Der Kunde im Wandel. Auswirkungen des Social Webs auf die Kundenwertbetrachtung


Masterarbeit, 2012

93 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Related Work
1.2. Zielsetzung und Vorgehen
1.3. Aufbau der Arbeit

2. Kundenmanagement im Zeitalter des Social Web
2.1. Social CRM und Social Web
2.1.1. Customer Relationship Management
2.1.2. Bedeutung und Nutzung des Social Web
2.2. Traditionelle Kundenwertberechnungsmethoden
2.2.1. ABC-Analyse
2.2.2. Scoring Modelle - RFM-Analyse
2.2.3. Kundenportfolio-Modelle
2.2.4. Customer Lifetime Value

3. Social Customer Lifetime Value als Kundenwertberechnungsmethode im Zeitalter des Social Web
3.1. Abgrenzung und Definition von Kundenwerttreibern
3.1.1. Marktpotenzial des Kunden
3.1.2. Ressourcenpotenzial des Kunden
3.2. Der Social Customer Lifetime Value
3.2.1. Herleitung und Beschreibung des Social Customer Lifetime Values
3.2.2. Diskussion des Social Customer Lifetime Values
3.2.3. Customer Equity als Bindeglied zwischen dem Social Customer Lifetime Value und dem Unternehmenswert
3.3. Empirische Anwendung des Social Customer Lifetime Values am Beispiel der Automobilbranche
3.3.1. Datenbasis und Annahmen
3.3.2. Der Social Customer Lifetime Value

4. Zusammenfassung und Ausblick

Tabellen und Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abstract

Der Kunde von heute ist ein mündiger Marktteilnehmer, der sich aus der Rolle des reinen Informationsempfängers emanzipiert hat und nun selbst aktiv Inhalte erstellt, seine positiven und negativen Erfahrungen teilt und andere Nutzer über Themen, die ihn selbst bewegen informiert. Er macht Werbung für Produkte, indem er sie anderen Nutzern empfiehlt und vertraut genauso auf die Meinung der Nutzergemeinde bei seinen eigenen Kaufentscheidungen. Doch nicht nur die Rolle des Kunden im Markt hat sich geändert, sondern auch sein Wert für die Unternehmen - auch wenn es diesen häufig noch gar nicht klar ist.

Bevor ein neuer Ansatz zur Bewertung von im Social Web aktiven Kunden vorgeschlagen wird, werden die Besonderheiten und Nutzertypen im Social Web beschrieben sowie traditionelle Kundenwertberechnungsmethoden vorgestellt. Nachdem die traditionellen Kundenwertberechnungsmethoden nicht mehr ausreichend sind, um den Kunden im Zeitalter des Social Webs zu bewerten, wird ein Ansatz auf Basis des Customer Lifetime Values vorgeschlagen, der die Referenz-, Informations- und Synergiepotenziale des Kunden für Unternehmen integriert. Um den tatsächlich durch den „neuen Kunden“ entstehenden Mehrwert zu beziffern, wird auf Basis von Umfragewerten zum Kundenverhalten im Social Web mit Fokus auf die Automobilbranche, eine Beispielrechnung zum „Social Customer Lifetime Value“ durchgeführt.

1. Einleitung

Jeden Tag laden Internetnutzer weltweit über 5.000 Terabyte an Daten und Informationen ins WorldWideWeb. Gartner prognostiziert, dass bis Ende des Jahres 2012 eine Milliarde Nutzer weltweit in Sozialen Online Netzwerken angemeldet sein wird (2 S. 1). Auf der Social Media Plattform Facebook logen sich jeden Tag 483 Mio. Nutzer ein, die 2,7 Mrd. „Likes“ und Kommentare vergeben und über 250 Mio. Bilder hochladen (3). Die Nutzung des Social Webs ist dabei für viele Menschen mittlerweile ein fester Bestandteil des Tagesablaufs. Neue Beiträge und Nachrichten, die Nutzer auf Social Media Plattformen, wie Facebook oder Twitter veröffentlichen, werden so gelesen, wie früher die Tageszeitung, da hier bereits die neuesten und spannendsten Nachrichten verlinkt sind (4). Alleine Facebook kann 901 Mio. Nutzer weltweit aufweisen, wovon 229 Mio. auf Europa entfallen; und diese Zahl wächst täglich weiter (3).

Social Media ist kein Hype , der nur die sogenannten „ Digital Natives betrifft, also die junge Generation, die mit der digitalen Welt aufgewachsen ist und den Umgang mit verschiedenen digitalen Medien und Endgeräten als selbstverständlich ansieht (5 S. 22). Social Media ist ein Phänomen, welches sich seit Anfang des Jahrhunderts immer stärker und rasanter entwickelt. Heute ist die Mehrheit der Internetnutzer auf mindestens einer Social Media Plattform angemeldet und nutzt diese regelmäßig. Laut einer Studie von BITKOM (6) liegt der Nutzeranteil bei 74 %, wovon 66 % als aktive Nutzer eingestuft werden. Die unter 30-Jährigen, die Digital Natives, führen dabei die Mitgliederzahlen an - in dieser Altersgruppe sind 92 % der Internet-User auf mindestens einer Social Media Plattform angemeldet und 85 % nutzen diese regelmäßig. Bei den 30- bis 50- Jährigen sind es drei Viertel und bei über 50-Jährigen immerhin jeder Zweite Internetnutzer (6 S. 4).

Diese Entwicklung wird besonders durch die Omnipräsenz des Internets vorangetrieben. Internetfähige und mobile Endgeräte, wie Smartphones, Tablets, Navigationsgeräte, aber auch die Haushaltsgeräte der neusten Generation, wie zum Beispiel Kühlschränke werden an das Internet angeschlossen und miteinander vernetzt. Damit ist der Zugriff auf Inhalte aus dem Internet immer und überall möglich und Informationen und Meinungen können in Real Time mit anderen Nutzern geteilt werden (7 S. 3). Dabei sagt das, was die Nutzer im Social Web mitteilen viel darüber aus, wer sie sind, wofür sie stehen, welche Werte sie vertreten, aber auch was sie mögen oder nicht mögen und welche Interessen bzw. Hobbys sie haben (8 S. 269).

