt nahezu alle Asylerstanträge von Personen aus den Ländern des Westbalkans abgelehnt wurden.“ [3]

Vor allem bei Flüchtlingen aus Syrien liegt die Schutzquote andauernd hoch. So ist zu erwarten, dass ein langfristiges Wachsen der Bevölkerung in Deutschland und ein erhöhtes Arbeitsangebot, durch die aktuelle Flüchtlingsmigration, aller Einschätzung nach zum größten Teil durch Menschen aus Syrien getrieben wird.

In Anbetracht der Tatsache, dass Tausende von Flüchtlingen ein Bleiberecht in Deutschland haben oder voraussichtlich erhalten werden, lässt sich ein deutliches Bevölkerungswachstum und somit eine Erhöhung des Arbeitsangebots verzeichnen. Wie lange dieses Wachstum anhält, ist schwer zu sagen. Auch eine mögliche Rückkehr der momentan in Deutschland aufgenommenen Flüchtlinge, hängt von der Entwicklung der politischen Lage in ihren Heimatländern ab und ist noch nicht absehbar. Für eine kurzfristig mögliche Erhöhung des Arbeitsangebots ist der Teil der Flüchtlinge relevant, der sich in einem erwerbsfähigen Alter befindet, also der Teil der Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren. 2015 beispielsweise waren ca. 110.000 von 141.000 Flüchtlinge mit anerkanntem Schutzstatus im erwerbsfähigen Alter. Für das Jahr 2016 liegen hier noch keine genauen Daten vor. Schätzungen nach belief sich die Zahl der Flüchtlinge mit anerkanntem Schutzstatus im erwerbsfähigen Alter für das Jahr 2016 auf rund 600.000 Personen, einen deutlichen Anstieg zum Jahr davor.

Der Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge

Was in der angebotsorientierten Theorie Wachstum erzeugt, ist nicht die durch die Zuwanderung erzeugte Zunahme des erwerbsfähigen Teils der Bevölkerung an sich, sondern die Tatsache, dass diese Menschen ihre Arbeit auf dem Arbeitsmarkt anbieten können und somit das Arbeitsangebot erhöhen. Hier liegt, betrachtet man kurzfristig die angebotsorientierte Wirkung, eines der größten, den Arbeitsmarkt betreffenden Probleme der Flüchtlingsmigration. Durch die Flüchtlingsmigration erhöht sich zwar für die erste Zeit der Anteil der erwerbsfähigen Menschen, allerdings können diese ihre Arbeit nicht anbieten, da ihnen durch rechtliche und institutionelle Hürden der Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert wird.

Die Asylgesetzgebung in Bezug auf den Arbeitsmarkt

Ein Grund, der eine frühzeitige Eingliederung der Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt kaum zulässt, ist die Asylgesetzgebung.

Seit 2014 gilt für Asylbewerber ab Antragstellung, eine drei monatige Wartezeit für den Zugang zum Arbeitsmarkt. Im Vergleich zu der neunmonatigen Wartezeit in den Jahren davor, soll diese neue Regelung die Integration und den Zugang zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge erleichtern. Innerhalb dieser drei Monate gilt ein Striktes Arbeitsverbot. Nach Ablauf dieser Zeit erhalten Asylbewerber eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis, was bedeutet, dass bevor eine Stelle angetreten werden kann, eine Zustimmung der zuständigen Arbeitsagentur eingeholt werden muss. Diese Zustimmung wird auch Vorrangprüfung genannt. Hierbei wird geprüft ob die Stelle auch mit einem „vorrangigen“, d.h. mit einem deutschen Staatsbürger, EU-Bürger oder einem Flüchtling, dem der Asylstatus bereits zuerkannt wurde, besetzt werden kann. Seit 2014 entfällt die Vorrangprüfung nach 15 Monaten, beziehungsweise vorher, sofern das Asylverfahren des Antragstellers positiv abgeschlossen wurde. Menschen mit einem Bleiberecht haben einen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Für Asylbewerber mit anerkanntem Hochschulabschluss in Engpassberufen oder mit anerkanntem Berufsabschluss in Ausbildungsberufen nach der „Positivliste“, entfällt die Vorrangprüfung. Die Positivliste der Bundesagentur für Arbeit gibt an, unter welchen Voraussetzungen „die Besetzung offener Stellen mit ausländischen Bewerberinnen oder Bewerbern arbeitsmarkt- und integrationspolitisch (…) verantwortbar ist.“ [4]

