Förderung der Medienkompetenz im Deutschunterricht anhand von elliptischen Werbeslogans


Hausarbeit (Hauptseminar), 2017

27 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Werbung
2.1 Ziele und Funktionen der Werbung
2.2 Die Sprache der Werbung
2.3 Der Werbeslogan
2.4 Der Werbeslogan als Textsorte

3. Ellipsen in Werbeslogans
3.1 Definition der Ellipse
3.2 Grammatische Unvollständigkeit und kommunikative Vollständigkeit
3.3 Das Kriterium der Verständlichkeit
3.4 Arten von Ellipsen
3.4.1 Textsortenellipsen / Strukturellipsen
3.4.2. Lexikalische Ellipsen
3.4.3 Koordinationsellipsen
3.4.4 Adjazenzellipse
3.4.5 Handlungsellipsen
3.4.6 Situative Ellipse

4. Didaktische Analyse
4.1 Didaktische Grundüberlegungen und Bezüge zu den Bildungsstandards für das Unterrichtsfach Deutsch
4.2 Vorstellen der Unterrichtseinheit: Ellipsen in Werbeslogans

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Kinder und Jugendliche wachsen in einer Welt auf, in der sie von Medien umgeben und überflutet sind. Nicht nur im Fernsehen und im Internet, sondern auch im Radio ist Werbung Bestandteil der medialen Kommunikation und erreicht alle Altersstufen. Die Gefahren der Werbung sind vielfältig, in erster Linie kann sie aber durch verlockende Slogans leichtgläubige und unerfahrene Jugendliche gezielt ausnutzen und für sich gewinnen. Es handelt sich oftmals um Slogans, welche durch ihre Reime und Einfachheit hervorragend einprägsam sind und gerade Kinder, welche häufig vieles nachsprechen, was sie von Erwachsenen hören, reagieren auf diese Art der Werbung. Diesen Einfluss transferieren Kinder und Jugendliche auf ihre Mitmenschen und regen diese zum Konsum an.

Als Bestandteil der Medienkompetenz ist es somit wichtig, Kinder und Jugendliche für das Thema Werbung zu sensibilisieren und sie präventiv über die Wirkung, Ziele und die Mittel, die Werbung nutzt, aufzuklären. Wichtig ist dabei, dass diese Kompetenz aus Sicht der Gleichaltrigen angeeignet wird, da Medien und ihre Einflüsse aus der Kindheit nicht mehr ausgeschlossen werden können. Der Medienalltag der Jugendlichen und die tägliche Konfrontation mit Werbeslogans sollte kritisch betrachtet werden. Im Mittelpunkt sollte hierbei nicht nur die Aufklärung stehen, sondern eine aktive Auseinandersetzung mit der Sicht der Jugendlichen zu dieser Problematik. Infolgedessen sollte die Aneignung der Werbekompetenz in den Unterricht involviert werden.

Dafür eignet sich besonders der Deutschunterricht, welcher diese Kompetenz fördern kann und den Schülern zugleich auf literarischer Ebene aber auch fächerübergreifend die Einflüsse der Werbeslogans in Form von Ellipsen verdeutlichen kann. Auf diese Weise können Schüler durch die Wirkung von verschiedenen Ellipsenarten dafür sensibilisiert werden, welche Emotionen die Syntax von Werbeslogans bei ihnen auslösen können.

Den Mittelpunkt dieser Hausarbeit stellt die Untersuchung von Zielen von Werbeslogans als Textsorte dar, welche ein charakteristisches textliches Element der Werbung sind. Darin eingebettet ist das sprachliche Phänomen der Ellipse, welches vielfach in Slogans vorgefunden werden kann. Hierbei soll untersucht werden, in welchen Formen Ellipsen in Werbeslogans auftauchen und wie sie es durch ihre knappe Ausführung dennoch schaffen, den Rezipienten zu erreichen. Aufgrund der hohen Präsenz der Werbung im Alltag der Jugendlichen eignet sich diese Thematik somit hervorragend dafür, um Jugendliche für das Vorkommen und die verschiedenen Arten von Ellipsen in geschriebener Sprache zu sensibilisieren und einen Grundstein für eine vertiefte Arbeit zu legen.