Im Zeitalter des Social Webs werden somit die Präferenzen der Kunden zunehmend durch Ideen, Ansichten, Erkenntnisse und Erfahrungen anderer Nutzer beeinflusst (9 S. 2). Der Kunde informiert sich gezielt online über die aktuellsten Angebote durch Empfehlungen von Dritten, insbesondere seinen Peers oder „Seinesgleichen“, denen er mehr Vertrauen schenkt als offiziellen Unternehmensinformationen. Laut einer Nielsen-Studie (10) vertrauen 90 % der Kunden den Empfehlungen von Bekannten und 70 % in die Online- Konsumentenbewertungen (11 S. 48 f.). Erst danach kommen die Werbemaßnahmen der Unternehmen. Die Wahrscheinlichkeit ein Produkt zu testen, dessen Fan ein Facebook-Freund ist, liegt bei 36 % (12 S. 10). Das Web hat sich zum wichtigsten Kaufberater entwickelt, dabei sogar die Empfehlungen aus dem eigenen

Freundeskreis und der Familie verdrängend (13 S. 86). Eine Studie von McKinsey & Company in Zusammenarbeit mit der Handelshochschule Leipzig zeigt außerdem, dass nur 5 % der Kaufinteressenten sich noch ausschließlich über klassische Print-Medien informieren (8 S. 35). Gerade bei komplexen und teuren Produkten, die ein finanzielles Risiko mit sich bringen, suchen Konsumenten nach glaubwürdigen Informationen, welche über die der Unternehmensseite hinausgehen (14 S. 247). Im Kaufprozess ist daher die Onlinerecherche eine Selbstverständlichkeit. Während des Einkaufs werden Informationen zum Produkt abgerufen, Produkt- und Preisvergleiche sowie Erfahrungsberichte gesichtet. Durch das Internet und die modernen Anwendungen wurde auch die Informationsbereitstellung und -verbreitung demokratisiert (15 S. 89).

Im Zuge einer Befragung gaben 90 % der Befragten zu sich an positive Mundpropaganda zu erinnern, wohingegen nur 7 % an Negative; gleichzeitig werden unwesentlich häufiger negative Erlebnisse weitererzählt: positive Erlebnisse werden demnach im Schnitt 7,44 Personen erzählt und negative 8,25 Personen (8 S. 26). Word of Mouth (WOM) oder Mundpropaganda gehört zu den ältesten Marketing-Methoden überhaupt; sie ist älter und wirkungsvoller als andere Medien (5 S. 22), da sie die „Stimme des Konsumenten“ ist und seine persönlichen Erfahrungen widerspiegelt (16 S. 24). Die Mundpropaganda-Reichweite vergrößert sich um ein Vielfaches, um nicht zu sagen um ein 100-faches, wenn sie online, insbesondere im Social Web, statt findet (8 S. 26). Auch deshalb, sind immer mehr Webseiten mit den relevanten (als aktuell meistgenutzten) Social Media Seiten verlinkt. Durch den „Gefällt mir“- bzw. „Like“-Button-Klick teilt der Nutzer im Schnitt 190 seiner Facebook-Freunde mit, dass ihm ein Produkt gefällt (17). Damit hat er an durchschnittlich 190 Personen eine Produktempfehlung gegeben (8 S. 30). Das Weiterempfehlen ist schneller und unkomplizierter geworden und damit hat die Bedeutung des „ Word of Mouth , der Mund-zu-Mund Werbung, noch stärker an Relevanz gewonnen.

Kommunikation im Social Web ist keine Einbahnstraße mehr, es ist nicht nur reine Information sondern ein Dialog der vom Unternehmen zum Kunden, vom Kunden zum Unternehmen aber vor allem vom Kunden zu anderen Kunden geht. Jeder Nutzer ist im Social Web gleichzeitig Sender und Empfänger und so ist aus einer One-to-Many Kommunikation eine Many-to-Many Kommunikation geworden (18 S. 20). Der Kunde ist nicht mehr reiner Konsument sondern auch Produzent, was häufig mit dem Begriff des „Prosumenten“ beschrieben wird. Social Media hat die Art der Kommunikation gewandelt. Für Unternehmen heißt dies, dass aus einer reinen Push-Kommunikation, eine Pull-Kommunikation geworden ist (8 S. 34).

Konsumenten erlangen stetig mehr Macht gegenüber den Unternehmen, sodass diese lernen müssen zuzuhören und Social Media nicht ausschließlich als einen zus ä tzlichen Kommunikationskanal zu sehen. Social Media dreht sich vor allem um Kollaboration, den Austausch und die Diskussionen zwischen den Menschen und nicht nur um die Informatiosweitergabe von Institutionen (19 S. 146). Es ist ein Feedbackkanal zu Produkten, Dienstleistungen und Erfahrungen und somit auch ein Informationspool zur Kundenzufriedenheit, Wahrnehmung des eigenen Unternehmens sowie allen Aspekten der Nutzung der unternehmenseigenen Produkte (15 S. 90).

Die Kommunikation im Social Web ist von den Unternehmen nur bedingt steuerbar. Der emanzipierte Kunde äußert seine Meinung öffentlich, ist gestalterisch tätig und fungiert als eine vom Unternehmen unabhängige Informations- und Beratungsstelle für Kunden und Interessenten. Aus dem reinen Konsumenten, Nutzer und Verbraucher ist ein Produzent geworden, der seine Meinung mitteilen, anderen mit seiner Erfahrung helfen und an neuen, innovativen Lösungen und Produkten mitarbeiten will. Die direkte Kommunikation mit dem Kunden hat einen Mediator gefunden, der selbst Kunde ist und die Rolle des Kritikers, insbesondere aber auch des Promotors quasi kostenlos übernimmt. Kunden werden somit Bestandteil der Wertschöpfungskette (19 S. 112 f.; 15 S. 89).

Mit der veränderten Kundenrolle, hat sich der Wert des Kunden für Unternehmen verändert. Die reine Umsatzbetrachtung ist nicht mehr ausreichend, denn hinter einem auf den ersten Blick „unwichtigen“, da nicht umsatzbezogen ertragsstärksten Kunden, kann sich aufgrund seines Verhaltens im Social Web, ein sehr wertvoller Kunde verbergen. So gewinnt ein Kunde durch seine aktive Teilnahme am Geschehen im Social Web, beispielsweise durch die Mitarbeit in produktbezogenen Foren und Empfehlungs- bzw. Kritikverhalten, an Bedeutung für das Unternehmen und somit auch an Wert für das Unternehmen. Deshalb sollte der zusätzliche Wert des Kunden, der aufgrund dessen Mitarbeit, sein Empfehlungs- und Informationsverhalten für Unternehmen im Social Web entsteht, in die Bestimmung des Kundenwertes einbezogen werden.