Auf die Vorrangprüfung von Behördenseite wird ebenfalls verzichtet, wenn Asylbewerber einen Ausbildungsberuf ergreifen möchten. Hierbei ist anzumerken, dass durch eine begonnene Berufsausbildung allerdings „ kein gesondertes Aufenthaltsrecht[5] gilt. Aufgrund dieser rechtlichen Unsicherheit für Betriebe, haben Flüchtlinge kaum Chancen eine Ausbildungsstelle zu finden, solange das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Auch die Regelungen für die Leiharbeit, welche bis Anfang 2015 strenger als für andere Arbeitsstellen waren, wurden angepasst und die zweijährige Wartezeit verkürzt. Seit Oktober 2015 dürfen Asylbewerber nach dreimonatigem Arbeitsverbot bei einer Leiharbeitsfirma angestellt werden, wenn es sich bei der Stelle nach der Positivliste um einen Mangelberuf handelt und keine Vorrangprüfung erforderlich ist. Auch hier werden die Beschränkungen nach 15 Monaten aufgehoben. In diesem Zusammenhang wurden am 19.08.2015 ebenfalls Verbesserungen für Flüchtlinge in der Berufsausbildung von der Bundesregierung auf den Weg gebracht, mit dem Ziel, dass Flüchtlinge frühzeitig Berufserfahrung sammeln können. [6] Indem mindestlohnfreie Praktika von der Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit ausgenommen werden, finden junge Asylsuchende und Geduldete seither unter anderem erleichtert Zugang zu berufsorientierenden und ausbildungs- beziehungsweise studienbegleitende Praktika. Auch Einstiegsqualifizierungen oder Maßnahmen für die Vorbereitungen für eine Berufsausbildung werden gefördert.

Neben diesen Maßnahmen für eine schnellere und erleichterte Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt, beschloss die Bundesregierung kontemporär die Aufenthaltsdauer von bis zu sechs Monaten für Asylbewerber in den Erstaufnahmelagern. Eine Erhöhung von drei Monaten. Was die Integration der Flüchtlinge verlangsamt und ein frühzeitiges Heranführen an den Arbeitsmarkt verhindert. Durch die Anbindung an den Ort ihres Erstaufnahmelagers, sind sie eingeschränkt und haben nur begrenzte Möglichkeiten einer Arbeitsplatzsuche.

Ein weiterer Grund, der den Zugang zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge verzögert, sind lange Bearbeitungs- beziehungsweise Wartezeiten bis ein Asylantrag überhaupt gestellt werden kann. Und die Bearbeitungszeit steigt sogar an. So hat es durchschnittlich 2016 7,3 Monate gedauert, bis das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration über einen Asylantrag entschieden hat[7]. Im Vergleich zum Jahresende im Jahr davor 2,2 Monate länger.