2. Die Werbung

2.1 Ziele und Funktionen der Werbung

Die Werbung erfüllt eine zahlreiche Bandbreite an Funktionen und hat komplexe Verknüpfungen zu Bereichen der Wirtschaft, den Medien, der Politik und Kultur. Damit kann man Werbung als interdisziplinären Bereich mit einem wirtschaftlich bedingten Kommunikationsvorgang definieren (vgl. Sowinski 1983: 15). Dennoch erweist sich die Berücksichtigung psychologischer, soziologischer, kultureller und vor allem sprachwissenschaftlichen Faktoren als notwendig.

Werbung ist somit eine spezielle Erscheinungsform der Massenkommunikation, welche „wichtige Informationen und Botschaften über marktwirtschaftliche Perspektiven liefert.“ (Kloss 2000: 4). Da sich Produzenten vor allem aber als Konkurrenten betrachten, sind Informationen über Gebrauch, Beschaffenheit und Preis im Werbeinhalt nicht ausreichend. Neben der informativen Überzeugung versucht der Produzent den Konsumenten vor allem auf die emotionale Weise für sich zu gewinnen. Dabei muss oftmals das Verlangen nach einem Produkt erst entstehen und kann durch Werbung gezielt geschaffen werden. Kloss definiert aus diesem Grund das Ziel der Werbung als „eine absichtliche und zwangsfreie Form der Kommunikation, mit der gezielt versucht wird, Einstellungen von Personen zu beeinflussen“ (Kloss 2000: 5).

Dieser absichtliche Einfluss, der Appell, hat den Erwerb eines Produktes im Sinn mit dem Zweck, materielle, emotionale, soziale und physiologische Bedürfnisse der Konsumenten anzusprechen und zu stillen (vgl. Kloss 2000: 67). Dieser Appell findet meist in Form einer Kombination aus sprachlichen Informationen und bildliche Darstellung statt, wobei die sprachlichen Informationen in Form von Texten und Slogans für den Transport sachlicher Informationen verantwortlich sind. Für Livia Janos liegen in Ihrer Arbeit über Ellipsen in Slogans die Ziele von Werbung „[sowohl] in der Weitergabe sachlicher Informationen [als auch] in der Verbreitung emotionsauslösender Inhalte, die eine Kaufabsicht erzielen bzw. verstärken sollen.“ (Janos 2015: 9). Der Konsument soll also eine möglichst positive Sichtweise über ein Produkt erhalten und einen positiven Standpunkt entwickeln. Um diese Sichtweise zu erzielen, versucht der Konsument mit seiner möglichst ansprechenden Werbung den Konsumenten zu überzeugen, seine Ware oder Leistung zu erwerben. Die Überzeugungsabsicht der Werbung steuert die Kaufentscheidung und nicht zuletzt versucht sie die Angebote der Konkurrenz auszuschalten und dem potentiellen Käufer die Entscheidung schon nahezu abnehmen (vgl. Kloss 2000: 60-61).

2.2 Die Sprache der Werbung

Da Werbung Menschen aller Schichten erreichen soll und deshalb für jeden gleichermaßen verständlich sein muss, muss sie in einer allgemeinverständlichen Sprache verfasst sein. „Werbesprache wählt deshalb ihre sprachlichen Mittel weitgehend aus der Alltagssprache aus, verwendet sie aber so häufig, dass man geneigt ist, sie als werbetypisch aufzufassen.“ (Janich 2003: 36). Mit Alltagssprache sind somit alle Varietäten gemeint, die eine Sprache in einer alltäglichen Verwendung aufweisen kann, also nicht nur die schriftliche Standardsprache, sondern auch regionale und soziale Dialekte (vgl. ebd. 36). Janich plädiert dafür, dass zwischen Werbesprache und Alltagssprache eine enorme Wechselwirkung besteht und die Werbesprache damit auf Formen der gesprochenen Sprache zurückgreift. So hat der Slogan Ich bin doch nicht blöd von der Kampagne Media Markt seinen Ursprung zwar in der Alltagssprache, allerdings ist dieser Slogan in der Werbung der Kampagne mit einer derartigen Präsenz und Wiedererkennung vertreten, dass dieser Slogan im deutschsprachigen Raum bei einem Großteil der Bevölkerung eine Assoziation mit dem Elektronikriesen Media Markt auslöst (vgl. ebd. 37).