Die Kundenwertberechnung an sich hat im Zuge der wertorientierten Unternehmensführung in den letzten Jahren verstärkt an Bedeutung gewonnen. Kundenbeziehungen werden immer häufiger als Ressource entdeckt und in die Unternehmensbewertung als Potenzial des Unternehmens zur Generierung von Gewinnen mit aufgenommen. Dies gilt insbesondere für rein internetbasierte Unternehmen, die nur wenig materielle Werte in der Bilanz aufweisen. Online Plattformen werden daher vor allem auf Basis ihrer Nutzerzahlen und den damit verbundenen Werbe-Empfängerzahlen und Daten bewertet. So wird Google im Jahr 2012 auf 200 Mrd. USD, Facebook mit 901 Mio. aktiven Nutzern, von denen 483 Mio. das Portal täglich besuchen (3; 20) auf einen Wert von 100 Mrd. USD (21) (vor dem Börsengang Mitte Mai; mittlerweile ist der Wert auf „nur noch“ rund 85 Mrd. USD gesunken) geschätzt; der von Facebook erworbene Fotodienst Instagram mit 30 Mio. Nutzern hatte einen Kaufpreis von 1 Mrd. USD (22).

1.1. Problemstellung und Related Work

Der Kunde, sein Verhalten und seine Wünsche und Erwartungen haben sich in den letzten Jahren drastisch verändert (23 S. 203). Sie wünschen sich eine individuelle Ansprache und passgenaue Angebote, die genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind (19 S. 103). Somit ist die Konzentrierung auf den Kunden, seine Wünsche und Bedarfe unabdingbar. Gleichzeitig ist nicht jede Kundenbeziehung eine wertvolle Beziehung, die um jeden Preis aufrechterhalten werden muss (24 S. 12). Der Aufwand der Bedienung der Kundenwünsche muss in Balance zu dem, durch den Kunden generierten Mehrwert stehen. Um diese Balance zu halten, ist eine konsequente Kundenwertbetrachtung, die nicht nur dessen Deckungsbeitrag, sondern auch und vor allem sein Potenzial misst, von besonderer Bedeutung (25 S. 36).

Obwohl viele Unternehmen in ihrer Vision eine kundenzentrierte Organisation anstreben, spielt der Kundenwert noch immer eine untergeordnete Rolle bei der Unternehmenssteuerung und ist nur selten als feste Unternehmenssteuerungsgröße installiert (24 S. 9). Als immaterielle Werte des Unternehmens werden häufig der Firmen- und der Markenwert bestimmt. Bei der Betrachtung des Markenbeitrags werden Kennzahlen, wie der Brand Equity als die Wirkung der Marke auf den Kunden oder der Brand Value (Markenwert), der für den finanziellen Einfluss der Marke auf das Unternehmen steht, herangezogen. Die Betrachtung des Kunden wird hingegen häufig auf die Kundenzufriedenheit und die Kundenloyalität begrenzt und vor allem als Steuerungsgröße von Marketingmaßnahmen verwendet (26 S. 57). Sowohl die Kundenzufriedenheit als auch die Kundenloyalität sind wichtige Einflussfaktoren des Kundenwertes, aber bei weitem nicht ausreichend zur Betrachtung des Beitrags der Kunden zum Unternehmenserfolg.

Mit der zunehmenden Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten auf den Kunden hin, wurden verschiedene Modelle und Verfahren zur Bewertung von Kunden entwickelt (27 S. 184). Zu den in der Praxis am häufigsten verwendeten Verfahren gehören umsatz- respektive deckungsbeitragsbezogene ABC-Analysen und diverse Scoring Modelle, die den Versuch machen die indirekt monetären Kundenwertbestandteile in die Betrachtung einzubeziehen (28). Daneben ist der auf Basis der Investitionsrechnung entstandene Customer Lifetime Value als Kundenwertberechnungsmethode vermehrt in den Vordergrund der theoretischen und praktischen Betrachtung gerückt. Ursprünglich wurden darin nur die innerhalb der Kundenbeziehung tatsächlich realisierten Cashflows als direkte monetäre Werte in die Wertbestimmung herangezogen. In den letzten Jahren sind aber vermehrt Publikationen zum Customer Lifetime Value erschienen, die sich mit den indirekt monetären Wertbestandteilen befassen und den Versuch der Einbeziehung von Kundenpotenzialen, insbesondere des Ressourcenpotenzials der Kunden, beinhalten.

Keines dieser Modelle beschäftigt sich jedoch mit dem Mehrwert, des im Social Web aktiven Kunden, also mit dem Wert des „Prosumenten“. Obwohl verschiedene Einflussfaktoren des Kundenwertes im Social Web bereits untersucht wurden, ist das Thema immer noch nicht vollständig erschlossen. So wurden zum Beispiel die Faktoren der Informations- und Einflussverteilung im Social Media bereits in vielen Studien diskutiert (29 S. 2). Agarwal et al. (30) untersuchte das Problem der Identifizierung von einflussreichen Bloggern. Sie bestätigten empirisch, dass der Grad der Einflussnahme eines Kunden durch die Anzahl der Beiträge die er publiziert multipliziert mit der Interaktionsrate bestimmt wird (30 S. 210 f.). Cha et al. (31) haben dies für Twitter mit ähnlichem Ergebnis durchgeführt. Hier wird die Anzahl der Follower, die Anzahl der Retweets und die Erwähnungen der Person miteinander kombiniert, um den Status der Einflussnahme zu bestimmen (31 S. 3).

In Tabelle 1 ist eine Auswahl an Studien bezogen auf Social Web und Kundenverhalten zusammengestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Auswahl von Studien zum Thema Kundenwert und Social Web

Trotz der verschiedenen Ansätze zur Berechnung des Customer Lifetime Values sowie der Bewertung des Kunden im Social Web, fehlt ein konsistenter Ansatz, der die Aktivitäten des Kunden im Social Web berücksichtigt und bewertet. Die Erweiterung des Customer Lifetime Values um den Mehrwert, der dem Unternehmen aus dem Kundenverhalten im Social Web entsteht ist daher das erklärte Ziel der vorliegenden Arbeit.

1.2. Zielsetzung und Vorgehen

Der Nutzen von Social Media als Kommunikations-Tool ist in der Marketing-Literatur bereits unumstritten, jedoch sind darüber hinaus gehende Nutzenpotentiale und Ansätze zu dessen Monetarisierung bisher noch rar besetzt. Insbesondere die Diskussion über die Veränderung des Kundenwertes und die Monetarisierung des Beitrags des im Social Web aktiven Kunden zum Unternehmenserfolg ist noch nicht erschlossen. Daher ist das Hauptziel der vorliegenden Arbeit die Veränderung des Kundenwertes durch die Entwicklungen des Social Webs zu erörtern und den Wert des im Social Web aktiven Kunden zu quantifizieren.