Die Qualifizierung der Flüchtlinge für den Arbeitsmarkt

Bisher lässt sich nur schwer einschätzen welches Bildungsniveau Asylsuchende mitbringen. Allerdings sind was Flüchtlinge, die bereits bei der Agentur für Arbeit registriert sind betrifft, im Bereich der Berufsqualifizierung Defizite festzustellen. So haben von denjenigen aus Bürgerkriegs- und Kriegsgebieten beispielsweise etwa 71 Prozent keine abgeschlossene Berufsausbildung. Ein Grund für die geringe berufliche Qualifikation ist, dass das deutsche duale Ausbildungssystem nicht vergleichbar ist, da es in dieser Form in keinem anderen Land existiert.[8] Was die Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen zusätzlich erschwert, sind die fehlenden Dokumente und Nachweise erworbener Fähigkeiten. Die Fähigkeiten und Kenntnisse durch einfache Demonstrationen zu bestätigen, ist in manchen Fällen eine Möglichkeit zur Lösung dieses Problems, aber keine langfristige Option. So bleibt oftmals nur der Weg durch eine deutsche Ausbildung die notwendigen Qualifikationen zu erlangen. Während die beruflichen Qualifikationen der Flüchtlinge sehr gering sind, kann davon ausgegangen werden, dass das schulische Bildungsniveau schon deutlich höher ist.[9] Das scheint vor allem bei den ankommenden Flüchtlingen aus Syrien der Fall zu sein. Von Januar bis August 2015 befragte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 100.000 in Deutschland eingetroffene Flüchtlinge nach ihrem Bildungsgrad. Die Umfrage ergab, dass 13 Prozent eine Hochschule besucht, knapp 50 Prozent eine Mittelschule, 24 Prozent lediglich die Grundschule und 8 Prozent gar keine Schule besucht haben.

Neben den fehlenden Berufsqualifikationen stellen mangelnde Sprachkenntnisse der Flüchtlinge ein weiteres Problem dar. Die meisten von ihnen beherrschen die deutsche Sprache weder schriftlich noch mündlich. Daher müssen die notwendigen Sprachkenntnisse von den Betroffenen nach ihrer Ankunft in Deutschland von Grund auf neu erworben werden. Ein Schritt der unabdingbar ist, da Sprachqualifikationen bei einer Stellensuche von großer Bedeutung sind. So haben selbst berufsqualifizierte Migranten große Schwierigkeiten, sofern sie die deutsche Sprache nicht ausreichendend beherrschen.

Aufgrund der genannten Defizite ist nicht mit einem Überschuss an Arbeitsangebot zu rechnen. Viele der Flüchtlinge werden voraussichtlich zunächst nur in Bereichen mit einem niedrigen Lohnniveau Beschäftigung finden. Trotz alle dem ist ein Beschäftigungswachstum bei Personen aus Kriegs- und Krisenländern zu bemerken (wenn auch nur schwach).[10]

[...]


[1] Vgl. Die Bundesregierung Pressekonferenz „Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel (…) am 7. September 2015“

[2] Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Dezember 2016)

[3] Vgl. Zuwanderungsmonitor Dezember 2016

[4] Vgl. Positivliste der Arbeitsagentur Stand September 2016

[5] Vgl. http://www.bamf.de/FAQ-Arbeitsmarktzugang-gefluechtete-Menschen Stand August 2016

[6] Vgl. http://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Neustart-in-Deutschland/Neustart-Arbeitgeber/gesetzliche-verbesserungen.html

[7] Vgl. Zeit online: Asylverfahren dauern immer länger (August 2016)

[8] Vgl. Mediendienst Integration

[9] Vgl. Institut für Arbeits- und Berufsforschung September 2015 S. 5

[10] Vgl. iab.de: Zuwanderungsmonitor Dezember 2016 S. 2

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Details

Title
Die Wirkung der Flüchtlingszuwanderung auf den Arbeitsmarkt
Subtitle
Betrachtet aus angebotsorientierter Sicht
College
Alanus University of Arts and Social Sciences in Alfter
Grade
1,4
Author
Year
2017
Pages
14
Catalog Number
V367249
ISBN (eBook)
9783668458949
ISBN (Book)
9783668458956
File size
867 KB
Language
German
Keywords
wirkung, flüchtlingszuwanderung, arbeitsmarkt, bbetrachtet, sicht
Quote paper
Lina Vollmer (Author), 2017, Die Wirkung der Flüchtlingszuwanderung auf den Arbeitsmarkt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367249

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