Weil eine Werbung niemals die gesamte Gesellschaft ansprechen will, sondern nur eine bestimmte Zielgruppe, nutzt sie auch gewisse sprachliche Merkmale, Varietäten, die Fachsprache oder Dialekte dieser Zielgruppe (vgl. ebd. 36). Eine dieser Zielgruppen können auch Kinder und Jugendliche sein und direkt von der Werbung angesprochen werden.

Weiterhin soll die Sprache der Werbung einfach und vor allem einprägsam gehalten werden, damit der Rezipient die übermittelten Informationen so schnell wie möglich erfassen kann. Deshalb soll auch ein Werbeslogan kurz, knapp und wiedererkennbar sein, um innerhalb kürzester Zeit vom Interessenten und potentiellen Käufer gelesen und verarbeitet zu werden. Einen Slogan entsprechend zu gestalten führt zwangsläufig zu „komprimierenden Komposita, zu Satzverkürzungen, zu Satzbrüchen und zu asyndetischen Satzverbindungen“ (Janos 2015: 15). Diese absichtlichen Verstöße „gegen die grammatischen Normen der Standardsprache“ (ebd.) werden unter dem Begriff der Ellipse zusammengefasst.

Bevor ich näher auf das Phänomen der Ellipse eingehe, erläutere ich zunächst den spezifischen Werbetext, in welchem Ellipsen verwendet werden – den Slogan.

2.3 Der Werbeslogan

Ein Slogan erfüllt eines der wesentlichen Ziele, die die Werbung verfolgt: Er soll einprägsam sein und Assoziationen beim Kunden wecken. Somit hängt ein Slogan eng mit dem Firmennamen zusammen. Er soll außerdem durch ständige Wiederholung und musikalische bzw. bildliche Untermalung im Gedächtnis des potentiellen Kunden bleiben. Im Slogan werden oftmals stilistische Merkmale, wie rhetorische Figuren, Wiederholungen von Wörtern oder Reime verwendet (vgl. Möckelmann/Zander 1978: 25-26). Besonders einprägsam werden Slogans allerdings durch die Einfachheit und Kürze, die auch in Ellipsen gegeben ist. Laut Baumgart ist dies eines der bedeutendsten Stilmittel, denn „schließlich werden kleine verbale Einheiten, die selbstständig zwischen Punkten stehen, weitaus besser memoriert als ein komplettes Satzgefüge.“ (Baumgart 1992: 93). Satzelemente, die bewusst fehlen, werden somit oftmals durch drei Punkte oder einen Bindestrich ersetzt.

Dafür verwendet Janos in ihrer Arbeit „Ellipsen in Slogans: Syntaktische Besonderheiten der deutschen Werbesprache“ folgende Beispiele:

Ich will... (RTL II – Medien, 2006)

Himmlisch frisch... (Sky – Handel, 2006)

Meine feinste Crema ... wunderbar. (Jacobs Caffè Crema – Getränke, 2004)

Für maximales Volumen – den ganzen Tag. (Nivea – Kosmetik, 2006)

Frisch, fruchtig, legendär. (Wernesgrüner Lemon – Getränke, 2006)

So frisch – so leicht – so lecker. (Baumann –Ernährung, 2007)

Bürobedarf und mehr – immer günstig, immer gut. (Schailun – Bürobedarf, 2005)

Malen – basteln – spielen – lachen. (Bussi Bär – Medien, 2006)

(Janos 2015: 40-41)

„Die grammatikalische Unvollständigkeit der Slogans [hat] eine wichtige funktionale Bedeutung: Sie verweist […] auf etwas Unausgesprochenes, das vom Leser assoziiert werden soll.“ (ebd. 39). Möckelmann und Zander bemerken dazu folgendes:

„[Die Unvollständigkeit] läßt den Slogan im Unterbewusstsein des Hörers oder Lesers weiterwirken. Der Umworbene wird dazu angeregt, den angefangenen Satz in Gedanken fortzuführen, ihm die eigentliche Aussage hinzuzufügen.“ (Möckelmann/Zander 1978: 10).