Ziel der Arbeit: Quantifizierung des Wertbeitrags des im Social Web aktiven Kunden zum Unternehmenserfolg.

Das Ermitteln geeigneter Kennzahlen und Messgrößen für sogenannte weiche Faktoren, also nicht direkt umsatzbezogene Kundenwertbeiträge, die aus dem Verhalten des Kunden resultieren, stellt eine Schwierigkeit dar, die mit dieser Arbeit überwunden werden soll. Hierzu wird ein Vorschlag zu einer ganzheitlichen Kundenwertberechnung auf Basis des Customer Lifetime Values vorgestellt. Dabei werden die umsatzbezogenen Wertbeiträge und die dem Umsatz nicht direkt zurechenbaren, aber unternehmensnutzenstiftenden Werte wie der Referenzwert, Informationswert und Synergiewert der Kunden, zum umsatzbezogenen Wert dieser Kunden hinzugerechnet.

Für die Berechnung des Kundenwertes wird der Kunde, wie ein Mitarbeiter behandelt und der Nutzen vorrangig im Sinne von Kosteneinsparrungen ausgedrückt. Die korrespondierenden Werte der „freiwilligen“ Mitarbeit der Kunden im Sinne eines Promotors z. B. Referenzgebers, Blog-Verfassers oder im Sinne eines Mitarbeiters z. B. Supportkraft im Forum, Produktentwickler, Ideengeber, werden somit als Pendants zu den offline Werten berechnet und zu dem Customer Lifetime Value ohne Berücksichtigung des Social Webs hinzuaddiert.

Aufgrund der Tendenz zur Betrachtung des Kundenwertes als eine reine Marketingzahl, soll abschließend die Auswirkung des Customer Lifetime Values unter Einbeziehung des Social Webs über den Customer Equity auf den Unternehmenswert aufgezeigt werden und die Relevanz dieser Kennzahl für die Unternehmenssteuerung über eine reine Marketingsicht hinaus bestätigt werden.

1.3. Aufbau der Arbeit

Nachdem die Problemstellung und die Zielsetzung der Arbeit geklärt wurden, wird in Kapitel 2 das Konzept des Social Customer Relationship Management erläutert. Darauf aufbauend werden die Besonderheiten des Social Webs bezogen auf dessen Nutzung und die Nutzer beschrieben. Bevor das Konzept des Social Customer Lifetime Values in Kapitel 3 entwickelt wird, werden traditionelle Methoden der Kundenwertbestimmung vorgestellt und auf dieser Basis die Wahl des Customer Lifetime Values als Basismodell zur Entwicklung eines Ansatzes zur Bewertung des Kundenbeitrags im Social Web, erläutert. Wie bereits angedeutet, im Kapitel 3 wird das Konzept des Social Customer Lifetime Values vorgestellt, nachdem die einzelnen Treiber des Kundenwertes ausdefiniert wurden. Nach der Diskussion der Formel und Verknüpfung des Social Customer Lifetime Values mit dem Unternehmenswert, wird am Beispiel der Automobilbranche eine Kalkulation des Social Customer Lifetime Values vorgenommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Kundenmanagement im Zeitalter des Social Web

Aufgrund des Vorherrschens gesättigter Märkte und des gleichzeitigen Wandels der Kundenbedürfnisse rückte der Kunde und das Management von Kunden- und Lieferantenbeziehungen in den Fokus der Betrachtung von Unternehmen. Das Beziehungsmanagement wurde durch die technologischen Möglichkeiten zur Sammlung und Auswertung von Daten sowie der Automatisierung von Kundenprozessen erweitert. Dadurch hat sich in den letzten Jahren das Konzept des Customer Relationship Management fest in der Unternehmenspraxis etabliert (43 S. 17). Ziel eines erfolgreichen Customer Relationship Managements ist es die Geschäftsprozesse und sämtliche Aktivitäten des Unternehmens auf den Kunden auszurichten und profitable Kundenbeziehungen zu festigen. Die Profitabilität wird durch die Bestimmung des Einzelkundenwertes sowie des Kundenstammwertes gemessen. Typischerweise werden hierzu umsatz- oder deckungsbeitragsbezogene Verfahren, wie die ABC-Analyse oder diverse Scoring-Modelle verwendet. Als prospektive Größe findet in der Praxis der Customer Lifetime Value immer häufiger Anwendung.

Da im Fokus der vorliegenden Arbeit der Kundenwert sowie die Auswirkungen des Social Webs auf diesen stehen, werden nachfolgend die relevanten Definitionen und Begriffe hinsichtlich des Kundenmanagements und der Social Web Landschaft erläutert. Zuerst wird das Kundenbeziehungsmanagement definiert und um die Komponente des Social Webs zum Social Customer Relationship Management erweitert. Im Folgenden wird der für diese Arbeit gültige Begriff des Kundenwertes im Unterschied zum Kundenvorteil konkretisiert. Im zweiten Schritt werden dann die wichtigsten Begriffe des Social Webs bezogen auf das Ziel der vorliegenden Arbeit - die Kundenwertberechnung - definiert. Abschnitt 2.2 stellt anschließend die verschiedenen Methoden der Kundenwertberechnung vor, mit dem Ziel die Vorteile des Customer Lifetime Values als Bewertungsmethode des Kundenbeitrags im Zeitalter des Social Webs, herauszustellen. In Kapitel 3 wird nachdem die einzelnen Treiber und Komponenten des Kundenwertes beschrieben wurden letztendlich die Herleitung des Social Customer Lifetime Value s“ vorgenommen.

2.1. Social CRM und Social Web

Die Unternehmen stellen heutzutage den Kunden und die Beziehungen zu und mit dem Kunden in den Vordergrund ihrer Handlungen. Dies wird vorrangig unter dem Begriff der Kundenzentrierung (engl. Customer Centricity) zusammengefasst und in Literatur und Praxis vorangetrieben. Grundlage der Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten nach den Kundenbedürfnissen bildet ein erfolgreiches Customer Relationship Management oder kurz CRM, welches nachfolgend beschrieben und zum Social CRM definitorisch erweitert wird. Im Anschluss wird die Bedeutung des Social Webs und dessen Nutzung durch die Konsumenten verdeutlicht.

2.1.1. Customer Relationship Management

Leußer et al. definieren Customer Relationship Management wie folgt: „Customer Relationship Management umfasst den Aufbau und die Festigung langfristig profitabler Kundenbeziehungen durch abgestimmte und kundenindividuelle Marketing-, Sales- und Servicekonzepte mit Hilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologien.“ (43)

Das Customer Relationship Management wird grundsätzlich in drei Bestandteile aufgeteilt: das operative, kollaborative und das analytische CRM. Das operative CRM bezieht sich auf alle Anwendungen und Prozesse, welche die Kommunikation mit dem Kunden erleichtern. Das kollaborative Element kann mit dem Multichannel-Management gleichgesetzt werden, das eine effektive und effiziente Kommunikation mit dem Kunden ermöglichen soll. Das analytische CRM befasst sich mit der Sammlung und Auswertung von kundenbezogenen Daten (44 S. 12 ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Komponenten des CRM (44 S. 12)

Aus strategischer Sicht ist es das Ziel von CRM mit den, für den Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen, verfügbaren Ressourcen den höchstmöglichen Output, hier also insbesondere den höchstmöglichen Kundenwert aus Unternehmenssicht, zu erreichen (26 S. 33). Ziel des Customer Relationship Management ist es darüber hinaus langfristige und profitable Kundenbeziehungen zu schaffen, zu halten und weiterzuentwickeln (45 S. 227). Dafür muss die Kundenbeziehung über den gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden.

Die zunehmende Bedeutung von Social Media, führte zur Erweiterung des CRM-Begriffes zum sogenannten Social CRM. Social CRM beschreibt dabei die Ausweitung der Kanäle zum Kunden hin (15 S. 90) und ist darauf ausgelegt, diesen in eine kollaborative Konversation einzubinden, um ihm einen Mehrwert anbieten zu können(19 S. 121). Die Social CRM Strategie unterscheidet sich somit von der traditionellen CRM Strategie durch die Veränderung des Verhaltens gegenüber dem Kunden: hier wird anstatt einer Beziehungspflege auf Basis der Vergangenheitsdaten, der Kunde als Partner behandelt, dem ein Wert zugeschrieben wird, welcher (weit) über den reinen Umsatz hinausgeht (19 S. 474). Dank modernster technologischer Möglichkeiten zur Datenspeicherung, -integration und -analyse im Bereich Data & Text Mining, Social Web Tracking Systemen aber nicht nur, können Daten über den Kunden praktisch in Echtzeit gesammelt, zusammengeführt und ausgewertet werden (42 S. 2) und so das Wissen über den Kunden sukzessive erweitert werden.

Mit der Entwicklung des Customer Relationship Management und insbesondere des Social CRM ist der Kunde stärker in den Fokus gerückt, gleichzeitig sind aber auch die Kosten und Ausgaben für das Pflegen der Kundenbeziehung gestiegen. Dies macht eine differenzierte Betrachtung der Kunden notwendig, um die Profitabilität von Kundenbeziehungen zu evaluieren und eine wertorientierte CRM-Maßnahmensteuerung zu ermöglichen, letztendlich ist das erklärte Ziel von CRM-Maßnahmen vor allem wertvolle Kunden zufrieden zu stellen und langfristig an das Unternehmen zu binden. Der Wertbegriff bezieht sich dabei nicht nur auf die finanziellen Erträge.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Social versus traditionelle CRM in Anlehnung an Pries (46 S. 891)

Der Kundenwert (engl. Customer Value) wird in dieser Arbeit als der Wert des Kunden für das Unternehmen im Sinne einer Ressource, respektive als immaterieller Vermögensgegenstand, wie Firmenwert, Patente oder Marken verstanden (46 S. 1). Da Kunden die Basis eines jeden Geschäftes bilden, ist es sogar die wichtigste Ressource für die Unternehmen. Dem Wertbegriff werden dabei sowohl die monetären Beiträge des Kunden zum Unternehmenserfolg zugerechnet als auch diejenigen Beiträge, die er durch sein Verhalten dem Unternehmen gegenüber für dieses generiert. Hierzu zählen insbesondere Kosteneinsparpotenziale. Im Unterschied dazu steht der vom Kunden wahrgenommene Wert der Beziehung zum Unternehmen bzw. des Nutzens aus dem Produkt oder der Dienstleistung. Dieser wird in der Literatur häufig irreführend auch als Kundenwert bezeichnet. Hierbei handelt es sich jedoch eigentlich um den Kundenvorteil oder den Customer Perceived Value (27 S. 186). Ein hoher vom Kunden wahrgenommene Wert wirkt sich einerseits durch eine gesteigerte Loyalität des Kunden zum Unternehmen andererseits aber auch durch das Empfehlungsverhalten positiv auf den Kundenwert aus Unternehmenssicht aus (47 S. 149). In dieser Arbeit wird der Begriff „Kunde“ ausschließlich auf eine natürliche Person bezogen, dem einzelne Aktivitäten und Transaktionen direkt zuordenbar sind. Die Kundenwertberechnung ist daher vorrangig auf die Betrachtung der Kunden im Business- to-Customer-(B2C)-Bereich zu verstehen. Der Ansatz ist jedoch auch auf Unternehmen (B2B-Bereich) übertragbar, wenn an Stelle der Betrachtung einzelner Kunden und deren Verhalten im Social Web, das Verhalten eines Unternehmens im Social Web betrachtet wird.

2.1.2. Bedeutung und Nutzung des Social Web

Das Web 2.0, auch als „Mitmach-Web“ bezeichnet, wird seit Jahren in Literatur und Praxis diskutiert. Zum ersten Mal wurde der Begriff 2004 von Tim O’Reilly verwendet (48 S. 155). Hinter dem Begriff Web 2.0 verbirgt sich der aktive Internetnutzer als Produzent von Inhalten (49 S. 149). Im Web 1.0 war die Erstellung von Online- Inhalten, Menschen mit fundierten HTML-Kenntnissen vorbehalten. Die Internetseiten und Inhalte waren statisch und dienten vor allem als Informationsquelle; einen aktiven Austausch ließen sie nicht zu (50).

Das Social Web kann nun im Prinzip als Erweiterung des Web 2.0 gesehen werden. Der Übergang von Web 2.0 zu Social Web ist weniger als ein technologischer Sprung anzusehen, sondern spiegelt die Emanzipation der Nutzergemeinde wieder. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Begriffen ist fließend, da der Hauptunterschied in der globalen Nutzung von Social Media Plattformen und der Vernetzung zwischen den Nutzern besteht. Die Entwicklung des Webs zum Social Web, bewirkte auch die Weiterentwicklung des Electronic Commerce (E-Commerce) zum Social Commerce. Während unter E-Commerce nur die Nutzung von elektronischen Kommunikationstechniken im Rahmen von geschäftlichen Transaktionen verstanden wird, steht beim Social Commerce die aktive Kommunikation zwischen den Kunden und deren Beziehung zueinander auf Basis der Web 2.0-Anwendungen im Vordergrund (51 S. 152 f.).