Wenn eine gelungene Kombination von Text, Bild und Ton vorhanden ist, kann ein Werbeslogan durchaus die vom Produzenten bezweckte Wirkung und Interpretation seitens des Konsumenten erzielen, auch wenn der Slogan eine grammatische Unvollständigkeit aufweist. Inwiefern eine Ellipse Merkmale der Vollständigkeit oder Unvollständigkeit aufweist, soll im Kapitel 3.2 untersucht werden; im Vorfeld ist es jedoch notwendig, den Werbeslogan als Textsorte einzuordnen.

2.4 Der Werbeslogan als Textsorte

Zahlreiche Wissenschaften, darunter auch Brinker, Janich und Baumgart, bezeichnen den Werbeslogan als Textsorte (vgl. Perlina 2008 :73). Brinker definiert Textsorten dabei folgendermaßen:

Textsorten sind konventionell geltende Muster für komplexe sprachliche Handlungen und lassen sich als jeweils typische Verbindungen von kontextuellen (situativen), kommunikativ-funktionalen und strukturellen (grammatischen und thematischen) Merkmalen beschreiben. Sie haben sich in der Sprachgemeinschaft historisch entwickelt und gehören zum Alltagswissen der Sprachinhaber. (1992: 132).

Folglich können Slogans als Textsorten bezeichnet werden, da sie sowohl dem Sprecher als auch dem Hörer aufgrund der normierenden Wirkung als feste Orientierungshilfe für die Produktion und Rezeption einer Aussage dienen. Damit wird ein Slogan als Textsorte als solches überhaupt erst erkennbar (vgl. Perlina 2008: 75).

Um den Werbeslogan als Textsorte einzuordnen, können die folgenden Schritte des Analysemodells nach Brinker verwendet werden, welche auch Perlina in ihrer Dissertation über die Einordnung der Werbeslogans als Textsorte nutzt:

Schritt 1: Beschreibung der Textfunktion

Schritt 2: Beschreibung der Kommunikationsform und des Handlungsbereiches

Schritt 3: Beschreibung von thematischen Restriktionen

Schritt 4: Beschreibung des zugrundeliegenden thematischen Musters und der Art der Musterrealisierung

Schritt 5: Beschreibung textsortenspezifischer sprachlicher und gegebenenfalls nicht sprachlicher Mittel

(Brinker 1992: 141; Perlina 2008: 81).

Diese Schritte sollen nachfolgend nun näher in Bezug auf den Werbeslogan näher erläutert werden:

Schritt 1: Beschreibung der Textfunktion

Textsorten können durch ihre gemeinsamen Funktionen von anderen Textsorten abgegrenzt und unterschieden werden. Die Form einer Textsorte wird dabei von ihrer dominantesten Funktion bestimmt (vgl. Perlina 2008: 80). So erfüllen Werbeslogans in erster Linie eine Appellfunktion und unterscheiden sich aufgrund der persuasiven Funktion von anderen Textsorten, die ebenfalls die appellative Funktion vertreten (vgl. ebd. 81). Die persuasive Funktion wird jedoch nur selten vollständig realisiert, denn Werbeslogans enthalten in sehr wenigen Fällen Aufforderungen im Imperativ, wie „Kauf das!“.

Darüber hinaus erfüllen Werbeslogans ebenfalls informative, „emotionsweckende, identifizierende und zum Kontakt appellierende Funktionen“ (ebd.)

Schritt 2: Beschreibung der Kommunikationsform und des Handlungsbereiches

Die Kommunikationsform von Werbeanzeigen liegt im öffentlich zugänglichen Bereich (vgl. ebd. 82). Dabei sind der Sender und der Empfänger sowohl räumlich als auch zeitlich voneinander getrennt (vgl. ebd.). Die Zeichen, die der Sender an den Empfänger schickt, haben meist einen hohen Aktualitätsgrad, können jedoch auch über die Aktualität hinweg existieren und erreichen auf dieser Ebene einen Bekanntheitsgrad, indem sie dem Empfänger im Gedächtnis bleiben. Typisch für die gesendeten Zeichen ist, dass sie vom Rezipienten entweder abgelehnt oder akzeptiert werden können (vgl. Brinker 1992: 137).