- Social Media Plattformen

Die Kommunikation und Interaktion steht bei Social Media Plattformen im Mittelpunkt (49 S. 150). Das Social Web wird dabei vor allem durch den aktiven Nutzer charakterisiert - den sogenannten Prosumenten: er vereint in sich die Rolle des Konsumenten und gleichzeitig des Produzenten.

Im Folgenden werden die wichtigsten Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit Social Web und Social Media kurz erläutert.

Die von den Prosumenten generierten Online-Inhalte werden unter dem Begriff User Generated Content (UGC) zusammengefasst; dabei wird die Kombination aus selbsterstellten und bereits vorhandenen Inhalten als Mash-up bezeichnet (49 S. 149 f.). Die Bezeichnung Social Media umfasst alle auf der ideologischen und technologischen Funktionsweise des Web 2.0 aufbauenden Applikationen, welche die Erstellung und den Austausch von UGC ermöglichen (52 S. 61). Es sind also Plattformen, auf denen Nutzer untereinander in Verbindung treten können und Informationen sowie multimediale Inhalte, wie Videos, Fotos, Musik oder Spiele austauschen können (18 S. 20). Social Software ist der Oberbegriff für Programme, die die aktive Nutzung des WWW zum Zwecke der Kommunikation, Interaktion und Zusammenarbeit unterstützen (16 S. 17).

Virtuelle Communities, Online-Gemeinschaften, Online-Communities oder Soziale Online Netzwerke entstehen, wenn genügend Personen einer Diskussion im Internet beiwohnen. Auf einer Online-Plattform treffen dabei die unterschiedlichsten Menschen aufeinander, die ähnliche Interessen haben und ihr Wissen und Informationen mit Freunden genauso wie mit Fremden (19 S. 162) teilen. Soziale Netzwerke begründen ihre Existenz in der Verbindung und Beziehung ihrer Teilnehmer, die dabei sowohl einzelne Individuen als auch Institutionen und Unternehmen sein können. Im Allgemeinen können drei Arten von sozialen Netzwerken unterschieden werden: identitätsgetriebene Netzwerke, themengetriebene Netzwerke und kombinierte Netzwerke (16 S. 16 f.). Die identitätsgetriebenen Netzwerke basieren auf der Selbstdarstellung des Individuums und dienen der Herstellung von Kontakten aller Art. Hierzu werden Plattformen wie Facebook und Xing gezählt. Themengetriebene Netzwerke orientieren sich an bestimmten Themengebieten, die Inhalte innerhalb dieser Netzwerke sind nach Themenbereichen gegliedert. Bestes Beispiel stellt hier YouTube dar. Die letzte Variante definiert sich als Kombination der beiden vorangegangenen Netzwerke.

Zudem lassen sich die virtuellen Netzwerke in private und professionelle Netzwerke untergliedern, wobei hier die Grenzen im Laufe der Zeit häufig verschwimmen - so ist Facebook vorrangig eine private Plattform, die inzwischen aber auch vermehrt für berufliche Zwecke genutzt wird (53 S. 409). Auf die Beschreibung einzelner Plattformen, wird an dieser Stelle verzichtet, da zum einen die Literatur und das WWW bereits vielfältige Auflistungen bereithalten, sich diese zum anderen aber auch sehr schnell verändern - neue Plattformen entstehen, andere verlieren Nutzer und geraten in Vergessenheit, wie MySpace oder StudiVZ/MeinVZ.

Da nur diejenigen Plattformen auf dem Markt überleben, die konstant hohe Nutzerzahlen haben, geht bei den Social Media Plattformen der Trend zur Zentralisierung und Vernetzung. Facebook-Connect (54) ist ein Beispiel für diese Vernetzung. Hierdurch wird es dem Nutzer möglich gemacht sich mit dem Facebook-Login auf anderen Social Media Plattformen einzuloggen und von diesen Aktivitäten wiederum auf Facebook zu posten. Beispiele dafür sind unter anderem die Netzwerke Pinterest oder Foursquare, die mit den Facebook-Log-in nutzbar sind ohne dass die Erstellung eines zusätzlichen Online-Profils nötig wäre. Auch immer mehr Online- Shops, Karriereportale u.v.m. ermöglichen die Anmeldung mit Facebook, Xing oder Linkedin, um zum einen über Single-sign-on dem Kunden das Anmeldeverfahren zu erleichtern und die Komplexität zu reduzieren und zum anderen um mehr über die Kunden und deren Vorlieben zu erfahren. Die Verknüpfung von Netzwerken untereinander trägt zum Erfolg dieser bei den Nutzern bei und erleichtert den Unternehmen somit die Sammlung von Daten über den Kunden.

Webforen oder kurz Foren sind meistens themenspezifische Diskussionsplattformen auf denen Beiträge in Form von Postings veröffentlicht werden, diese können von anderen Nutzern gelesen und beantwortet werden. Foren funktionieren ähnlich einem schwarzen Brett, das durch Threads oder Topics in einzelne Themengebiete geclustert wird. Meistens geschieht dies durch die Nutzer selbst, teilweise wird dies aber auch durch Vorgabe der Website-Administratoren geboten oder überwacht (51 S. 34 f.). Foren können sowohl eine beschränkte als auch eine unbeschränkte Nutzung haben. So gibt es Foren die nur für angemeldete Nutzer offen (lesbar und „beschreibbar“) sind und andere die von allen Internetnutzern ohne vorherige Anmeldung als Diskussionsplattform genutzt werden können. Die häufigste Form sind Foren in denen Beiträge von allen gelesen werden können, aber nur von angemeldeten Nutzern verfasst werden können. Die persönliche Anmeldung, oft auch unter Zuhilfenahme eines Alias-Namen, bietet eine Art Qualitätssicherung der Forumsbeiträge. Spam und inhaltlich verwerfliche Postings werden durch die Rückverfolgbarkeit der Autoren und das Eingreifen der Administratoren erheblich reduziert. In Foren sind größtenteils themeninteressierte Mitglieder, darunter viele Experten und insbesondere Meinungsführer (Influencer) vertreten, die über das Forum hinaus gut im Social Web vernetzt sind und ihre Erfahrungen in Blogs & Co. Teilen (8 S. 414; 41 S. 106). Meinungsführer, Influencer oder auch Market Mavens sind dabei Personen, die über ein breites Wissen bezüglich des Marktes und/oder der Produkte verfügen, dieses weitergeben und in Diskussionen mit anderen Nutzern treten (40 S. 177).

Ein Weblog oder kurz Blog ist eine Art Online-Tagebuch, in dem Gedanken, Ideen, neueste Ereignisse und Entwicklungen von einer oder mehreren Personen veröffentlicht werden. Inzwischen haben viele Blog-Einträge einen höheren Informations- und Qualitätsgehalt als die entsprechende Fachpresse (55). Über dies sind sie durch die Kommentarfunktionen am Ende jedes Beitrags, sowie durch die Verknüpfung zu sozialen Netzwerken, allen voran Facebook und Twitter, auch eine Diskussions- und Meinungsaustauschplattform (19 S. 127; 51 S. 24). Der Autor eines Blogs schreibt meistens über Themen, die ihn persönlich bewegen oder beschäftigen. Vermehrt werden auch themenspezifische Blogs geschrieben, an denen mehrere Autoren gleichzeitig arbeiten und über aktuelle Geschehnisse und Entwicklungen berichten (51 S. 24 f.). Blogs können untereinander durch Links und Verweise vernetzt werden. Microblogs sind eine „Short-Version“ eines Blogs, die auf 140 Zeichen also ungefähr die Größe einer SMS beschränkt sind. Ein Beispiel einer Microblogging- Plattform ist der Dienst Twitter . Ein großer Vorteil der Blogs ist die Auffindbarkeit der Inhalte durch gängige Suchmaschinen (51 S. 24 f.). Podcasts sind Audio- respektive Videobotschaften die als Blogs in Form einer Tonaufnahme oder eines bewegten Bildes verstanden werden können (51 S. 36).

Durch sogenannte RSS (Really Simple Syndication)-Feeds können direkt Inhalte einer Website abonniert werden, sodass der Nutzer die neusten Informationen geliefert bekommt, ohne dass er die Zielseite aktiv aufrufen muss (51 S. 25 f.; 56 S. 37). Damit wird aus einem Blog eine Zeitung, die Informationen im (regelmäßigen oder unregelmäßigen) Abonnement garantiert

- Nutzer und Nutzertypen im Social Web

Die Segmentierung der Kunden in Bezug auf deren Verhalten wird in der Literatur grundsätzlich über deren Nutzungsvolumina in Heavy, Medium und Light User eingestuft (57 S. 36). Diese Einteilung kann auch auf die Social Web Nutzung übertragen werden.

Forrester Research teilt Social Media Nutzer noch detaillierter auf einer Aktivitätsleiter in sieben Kategorien ein. Die nicht-aktiven „Inactives“ stehen am unteren Ende, gefolgt von den Spectators , Joiners, Collectors, Critics, Conversationalists und ganz oben auf der Aktivitätsskala stehen die Creators (58 S. 3; 8 S. 61). Creators sind Schöpfer, die selbst eigene Inhalte im Social Web gestalten, sie bloggen regelmäßig, pflegen eine eigene Website, laden selbst erstellte Videos, Musik oder Präsentationen zu verschiedenen Themen hoch. Diskutanten (engl. Conversationalists) posten auf Facebook und Twitter Statusmeldungen und Interessantes aus dem Web, kommentieren und engagieren sich aktiv in Diskussionen, erstellen selbst aber keine Inhalte, wie Videos oder Bilder. Kritiker (engl. Critics) schreiben Kommentare und Rezensionen über Blogs, Artikel, Produkte die sie kennen und nehmen an online Forumsdiskussionen teil. Die Sammler (engl. Collectors) setzen Tags, also Markierungen, auf Seiten die sie mögen, stimmen über Inhalte ab und benutzen häufig den „Like“-Button bei Facebook. Sie schreiben zwar keine eigenen Rezensionen teilen aber trotzdem ihre Meinung bzw. ihre Zustimmung oder Ablehnung mit. Teilnehmer (engl. Joiners) nutzen Social Media Seiten zum Netzwerken und zur Kontaktpflege. Zuschauer (engl. Spectators) sind dagegen reine Konsumenten von Social Media Inhalten, sie engagieren sich nicht selbst, sondern nutzen die von anderen Usern erstellten Contents zur Information und eigenen Meinungsbildung. (58 S. 10; 8 S. 61 f.; 59 S. 23) Übertragen auf die Person der Kunden wird diese Type auch als Lurker bezeichnet. Lurker sind demnach Kunden, die ihre Kaufentscheidung durch die Bewertung und Weiterempfehlung anderer Nutzer im Web beeinflussen lassen, selbst jedoch keine aktive Rolle bei den Empfehlungen von Produkten einnehmen (51 S. 156).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Nutzung des Social Webs nach Nutzertypen in Anlehnung an Mulhern (58 S. 10; 8 S. 61 f.; 59 S. 23).

Im Jahre 2011 waren 75 % aller Deutschen bereits online (60), 47 % posteten Statusmeldungen, 38 % teilten selbsterstellte Inhalte (61). 2010 schrieben 10 % der Deutschen regelmäßig einen eigenen Blog (8 S. 41). Die deutsche Blogger-Sphäre kann in A-, B- und C-Blogger eingeteilt werden. Die Beiträge von A-Bloggern werden täglich von mindestens 1.000 Nutzern gelesen, diejenigen von B-Bloggern von über 100 und C-Blogger unterhalten bis zu 100 Nutzer (8 S. 138). Jackson et al. (62) schlagen wiederum eine Einteilung der Blognutzer in „Heavy User“, die mehr als 50 Beiträge verfasst haben, „Medium User“ (zwischen 5 und 20 Beiträgen und insgesamt 8 oder mehr Kommentaren) und „Low User“ (weniger als 2 Beiträge) vor (62 S. 2).

8,5 % der Deutschen erstellten 2010 Videos und luden diese auf Plattformen im Social Web hoch (8 S. 41). Somit gehören mindestens 10 % der Deutschen zu den sogenannten Schöpfern.

2.2. Traditionelle Kundenwertberechnungsmethoden

Die einschlägige betriebswirtschaftliche Literatur nennt als individuelle Kenngrößen zur Beurteilung des ökonomischen Wertes von Kundenbeziehungen insbesondere den Umsatz, Deckungsbeitrag, KundenLieferanteil, Share of Wallet oder Share of Customer und den Customer Lifetime Value. Auf der kumulierten Ebene werden dagegen Renditemaße, Kunden-Portfolios, Marktanteile, Kundenstamm-Wert, Customer Equity oder Entwicklungen des Shareholder Value betrachtet (63 S. 343).

Die Berechnung des Kundenwertes sollte in das betriebliche Performance Measurement einfließen und hier eine wichtige Rolle als Kennzahl zur Bewertung des Kundenstamms einnehmen. Die Notwendigkeit der Betrachtung des Kunden und seines Wertes in einem System von Kennzahlen wird bereits durch Kaplan &

Norton in deren, Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelten Balanced Scorecard, aufgegriffen.