Schritt 3: Beschreibung von thematischen Restriktion

Werbeslogans können das Ziel verfolgen, für bessere Einprägsamkeit einer bestimmten Marke zu sorgen oder eine bestimmte Vorstellung der Marke beim Rezipienten zu kreieren. Janich unterschiedet dabei unter anderem zwischen Produktanpreisung, Imagewerbung oder Preisausschreibung (vgl. Janich 2005: 77). Zentral ist jedoch hingegen der Aspekt, dass alle Werbeslogans den Verkauf verfolgen.

Schritt 4: Beschreibung des zugrundeliegenden thematischen Musters und der Art der Musterrealisierung

Ein Werbeslogan ist sowohl argumentativ, als auch explikativ und hat einen überredenden aber auch meinungsbetonten Charakter (vgl. Perlina 2008: 82). Das Produkt, für das geworben wird, wird oftmals durch verschiedene Kundenumfragen gestützt, die den potentiellen neuen Kunden für sich gewinnen sollen. Der Textaufbau von Werbeslogans ist ein flexibler, wird meist minimalistisch gehalten und kann den Firmen- oder Produktnamen enthalten (vgl. ebd. 83).

Schritt 5: Beschreibung textsortenspezifischer sprachlicher und gegebenenfalls nicht sprachlicher Mittel

Eine Kombination von Text, Bild und Ton ist auf der textuellen Ebene sehr charakteristisch für Werbeslogans. Auf der syntaktischen Ebene werden in Slogan kurze und inhaltsreiche Sätze bzw. Phrasen verwendet. Interpunktion kann manchmal vollständig fehlen und nicht eingehalten werden, ebenso die korrekte Groß- und Kleinschreibung. Auf der lexikalischen Ebene werden in Slogans nicht selten Ausdrücke und rhetorische Stilmittel verwendet, um das Produkt anzupreisen; dazu zählen auch „Lexeme […], die den [Slogans] einen pseudowissenschaftlichen Anschein verleihen“ (Perlina 2008: 83).

Im Zusammenhang mit der charakteristischen Kürze und Knappheit von Werbeslogans kehrt der Hauptfokus dieser Hausarbeit nun den Ellipsen, ihrer Vollständigkeit bzw. Unvollständigkeit, ihrer Verständlichkeit und ihr Vorkommen in Werbeslogans.

3. Ellipsen in Werbeslogans

3.1 Definition der Ellipse

Ellipsen können in ihrer Form, Funktion und Bedeutung hinsichtlich der Pragmatik, Semantik und Syntax analysiert werden; folglich existieren in der Linguistik zahlreiche Definitionen der Ellipse (vgl. Janos 2015: 45). Das griechische Wort élleipsis bezeichnet nicht nur die geometrische Figur, sondern auch ein sprachliches Phänomen, welches mit den Begriffen Ausklammerung, Reduktion, Weglassung, Äußerungen ohne Satzform, Elimination, Verkürzung (vgl. Trynogga 1991: 7) zusammengefasst werden kann.

Glück definiert die Ellipse als:

Auslassungen von Satzteilen, die in einer geschriebensprachl[iche] Version der Äußerungen zu erwarten wären, werden mit deren Bekanntheit aus vorhergehenden Äußerungsteilen begründet. [Ellipsen] wurden von Anfang an als besonders auffallendes Merkmal der gesprochenen Sprache beschrieben. [Sie werden] als Verfahren ökonom[ischer] Sprachverwendung in der Kommunikation aufgefaßt. (Glück 2005: 167).

Damit fasst Glücks Definition sowohl die syntaktische Funktion der Ellipse in der Schriftsprache als auch ihre Funktion in der gesprochenen Sprache zusammen. Hierbei ist die Rede von der grammatischen Unvollständigkeit und der kommunikativen Vollständigkeit (vgl. Janos 2015: 46), welche im Folgenden untersucht werden.