Der Kundenwert, wenn ganzheitlich betrachtet, erfasst dabei alle für die Unternehmenssteuerung relevanten Werte bezüglich der Kunden-Perspektive (64 S. 274). Er wird definiert als der individuelle Wert eines Kunden, der einerseits alle monetären Ein- und Auszahlungen beinhaltet, andererseits jedoch auch die nicht direkt monetären Werte sowie Potenziale der bestehenden aber auch potenziellen Kunden, die einen direkten Einfluss auf die Zielerreichung des Unternehmens haben, berücksichtigt (36 S. 351 f.).

Der Kundenwert kann auf drei Aggregationsebenen betrachtet werden: auf der Ebene des Einzelkunden, des Kundensegments und auf der Kundenstammebene. Auf der Einzelkundenebene wird versucht einen möglichst genauen Wert für jeden einzelnen Kunden zu prognostizieren. Bei der Betrachtung der Kundensegmente findet diese Berechnung für einzelne Gruppen statt. Auf Kundenstammebene wird auch von Customer Equity gesprochen (65 S. 18). Der Customer Equity stellt eine aggregierte Größe über die einzelnen Kundenlebenszeitwerte (Customer Lifetime Values) dar (27 S. 186).

Die Berechnung des Kundenwertes hat grundsätzlich zwei Ziele. Zum einen die Messung des Beitrags eines Kunden zum Unternehmenserfolg und zum anderen die Bestimmung der Investitionswürdigkeit hinsichtlich der anzuwendenden Marketing-Maßnahmen (66 S. 62).

Zur Berechnung des Kundenwertes existieren diverse Messansätze, die verschiedene Komplexitätsgrade und unterschiedliche Ausprägungen und Dimensionen haben. Im Bild 4 ist eine Auswahl von Verfahren zur Ermittlung des Kundenwertes, differenziert nach monetären und nicht-monetären Verfahren, abgebildet. Zusätzlich wurden die Methoden nach heuristischen Aspekten, welche die Struktur des Kundenportfolios abbilden und quasi-analytischen Gesichtspunkten, also solchen, die die Kundenportfolios des Unternehmens tatsächlich bewerten, gegliedert (26 S. 157). Darunter wurden die einzelnen Verfahren nach statischen und dynamischen Unterschieden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 Verfahren zur Ermittlung des Kundenwertes, in Anlehnung an Mödritscher (26 S. 157)

In der Praxis werden bisher meist weniger komplexe Methoden zur Berechnung des Kundenwertes verwendet. Diese basieren vorwiegend auf Umsätzen der Vergangenheit und vernachlässigen die darüber hinaus gehenden Potenziale des Kunden (65 S. 11). Studien zur Umsetzung der Kundenbewertung in der Praxis ergaben, dass die Einschätzung des Kundenpotenzials, wenn überhaupt vorgenommen, nur kurz- oder maximal mittelfristig erfolgt. Lediglich 3 % der befragten Unternehmen gaben an, Prognosen für einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren durchzuführen (38 S. 146).

Eine Studie des Economist (28) zeigt zudem, dass die häufigste Methode, um Kunden zu bewerten, der durch sie generierte Gewinn, die Kundenprofitabilität, der Deckungsbeitrag, der Kundenlebenszeitwert auf Ertragsbasis und die Häufigkeit der Einkäufe sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 In der Praxis verwendete Kennzahlen zur Kundenwertbestimmung (28 S. 8)

Dies lässt den Schluss zu, dass zu den in der Praxis am Häufigsten verwendeten Verfahren insbesondere die umsatz- oder deckungsbeitragsbezogene ABC-Analyse, die Recency-Frequency-Monetary-Analyse, diverse Scoring-Modelle und der Customer Lifetime Value gehören. Diese Verfahren werden in den folgenden Abschnitten kurz erläutert, und so die Basis geschaffen, um die Wahl des Customer Lifetime Values als optimales Maß der Kundenwertbestimmung im Zeitalter des Social Webs zu begründen.

2.2.1. ABC-Analyse

Eines der ältesten und in der Praxis am häufigsten verwendeten Verfahren zur Kundenwertberechnung ist noch immer die ABC-Analyse nach Umsatz oder Deckungsbeitrag (38 S. 149). Dabei werden der kumulierte Umsatzanteil als Ordinate und der kumulierte Anteil am Kundenbestand als Abszisse in einem Koordinatensystem abgetragen (40 S. 58). Auf Basis dieses Mappings entsteht eine Lorenzkurve (67 S. 4). Diese Bewertungsmethode clustert die Kunden in drei Segmente: die A-, B- oder C-Kunden. Nach der Pareto-Regel sind 20 % aller Kunden (hier A-Kunden genannt) für 80 % des Umsatzes verantwortlich und daher als hochrentabel anzusehen (24 S. 17). Das Bild 6 zeigt ein Beispiel einer ABC-Analyse. Die schraffierte Fläche markiert die A-Kunden, die wertvollsten Kunden des Unternehmens.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Beispiel einer ABC-Analyse

Die Vorteile dieser Methode liegen in ihrer Simplizität und der problemlosen Anwendbarkeit (40 S. 59). Die Nachteile sind jedoch vielfältig. Gerade bei der umsatzbezogenen Methode wird die Kostenstruktur gänzlich außer Acht gelassen, was wiederum falsche Schlüsse nach sich ziehen kann. Kunden können trotz ihrer Umsatzstärke unprofitabel erscheinen, weil sie aufgrund ihres Einflusses höhere Rabatte einfordern, eine besondere Betreuung erwarten und unter Umständen lange Zahlungsziele haben (40 S. 60). Somit ist eine deckungsbeitragsbezogene ABC-Analyse grundsätzlich als sinnvoller anzusehen. Die Deckungsbeitragsrechnung kann laut Hermann und Füderer (36 S. 356) nach dem folgenden Schema durchgeführt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Kundendeckungsbeitragsrechnung (36 S. 356)

[...]

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Der Kunde im Wandel. Auswirkungen des Social Webs auf die Kundenwertbetrachtung
Hochschule
Hochschule München
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
93
Katalognummer
V367607
ISBN (eBook)
9783668464117
ISBN (Buch)
9783668464124
Dateigröße
1945 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
CRM, Social Web, Kundenwert, Soziale Netzwerke, Kundennutzen, Customer Lifetime Value, Customer Relationship Management
Arbeit zitieren
Monika Sadowska (Autor:in), 2012, Der Kunde im Wandel. Auswirkungen des Social Webs auf die Kundenwertbetrachtung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367607

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