3.2 Grammatische Unvollständigkeit und kommunikative Vollständigkeit

In der Linguistik wird die Ellipse als reduzierte und unvollständige Variante komplexerer, vollständiger Sätze betrachtet (vgl. Klein 1993: 765). Sie werden aus vollständigen Sätzen abgeleitet, reduziert und formieren eine eigenständige Einheit – jedoch eine unvollständige (vgl. Ortner 1987: 50). Innerhalb dieser Beschreibung versteht man unter einem Satz eine „[…] inhaltlich und strukturell relativ abgeschlossene und vollständige Aussageeinheit, in der Satzglieder nach bestimmten grammatischen Regeln um ein Prädikat angeordnet sind.“ (Janich 2003: 130). Damit ist von einem Satz nur dann die Rede, wenn er die „Norm der Vollständigkeit“ (Janos 2015: 46) erfüllt und sowohl obligatorische Bestandteile als auch fakultative Ergänzungen enthält (vgl. Ortner 1987: 50). Somit kann die Ellipse als unvollständiger Satz bezeichnet werden. Bußmann unterstreicht außerdem, dass eine Ellipse eine „[…] Aussparung von sprachlichen Elementen [ist], die auf Grund von syntaktischen Regeln oder lexikalischen Eigenschaften (z. B. Valenz eines Verbs) notwendig und rekonstruierbar sind.“ (2002: 187).

Im Gegensatz zur grammatischen Vollständigkeit in der Schriftsprache existiert die Unvollständigkeit in der gesprochenen Sprache. Die Ellipse in der gesprochenen Sprache wird in erster Linie nicht als eine Ableitung oder Reduktion von schriftsprachlichen Äußerungen betrachtet, sondern als eine eigenständige und abgeschlossene sprachliche Form (vgl. Klein 1993: 765) und eine „in natürlichen Kontexten gewachsene […] Struktur […] der Versprachlichung“ (Ortner 1987: 136). Damit spielen der Kontext, in dem eine Ellipse verwendet wird, und die Verständlichkeit eine tragende Rolle, denn beide Faktoren sind Voraussetzungen für eine Kommunikation. Es genügt in einer kommunikativen Situation also nicht, bloß die grammatischen Normen zu beachten, sondern die gesendeten Zeichen des Sprechers müssen vom Hörer auch verstanden werden. Dieser Sachverhalt kann anhand des Organon-Modells von Karl Bühler erklärt werden:

Das Zeichen im Organon-Modell wird auf zwei Weisen dargestellt: Zum einen als materieller Zeichenträger (d.h. die Schrift) und zum anderen als die eigentliche Zeichenfunktion. Der materielle Zeichenträgen und die Funktion sind dabei nicht deckungsgleich. Nach dem Prinzip der abstraktiven Relevanz bedeutet das, dass der materielle Zeichenträgen dem Empfänger stets mehr Informationen liefert, als dieser für das Verstehen der eigentlichen Funktion benötigt. Dieser Informationsüberschuss kann die Rezeption verzerren und behindern. Aus diesem Grund muss der Empfänger in der Lage sein, das Relevante aus der Information herauszufiltern. Das Prinzip der apperzeptiven Ergänzung beschreibt das Gegenteil: Obwohl ein sprachliches Zeichen viele komplexe Informationen enthalten kann, bietet es nicht genug Informationen zum Erkennen der gesamten Zeichenfunktion. Dies betrifft vor allem den Mitteilungswert einer Äußerung, der nur selten Bestandteil der Aussage selbst ist. So ist zwar ihre grammatische Struktur und meist sogar ihre grundsätzliche Bedeutung zu rekonstruieren, doch weiß der Hörer damit nicht ohne Weiteres, wie das Gesagte gemeint ist. Zudem kann natürlich auch die Aussage selbst fehlerhaft formuliert oder übertragen werden. In diesen Fällen muss der Empfänger über die Fähigkeit verfügen, selbstständig Fehlendes zu ergänzen bzw. Fehlerhaftes aufgrund von Weltwissen zu korrigieren. (vgl. Bühler 1978: 56-57)

Das Prinzip der apperzeptiven Ergänzung nach Bühlers Organon-Modell der Kommunikation lässt sich ebenso auf Slogans anwenden, denn der Verfasser darf keine notwendigen Informationen in einem Slogan weglassen, damit der Rezipient die Botschaft immer noch versteht:

Die Zahl der zu verwendenden Wörter wird, um Platz zu sparen, eingeschränkt, indem Entbehrliches ausgelassen wird. Einsparen kann man aber nur das, was für den Sinn der Aussage unwesentlich, was im Textzusammenhang redundant ist. (Möckelmann/Zander 1978: 51).

Somit muss eine Ellipse dieselben Informationen senden, wie ein vollständiger Satz. Wenn das gelingt, dann können „auch verkürzte Sätze oder Teile von Sätzen den Verständigungswert von Sätzen haben“ (Flämig 1991: 79). Das bedeutet also, dass Ellipsen unter gewissen Kontextbedingungen ebenso als vollständig gelten, denn ein Hörer muss laut dem Organon-Modell über die Fähigkeit verfügen, Fehlendes zu ergänzen. Die Duden-Grammatik definiert die Vervollständigung folgendermaßen:

‚Auslassung’ ist hier vielmehr in einem logischen Sinn zu verstehen: Die Form und die Bedeutung elliptischer Strukturen lassen sich am besten verstehen, wenn man sie auf ausformulierte Satzstrukturen bezieht. Man ´repariert´ dann nicht, sondern führt im Grunde eine Erweiterungsprobe aus. (Duden 2005: 909)

Damit ist der Kontext nicht nur vom Ausdruck des Sprechers abhängig: Da jede Person eine individuelle Erweiterung durchführt, führt eine solche Erweiterungsprobe zu verschiedenen Interpretationen des unvollständigen Ausdrucks, da sie abhängig vom Weltwissen und kontextuellen Wissen des Hörers ist. Der Kontext eines Ausdrucks ist somit eng mit dem Kriterium der Verständlichkeit verbunden (vgl. Janos 2015: 48).

3.3 Das Kriterium der Verständlichkeit

Die Verständlichkeit der Aussage einer Ellipse und ihrer Verwendung in Werbeslogans hängt stark vom Kontext ab, in dem sie verwendet wird. Die globale und strukturelle Kontextabhängigkeit sind zwei Formen, die Klein dabei unterscheidet (vgl. 1993: 765). Die strukturelle Kontextabhängigkeit entsteht „aus der lexikalischen Bedeutung der elementaren Bestandteile und aus der Art, wie sie zu größeren Einheiten zusammengefügt sind, aus der Bedeutung der Wörter und aus der Syntax.“ (ebd.).

Die globale Kontextabhängigkeit fordert von dem Hörer Weltwissen, wie es das Organon-Modell schon vorgibt. Gewisse Situationen erfordern ebenso ein situatives Wissen, welche von der aktuellen Wahrnehmung des Hörers abhängig ist (vgl. ebd. 765-766). Erst mit diesem Wissen können Ellipsen in ihrer Intention richtig interpretiert und verstanden werden (vgl. Klein 1984: 129). Werbeslogans stützen sich insbesondere auf das allgemeine Weltwissen der potentiellen Kunden und ergänzen die sprachliche Aussage durch Bild und Ton.

Weiterhin kann festgehalten werden, dass die Definition der Ellipse stark an die Satzdefinition gebunden ist. Die Charakterisierung einer Äußerung als vollständig oder unvollständig hängt davon ab, ob die Äußerung syntaktisch oder pragmatisch untersucht wird – auf Satz- oder Kontextebene (vgl. Janos 2015: 50). Slogans können in beiden Kontexten erscheinen: Zwar sind sie syntaktisch unvollständige Sätze, jedoch spielt auch der Kontext eine entscheidende Rolle für die Intention des Slogans. Durch die Ergänzung von Ton und Bild wirken Slogans wiederum als eine vollständige Einheit trotz ihrer grammatischen Unvollständigkeit (vgl. ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Förderung der Medienkompetenz im Deutschunterricht anhand von elliptischen Werbeslogans
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Veranstaltung
Die Ellipse in literarischen Texten
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
27
Katalognummer
V367455
ISBN (eBook)
9783668464209
ISBN (Buch)
9783668464216
Dateigröße
531 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ellipse, medien, mediankompetenz, didaktik, werbung, werbeslogans, deutschdidaktik
Arbeit zitieren
Olesja Yaniv (Autor:in), 2017, Förderung der Medienkompetenz im Deutschunterricht anhand von elliptischen Werbeslogans, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367455

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